Förderprogramme und Initiativen Bundesländer als Treiber für den Ausbau erneuerbarer Wärme
Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 10 www.solare-waermenetze.de Beim Erreichen der Klimaziele, die die Bundesregierung für Deutschland definiert hat, spielen die Länder eine entscheidende Rolle. Durch Gesetzgebung und entsprechende Förderinstrumente ebnen sie Wege, motivieren Akteure und ermöglichen Projekte, die Gegebenheiten vor Ort optimal im Sinne der Energiewende nutzen. Das große Potenzial des Wärmesektors wird dabei zunehmend erkannt und gezielt gefördert. RHEINLAND-PFALZ Das Bundesland verfügt über günstige Bedingungen für Projekte der solaren Nah- und Fernwärmeversorgung. Zudem existieren gute Gegebenheiten für die Nutzung industrieller Abwärme, von Biomasse und Geothermie. Um die lokalen Akteure der Energiewende dabei zu unterstützen, diese Potenziale zusammenzuführen, hat das Umweltministerium in Rheinland- Pfalz das Förderprogramm „Zukunftsfähige Energieinfrastruktur“ (ZEIS) aufgesetzt. ZUSCHÜSSE FÜR STUDIEN UND UMSETZUNG Einen zentralen Aspekt im Rahmen des ZEISProgramms bilden Vorhaben im Bereich der Wärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energien. Konkret geht es um den Bau und Ausbau von Wärmenetzen zur direkten Wärmeversorgung von zwei oder mehr Gebäuden, die aus Biomasse, geothermischer und solarer Energie, industrieller Abwärme und Wärme aus Abwasser versorgt werden. Darüber hinaus gefördert werden damit in Verbindung stehende zentrale Wärmeerzeuger wie thermische Solaranlagen oder effiziente Wärmepumpen sowie Hausübergabestationen, Wärmespeicher, Anlagen zur Verwertung von Abwärme und Messtechnik. Neben finanziellen Instrumenten steht auch ein breites Spektrum an Beratungsdienstleistungen zur Verfügung. Die Erarbeitung von Machbarkeitsstudien wird mit bis zu 50.000 Euro unterstützt. Bei Investitionen beträgt die Höhe des Zuschusses 20 % der förderfähigen Ausgaben von maximal 5 Mio. Euro. Seit dem Start des Programms im Jahr 2015 wurden bereits 15 Nahwärmenetze gefördert. Das Engagement der einzelnen Bundesländer ist der Motor des Ausbaus erneuerbarer Wärme, etwa durch Solarthermie. Auf Basis ihrer spezifischen geografischen, strukturellen und politischen Voraussetzungen setzen die Länder Förderprogramme auf und Maßnahmen um. Hier ein beispielhafter Blick auf Initiativen aus Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Thüringen. Förderprogramme und Initiativen: Bundesländer als Treiber für den Ausbau erneuerbarer Wärme Thomas Pauschinger (Solites) beim Fachinformationstag Solare Wärmenetze in Simmern am 19.02.2019, Quelle: Guido Bröer FÖRDERPROGRAMM „ZUKUNFTSFÄHIGE ENERGIEINFRASTRUKTUR“ (ZEIS) Unterstützung von Projekten im Bereich erneuerbarer Wärmeversorgung Zuschüsse für Durchführbarkeitsstudien i.h.V. max. 50.000 Euro, für Investitionen max. 5 Mio. Euro Bagatellgrenze bei Investitionen in Wärmeprojekte: 100.000 Euro Nähere Informationen und Kontakt: www.foerderdatenbank.de Quelle: Solites SCHLESWIG-HOLSTEIN Das nördlichste deutsche Bundesland bringt aufgrund seiner geografischen Lage besonders günstige natürliche Bedingungen für die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen mit. Wurde dies bislang hauptsächlich für den Stromsektor in Form von Windenergie genutzt, rückt nun auch der Wärmebereich immer mehr in den Fokus. Bereits im Jahr 2017 hat Schleswig- Holstein seine landesrechtliche Gesetzgebungskompetenz genutzt und ein Energie- und Klimaschutzgesetz1 verabschiedet. Ein wichtiges landespolitisches Instrument stellt auch die im Juni 2019 in Kraft getretene Richtlinie „Innovative Wärmeversorgung” dar. ANREIZ FÜR INVESTITIONEN IN DIE WÄRMEWENDE Die Wärmewende braucht Investitionen in