Solarenergiedorf Mengsberg

7 April 2018 Donnerstagmorgen acht Uhr, Baubesprechung im Feuerwehrhaus von Mengsberg, wie jeden Donnerstag. Heute sind sie zu fünft. Ortsvorsteher Karlheinz Kurz, zugleich Vor stands sprecher der Bioenergiegenossenschaft Mengsberg eG, hat schon den Kaffee gekocht. Zusammen mit seinem Vorstandskollegen Thomas Theis diskutiert er mit den Projektleitern von drei Baufirmen. Seit Monaten wühlen sich die Bagger durch das 20 Kilometer nord östlich von Marburg gelegene 900-Einwohner-Dorf. „Durch das schlechte Wetter sind wir ziemlich in Verzug“, berichtet Kurz. 2300 Meter des rund 9 Kilometer langen Rohleitungsnetzes seien bereits verlegt worden. „Wir arbeiten in Bauabschnitten und jetzt haben wir angefangen, auch rückwärts zu bauen, von mehreren Enden her, um Zeit aufzuholen.“ Schon nach Ostern will die Bürgerenergiegenossenschaft die Wärmversorgung aufnehmen. Dann sollen die ersten Haushalte auf Fernwärme umgeschaltet werden. Das Schmuckstück Auf dem Hügel am Ortsrand steht bereits die neue Heizzentrale. „Unser Schmuckstück“ nennt sie Kurz. Und wer den architektonisch gefällig gestalteten Zweckbau betrachtet, ahnt nicht das große Kino, dass hier Anfang März zu besichtigen war. Mit Sondertransporten wurden nachts die beiden riesigen Pufferspeicher herangekarrt, die jetzt 17 Meter hoch hinter dem Gebäude aufragen. „Rückwärts mussten die Tieflader durchs Dorf und den Berg rauf, weil sie sonst nicht um die Kurven gekommen wären“, erzählt Kurz. An der Heiz zen trale angekommen verdienten sich dann die Kranfüh rer der beiden Mobilkräne Respekt. Ihr Job war es, die beiden jeweils 160 Kubik meter Wasser fassenden Stahlbehälter zu - nächst in die Senkrechte zu kippen und dann über das Dach der Heizzentrale hinweg zentimetergenau an den Aufstellort zu bugsieren. Das riskante Manöver bewältigten die Profis ohne Sichtkontakt und bei stür mi schem Seitenwind. Der ließ die tonnenschwe ren Stahltanks bedenklich pen deln, wie auf einem YouTube-Video des Hessi schen Rundfunks zu besich - tigen ist. Eine Kollision der Ungetüme mit dem Schornstein der Heizzentrale hätte fatale Folgen gehabt – auch weil die Außenhaut der bereits vor dem Transport im Werk dick mit Steinwolle gedämm ten Behälter empfindlich ist. Die Pufferspeicher zeigen dem kundigen Beobachter schon jetzt, dass in Mengsberg auch rein technisch etwas Besonderes entsteht. Die Gefäße werden gebraucht, damit der Haupt- Wärmeerzeuger, ein 1,1 Megawatt starker Holzhackschnitzelkessel im Sommer möglichst gar nicht anspringen muss – so wird ein uneffizienter Teillastbetrieb Sechs Jahre nach den ersten Überlegungen, drei Jahre nach Gründung der Energie- Genossenschaft und ein Jahr nach den Unterschrift unter den Bauvertrag läuft jetzt der Umbau Mengsbergs zum Solar-Bioenergiedorf auf Hochtouren. Erneuerbare Wärme für Mengsberg Foto: Guido Bröer Solare Wärmenetze D 8 Solare Wärmenetze vermieden. Mindestens vier Monate lang soll stattdessen eine Solarther mie - anlage allein das Dorf mit Wärme versorgen. Die Kollektorreihen sollen auf der frisch planierten Fläche neben dem Heizhaus errichtet werden, wo der Matsch bislang noch knöcheltief steht. Sobald das Wetter es zulässt, werde die Montage der Kollektoren beginnen, hofft Kurz. Wärmeüberschüsse, die die Sonne tagsüber liefert, werden dann in den Puffertanks gespeichert, um für die Abendstunden zur Verfügung zu ste - hen. Die Speicher sind groß genug dimensioniert, um im Sommer auch längere Schlechtwetterperioden überbrücken zu können. Im Gesamtjahr soll die Solaranlage 17 Prozent des Wärmebedarfs von Mengsberg liefern. Der Ortsteil von Neustadt wird auf diese Weise das erste Solarenergiedorf in Hessen werden. Und mit knapp 3000 Quadrat metern Kollektorfläche wird seine Anlage bis auf weiteres die größte in einem ländlichen Wärmenetz in Deutschland sein. Leistungsstärker sind nur die urbanen Anlagen in den Städten Senftenberg, Crailsheim, Friedrichsha - fen und Neckarsulm. Unser Dorf hat Zukunft Kein Wunder, dass die Mengsberger mächtig stolz auf ihr Werk sind. Begonnen hatte hier alles mit dem Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, an dem sich die Dorfgemeinschaft seit 2011 über die Regional- und Hessenmeisterschaft bis zum Bundessieger 2013 und zum Vize-Europameister 2014 hocharbeitete. Damals haben die Mengs berger erkannt, dass die Energiefrage neben vielen anderen Themen eine Schlüsselfrage für die ökologische und wirtschaftliche Zukunft ihres Dorfes ist. Als Dreh- und Angelpunkt der Dorferneuerung gilt dabei das Wärmenetz. Was in den Arbeitskreisen zur Vorbereitung der Wettbewerbe noch Theorie war, ist mittlerweile Praxis geworden. Und die macht viel Arbeit – ehrenamtliche Arbeit. Volker Helfenbein, Projektleiter des Heizungsbauunternehmens Viessmann, das viele Ideen für das Solar-Bioenergiedorf beisteuerte und jetzt als Generalunternehmer den Um - bau organisiert, zollt den Energiegenossen dafür Respekt: „Hochachtung von meiner Seite! Die Genossenschaft be - steht ja nicht nur aus dem Vorstand. Die Vorstandsmitglieder müssen immer wieder Entscheidungen treffen. Und diese Entscheidungen müssen sie auch immer wieder im Dorf rückkop peln und dabei alle Genossen einbin den. Das hat sehr viel mit Vertrau en zu tun.