Wärme macht einen großen Anteil des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland aus. Gleichzeitig ist der Anteil erneuerbarer Energien im Wärmesektor weiterhin gering. Eine Energiewende ohne eine Wärmewende kann aber nicht gelingen. Der Hebel des Wärmesektors ist besonders groß. Solare Wärmenetze gewinnen Wärme mittels Solarthermie-Anlagen aus der Sonnenstrahlung. Durch die erneuerbare Energieerzeugung können solare Wärmenetze einen großen Beitrag zur Wärmewende und damit zum Klimaschutz leisten.
Solare Wärmenetze sind eine Kombination zweier etablierter und ausgereifter Technologien: Solarthermie und Wärmenetze.
Solarthermie
Sonnenkollektoren, die Wärme sammeln, werden auch thermische Solarkollektoren genannt. Sie sehen Photovoltaik-Modulen (PV-Modulen) auf den ersten Blick ähnlich. Sonnenkollektoren sind jedoch etwas dicker als PV-Module und haben keine kristalline Oberfläche. Es gibt auch Sonnenkollektoren mit nebeneinander montierten Kollektorröhren.
In Sonnenkollektoren wird die auftreffende Solarstrahlung über einen Absorber in Wärme umgewandelt. Die Wärme wird dann an ein durchströmendes Wärmeträgermedium abgegeben. Um eine Vielzahl an Verbrauchern mit solarer Wärme zu versorgen, müssen mehrere Sonnenkollektoren zu großflächigen Kollektorfeldern zusammengeschaltet werden. Dies geschieht durch Leitungen, die an den Kollektoren sichtbar sind.
Wärmenetz
In einem Wärmenetz wird die Wärme von einer Heizzentrale zu den Verbrauchern (Gebäuden) transportiert. Neben klassischen Wohngebäuden können auch sogenannte Nichtwohngebäude (z. B. öffentliche Verwaltungsgebäude und Betriebe) mit Wärme für Warmwasser, Raumheizung oder Prozesse versorgt werden.
Ein Wärmenetz besteht aus unterirdisch verlegten Rohrleitungen. Diese sind wärmegedämmt, um den Wärmeverlust beim Transport zu minimieren. In einem Wärmenetz wird die Wärme über den Vorlauf mit Hilfe von Pumpen zu den Verbrauchern transportiert. Die Wärme wird durch Hausübergabestationen an die Verbraucher übergeben. Mit reduzierter Temperatur wird über den Rücklauf das Wärmeträgermedium wieder zurück in die Heizzentrale transportiert.
Solares Wärmenetz
In solaren Wärmenetzen wird ein Teil der benötigten Wärme über eine große Solarthermie-Anlage erzeugt und bereitgestellt. Die erzeugte Wärme wird in das Wärmenetz eingespeist und an die Verbraucher transportiert. Durch die fluktuierende und saisonal bedingte Erzeugung der Wärme und den Aufbau der Kollektorfelder (mehrere Sonnenkollektoren) gibt es unterschiedliche Herausforderungen für ein solares Wärmenetz.
Überall verfügbar
Die Sonnenstrahlung in Deutschland ist für die solare Wärmeerzeugung meist überall ausreichend. Auf einem Hektar Land können mit einer Solarthermieanlage pro Jahr bis zu 2 GWh Wärme produziert werden.
Ertragreichste Möglichkeit, um Landfläche zur Energiegewinnung zu nutzen
Solarthermie gewinnt auf derselben Fläche zwei bis drei Mal so viel Energie wie Photovoltaik und 30 bis 60 Mal so viel wie Energie aus Biomasse. Im Gegensatz zu Biomasse stellt Solarthermie zudem keine Ansprüche an die Bodengüte.
Emissionsfrei
Solare Wärme ist frei von Emissionen und trägt somit direkt zur Reduzierung von klimaschädlichen THG/CO2-Emissionen bei und verbessert zusätzlich die lokale Luftqualität.
Ausgereift und marktverfügbar
Allein in Deutschland sind 45 solarthermische Großanlagen in Wärmenetze eingebunden, und Erfahrungen aus über 20 Jahren sind verfügbar. Die Technologie für solare Wärmenetze ist auf dem Markt vorhanden, von den einzelnen Kollektoren bis hin zu schlüsselfertigen Anlagenlösungen.
Technisch einfach zu betreiben
Solarthermie hat kaum Betreuungsbedarf, der Aufwand für Wartung und Instandhaltung ist gering.
Technologieoffen und zukunftsfähig
Solare Wärmenetze können für Dörfer, Quartiere und Städte realisiert werden. Ein solares Wärmenetz kann als Plattform für erneuerbare Energien und Effizienztechnologien genutzt werden.
Kostenstabil
Aktuell kann solare Wärme zu Kosten von 40 bis 70 €/MWh ohne Förderung bereitgestellt werden. Diese Kosten sind über die Lebenszeit der Anlage stabil, da sie nicht durch variable Brennstoffkosten beeinflusst werden.
Ein Garant für einen schnellen und beachtlichen Beitrag zum Klimaschutz
Innerhalb von zwei, drei Jahren kann durch die Errichtung eines solaren Wärmenetzes eine Vielzahl an Gebäuden mit klimaneutral erzeugter Wärme versorgt werden.
