Kommunale Wärmeplanung und Solarenergie – Raphael Gruseck LEA Ludwigsburg

Im Interview: Raphal Gruseck von der Energieagentur Kreis Ludwigsburg LEA e. V. zu u.A. den Themen: - Was haben BürgerInnen und Bürger von der kommunale Wärmeplanung? - Ist Solarwärme günstig? - Wie verhalten sich Freiflächen-Solarthermie und Photovoltaik zueinander? - Macht man sich durch den Anschluss an ein Fernwärmenetz nicht abhängig? Unser Interviewpartner befindet sich auf der Besucherplattform oberhalb der Solarthermie-Anlagen Ludwigsburg-Kornwestheim, die mit 14.800 qm Bruttokollektorfläche lange die größte Solarthermieanlage Deutschlands war.

Anna Laura Ulrichs2024-05-31T16:05:33+02:00Sonntag, 17. März, 2024|

Baggern in Bracht für den saisonalen Wärmespeicher und Solarthermie

Im Dorf Bracht, Nordhessen, wird für einen großen saisonalen Wärmespeicher gebaggert. Zukünftig liefert eine rund 13.000 Quadratmeter (Bruttokollektorfläche) große Solarthermieanlage die Wärme, die in diesen Wärmespeicher eingespeist wird. Genießen Sie unser Baggerballett von der Großbaustelle!