“ Nicht ohne Kümmerer Und so wird es auch an diesem Donnerstag sein. Nach der Baubesprechung am Morgen tagt abends in größerer Runde der Aufsichtsrat der Genossenschaft, durch den wiederum mit den Genossenschaftmitgliedern kommuniziert wird. „Seit einem Jahr geht das so“, sagt Kurz: „Morgens Baubespre chung, abends Aufsichtsrat – jede Woche.“ „Zum Glück haben wir hier Karlheinz Kurz, und zum Glück ist der schon Rentner“, betont sein Vorstandskollege Thomas Theis. Will heißen: Der Ortsvorsteher und Vorsitzende der Genossenschaft hält als primus inter pares die Truppe zusam men – nicht nur indem er morgens bei der Baubesprechung den Kaffee serviert. Auch Georg Stegemann, Leiter des Geschäftsbereiches Bioenergiedörfer und -systeme bei Viessmann, der die Mengsberger schon seit 2012 bei ihren Planungen begleitet, weiß genau, was er an Kurz hat: „Ohne einen solchen Kümmerer vor Ort, der über Jahre die Fäden zusammenhält, kann ich mir ein Energiedorfprojekt fast nicht vorstellen.“ Guido Bröer Zwei 17 Meter hohe Puffertanks sorgen dafür, dass Solarenergie auch in Schlechtwet - ter perioden zur Verfügung steht und im Sommer der Heizkessel nicht gebraucht wird. Nicht nur Wärme ist ein Thema in Mengsberg. Viele Dächer sind blau von Photovoltaik und auf dem Berg hinterm Dorf drehen sich Windräder. Die Inititial zün dung für die Mengsberger Energiewende kam mit dem Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Foto: Guido Bröer Foto: Guido Bröer April 2018 Solare Wärmenetze Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Stadtwerke Radolfzell geben Solarkollektorfeld in Auftrag Das Solarenergiedorf Liggeringen, Ortsteil von Radolfzell am Bodensee, macht Fortschritte. Noch in diesem Sommer sollen dort 1100 Quadratmeter Solarkollektoren installiert werden. Bereits seit Herbst 2017 lassen die Stadtwerke Radolfzell, die die Wärmeversorgung in Liggeringen künftig überneh - men wollen, unter dem Asphalt der Dorf straßen Fernwärmerohre verlegen. Jetzt hat der kommunale Energieversorger auch den Auftrag zum Bau des Kollektorfeldes erteilt. Nach einer Ausschreibung, an der sich fünf interessierte Solarthermieunternehmen beteiligt hatten, ging der Zuschlag nun an den österreichischen Projektierer SOLID, der bereits seit 1992 solarthermische Großanlagen plant, finanziert, installiert und betreibt. Das Konzept des Unternehmens, das selbst keine Kollektoren herstellt, fußt auf großflächigen Hochleistungsflachkollektoren mit zusammen 1100 Quadratmetern Brut - tokol lektor fläche. Angesichts der moderaten Tempera turen im dörflichen Wärmenetz von Liggeringen hätten sich die Flachkollektoren in diesem Fall als wirtschaftlichste Lösung erwiesen, heißt es von Seiten der Stadtwerke. Die Kollektoren sollen pro Jahr etwa 470000 Kilowattstunden Wärme liefern, was rund 20 Prozent des jährlichen Bedarfs entspricht. Während der Sommermonate sollen die neuen Holzkessel ganz abgeschaltet und der Wärmebedarf des Dorfes allein mit Solarthermie gedeckt werden. 90 von 260 Gebäuden in Liggeringen sollen bereits in diesem Jahr an das Netz angeschlossen und mit erneuerbarer Wärme versorgt werden. Das Solarkollektorfeld sei so ausgelegt, dass es erweitert werden könne, wenn weitere Nutzer hinzukommen und die Wärmenachfrage steige, betont Detlev Seidler, Deutschlandvertreter von SOLID. Er ist guter Dinge, die Solaranlage bereits in den kommenden Sommermonaten fertigstellen zu können. gb Stadtwerke Radolfzell, www.stadtwerke-radolfzell.de, SOLID GmbH, Detlev Seidler, Tel. 0174 9474292, www.solid.at Fünf neue Solarenergiedörfer 2018 Nach Informationen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Marktbereitungsprojektes „Solnet 4.0“ werden 2018 in Deutschland mindestens fünf solarunterstützte Wärmenetze mit jeweils 1000 bis 3000 Quadratmetern Kollektorfläche neu an den Start gehen. Aktuell sei vor allem im Marktsegment der Energiedörfer eine wachsende Dynamik zu erkennen, konsta tiert Projektkoordinator Thomas Pauschinger vom Steinbeis-Forschungsins - titut Solites. Um so mehr will das von Solarunternehmen kofinanzierte Pro jekt künftig auch städtische Fern wärme - betreiber und die Wohnungswirtschaft adressieren. Solites gGmbH, Thomas Pauschinger, info@solites.de In landschaftlich reizvoller Umgebung am Ortsrand des Dorfes Liggeringen sollen in den kommenden Monaten die Holzheizzentrale und das Solarkollektorfeld entstehen. Grafik: Stadtwerke Radolfzell 10 Solare Wärmenetze Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | ✆ +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH Solare Kraft-Wärme-Kopplung In der dänischen Stadt Brønderslev ist am 19. März ein neuartiges Heizkraftwerk eingeweiht worden, bei dem ein konzentrierendes Solarsystem sowohl Strom als auch Wärme erzeugt. Als Sonnenfänger kommen in dieser Anlage nicht typische Flach- oder Vakuumröhrenkollektoren