Infoblatt Solare Wärmenetze Nr.21 Fragen&Antworten aus der „Online-Sprechstunde Solare Wärmenetze“
www.solare-wärmenetze.de Infoblatt Nr. 21 Im Rahmen des Projekts SolnetPlus fanden fünf „Online-Sprechstunden Solarthermie“ statt. Expert*innen aus dem Projektkreis beantworteten gezielt die Fragen kommunaler Akteur*innen – von der Integration in Wärmenetze bis zur Wirtschaftlichkeit, von ökologischen Aspekten bis zu technischen Herausforderungen. Wie können Kommunen und Stadtwerke die Integration von fluktuierendem Wärmeertrag aus Solarthermie in ihre Fernwärmenetze meistern? Der Wärmeertrag hängt stark von der Sonneneinstrahlung ab und unterliegt somit Schwankungen, beispielsweise durch vorüberziehende Wolken. Für die direkte Einspeisung in ein Wärmenetz ist dies gegenüber dem Betrieb durch fossile, konstante Grundlasterzeuger eine Neuerung, jedoch kein Problem. Voraussetzung: Die Solarthermieanlage ist technisch gut ausgelegt. Die heute im Markt aktiven Solarthermie- Anbietern verfügen über langjährige Erfahrung damit. In Deutschland gibt es bereits knapp 60 große Solarthermieanlagen, die erfolgreich in Wärmenetzen einspeisen und zeigen, dass diese Technologie zuverlässig und effektiv eingesetzt werden kann. Dennoch existieren grundlegende Unterschiede zwischen konventionellen und erneuerbaren Energiesystemen. Im Gegensatz zu Gaskesseln oder Ölkesseln können Betreiber die Leistung von erneuerbaren Energiesystemen nicht beliebig variieren. Dies erfordert eine neue Denkweise in der Betriebsführung. Größere Pufferspeicher bis hin zu großen Multifunktionswärmespeichern werden künftig eine entscheidende Rolle spielen, da sie stets eine konstante Wärmequelle bereitstellen können. Welche anderen erneuerbaren Wärmeerzeuger sind sinnvoll mit Solarthermie zu kombinieren? Grundsätzlich sind alle erneuerbaren Wärmequellen - wie Solarthermie - in Wärmenetze einbindbar. Für eine erfolgreiche Wärmewende müssen für die jeweilige Kommune alle lokal vorhandenen Wärmequellen in Betracht gezogen werden. Ein aktuelles Beispiel für eine innovative Wärmeversorgung findet sich im süddeutschen Hechingen, wo derzeit eine Neubausiedlung entsteht. Im Rahmen einer Bürgerbeteiligung wünschten die BürgerInnen sich ein Für Kommunen gewinnt die Integration erneuerbarer Energien in Wärmenetze zunehmend an Bedeutung. Zur Nutzung des Potenzials der großflächigen Solarthermie bestehen noch offene Fragen auf kommunaler Ebene. Von lokalen Rahmenbedingungen bis hin zu wirtschaftlichen und technischen Aspekten - dieses Infoblatt fasst zentrale Fragen und Antworten zusammen. SOLARTHERMIE IN WÄRMENETZEN Zentrale Fragen & Antworten aus der „Online-Sprechstunde“ Grafik: Difu/brandtwerk Wie gehen Stadtwerke mit dem fluktuierenden Wärmeertrag einer Solarthermieanlage um? Die Anlage in Bernburg (Saale) ist seit dem Jahr 2020 in Betrieb. Für eine detaillierte technische Reportage als Infoblatt (PDF) den QR-Code scannen oder zu finden unter: https://www.solare-waermenetze.de/mediathek/ wissensdatenbank-solare-waermenetze/ ERFAHRUNGSBERICHT: SOLARTHERMIE IM WÄRMENETZ Infoblatt Nr. 21 CO2-neutrales Wärmenetz. Eine Machbarkeitsstudie erarbeitete eine innovative Lösung, deren Umsetzung durch den Gemeinderat beschlossen wurde. Das Konzept fußt auf einer Kombination aus Erdwärmesonden und Solarthermie. Die geologische Besonderheit der Region, nahe des Hohenzollerngrabens, bietet optimale Voraussetzungen für die Nutzung von Erdwärme. Eine 7.000 Quadratmeter große Solarthermieanlage wird zukünftig rund zwei Drittel des jährlichen Wärmebedarfs abdecken, während ein großer Erdbeckenwärmespeicher die saisonalen Schwankungen ausgleicht und die Solarwärme in die Heizperiode speichert. Ergänzt wird das System durch 40 Erdwärmesonden und eine Wärmepumpe sowie eine zweite Wärmepumpe, die den