die erforderliche Infrastruktur. Im Rahmen der Richtlinie werden Vorhaben unterstützt, die den Anteil erneuerbarer Energien in den Wärmeversorgungssystemen erhöhen. Bis zu 50 % der Investitionskosten für Wärmenetze, Wärmeerzeugungsanlagen und Wärmespeicher werden abgedeckt, wenn laut Richtlinie „das nachhaltige Wärmeversorgungssystem mindestens 50 % erneuerbare Energien berücksichtigt und eine CO2-Einsparung gegenüber der bisherigen Wärmeoder Kälteversorgung erzielt werden kann”. Es stehen mindestens 50.000 Euro und maximal 1 Mio. Euro pro Projekt zur Verfügung. Die Koordination sowie die kostenlose Beratung erfolgen durch die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) Energieagentur, die auch Ansprechpartner für die Erstellung der kommunalen Wärmepläne ist. ANSCHUBHILFE FÜR BÜRGERENERGIEPROJEKTE Schleswig-Holstein möchte zudem das Engagement für die Energiewende vor Ort stärken und hat dafür einen Bürgerenergiefonds eingerichtet. Ziel ist, die Initiierung von Projekten zu unterstützen, indem finanzielle Risiken in der ersten Phase abgefedert werden. Hierfür wurde ein Sondervermögen von 5 Mio. Euro bereitgestellt. Zu den geförderten Bereichen gehören auch Projekte zum Ausbau der erneuerbaren Wärme. Zusammenschlüsse von Akteuren aus Schleswig-Holstein, die bestimmte Kriterien erfüllen, können bis zu 200.000 Euro pro Projekt beantragen. BADEN-WÜRTTEMBERG Baden-Württemberg zählt traditionell zu den Bundesländern mit den innovativsten Konzepten zur Förderung und zum Ausbau der nachhaltigen Energie- und Wärmeversorgungsinfrastruktur. Bereits 2013 trat das Klimaschutzgesetz2 in Kraft, das verbindliche Ziele des Landes zur Treibhausgasminderung festlegt. Wie diese erreicht werden können, zeigt das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) in Form von konkreten Strategien und Maßnahmen auf. Im Herbst 2020 wurde im Rahmen der Novellierung des Klimaschutzgesetzes unter anderem die Einführung einer verbindlichen kommunalen Wärmeplanung beschlossen. EFFIZIENTE WÄRMENETZE Das 2016 aufgelegte Landesförderprogramm „Energieeffiziente Wärmenetze“ unterstützt Akteure vor Ort bei der Umsetzung von Wärmenetzen. Es besteht aus drei Bausteinen: 1. Förderung der Erstellung von Wärmeplänen 2. Förderung von Beratung im Vorfeld einer Investition 3. Zuschüsse für Investitionen für Bau oder Erweiterung von Wärmenetzen inkl. erneuerbarer Erzeugungsanlagen Für die ersten beiden Bausteine sind die Antragstellung bzw. Ausschreibung bereits beendet. Die Antragsfrist für den Förderbaustein 3 „Investitionen in Wärmenetze“ läuft noch. Eine Fortführung ist in Aussicht. MARKTBEREITUNG SOLARER WÄRMENETZE Auf die Marktbereitung solarer Wärmenetze in Baden-Württemberg zielte auch das kürzlich abgeschlossene Verbundvorhaben „Solnet BW II“. Durch die Begleitung und Entwicklung von Modellregionen wurde in diesem Projekt Transformationswissen hin zu einer vermehrten Nutzung von Solarthermie in der Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 10 RICHTLINIE „INNOVATIVE WÄRMEVERSORGUNG“ Förderung von bis zu 50 % der Investitionskosten für Wärmenetze, Wärmeerzeugungsanlagen und Wärmespeicher Mindestfördersumme 50.000 Euro, maximal 1 Mio. Euro pro Projekt BÜRGERENERGIEFONDS Förderung von Bürgerenergieprojekten in der Planungs- und Startphase – etwa zur Finanzierung von Vorplanungskosten wie Machbarkeitsstudien, Standortanalysen, Rechts- und Steuerberatung etc. Zuwendung in Höhe von bis zu 200.000 Euro, Bereitstellung für 2 Jahre zinsfrei Förderfähige Gesamtausgaben müssen mindestens 10.000 Euro betragen Rückzahlung des Zuwendungsbetrags nach Umsetzung des Projekts Nähere Informationen und Kontakt: www.schleswig-holstein.de Vortrag von Dr. Matthias Sandrock (Hamburg