zum Einsatz, wie sie in anderen solaren Wärmenetzen genutzt werden. Vielmehr handelt es sich um Parabolrinnenkollektoren des dänischen Herstellers Aalborg CSP, die nach dem gleichen Prinzip arbeiten wie große thermische Solarkraftwerke in Wüstengebieten. Die Sonnenstrahlen werden auf eine Glasröhre im Fokus des Parabolspiegels konzentriert, in der ein Thermo-Öl auf bis zu 330 Grad Celsius erhitzt wird. Anders als in den Wüstenkraftwerken liefern die in 40 Reihen á 125 Meter Länge arrangierten Kollektoren von Brønderslev allerdings nicht nur Strom, sondern Strom und Wärme oder wahlweise auch nur Wärme. Denn das Thermo-Öl gibt seine Energie über Wärmetauscher entweder direkt an das Wärmenetz ab oder zunächst an eine ORC-Turbine (Organic Ranckine Cycle), in der Strom erzeugt wird. Die ORC-Turbine soll immer dann zum Einsatz kommen, wenn ausreichend Sonne scheint und die Börsenstrompreise zugleich hoch sind. Ansonsten heizen die Kollektoren das Wärmenetz von Brønderslev mit einer Leistung von bis zu 16,6 Megawatt thermisch. Das tun sie im übrigen schon seit Ende 2016. Allerdings hat das Versorgungsunternehmen Brønderslev Forsyning A/S erst kürzlich den Biomassekessel und die ORC-Turbine fertiggestellt, so dass die Solarkollek - toren erst jetzt auch zur Stromerzeugung genutzt werden können. Die ORC-Turbine kann auch vom Biomasse-Kessel mit Wärme be schickt werden. Innovativ ist auch der Einsatz einer Wärmepumpe im Abgasstrang. Sie nutzt wie bei einer Brennwertheizung die Kondensation des im Rauchgas enthaltenen Wassers und führt sie dem Wärmenetz zu. Die Anlage in Brønderslev ist nach Angaben der Betreibergesellschaft die erste ihrer Art welt - weit. Sie löst ein Gaskraftwerk ab. gb Parabolrinnenkollektoren können in Brønderslev künftig wahlweise Strom oder Fernwärme erzeugen. 10. April 2018 in Wolpertshausen: 2. Fachkongress Nahwärme, WFG Schwäbisch Hall mbH, event.wfgsha.de 11. und 12. April 2018 in Graz/Österreich: 5th International Solar District Heating Conference. www.solar-district-heating.eu 9. Mai 2018 in Berlin: Ohne Solarthermie keine Energiewende. Lösungen für Gebäude und Quartiere. Im Rahmen der Berliner Energietage, www.energietage.de 15. und 16. Mai 2018 in Nürnberg: 12. Eurosolar-Konferenz „Stadtwerke mit erneuerbaren Energien”, Eurosolar e.V., stadtwerke-konferenz.eurosolar.de 17. bis 19. April 2018 in Frankfurt: 23. Int. Fachmesse und Kongress für Wärme, Kälte und KWK, AGFW, www.eneff-messe.de 23. Mai 2018 in Senftenberg: Infotag: Vorstellung der größten solarthermischen Anlage Deutschlands, AGFW, www.energieeffizienzverband.de TERMINE ZU SOLAREN WÄRMENETZEN Foto: Aalborg CSP April 2018

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|

Wärmedrehscheibe Hennigsdorf

7 Januar 2018 Solare Wärmenetze Wer wissen will, was es mit der Energiewende in Hennigsdorf auf sich hat und wie hier die Fernwärme solarisiert wird, der besucht am besten Thomas Bethke, den Chef der Hennigs dorfer Stadt - werke. Bethke arbeitet in einem lichten Büro im Technologiezentrum, einem schicken Glaskasten, „Blaues Wunder” genannt. Ab und zu rappelt vor dem Fenster die S-Bahn vorbei. Sonst ist es ruhig an diesem trüben Dezembernachmittag. Manche Mitarbeiter sind schon gegan gen, um sich auf die abend liche Weihnachtsfeier vorzubereiten. Der Chef nimmt sich vorher noch Zeit für das Gespräch mit der Energiekommune. Mit Presseleuten geht der hemdsär - me lige Mittfünfziger locker um, ist er doch mit einer Journa listin verheiratet. Er kennt das Spiel – und bestimmt es gern selbst. Schlich te Frage, simple Antwort – so läuft das nicht bei Bethke. Wer von ihm was wissen will, der muss ein bisschen Zeit mitbringen. Schließlich ist der Plan, wie das Hennigsdorfer Wärmenetz zur „Wärmedrehscheibe“ und damit zum ökologischen Vorreiter unter Deutschlands Fernwärmenetzen werden soll, nicht vom Himmel gefallen. Ebensowenig, wie der Be schluss der Stadtverordnetenversammlung, die vor Monaten grünes Licht für das Großvorhaben gegeben hat. „Ja, der Beschluss ist gefasst – wir müssen es nur noch machen“, sagt Bethke und be ginnt erstmal einen Exkurs zur Geschichte Hennigsdorfs. Keine gewöhnliche Kleinstadt Zu Kaisers Zeiten wurde in dem beschaulichen Dorf nordwestlich von Berlin innerhalb weniger Jahre ein Zentrum der deutschen Schwer- und Rüstungsindustrie aus dem märkischen Sand gestampft. Bis zum zweiten Weltkrieg wurden hier von AEG Lokomo - tiven gebaut und Stahl produziert. Nach verheerenden Bombardements kurz vor Kriegsende baute die DDR die nunmehr volks eige ne Schwerindustrie in Hennigsdorf wieder auf. Nur das Reservoir an Arbeitskräften, die zuvor täglich mit der S-Bahn aus der nahen Metropole herangerollt waren, das befand sich nun aus Perspektive der DDR-Kombinate auf der falschen Seite einer Mauer in Westberlin. In Hennigsdorf mussten also Wohnungen für Werktätige gebaut werden – schnell, preiswert, auf engem Raum. So entstanden hier seit den 1950er Jahren verdichtete, mehrgeschossige Wohnsiedlungen. Für die nach der Wende entwickelte Fernwärmestrategie der Stadt war diese Siedlungsstruktur eine günstige Voraussetzung. Die Stadtwärme Hennigsdorf GmbH übernahm als 100-prozentiger Eigenbetrieb der Kommune die Braunkohle- Heizwerke, die seit den 1960-er Jahren aufgebaut worden waren, und erweiterte Schritt für Schritt das Netz. „Durch Sanierung und Abbruch von Gebäuden haben wir seit der Wende 60 Prozent unserer Anschlussleistung verloren“, berichtet Bethke. „In Summe haben wir unsere Anschlussleistung allerdings verdreifacht.