Solarenergiedorf Mengsberg
7 April 2018 Donnerstagmorgen acht Uhr, Baubesprechung im Feuerwehrhaus von Mengsberg, wie jeden Donnerstag. Heute sind sie zu fünft. Ortsvorsteher Karlheinz Kurz, zugleich Vor stands sprecher der Bioenergiegenossenschaft Mengsberg eG, hat schon den Kaffee gekocht. Zusammen mit seinem Vorstandskollegen Thomas Theis diskutiert er mit den Projektleitern von drei Baufirmen. Seit Monaten wühlen sich die Bagger durch das 20 Kilometer nord östlich von Marburg gelegene 900-Einwohner-Dorf. „Durch das schlechte Wetter sind wir ziemlich in Verzug“, berichtet Kurz. 2300 Meter des rund 9 Kilometer langen Rohleitungsnetzes seien bereits verlegt worden. „Wir arbeiten in Bauabschnitten und jetzt haben wir angefangen, auch rückwärts zu bauen, von mehreren Enden her, um Zeit aufzuholen.“ Schon nach Ostern will die Bürgerenergiegenossenschaft die Wärmversorgung aufnehmen. Dann sollen die ersten Haushalte auf Fernwärme umgeschaltet werden. Das Schmuckstück Auf dem Hügel am Ortsrand steht bereits die neue Heizzentrale. „Unser Schmuckstück“ nennt sie Kurz. Und wer den architektonisch gefällig gestalteten Zweckbau betrachtet, ahnt nicht das große Kino, dass hier Anfang März zu besichtigen war. Mit Sondertransporten wurden nachts die beiden riesigen Pufferspeicher herangekarrt, die jetzt 17 Meter hoch hinter dem Gebäude aufragen. „Rückwärts mussten die Tieflader durchs Dorf und den Berg rauf, weil sie sonst nicht um die Kurven gekommen wären“, erzählt Kurz. An der Heiz zen trale angekommen verdienten sich dann die Kranfüh rer der beiden Mobilkräne Respekt. Ihr Job war es, die beiden jeweils 160 Kubik meter Wasser fassenden Stahlbehälter zu - nächst in die Senkrechte zu kippen und dann über das Dach der Heizzentrale hinweg zentimetergenau an den Aufstellort zu bugsieren. Das riskante Manöver bewältigten die Profis ohne Sichtkontakt und bei stür mi schem Seitenwind. Der ließ die tonnenschwe ren Stahltanks bedenklich pen deln, wie auf einem YouTube-Video des Hessi schen Rundfunks zu besich - tigen ist. Eine Kollision der Ungetüme mit dem Schornstein der Heizzentrale hätte fatale Folgen gehabt – auch weil die Außenhaut der bereits vor dem Transport im Werk dick mit Steinwolle gedämm ten Behälter empfindlich ist. Die Pufferspeicher zeigen dem kundigen Beobachter schon jetzt, dass in Mengsberg auch rein technisch etwas Besonderes entsteht. Die Gefäße werden gebraucht, damit der Haupt- Wärmeerzeuger, ein 1,1 Megawatt starker Holzhackschnitzelkessel im Sommer möglichst gar nicht anspringen muss – so wird ein uneffizienter Teillastbetrieb Sechs Jahre nach den ersten Überlegungen, drei Jahre nach Gründung der Energie- Genossenschaft und ein Jahr nach den Unterschrift unter den Bauvertrag läuft jetzt der Umbau Mengsbergs zum Solar-Bioenergiedorf auf Hochtouren. Erneuerbare Wärme für Mengsberg Foto: Guido Bröer Solare Wärmenetze D 8 Solare Wärmenetze vermieden. Mindestens vier Monate lang soll stattdessen eine Solarther mie - anlage allein das Dorf mit Wärme versorgen. Die Kollektorreihen sollen auf der frisch planierten Fläche neben dem Heizhaus errichtet werden, wo der Matsch bislang noch knöcheltief steht. Sobald das Wetter es zulässt, werde die Montage der Kollektoren beginnen, hofft Kurz. Wärmeüberschüsse, die die Sonne tagsüber liefert, werden dann in den Puffertanks gespeichert, um für die Abendstunden zur Verfügung zu ste - hen. Die Speicher sind groß genug dimensioniert, um im Sommer auch längere Schlechtwetterperioden überbrücken zu können. Im Gesamtjahr soll die Solaranlage 17 Prozent des Wärmebedarfs von Mengsberg liefern. Der Ortsteil von Neustadt wird auf diese Weise das erste Solarenergiedorf in Hessen werden. Und mit knapp 3000 Quadrat metern Kollektorfläche wird seine Anlage bis auf weiteres die größte in einem ländlichen Wärmenetz in Deutschland sein. Leistungsstärker sind nur die urbanen Anlagen in den Städten Senftenberg, Crailsheim, Friedrichsha - fen und Neckarsulm. Unser Dorf hat Zukunft Kein Wunder, dass die Mengsberger mächtig stolz auf ihr Werk sind. Begonnen hatte hier alles mit dem Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, an dem sich die Dorfgemeinschaft seit 2011 über die Regional- und Hessenmeisterschaft bis zum Bundessieger 