Institut) beim 15. Fachforum der Energie- und Klimaschutzinitiative Schleswig- Holstein (EKI) am 22.03.2019 in Husum, Quelle: IB.SH kommunalen Wärmeversorgung erarbeitet. Gemeinsam mit den lokalen Akteuren vor Ort und deren Know-how wurden innovative Lösungsansätze für solare Wärmenetze entwickelt. Ein wichtiges Element war dabei die Flächenfindung, die eine der größten Herausforderungen bei der Realisierung großer Solarthermieanlagen darstellt. THÜRINGEN Als erstes ostdeutsches Bundesland hat Thüringen im Dezember 2018 ein eigenes Landesklimaschutzgesetz3 verabschiedet. Dahinter steht das Ziel, bis 2040 die lokal erzeugte Energie im Strom- und Wärmesektor ausschließlich aus erneuerbaren Quellen bereitzustellen. Gesetzlich verankert sind beispielsweise Transformationspläne der Fernwärmeversorger zur Dekarbonisierung ihrer Wärmenetze. Um die Transformation insbesondere im Wärmebereich voranzutreiben, entwickelte das Thüringer Umweltministerium zudem 2016 die Förderrichtlinie „SolarInvest”. 2020 wurde das Programm neu aufgelegt. AUSBAU INNOVATIVER WÄRMEKONZEPTE Finanzielle Zuschüsse stehen dabei auch für Projekte im Bereich der nachhaltigen Wärmeversorgung bereit. Empfänger können neben Kommunen und kommunalen Unternehmen die Wohnungswirtschaft, kleine und mittelständische Unternehmen sowie Bürgerenergiegenossenschaften sein. Folgende Maßnahmen sollen vorangetrieben werden: • Investitionen in saisonale Wärmespeicher • Investitionen in die Realisierung von Mieterwärmemodellen • Förderung von Hausanschlussstationen in neu zu errichtenden sowie in bestehenden Netzen mit einem Mindestanteil von 20 % erneuerbaren Energien • Machbarkeitsstudien und Beratungsleistungen zur Erstellung und Umsetzung eines Wärmenetzprojektes • Beratungsleistungen zu Mieterstrom und -wärme Die Koordination sowie die Beratung erfolgen über das Kompetenzzentrum „Thüringer Erneuerbare Energien Netzwerk e.V.”. Mit dem „Thüringer Solarrechner“, einem Service der Landesenergieagentur ThEGA, können Bürger, Unternehmen und Kommunen die Wirtschaftlichkeit ihrer Solarthermie- und/oder PV-Anlagen berechnen. 1 Energie- und Klimaschutzgesetz Schleswig-Holstein 2 Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg 3 Landesklimaschutzgesetz Thüringen www.solare-waermenetze.de FÖRDERPROGRAMM „SOLARINVEST“ Förderung des Einsatzes von erneuerbaren Energien im Strom- und Wärmebereich Laufzeit: 01.01.2020 bis 31.12.2022 Maximaler Zuschuss je Vorhaben 100.000 EUR, Bagatellgrenze 1.000 Euro Nähere Informationen und Kontakt: umwelt.thueringen.de Antragstellung über: www.aufbaubank.de Thüringer Solarrechner: www.thega.de FÖRDERPROGRAMM „ENERGIEEFFIZIENTE WÄRMENETZE“ Investitionsförderung zur Errichtung oder Erweiterung von energieeffizienten Wärmenetzen Zuschuss von bis zu 20 % der förderfähigen Kosten, max. bis zu 200.000 Euro Über zusätzliche Boni kann der Höchstbetrag auf bis zu 400.000 Euro der förderfähigen Kosten pro Investitionsvorhaben erhöht werden. Nähere Informationen und Kontakt: um.baden-wuerttemberg.de Details zu „Solnet BW II“: www.solnetbw.de Forschungsbericht Flächenbereitstellung: www.hamburg-institut.com Austausch zur Flächensicherung für solare Freiflächenanlagen beim Workshop „Solare Raumplanung – regionale Wärmestrategie“ am 23.10.2018 in Stuttgart, Quelle: Hamburg Institut Thüringens Energie- und Umweltministerin Anja Siegesmund bei der Einweihung einer Solarthermieanlage in Erfurt im Mai 2019, Quelle: Karina Heßland-Wissel/SWE Energie GmbH Gefördert durch: www.solare-waermenetze.de Energiekommune IMPRESSUM Das Infoblatt Solare Wärmenetze ist eine Initiative im Rahmen von Solnet 4.0, einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Vorhaben zur Marktbereitung für solare Wärmenetze. Die