“ Heute sind in Hen- 100 Prozent erneuerbare Energie für das Fernwärmenetz einer Industriestadt. Geht das überhaupt? –Wenn, dann nur mit großem Gestaltungswillen und neuem Denken. Hennigsdorf will es vormachen. Wärmedrehscheibe Hennigsdorf Von den Dächern des Cohn’schen Viertels speisen schon seit 18 Jahren Solarkollektoren Energie ins Fernwärmenetz ein. Foto: Stadtwerke Hennigsdorf 8 Solare Wärmenetze nigsdorf 80 Prozent der Wohngebäude und 70 Prozent der Gewerbebetriebe ans Wärmenetz angeschlossen –Werte, die bundesweit ihresgleichen suchen. Dahinter steht eine konsequent umgesetzte städtebauliche Visi on. Auf der einen Seite sei es darum gegangen, die industriellen Kerne zu erhalten sowie neue Mittelständler anzuzie hen, auf der anderen Seite das Image der Industriestadt aufzupolieren und qualifizierten jungen Arbeitskräf ten eine gewisse Lebensqualität zu bieten, sagt Bethke: „Was anderswo unter dem ökologischen Aspekt diskutiert würde, ist für uns einfach Pragmatismus.“ Am Thema Energie kommt man dabei nicht vorbei, denn der Energieverbrauch ist in Hennigsdorf pro Kopf der 26000 Einwohner doppelt so hoch wie im Bundesdurch schnitt. Verantwortlich ist dafür der hohe Industrieanteil mit Großverbrauchern wie dem Elektrostahlwerk des Riva-Konzerns und dem Schienenfahrzeugbau von Bombardier. Im Wärmesektor wurde der CO2- Ausstoß bereits im Jahr 2009 schlag - artig halbiert: durch die Inbetrieb nah - me des Biomasse-Heizkraftwerks, das Hackschnitzel aus brandenburgischen Wäldern verwendet, und ein biomethan- betrie be nes Blockheizkraftwerk. Innerhalb der nächsten vier Jahre soll nun die Wärmeversorgung möglichst vollstän dig dekarbonisiert werden – Stichwort: „Wärmedrehscheibe“. „Ich muss den Kunden kennen” Wenn Thomas Bethke das Bild von der „Wärmedrehscheibe“ erklären soll, berichtet er aber nicht etwa von der künf - tigen Abwärmenutzung aus dem Stahlwerk, den geplanten großen Solaranlagen, den Power-to-Heat-Anlagen zur Nutzung überschüssigen Wind stroms und vom riesigen multifunktio na len Wärmespeicher, der all dies zu ei nem System verbinden soll. Statt des sen erzählt Bethke von dem Mehrfa milien - haus, in dem kürzlich der Trinkwasser- Wärmeverbrauch auf ein Vielfaches des Üblichen angestiegen sei. Da jeder Anschluss von den Stadtwerken fernüberwacht wird, habe man des Rätsels Lösung schnell gefunden: Ein frischgebackener Installateur-Meister habe sich in seiner Mietwohnung den Traum von einer privaten Badelandschaft erfüllt. Bethke will mit dem Beispiel sagen: „Ich muss meinen Kunden kennen und wie der sich entwickelt. Für jede einzelne Übergabestation muss ich das wissen, denn der Kontakt zum Kunden ist der Schlüs sel zur Wärmedrehscheibe.“ Und nochmal als Credo: „Wärmedreh schei - be heißt: messen, steuern, regeln.“ Denn wenn künftig insbesondere Solarwärme, womöglich Wind strom, aber auch die plötzlichen Abwärmeschübe des Stahlwerks als fluktuierende Energien ins Wärmenetz geholt werden sollten, dann komme es mehr denn je auf eine hohe Transparenz der Verbrauchsseite, Flexibilität der sonstigen Erzeugung und Speicher an, so Bethke: „Bei der Sonne kann ich keinen Knopf drücken wie bei meinen Heizwerken.“ Der Kontakt zu den einzelnen Kunden sei auch deshalb wichtig, um die Temperaturen im gesamten Netz zu drücken. Denn gerade die Solarkollektoren arbeiten dann effizienter: „Je mehr nichtfossile Energien im System sind, desto wichtiger ist es, die Vorlauf - tempe ratu ren zu senken.“ Womit wir zu guter Letzt doch noch beim Thema angekommen wä ren: Die Rolle der Sonne im künftigen Wärme - netz von Hennigsdorf. Geplant ist 2018 zunächst die Erneuerung der 18 Jahre alten Kollektorflächen (1000 m2) auf den Wohnhäusern des Cohn’schen Vier tels, deren Dachaufbau nicht mehr zeitgemäß ist. Danach kommt eine 3000-Quadratmeter-Kollektoranlage neben ei nem Biomasse-Heizwerk und schließ lich ist ab 2020 der Bau der 15000 Quadratmeter großen Solarthermieanlage am Stahlwerk geplant. „Die Flächen haben wir uns übrigens schon gesichert”, sagt Beth ke beiläufig. Für das obligatorische Pressefoto streift er schnell noch ein Jacket über’s karierte Hemd, und dann geht’s ab zur Weihnachtsfeier. Die Kolleginnen und Kollegen warten schon. Guido Bröer Thomas Bethke will die Fernwärme komplett auf Erneuerbare und Abwärme umstellen. Energiequellen der geplanten „Wärmedrehscheibe” sind u.a.: Abwärme Stahlwerk: Das Walz werk liefert schubweise bis zu 10 MW Abwärme, die in einem Multi funk - tionsspeicher gepuffert werden. Solarthermie: Eine Anlagen mit 15000 m2 Kollek tor fläche sowie weitere dezentrale Anlagen. Biomasseheizkraftwerk: Schon seit 2009 werden 50 % der Fernwärme aus Holzhack schnit zeln gewonnen. Biomethan-BHKW und -HKW: Kleine, flexible Einheiten decken den Spit - zenbedarf, dienen teils als Not - strom versorgung für Industriebe - triebe und sichern die Schwarzstart - fähigkeit des Stromnetzes. Regenerativstrom: Elektrokessel sollen überschüssigen Wind- oder Solarstrom bei geringem Börsen - preis als Wärme nutzbar machen. 