saisonalen Wärmespeicher entlädt. So wird eine fossilfreie Wärmeerzeugung von insgesamt 95 Prozent ermöglicht. Lediglich 5 Prozent der Wärmebedarfs werden durch einen Biomethan befeuerten Gaskessel gedeckt, um eine zuverlässige Versorgung auch in Spitzenlastzeiten zu gewährleisten. Diese innovative Kombination aus erneuerbaren Energiequellen und effizienter Wärmebereitstellung zeigt, wie lokal angepasste Lösungen einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten können. In Regionen mit reichlich verfügbaren Holzhackschnitzeln können diese als attraktive Option dienen, insbesondere, wenn sie nachhaltig aus lokalen Wäldern stammen. Ein konkretes Pilotprojekt in Hennigsdorf betreibt eine Holzhackschnitzel-Anlage, die sogar Strom erzeugt. Jedoch ist zu bedenken, dass Holzhackschnitzel aufgrund begrenzter Ressourcen und steigender Nachfrage möglicherweise unwirtschaftlicher werden. Wenn Holzerzeugnisse ein Pfeiler des langfristigen Wärmekonzepts sein sollen, sollte die Kommune unbedingt mit den benachbarten Kommunen in Gesprächen abklären, inwieweit die lokalen Ressourcen für Alle reichen. Eine weitere Alternative ist der Einsatz von Großwärmepumpen, die eine externe Wärmequelle benötigen, wie beispielsweise Flüsse, Seen, Abwärme von Kläranlagen oder industrielle Abwärme. Die Verfügbarkeit von ausreichender Stromleistung und die Wirtschaftlichkeit der Strompreise sind entscheidende Faktoren bei der Nutzung von Wärmepumpen. Eine vollständige Dekarbonisierung von Gemeinden und Städten wird die Nutzung einer Vielzahl erneuerbarer Wärmequellen erfordern. Der wirtschaftlich optimale Mix hängt von den lokalen Gegebenheiten ab. Liefern Solarthermieanlagen wirtschaftlich attraktive Wärme? Die Wärmekosten belaufen sich je nach Anlage zwischen 55 und 60 Euro pro Megawattstunde, was etwa 5 bis 6 Cent pro Kilowattstunde vor Förderung entspricht. Davon gehen die Erleichterungen durch Förderung noch ab, z.B. die umfassende Förderung durch das BEW. Im Gegensatz zu anderen Energieträgern - fossile, aber auch Holzerzeugnisse - sind diese Wärmekosten für die Lebensdauer der Anlage im Voraus fest kalkulierbar. Je teurer die fossilen Energien, aber auch Holzerzeugnisse werden, desto besser wird die Wirtschaftlichkeit der Solarthermie. Ein weiteres Argument für den Einsatz von Solarthermie ist ihre dauerhafte lokale Verfügbarkeit und die damit verbundene Versorgungssicherheit. Zudem bleiben im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen die Investitionen innerhalb Deutschlands und der Region, was zur Stärkung der Wirtschaft vor Ort beiträgt. Gibt es Energieerzeugertypen, die aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht sinnvoll mit solarthermischen Anlagen kombiniert werden können? Nein, grundsätzlich kann Solarthermie mit verschiedenen Technologien kombiniert werden, um eine zuverlässige und nachhaltige Wärmeversorgung über ein Wärmenetz zu gewährleisten. Die Entscheidung für den einen Technologiemix zur Wärmeversorgung fällt letzten Endes meist aus Wirtschaftlichkeitsgründen und der Flächenverfügbarkeit. Im Einfamilienhaussektor z.B. zeigt sich derzeit ein Trend hin zu Wärmepumpen in Verbindung mit Photovoltaikanlagen auf den Dächern. Für größere Systeme sind jedoch weitere Randbedingungen zu berücksichtigen. Photovoltaik erzeugt im Vergleich zu Ökologie in großen Solarthermieanlagen Zwischen und neben der Solarthermieanlage Ludwigsburg ist Raum für ökologische Vielfalt. Hier im Bild: Ein Teil des Eidechsenhabitats, das auch anderen Kleinlebewesen Lebensraum bietet - als Ausgleich für Auswirkungen anderer Bauprojekte; außerdem der rege genutzte Besuchersteg. Bild: Solites www.solare-wärmenetze.de Solarthermie auf derselben Fläche nur etwa ein Drittel bis ein Viertel der Energie in Form von Strom. Die Effizienz von Wärmepumpen