Projektpartner sind das Steinbeis Forschungsinstitut Solites, der Fernwärmeverband AGFW, das Hamburg Institut sowie die Herausgeber der Zeitschrift Energiekommune. Herausgeber: HIR Hamburg Institut Research gGmbH, Steinbeis Forschungsinstitut Solites Redaktion: Dr. Matthias Sandrock, Philippa Kreis, Thomas Pauschinger Veröffentlichung: 2020 Haftungsausschluss: Das dieser Publikation zugrundeliegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unter dem Förderkennzeichen 03EGB0002A gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieses Dokuments liegt bei den AutorInnen. Weder der Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 10 Im Gespräch: Dr. Till Jenssen vom Referat Erneuerbare Energien des Umweltministeriums Baden-Württemberg. Welche Rolle spielen die Bundesländer beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland? Zunächst einmal gilt, dass die nationale Ebene – nicht zuletzt etwa in Form der Anreizstrukturen des Erneuerbare-Energien- Gesetzes – eine starke Rolle bei der Energiewende spielt. Die Bundesländer haben die Möglichkeit, die bundesweiten Rahmenbedingungen zu konkretisieren. Sie befinden sich in einer „Sandwich“-Position zwischen den Kommunen und Regionen einerseits und dem Bund anderseits – wir sind also ein Bindeglied zwischen mehreren Akteuren und mehreren Ebenen. Konkret können die Bundesländer etwa Landesenergiekonzepte aufstellen, sich Ausbauziele setzen, gesetzliche Spielräume ausfüllen (EWärmeG, PV-Pflicht, Förderung von Batteriespeichern), Prozesse und Dialoge mitgestalten, den Verwaltungsvollzug durch Hinweispapiere konkretisieren. Die Bundesländer können somit verschiedene Governance-Felder besetzen, Informationsund Aufklärungskampagnen gehören genauso dazu wie die Netzwerkbildungen. Was zeichnet hierbei Baden-Württemberg im Besonderen aus? Wir verfügen über eine breite und vielseitige Akteurslandschaft. Damit meine ich nicht nur die Verwaltungsinstitutionen und die Kommunen, sondern auch die vielen Bürgervereinigungen, Nichtregierungsorganisationen, Energiegenossenschaften und die einzelnen Bürgerinitiativen, die zu einer lebhaften und inhaltlich hochqualitativen Diskussion im Bereich der Energiewende vor Ort beitragen. Wie ist es um die Flächenverfügbarkeit bestellt? Angesichts der hohen Flächenkonkurrenzen und einer hohen Bevölkerungsdichte im Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg kommt natürlich die Frage der Flächenverfügbarkeit und -bereitstellung auf. Die Kommunen haben in diesen Angelegenheiten das entscheidende Wort, da sie im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit die Bauleitpläne aufstellen. Das macht sich insbesondere bei Solarfreiflächenanlagen bemerkbar. Für ihre Genehmigung ist – im Gegensatz zur Windenergie – in der Regel ein Bebauungsplan erforderlich, da diese Anlagen im Außenbereich grundsätzlich nicht privilegiert sind. Den kommunalen und regionalen Planungsträger kommt damit eine wesentliche Rolle bei der notwendigen Standort- und Flächensicherung für die Energiewende zu. Wie ist das Potenzial für Solarthermie und erneuerbare Energieerzeugung insgesamt einzuschätzen? Es ist zu erwarten, dass die Solarthermie künftig deutlich höhere Aufmerksamkeit erhalten wird als bisher. Das sogenannte Zielszenario für Baden-Württemberg zeigt etwa, dass im Jahr 2050 in rund 60 Prozent der Wohngebäude Solarthermieanlagen genutzt werden könnten. Gerade auch die Einbindung in Nah- und Fernwärme ist dabei vielversprechend und könnte Skaleneffekte heben. Wir unterstützen dies zum Beispiel mit unserem Handlungsleitfaden „Solarfreiflächenanlagen“ und dem Förderprogramm „Energieeffiziente Wärmenetze“. „Bundesländer sind das Bindeglied zwischen den Ebenen und den Akteuren“