In der Bevölkerung akzeptiert
Solarthermie-Freiflächenanlagen sind geräusch- und bewegungslos und erzeugen keine Störungen für Mensch und Tier. Freiflächenanlagen können vormals ungenutzte oder belastete Flächen im Rahmen von Flächenkonversion sinnvoll aufwerten.
Vorteilhaft für Ökologie und Biodiversität
Freiflächen-Solarthermieanlagen können sich zu artenreichen Biotopen entwickeln.
Pilot- und Forschungsanlagen machen den Anfang
Solarthermische Großanlagen werden in Deutschland bereits seit über 20 Jahren gebaut. Den Anfang nahm die Entwicklung in den 1990er-Jahren im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen des Bundes. Mit der Realisierung mehrere Pilotanlagen in Kombination mit saisonalen Wärmespeichern auf Quartiersebene und deren wissenschaftlich-technischen Begleitung wurde der Grundstein für die weitere Entwicklung von großflächigen Solarthermieanlagen gelegt. Bis Mitte der 2010er-Jahren war der Ausbau neuer Anlagen noch gering und hauptsächlich im Bereich von Quartieren vorhanden. Dann begannen erste innovative Wärmeversorger vornehmlich aus betriebswirtschaftlichen Gründen und als Maßnahmen des lokalen Klimaschutzes weitere solarthermische Großanlagen zu realisieren. Mit der Solarthermieanlage in Crailsheim wurde 2003 ein vorbildliches Ökokonzept entwickelt und umgesetzt, wodurch zusätzlich ein großer Beitrag zum Umweltschutz geleistet wird und die Verträglichkeit mit klimaneutraler, zukunftsfähigen Wärmeversorgung aufgezeigt wurde.
Entwicklung von solaren Wärmenetzen in ländlichen Regionen
Im Jahr 2013 wurde in Büsingen die erste solarthermische Großanlage im ländlichen Bereich errichtet. Die ca. 1.000 m² Kollektorfläche zeigen bis heute, dass eine solare Wärmeversorgung mit einem Wärmenetz eine nachhaltige und zukunftsfähige Lösung für den kommunalen Klimaschutz darstellt.
Nach knapp drei Jahren und vielen Exkursionen von Interessierten nach Büsingen gab es in den Jahren 2016 bis 2018 einen erhöhten Zubau an dörflichen Solarthermieanlagen über ganz Deutschland verteilt. Dabei wurden Kollektorflächen zwischen 1.000 m² und 3.000 m² durch genossenschaftliche Betreiber, regionale Wärmeversorger und kommunale Eigenbetriebe realisiert.
Stadtwerke entdecken Solarthermie für die Fernwärme
Im Jahr 2016 gelang der großen Solarthermie der Durchbruch in der Fernwärme mit der Installation einer Großanlage unter betriebswirtschaftlichen Bedingungen bei den Stadtwerken Senftenberg. Die mit 8.300 m² große Anlage war lange Zeit die Größte in Deutschland und zeigte, wie selbst größere Fernwärmenetze mit Hilfe eine Solarthermieanlage unterstützt werden können.
Ab dem Jahr 2019 entdeckten weitere Wärmeversorger die Vorteile der bis dahin bereits sehr guten marktverfügbaren Technologie für sich und bauten Anlagen mit 5.000 m² bis 8.600 m² Kollektorfläche. Die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim übernahmen im Jahr 2020 mit der Inbetriebnahme einer Solarthermieanlage mit knapp 15.000 m² Kollektorfläche auf einer stillgelegten Deponiefläche den Spitzenplatz.
Ausblick und Marktwachstum
Der derzeitige Zuwachs findet im Wesentlichen in den zwei Bereichen städtische Fernwärmenetze in Ballungsräumen und kleinere meist neue Wärmenetze im ländlichen Raum statt. Die nötige Technik ist bewährt, auf dem Markt verfügbar und auch die Investoren und Betreiber der Anlagen erkennen das große Potenzial. Die Entwicklungsmöglichkeiten solarer Wärmenetze in Deutschland ist dabei noch nicht ausgeschöpft und die geplante Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) bietet gute Bedingungen für den weiteren Ausbau.
Stand heute sind rund 45 in Wärmenetze eingebundene solarthermische Großanlagen in Deutschland in Betrieb und der Zubau von weiteren großen Anlagen ist geplant. Neben wachsenden Kollektorflächen auch im ländlichen Bereich werden zudem wegweisende Konzepte wie zum Beispiel die innovative Kraft-Wärme-Kopplung (iKWK) zur Förderung von Solarthermieanlagen genutzt: bei den Stadtwerken Greifwald entsteht dadurch die bis dahin größte Solarthermieanlage mit ca. 18.700 m² Kollektorfläche. Wie der Bau von Solarthermie im Rahmen eines iKWK-Systems abläuft, können Sie im Bau-Blog der Stadtwerke Lemgo und dem AGFW nachlesen.
Die Projektlandkarte (Grafik) kann unter Fotos und Videos zur Nutzung heruntergeladen werden.