hängt von der zu erreichenden Vorlauftemperatur ab, wobei höhere Temperaturen mehr Strom erfordern. Die Integration von Windstrom in Verbindung mit Wärmepumpen kann eine sinnvolle Option sein, insbesondere wenn der Windstrom kostengünstig und erneuerbar ist. Die Kombination von Photovoltaik und Wärmepumpen erfordert eine detaillierte Analyse des aktuellen Strommarktes, da Transportkosten und -gebühren die Wirtschaftlichkeit beeinflussen, insbesondere wenn die Photovoltaikanlage räumlich von der Wärmepumpe entfernt ist. Letztendlich müssen die Entscheidungen den spezifischen lokalen Gegebenheiten und der aktuellen Marktlage entsprechen. In einigen Fällen können getrennte Systeme für Strom- und Wärmeerzeugung wirtschaftlich vorteilhafter sein. Welche ökologischen Vorteile bieten Solarthermie-Freiflächenanlagen für Fernwärmenetze? In vielen Fällen wurden bisher ökologische Ausgleichsmaßnahmen von den Genehmigungsbehörden gefordert, wenn Solarthermieanlagen auf ehemaligen landwirtschaftlich genutzten Flächen installiert werden sollten. Tatsächlich ist die Fläche nach der Installation meist jedoch ökologisch wertvoller, inbesondere nach intensiver Landwirtschaftsnutzung. Anstelle von monotonen Ackerflächen entstehen Magerrasen-Flächen oder bunte Blumenwiesen. Die Beweidung mit Schafen ist eine zusätzliche Möglichkeit, um die Flächen ökologisch zu pflegen. Im Gegensatz zu Ziegen, die auf die Kollektoren klettern könnten, tragen Schafe zur Pflege der Fläche bei, ohne die Anlagen zu beschädigen. Darüber hinaus können Biotope geschaffen werden, die Lebensräume für verschiedene Tierarten bieten. Ein Beispiel hierfür ist die Integration von Lebensräumen für Zauneidechsen in Ludwigsburg, die infolge anderer Bauprojekte vertrieben wurden. Interessanterweise zeigt sich in der Praxis von laufenden Anlagen, dass die teilverschatteten Bereiche der Solarthermieanlagen unterhalb der Kollektoren im Jahresverlauf eine eigene Wertigkeit erhalten. In den vergangenen Dürresommern waren diese Bereiche grüner und vielfältiger bewachsen als die trockenen, sonnenbeschienenen Zwischenräume. Diese Entwicklung ist vor dem Hintergrund zunehmender Temperaturen und unvorhersehbarer Niederschläge von großem Interesse. Wichtig ist zu betonen, dass Freiflächen- Solarthermieanlagen keine Fläche „verbrauchen“ und nur minimal versiegeln - im Gegensatz zu konventionellen Bauwerken wie Heizkraftwerken. Solarthermie-Großkollektoren werden entweder aufgeständert oder mit Streifenfundamenten verankert. Trotz der technischen Natur der Anlagen sind Solarthermie-Freiflächenanlagen ökologisch vorteilhaft für die Gesamtfläche und liefern einen großen Beitrag zu einer nachhaltigen, treibhausgasneutralen Wärmeversorgung. Welche Rolle spielen große Wärmespeicher in Fernwärmesystemen mit Solarthermie? Wärmespeicher puffern Schwankungen in der Wärmeerzeugung ab. Wichtig ist: Wärmespeicher stellen nur ein Element im Gesamtsystem eines Wärmenetzes dar. Auch Wärmequellen, Netz und Abnehmer sind notwendig, um eine effiziente Wärmeversorgung sicherzustellen. Ob ein großer Wärmespeicher erforderlich ist, hängt vorrangig vom solaren Deckungsanteil, also vom Ertrag der Solarthermieanlage und dem Bedarf der Netzseite ab. Die sorgfältige Auslegung und Kombination mit anderen Wärmeerzeugern und Wärmespeichern ist dabei entscheidend: Das System muss jeweils auf die spezifischen Gegebenheiten vor Ort zugeschnitten sein. Ein Beispiel: In Leipzig entsteht derzeit die größte Solarthemieanlage Deutschlands mit einer geplanten Bruttokollektorfläche von 65.000 Quadratmetern. Die Anlage soll ca. 20 Prozent des sommerlichen Wärmebedarfs der Stadt Leipzig decken. Auf den jährlichen Wärmebedarf hochgerechnet sind das etwa zwei Prozent. Trotz der beträchtlichen Anlagengröße wird jedoch kein großer Wärmespeicher