2013 und zum Vize-Europameister 2014 hocharbeitete. Damals haben die Mengs berger erkannt, dass die Energiefrage neben vielen anderen Themen eine Schlüsselfrage für die ökologische und wirtschaftliche Zukunft ihres Dorfes ist. Als Dreh- und Angelpunkt der Dorferneuerung gilt dabei das Wärmenetz. Was in den Arbeitskreisen zur Vorbereitung der Wettbewerbe noch Theorie war, ist mittlerweile Praxis geworden. Und die macht viel Arbeit – ehrenamtliche Arbeit. Volker Helfenbein, Projektleiter des Heizungsbauunternehmens Viessmann, das viele Ideen für das Solar-Bioenergiedorf beisteuerte und jetzt als Generalunternehmer den Um - bau organisiert, zollt den Energiegenossen dafür Respekt: „Hochachtung von meiner Seite! Die Genossenschaft be - steht ja nicht nur aus dem Vorstand. Die Vorstandsmitglieder müssen immer wieder Entscheidungen treffen. Und diese Entscheidungen müssen sie auch immer wieder im Dorf rückkop peln und dabei alle Genossen einbin den. Das hat sehr viel mit Vertrau en zu tun.“ Nicht ohne Kümmerer Und so wird es auch an diesem Donnerstag sein. Nach der Baubesprechung am Morgen tagt abends in größerer Runde der Aufsichtsrat der Genossenschaft, durch den wiederum mit den Genossenschaftmitgliedern kommuniziert wird. „Seit einem Jahr geht das so“, sagt Kurz: „Morgens Baubespre chung, abends Aufsichtsrat – jede Woche.“ „Zum Glück haben wir hier Karlheinz Kurz, und zum Glück ist der schon Rentner“, betont sein Vorstandskollege Thomas Theis. Will heißen: Der Ortsvorsteher und Vorsitzende der Genossenschaft hält als primus inter pares die Truppe zusam men – nicht nur indem er morgens bei der Baubesprechung den Kaffee serviert. Auch Georg Stegemann, Leiter des Geschäftsbereiches Bioenergiedörfer und -systeme bei Viessmann, der die Mengsberger schon seit 2012 bei ihren Planungen begleitet, weiß genau, was er an Kurz hat: „Ohne einen solchen Kümmerer vor Ort, der über Jahre die Fäden zusammenhält, kann ich mir ein Energiedorfprojekt fast nicht vorstellen.“ Guido Bröer Zwei 17 Meter hohe Puffertanks sorgen dafür, dass Solarenergie auch in Schlechtwet - ter perioden zur Verfügung steht und im Sommer der Heizkessel nicht gebraucht wird. Nicht nur Wärme ist ein Thema in Mengsberg. Viele Dächer sind blau von Photovoltaik und auf dem Berg hinterm Dorf drehen sich Windräder. Die Inititial zün dung für die Mengsberger Energiewende kam mit dem Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Foto: Guido Bröer Foto: Guido Bröer April 2018 Solare Wärmenetze Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Stadtwerke Radolfzell geben Solarkollektorfeld in Auftrag Das Solarenergiedorf Liggeringen, Ortsteil von Radolfzell am Bodensee, macht Fortschritte. Noch in diesem Sommer sollen dort 1100 Quadratmeter Solarkollektoren installiert werden. Bereits seit Herbst 2017 lassen die Stadtwerke Radolfzell, die die Wärmeversorgung in Liggeringen künftig überneh - men wollen, unter dem Asphalt der Dorf straßen Fernwärmerohre verlegen. Jetzt hat der kommunale Energieversorger auch den Auftrag zum Bau des Kollektorfeldes erteilt. Nach einer Ausschreibung, an der sich fünf interessierte Solarthermieunternehmen beteiligt hatten, ging der Zuschlag nun an den österreichischen Projektierer SOLID, der bereits seit 1992 solarthermische Großanlagen plant, finanziert, installiert und betreibt. Das Konzept des Unternehmens, das selbst keine Kollektoren herstellt, fußt auf großflächigen Hochleistungsflachkollektoren mit zusammen 1100 Quadratmetern Brut - tokol lektor fläche. Angesichts der moderaten Tempera turen im dörflichen Wärmenetz von Liggeringen hätten sich die Flachkollektoren in diesem Fall als wirtschaftlichste Lösung erwiesen, heißt es von Seiten der Stadtwerke. Die Kollektoren sollen pro Jahr etwa 470000 Kilowattstunden Wärme liefern, was rund 20 Prozent des jährlichen Bedarfs entspricht. Während der Sommermonate sollen die neuen Holzkessel ganz abgeschaltet und der Wärmebedarf des Dorfes allein mit Solarthermie gedeckt werden. 