100 % ERNEUERBAR Foto: Guido Bröer Solarthermie für Châteubriant In Châteubriant, einer 14000-Einwohner-Kommune im Bezirk Loire Atlantique im Westen Frankreichs, unterstützt jetzt eine Solaranlage das Fernwärmenetz. 200 Großflächenkollektoren des deutschen Herstellers KBB aus Berlin wurden noch im alten Jahr installiert und sollen mit steigendem Sonnenstand dafür sorgen, das der kommu - nale Betreiber möglichst viel Erdgas und Holz als Brennstoff einspart. Mindestens 900 Megawattstunden, so garantiert der Hersteller, sollen pro Jahr aus dem 2500 Quadratmeter großen Kollektorfeld gewonnen und genutzt werden. Eine Reihe von öffentlichen Gebäuden, wie das Kranken - haus, Schu len, das Rathaus, mehrere Sportstätten und das Schwimm bad, sind an das 9,5 Kilometer lange Wärmenetz angeschlossen. Die Investition von 1,5 Millionen Euro wird zu 30 Prozent von der Kommune selbst bezahlt. 70 Prozent För - derung kommt von der französischen Umwelt- und Energieagentur ADEME. Für die Fernwärmebezieher soll sich der Fernwärmepreis ab sofort um 5 Prozent verringern. gb KBB Kollektorbau GmbH, Anja Schmidt, a.schmidt@kbb-solar.com Solare Wärmenetze jetzt auf Twitter Nachrichten und Diskussionen zu solaren Wärmenetzen gibt es jetzt auch per Twitter unter @solnetz. Das Projekt Solnet 4.0, das mit Förderung des Bundeswirtschaftministeriums den Markt für solare Wärmenetze bereiten will, nutzt dafür seit Herbst 2017 auch einen Twitter-Kanal. Unter @solnetz be ziehungsweise „Solare Wärmenetze” zwit schert das Projektteam und freut sich über jeden neuen Follower und auf angeregte Debatten. gb 9 Solare Wärmenetze Januar 2018 200 Großflächenkollektoren auf einer Grünfläche in Châteubriant speisen jetzt Solarenergie ins Fernwärmenetz ein. 11./12. April 2018 in Graz/Österreich 5th International Solar District Heating Conference Die internationale Top-Veranstaltung zum Thema „solare Wärmenetze” findet in diesem Jahr in Graz statt. Für Forscher, Kollektorhersteller und Betreiber solarthermischer Großanlagen ist die Konferenz „Pflicht”. Aber auch Vertreter von Kommunen, Stadt wer - ken oder existierenden Bioenergie - dör fern, für die Solar ther mie eine mögliche Option zur Modernisierung ihrer Wärme ver sor gung ist, sind eingeladen, sich auf der Konferenz fundiertes Wissen zu verschaffen und Kontakt zu Experten und Anbieterun - ter nehmen aufzunehmen. Neben technischen Fragen der Auslegung und Netzeinbindung geht es zum Beispiel auch um Möglichkeiten der Flächen suche oder der Förderung. Exkursionen zu solaren Wärmenetzen verschaffen praktische Einblicke. Registrierung unter: www.solar-district-heating.eu. Bis 11. Februar 2018 gelten Early-Bird-Preise. TERMINE Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | 􀀉 +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH 15:29 Foto: ADEME Solare Wärmenetze Solares Nahwärmeprojekt in Attenkirchen wird stillgelegt Eine Pionieranlage der solaren Wärmeversorgung in der 2700-Einwohner-Gemeinde Attenkirchen soll nach 16 Betriebsjahren stillgelegt werden, weil die konventionellen Komponenten die Erwartungen nicht erfüllt haben. „Es gibt viele solche Anlagen, die gut funktionieren”, stellt Bürgermeister Martin Bormann am Telefon klar, „aber in unserer war von Anfang an der Wurm drin”. Zu oft hätten Bewohner der angeschlossenen zwei Dutzend Wohnhäuser in der Vergangenenheit in kalten Räumen sitzen oder kalt duschen müssen. Außerdem machten hohe Stromkosten für den Betrieb der Pumpen und Wärmepumpen die Anlage für die 2700-Einwohner-Gemeinde, der sie gehört, zu einem Zuschussgeschäft. Deshalb will der Gemeinderat jetzt einen Schluss strich ziehen, die Anlage still legen und die Hausbe - sitzer entschädigen. Mit hohem Anspruch war die Anlage, deren Herzstück ein 800 Quadratmeter großes Solardach und ein saisonaler Hybrid- Wärmespeicher ist, 2002 in Betrieb gegangen. Und im Prinzip, so Manfred Reuß, Gruppenleiter für Solarther mie und Geothermie im Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE), habe die Anlage die Erwartungen auch erfüllt. Immerhin 75 Prozent der in den Gebäuden übers Jahr verbrauchten Wärmeenergie seien von der Solaranlage gelie - fert worden. „In all den Jahren haben wir keine Störung an der Solaranlage gehabt”, sagt Reuß. Auch der einzigartige saiso - nale Speicher, bei dem ein unter irdischer Wassertank von einem Erdsondenfeld umgeben ist, habe gut funktioniert. Bei einem Vergleichstest verschiedenartiger saisonaler Solarspeicher habe die Attenkirchener Solaranlage sogar als die preiswerteste abgeschnitten, erklärt Reuß, und es schwingt ein bisschen Stolz mit, denn