benötigt, da das Wärmenetz die Wärme zu jeder Zeit vollständig aufnimmt. Die schiere Größe der Solarthermieanlage diktiert also nicht, ob oder in welcher Größe ein Wärmespeicher vorgesehen werden muss. Vielmehr ist es der solare Kleinteilige Ökologie in Wärmekraftwerken? Möglich! Ein Blick unter die Solarkollekoren der Großanlage Lemgo zeigt: Hier ist keine Fläche versiegelt. Auch die teilverschatteten Bereiche sind ökologisch wertvoll. Bild: Solites Infoblatt Nr. 21 Deckungsanteil am Gesamtwärmebedarf: Soll der Solarertrag mehr als 15 Prozent der jährlich benötigten Wärme ausmachen, werden größere Speicher nötig. Wie findet die Kommune heraus, ob sie einen großen Wärmespeicher benötigen wird? Hilft dabei die kommunale Wärmeplanung? Grundsätzlich gilt: Ergebnis der kommunalen Wärmeplanung ist nicht die konkrete Empfehlung für eine Solarthermieanlage, einen Wärmespeicher oder andere Anlagen mit konkreten Spezifikationen, genausowenig wie deren Standorte. Stattdessen legt die Wärmeplanung lediglich fest, welche Siedlungsgebiete über ein Wärmenetz versorgt werden sollen und welche nicht. In einem weiteren Schritt muss die Kommune ermitteln, wie sie den Wärmebedarf für die Wärmenetze decken kann. Statt sofort umfassende Simulationen durchzuführen, kann zunächst eine grobe Analyse durchgeführt werden, um verschiedene Optionen für die Wärmeversorgung abzuschätzen. Hierbei werden mögliche Varianten betrachtet und grobe Kostenschätzungen der nötigen Investitionen erstellt, um ein Verständnis für die wirtschaftlich und technologisch aussichtsreichsten Ansätze zu erhalten. Dies kann durch fachkundige Beratung geschehen und erfordert in der Regel finanzielle Ressourcen. Die grobe Analyse umfasst eine Bewertung verschiedener Optionen wie Tiefengeothermie, Windenergie, oberflächennahe Geothermie und Freiflächensolarthermie. Dies ermöglicht es der Kommune, ein erstes Verständnis dafür zu entwickeln, welche Wärmeversorgungs- Optionen es wert sind, näher untersucht zu werden. Für die ausgewählten Optionen werden dann Fachpartner hinzugezogen, um detaillierte Simulationen und Entwicklungen durchzuführen. Auf diese Weise kann die Kommune besser verstehen, wie groß und kostspielig die ausgewählten Optionen tatsächlich sind, was einen schnellen Übergang von der Planung zur Realisierung ermöglicht. POTENZIAL FÜR KLIMASCHUTZ Die Online-Sprechstunden Solarthermie verdeutlichten die vielfältigen Potenziale dieser Technologie für eine nachhaltige Wärmeversorgung. Durch ihre effiziente Integration in Fernwärmenetze, ihre Versorgungssicherheit und Vielseitigkeit sowie ihre ökologischen Vorteile bietet Solarthermie eine attraktive Lösung für Kommunen und kommunale Akteure auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Wärmeversorgung. Kommunen können großflächige Solarthermieanlagen als einen vielversprechenden Baustein für die kommunale Wärmewende verstehen - im Zusammenspiel mit anderen erneuerbaren Erzeugern. IMPRESSUM Das Infoblatt Solare Wärmenetze ist eine Initiative im Rahmen vom Projekt SolnetPlus – Solare Wärmenetze als eine Lösung für den kommunalen Klimaschutz. Mehr unter: www.solare-wärmenetze.de Herausgeber: Solites Steinbeis Innovation gGmbh Redaktion: Deutsches Institut für Urbanistik (Difu), Paul Ratz, Solites, Anna Laura Ulrichs, Dirk Mangold Veröffentlichung: Mai 2024 | ISSN (Print) 2750-753X | ISSN (Online) 2750-7548 Die Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. unterstützt durch die Industrieinitiative Solare Wärmenetze der Solarthermieanbieter (IniSW) PARTNER Beginnen Sie Ihre Wissensreise auf: https://www.solare-waermenetze.de oder starten Sie hier: FAQ zu Solarthermie in Wärmetzen 36 wesentliche Fragen und Antworten, um Kommunen und Stadtwerke zu unterstützen (Scan QR-Code) WIE GEHT ES IN IHRER KOMMUNE WEITER?