90 von 260 Gebäuden in Liggeringen sollen bereits in diesem Jahr an das Netz angeschlossen und mit erneuerbarer Wärme versorgt werden. Das Solarkollektorfeld sei so ausgelegt, dass es erweitert werden könne, wenn weitere Nutzer hinzukommen und die Wärmenachfrage steige, betont Detlev Seidler, Deutschlandvertreter von SOLID. Er ist guter Dinge, die Solaranlage bereits in den kommenden Sommermonaten fertigstellen zu können. gb Stadtwerke Radolfzell, www.stadtwerke-radolfzell.de, SOLID GmbH, Detlev Seidler, Tel. 0174 9474292, www.solid.at Fünf neue Solarenergiedörfer 2018 Nach Informationen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Marktbereitungsprojektes „Solnet 4.0“ werden 2018 in Deutschland mindestens fünf solarunterstützte Wärmenetze mit jeweils 1000 bis 3000 Quadratmetern Kollektorfläche neu an den Start gehen. Aktuell sei vor allem im Marktsegment der Energiedörfer eine wachsende Dynamik zu erkennen, konsta tiert Projektkoordinator Thomas Pauschinger vom Steinbeis-Forschungsins - titut Solites. Um so mehr will das von Solarunternehmen kofinanzierte Pro jekt künftig auch städtische Fern wärme - betreiber und die Wohnungswirtschaft adressieren. Solites gGmbH, Thomas Pauschinger, info@solites.de In landschaftlich reizvoller Umgebung am Ortsrand des Dorfes Liggeringen sollen in den kommenden Monaten die Holzheizzentrale und das Solarkollektorfeld entstehen. Grafik: Stadtwerke Radolfzell 10 Solare Wärmenetze Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | ✆ +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH Solare Kraft-Wärme-Kopplung In der dänischen Stadt Brønderslev ist am 19. März ein neuartiges Heizkraftwerk eingeweiht worden, bei dem ein konzentrierendes Solarsystem sowohl Strom als auch Wärme erzeugt. Als Sonnenfänger kommen in dieser Anlage nicht typische Flach- oder Vakuumröhrenkollektoren zum Einsatz, wie sie in anderen solaren Wärmenetzen genutzt werden. Vielmehr handelt es sich um Parabolrinnenkollektoren des dänischen Herstellers Aalborg CSP, die nach dem gleichen Prinzip arbeiten wie große thermische Solarkraftwerke in Wüstengebieten. Die Sonnenstrahlen werden auf eine Glasröhre im Fokus des Parabolspiegels konzentriert, in der ein Thermo-Öl auf bis zu 330 Grad Celsius erhitzt wird. Anders als in den Wüstenkraftwerken liefern die in 40 Reihen á 125 Meter Länge arrangierten Kollektoren von Brønderslev allerdings nicht nur Strom, sondern Strom und Wärme oder wahlweise auch nur Wärme. Denn das Thermo-Öl gibt seine Energie über Wärmetauscher entweder direkt an das Wärmenetz ab oder zunächst an eine ORC-Turbine (Organic Ranckine Cycle), in der Strom erzeugt wird. Die ORC-Turbine soll immer dann zum Einsatz kommen, wenn ausreichend Sonne scheint und die Börsenstrompreise zugleich hoch sind. Ansonsten heizen die Kollektoren das Wärmenetz von Brønderslev mit einer Leistung von bis zu 16,6 Megawatt thermisch. Das tun sie im übrigen schon seit Ende 2016. Allerdings hat das Versorgungsunternehmen Brønderslev Forsyning A/S erst kürzlich den Biomassekessel und die ORC-Turbine fertiggestellt, so dass die Solarkollek - toren erst jetzt auch zur Stromerzeugung genutzt werden können. Die ORC-Turbine kann auch vom Biomasse-Kessel mit Wärme be schickt werden. Innovativ ist auch der Einsatz einer Wärmepumpe im Abgasstrang. Sie nutzt wie bei einer Brennwertheizung die Kondensation des im Rauchgas enthaltenen Wassers und führt sie dem Wärmenetz zu. Die Anlage in Brønderslev ist nach Angaben der Betreibergesellschaft die erste ihrer Art welt - weit. Sie löst ein Gaskraftwerk ab. gb Parabolrinnenkollektoren können in Brønderslev künftig wahlweise Strom oder Fernwärme erzeugen. 10. April 2018 in Wolpertshausen: 2. Fachkongress Nahwärme, WFG Schwäbisch Hall mbH, event.wfgsha.de 11. und 12. April 2018 in Graz/Österreich: 5th International Solar District Heating Conference. www.solar-district-heating.eu 9. Mai 2018 in Berlin: Ohne Solarthermie keine Energiewende. Lösungen für Gebäude und Quartiere. Im Rahmen der Berliner Energietage, www.energietage.de 15. und 16. Mai 2018 in Nürnberg: 12. Eurosolar-Konferenz „Stadtwerke mit erneuerbaren Energien”, Eurosolar e.V., stadtwerke-konferenz.eurosolar.de 17. bis 19. April 2018 in Frankfurt: 23. Int. Fachmesse und Kongress für Wärme, Kälte und KWK, AGFW, www.eneff-messe.de 23. Mai 2018 in Senftenberg: Infotag: Vorstellung der größten solarthermischen Anlage Deutschlands, AGFW, www.energieeffizienzverband.de TERMINE ZU SOLAREN WÄRMENETZEN Foto: Aalborg CSP April 2018