das ursprüngliche Konzept stammt von ihm und seinem ZAE-Team. Probleme habe es jedoch in Attenkirchen von Anfang an mit der konventionellen Fernwärmetechnik gegeben, erin - nert sich Reuß. Schon bei der Ausschreibung habe man nur auf’s Geld geschaut. Weil es gerade kein passendes Förderprogramm des Bundes gab, habe man an den falschen Stellen zu sparen versucht. Die Elektrowärmepumpen seien nicht die effizientesten und auch konventionelle Pumpen seien zu zahlreich eingeplant und zu groß dimensioniert worden. Von Anfang an hätten auch die Hausübergabestationen Ärger gemacht, die für klassische Hochtemperatur-Fernwärmenetze ausge legt und für das Niedertemperaturnetz von Atten - kirchen nicht geeignet seien. gb Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Foto: Savosolar Internationale Anerkennung für finnisches Solar-Fernwärmeprojekt Auli Haapiainen-Liikanen, Fernwärmemanagerin bei den Stadtwerken im finnischen Mikkeli, hat bei der Abschluss - feier des EU-Projektes „Celsius City” in Göte burg Ende November einen Ehrenpreis erhalten. Ein Jahr zuvor hatte Sie Ihren Chef überzeugt, auf einem Schulgelände eine 120 m2 große Solarthermie an lage zu bauen, die mit dem Fernwärmenetz verbunden ist. Die Großflächen-Kollek - toren wurden direkt in Mikkeli beim Hersteller Savosolar gefertigt. Aufgrund der guten Betriebsergebnisse soll die Anlage schon bald massiv erweitert werden. Savosolar mbH, Torsten Lütten, Tel. 040 5003497-0 torsten.luetten@savosolar.com AUSGEZEICHNETE ARBEIT

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|

Solar-Nachrüstung in Randegg

7 Juli 2018 och wie ein Haus ist der orange Holzkessel, der das Dorf Ran - degg seit 9 Jahren mit klimaneutraler Wärme versorgt. In der Maschine wummert ein Feuer mit 2 Megawatt Leistung. Bene Müller schaut durch das Guckloch der Brennkammer und kontrolliert die lodernden Flam - men: „Das ist der Zustand, den wir künftig nicht mehr haben wollen, dass bei herrlichstem Sommerwetter der Kessel läuft“, sagt der Vorstand der Solarcomplex AG aus Singen. Müllers aktuelles Projekt ist die „Solarisierung“ des Wärmenetzes von Randegg. Spätestens im August soll es soweit sein. Dann sollen neue Solarwärmekollektoren den Holzkessel während der Sommermonate komplett arbeits - los machen. „Bislang verbrau chen wir hier etwa 6000 Schüttkubikmeter Holzbrennstoff pro Jahr“, berich tet Müller. „Diese Men ge wollen wir durch die Solaran lage um 20 Prozent reduzieren.“ Holz sei zwar als Brennstoff wesentlich günstiger als fossile Brennstoffe wie Gas oder Öl, so Müller, aber in Baden- Württemberg seien die Preise für Holzhackschnitzel aufgrund der Nachfrage in den vergangenen Jah ren deutlich gestiegen. Holz sei zwar klimaneu tral, aber eben auch eine begrenzte Ressource. Deshalb betrachtet es Müller nicht nur als Frage der öko lo gi schen, sondern auch der wirtschaft lichen Vernunft, ei - nen Teil des Brennstoffs durch Solarwärme zu ersetzen. Deren Kilowattstundenpreis sei heute konkurrenz fähig und er bleibe vor allem für Jahrzehnte stabil. Günstige Bedingungen In Randegg sind die Bedingungen für den Solarthermie-Einsatz tatsächlich besonders günstig. Denn hier wird im Sommer, dann wenn die Sonne viel Energie liefert, auch viel Wärme gebraucht. Zwar heizen die rund 150 Hausbesitzer, die sich an das Wärme - netz angeschlossen haben, hauptsächlich im Winter. Doch der Wärmebedarf des größten Abnehmers im Ort, des Getränke- Abfüllbetriebs Randegger Ottilienquelle verläuft genau gegenläufig. Ihr Mineralwasser und ihre Limonade verkauft die Familie Fleischmann, die die Mineralquelle seit 126 Jahren betreibt, besonders gut im Sommer. Deshalb läuft die Leergutwaschanlage, für die die meiste Energie benötigt wird, in den Sommermonaten auf Hochtouren. Für den Solarenergieeinsatz ist das ein Glücksfall. Und deshalb hatte das Solarcomplex-Team auch bereits in der Planungsphase für das Wärmenetz den Einsatz von Solarthermie in Erwägung gezogen – von der Investition hatte man jedoch zunächst Abstand genommen. „Vor 9 Jahren hatten wir einfach das Problembewusstsein noch nicht, dass Biomasse begrenzt sein könnte“, gibt Mül ler freimütig zu. Die Geschichte des Randegger Wärmenetzes reicht allerdings noch ein paar Jahre länger zurück und hat viel mit dem besonderen Draht zwischen Bene Müller und Clemens Fleischmann zu tun, einem der beiden Brüder, die In der Gemeinde Randegg rüstet die Solarcomplex AG zum zweiten Mal eines ihrer 16 Bioenergiedörfer mit Solarkollektoren aus. Weitere Solarwärmenetze sind geplant. Solar-Nachrüstung in Randegg Foto: Guido Bröer H Schon beim Start des Wärmenetzes in Randegg vor 9 Jahren fand Bene Müller die Idee eines Solarkollektorfeldes interessant. Jetzt wird es nachgerüstet. 8 Solare Wärmenetze sich die Geschäftsführung der Ottilienquelle teilen. Im Jahr 2005 überzeugte Müller den Unternehmer, seinen ge - sam ten Strom bedarf von einem Wasser - kraft werk zu beziehen, das Solar com - plex kurz zuvor reaktiviert hatte. Für Fleischmann war das ein Wendepunkt: „Wir verfüllen ein Naturpro - dukt als Familienbetrieb, und das seit 126 Jahren. Aber mit der Entscheidung, erneuer baren Strom aus der Region zu bezie hen, fing bei uns das Nachdenken über ökologische Fragen als Grundlage unserer Zukunftsfähigkeit und Glaubwürdigkeit erst an.“ 2006 nahm das Unternehmen dann für den Warmwasserbedarf der Flaschenwaschanlage eine 700 kW starke Holzpelletsanlage in Betrieb. Gebaut und betrieben wurde sie von der Solarcomplex AG als Contractor. „Ironie des Konzepts war, dass wir hier einen Heizkessel hatten, der hauptsächlich im Sommer lief; das kommt sonst eher selten vor“, sagt Müller. Um den Kessel auch im Winter besser auslasten zu können, initiierten Müller und Fleisch mann Bürgerversammlungen, und warben für ihre Idee eines Dorfwärmenetzes. Das Dorf macht mit „Überrascht hat uns der Zulauf in der Gemeinde“, erzählt Fleischmann. Als schließlich fast 150 Gebäude angeschlossen werden sollten, musste eine neue Heizzentrale mit einem größeren Kessel geplant werden. Das Netz und der 2-MW-Kessel gingen 2009 an den Start, und seitdem reifte das Projekt Solarwärme. „Es entstand immer eine Idee aus der anderen“, sagt Fleisch mann, „es war eine organische Entwicklung.“ Inzwischen steht das Solarfeld 500 Me ter von der Heizzentrale entfernt auf einer ehemaligen Ackerfläche. Mit sei - nen 2400 Quadratmetern Bruttokollektorfläche besetzt es etwa den Platz eines Fußballfeldes. Zwischen den Kollektoren werden sich mit der Zeit Gras und Wildblumen breit machen, die extensiv genutzt werden können. Zur Zeit sieht das Kollektor -Ensem - ble allerdings aus wie ein Werk des Künstlers Christo. Denn die Vakuumröhrenkollektoren der Marke Ritter XL sind noch mit reflektierenden Stoffbahnen abgedeckt, bis sie in Betrieb genommen werden. In Randegg werden Vakuumröhrenkollektoren eingesetzt, die teu - rer, aber bei hohen Temperaturen leistungsfähiger sind als Flachkollektoren. Der Grund ist das Temperaturniveau von 95 Grad, das für die Flaschen- Waschanlage benötigt wird, während das Wärmenetz des Dorfes mit geringeren Temperaturen auskommt. Damit die Heizkessel im Sommer wirklich nicht anspringen müssen, wird die Heizzentrale jetzt um zwei große Speichertanks ergänzt. Der Energie vor - rat in ihnen soll ausreichen, um einige Tage ohne Sonnenschein zu überbrücken. Anfang Juni kamen die jeweils 100 Kubikmeter großen Stahlbehälter über Nacht auf zwei Schwertransportern. Spektakulär bugsierten zwei Mobilkrä - ne die Ko losse an ihren Aufstellort. Wenn es nach Bene Müller geht, dann wird dieses Schauspiel künftig häufiger zu besichtigen sein. Denn nachdem das erste Solar-Bioener gie - dorf von Solarcomplex, Büsingen, bereits seit 2012 jährlich im Schnitt 3 Prozent mehr Ertrag bringt als vorab prognostiziert und nachdem Randegg bald solarisiert sein wird, steht schon das mit einer 3000-Quadratmeter-Solaranlage noch größere Netz in Schluchsee an. Es soll 2019 fertig werden. Mittlerweile hat der Solarcomplex-Vorstand einen Grundsatzbeschluss gefasst: Künf - tig soll jedes neue Wärme netz, bei dem keine Abwärme zu Verfügung steht – sei es aus einer Bio gas an lage oder einem Industriebetrieb – mit einer großen Solarthermieanlage ausgestattet werden. Guido Bröer Anlieferung der Speicher. In zwei Wassertanks mit jeweils 100 Kubikmetern Fassungsvermögen wird Sonnenwärme für trübe Tage eingelagert. Kein Energiedorf gäbe es ohne Macher. Mineralbrunnenbesitzer Clemens Fleischmann (links) und Bene Müller ziehen für die Energiewende in Randegg an einem Strang. Foto: Guido Bröer Foto: Clemens Fleischmann Juli 2018 Solare Wärmenetze Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Neu: www.solare-waermenetze.de Unter der neuen Adresse www.solare-waermenetze.de stellt das Steinbeis-Forschungsinstitut Solites jetzt im Internet Know-how und aktuelle Infos zu solaren Wärmenetzen bereit. Highlight ist ein neues Wissensportal. „Die Internetseite www.solare-fernwärme.de wurde schon vor neun Jahren für das EU-Projekt SDHtake-off zur Marktbereitung solarer Wärmenetze aufgebaut. Seitdem haben wir das Informationsangebot ständig erweitert“, sagt Laure Des - chaintre von Solites. Nun sei es an der Zeit gewesen, das mehrsprachige Portal in modernem Design und mit erweiterten Inhalten komplett neu aufzubauen. Die Seite läuft jetzt auch auf Smartphones optimal. Unter anderem findet sich auf der Website ein neues Wissensportal, das Zugriff auf Fachveröffentlichungen zum Thema verschaffen soll. Auch Ergebnisse aus dem Projekt „Solnet 4.0“, an dem die Energiekommune beteiligt ist, sollen dort künftig zu finden sein. „Responsive“ ist das Zauberwort. Die Website zu solaren Wärmenetzen läuft jetzt auf allen möglichen Endgeräten. Solarthermieprojekt gewinnt Ausschreibung für innovative KWK Bei der ersten Ausschreibung der Bundesnetzagentur für so genannte „innovative KWK-Systeme“ hat sich unter anderem ein Projekt der Stadtwerke Greifswald durchgesetzt, bei dem eine Solarthermieanlage eingebunden werden soll. Die Stadtwerke Greifswald sind mit einer kombinierten BHKW-Solarwärmeanlage angetreten, die an ihrem bestehenden KWK-Standort Jungfernwiese im Süden der Stadt ins Netz eingebunden werden soll. Zur Realisierung der Pläne haben sie nun vier Jahre Zeit. Vier der fünf erfolgreichen Gebote kamen von Stadtwerken (Greifswald, Bayreuth, Lippstadt, Bad Reichenhall). Alle fünf „innovativen KWK-Systeme“ bringen es zusammen auf 21 MW elektrische Leistung. Wer in der ersten Ausschreibungsrunde dieser Art erfolgreich war, kann nun mit einer erhöhten Förderung nach dem 2017 novellierten KWK-Gesetz (KWKG) planen. Bei einem „innovativen KWK-System“ müssen nach Definition des Gesetzes 30 Prozent der so genannten Referenzwärme des Systems aus erneuerbaren Energien stammen. So könnte beispielsweise eine Wärmepumpe eingebunden werden, eine Solarthermieanlage oder eine Geothermiequelle. Holzheizkessel können in diesem Sinne ausdrücklich nicht auf den 30-Prozent-Anteil angerechnet werden. Zusätzlich muss ein elektrischer Wärmeerzeuger vorhanden sein, der die elektrische Erzeugung beispielsweise eines Blockheizkraftwerkes bei Bedarf vom Netz nehmen und größtenteils in Wärme umwandeln kann. Die Ausschreibung für innovative KWK-Systeme kann für Betreiber attraktiv sein, weil der per Ausschreibung ermittelte Zuschlag auf den Strompreis hier für 45000 Vollbenutzungsstunden gezahlt wird, nicht nur für 30000 wie in den normalen KWK-Ausschreibungen. Außerdem liegt der zulässige Höchstwert für die Gebote bei 12 Cent pro Kilowattstunde, 5 Cent höher als in den normalen KWK-Ausschreibungen. In der ersten Runde lagen die Gebote zwischen 8,47 und 10,94 ct/kWh. 10 Solare Wärmenetze Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | ✆ +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH Verbraucher zahlen für Fernwärme aus erneuerbaren Energien freiwillig mehr Nach einer Umfrage des Fernwärme-Branchenverbandes AGFW sind Verbraucherhaushalte bereit, für Fernwärme zwischen 2,90 und 3,60 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr mehr auszugeben, wenn die Wärme aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Für die Studie wurden in Deutschland, Frankreich und Österreich Kommunalver treter, Energieversorger und pro Land jeweils rund 500 Privathaushalte befragt. In allen drei Zielgruppen und Ländern wurden die Präferenzen für vier verschiedene Heizungs typen abgefragt: Elektrische Wärmepumpe, Fern wärme mit fossilen Energien, Fernwärme mit er - neu erbaren Energien und Gasbrennwertheizung. Durchweg genießen Fernwärmesysteme nach Darstel - lung des Interessenverbandes AGFW bei den Befragten eine höhere Wertschätzung als Wärme pum pen und Gaskessel. Gegenüber der Gasheizung würden beispielsweise Ver braucher in Deutschland für die Heiz energie aus einer Wärmepumpe 1,30 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr mehr bezahlen wollen und für Fernwärme 4,20 Euro. Würde die Fernwärme aus erneuerbaren Energien gewonnen, so wäre die Zahlungsbereitschaft sogar noch deutlich höher: 7,10 Euro pro Quadratmeter über einer Gasheizung liegt die Zahlungsbereitschaft und somit 2,90 Euro höher als bei Fernwär - me auf fossiler Basis. Bezogen auf eine 120-Quadratmeter- Woh nung, die der Befragung zugrunde gelegt wurde, wür - den Deutsche also freiwillig 348 Euro pro Jahr mehr zahlen, wenn sie wüssten, dass ihre Fernwärme aus erneuerbaren statt fossilen Ressourcen stammen würde. In Frankreich und Österreich liegt diese Zahlungsbereitschaft sogar noch höher. Die Umfrage wurde im Rahmen des Projektes „SDHp2m - Solar District Heating – from policy to market“ von der Europäischen Union gefördert. Beim Kongress für Solare Wärmenetze in Graz sorgten die Ergebnisse im April für Erstaunen. Die meisten anwesenden Experten hätten offenbar nicht erwartet, dass sich Fernwärmekunden für die ökologische Qualität ihrer Wärmequelle überhaupt interessieren. gb Quelle: AGFW, Prokribus GmbH Juli 2018 6. September 2018 in Erfurt Fachforum regenerative Wärmeversorgung Solare Wärmenetze sind ein Schwerpunkt dieser Veran - staltung, die das regionale ThEEN-Netzwerk zusammen mit der Fachhochschule Nordhausen anbietet. Thüringer Erneuerbare Energie Netzwerk (ThEEN) e.V. www.theen-ev.de 9. bis 12. September 2018 in Hamburg 16th International Symposium on District Heating and Cooling Die Fachveranstaltung der Internationalen Energieagen - tur für den ganzen Fernwärmesektor. Die Rolle flexibler Wärmenetze für die Energiewende und Decarboni - sierung insgesamt spielt in den letzten Jahren eine zunehmende Rolle. District Heating and Cooling programme der Internationalen Energieagentur (IEA DHC) www.dhc2018.eu 18./19. September 2018 in Dresden 23. Dresdner Fernwärme-Kolloquium Das Event für Fernwärme-Experten in Deutschland. Auch hier sind solare Wärmenetze inzwischen ein Thema. AGFW, www.agfw.de/veranstaltungen TERMINE ZU SOLAREN WÄRMENETZEN MEHRZAHLUNGSBEREITSCHAFT FÜR WÄRME Einige Euro pro Quadratmeter würden Verbraucher freiwillig für andere Wärmequellen mehr zahlen als für Gas.

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|
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