Anna Laura Ulrichs2024-04-01T17:19:40+02:00Samstag, 16. März, 2024|

Genossenschaftliche Solarwärme-Versorgung in Bracht

www.solare-wärmenetze.de Infoblatt Nr. 16 „Wir wollen hier eine Blaupause schaffen für andere Kommunen, die auch in diese Richtung denken“, sagt Helgo Schütze, Vorstandsmitglied der Genossenschaft Solarwärme Bracht eG. Er muss laut sprechen beim Ortstermin. Seine Stimme konkurriert mit dem Lärm von vier großen Baggern, einem Bulldozer und einer Rüttelwalze im Hintergrund. Etwa 14 Meter tief haben sie sich hineingegraben in den roten Sandstein Nordhessens. In der Grube, die die Form einer kopfstehenden Pyramide bereits erkennen läßt und aus der mal ein Erdbecken-Wärmespeicher wer den soll, füh ren sie ihr Baggerballet auf. Eine Szene wie bei Bob dem Baumeister: „Können wir das schaffen? – Yo, wir schaffen das!“ Das Motto der Trickfilm-Kinderstars Bob, Baggi, Buddel und Co., scheint auch für die Brachter Energiegenoss:innen zu gelten. Ja, wir schaffen eine 100-prozentig er neu erbare Wärmeversorgung für un ser 900-Einwohner-Dorf, sagten sich auf der Gründungsversammlung im Juli 2021 die damals 61 Mitglieder der Solar wärme Bracht eG. Und damit nicht ge nug: Wir schaffen es auch, 70 Prozent der gesamten Wärme direkt aus Solarstrahlung zu gewinnen. Eine solche so la re Deckungsrate im Wärmenetz dürfte zurzeit Weltrekord sein. Den Rest liefern Wärmepumpen und ein Holzkessel. Erfolgsfaktor Anschlussquote Um das Projekt, für das erste Ideen bereits im Jahr 2013 entwickelt wurden, Wirklichkeit werden zu lassen, mussten allerdings weit mehr als die 61 Gründungsmitglieder für einen Anschluss an das Wärmenetz in spe begeistert werden. Mindestens 130 Hausanschlüsse sollten es schon sein, besser wären 200, hatten Experten der Uni Kassel in einer Machbarkeitsstudie errechnet. Sonst wäre ein solches Netz nicht wirtschaftlich zu betreiben. Viel Klinkenputzen, etliche Informationsveranstaltungen, ein Appell des Bürgermeisters der Stadt Rauschenberg, zu der Bracht gehört, im Gemeindeblatt, und wohl auch eine Energiekrise im Jahr 2022 mögen ihren Teil zum Erreichen des Ziels beigetragen haben. Denn mittlerweile zählt die Genossenschaft fast 200 Mitglieder, die ihre 177 Gebäude an die Fernwärme anschließen lassen wollen. „Das ist eine Anschlussquote von etwa 60 Prozent“, freut sich Schütze. „Und wir gehen davon aus, dass noch der eine oder andere hinzukommen wird, wenn wir beim Netzausbau sind.“ Mit 6000 Euro ist man als Hausbesitzer dabei. Diese einmalige Anschlussgebühr ist zugleich Eintrittskarte zur Nach den ersten Bioenergiedörfern Anfang der 2000-er Jahre sind inzwischen zahlreiche Wärmenetze vor allem in ländlichen Regionen genossenschaftlich organisiert. Ein halbes Dutzend setzt dabei auch auf die Solarthermie als Energiequelle. Ein besonderes Leuchtturmprojekt entsteht im hessischen Dorf Bracht. GENOSSEN SPEICHERN DIE SONNE GEMEINSCHAFTLICHE SOLARWÄRME-VERSORGUNG Foto: Guido Bröer Infoblatt Nr. 16 Genossenschaft. Hinzu kommen beim Anschluss an das Wärmenetz noch Kosten für die Entsorgung der alten Heizung und der Öltanks. Ein neuer Heizkessel oder eine Wärmepumpe wäre allemal deutlich teurer. Das ist ein gutes Argument für das Wärmenetz. Und auch mit einer erwartbaren Preisstabilität der Wärme über Jahrzehnte punktet die Genossenschaft bei den Brachtern. Der kalkulierte Wärmepreis liegt bei 16,5 Cent pro Kilowattstunde. „Das er schien anfangs als relativ hoch. Inzwischen hat sich das durch die jüngste Energiekrise relativiert und der Preis ist akzeptiert“, sagt Schütze. „Unser Wärmepreis wird sehr, sehr stabil sein. Natürlich wird er auch leicht steigen, denn wir haben ja auch einige laufende Kosten. Die sind aber vergleichsweise ge ring.“ Für die Zukunft gerüstet Die Debatte um das „Heizungsgesetz“ im Jahr 2023 bescherte den Anschlusswerbern in Bracht ein weiteres Argument. Mit 70 Prozent Solarenergie und 100 Prozent erneuerbaren Energien im Netz weiß man sich als Energiegenosse auf der sicheren Seite, was künftige Auflagen betrifft. In Zentrum der Brachter Dorfwärme versorgung steht der Erdbecken-Wärmespeicher, für den aktuell so emsig gebaggert wird. Sein Inhalt von 26.600 Kubikmetern wird im Sommer mit Solarenergie auf etwa 90 Grad Celsius aufgeheizt. Dieser Energievorrat soll reichen, um damit über den Winter die angeschlossenen Gebäude weitgehend zu beheizen. Dass diese Technologie funktioniert und wirtschaftlich kon kur renz fähig ist, haben vor allem Energiegenossenschaften in Dänemark bewiesen. Und dennoch betritt Bracht damit an einigen Stellen technisches Neuland. Die Genossenschaft fühlt sich dabei gut beraten von Spezialisten der Universität Kassel. Das Team um Professor Klaus Vajen begleitet sie seit 2018. Die Wissenschaftler:innen wiesen in aufwendigen Simulationsrechnungen nach, dass eine zentrale Wärmeversorgung für das Dorf mit 70 Prozent Solaranteil machbar ist. Das Konzept, für das die örtliche Genossenschaft – gefördert vom Land Hessen – eine 16-Millionen-Euro-Investition stemmt, soll obendrein preiswerter sein als die zum Vergleich berechnete Alternative. Diese hätte nämlich bedeutet, alle Gebäude über einen Um stel lungszeitraum von 20 Jahren mit Wärmepumpen auszurüsten. Im Fernwärmenetz werden stattdessen künftig nur zwei große Wärmepumpen mit zusammen 1,2 MW arbeiten, und das auf innovative Weise. Im Ge gen satz zu üblichen Systemen bedienen sie sich nicht bei einer Wärmequelle wie Umgebungsluft oder Flusswasser. Vielmehr entnehmen sie Restwärme aus dem Wärmespeicher, wenn dieser sich im Winter deutlich abgekühlt hat. Die Wärmepumpe hebt die Energie auf ein höheres Temperaturniveau und speist sie in einen Pufferspeicher ein. Das Anlagenschema des Wärmenetzes im Dorf Bracht: Ein Erdbecken-Wärmespeicher ermöglicht 70 Prozent solaren Deckungsgrad. Eine Wärmepumpe hebt das Temperaturniveau vor allem in der zweiten Winterhälfte. Zugleich ermöglicht sie der Solarthermieanlage dabei hohe Wirkungsgrade. Die Nachheizung erfolgt bei Bedarf über Holzkessel, so dass die Wärmepumpe stets im idealen Effizienzbereich arbeiten kann. 70 % Solarthermie dank Saisonalspeicher und Wärmepumpe Helgo Schütze und seine Mitstreiter:innen in Vorstand und Aufsichtsrat der Solarwärme Bracht eG haben sich einiges aufgeladen. Seit Jahren steckt viel Freizeit im Dorfwärmeprojekt. Von Machbarkeitstudien über Fördergeldakquise und Verhandlungen mit Behörden bis zur Überzeugungsarbeit bei potenziellen Anschlußnehmern im Dorf werden viele Talente gebraucht, um ein Bürger-Wärmenetz zu realisieren. Das Wärmenetz in Bracht lebt vom Ehrenamt Grafik: Universität Kassel Foto: Guido Bröer www.solare-wärmenetze.de Dadurch können gleich mehrere Ef fek te erzielt werden. Zum einem kann auch in den Wintermonaten noch Solarenergie aus dem Speicher genutzt werden, wenn dessen Temperatur längst nicht mehr ausreichen würde, um das Netz mit seiner Vorlauftemperatur von 85 Grad direkt zu beschicken. Wärmepumpe steigert Effizienz Ein schöner Nebeneffekt ist, dass die Solarkollektoren dank der Wärmepum pe noch effizienter arbeiten können. Die Wärmepumpe entzieht nämlich vorzugsweise dem unteren, ohnehin kühleren Bereich des Speichers Energie. Indem diese Schicht weiter abgekühlt wird, sinkt auch die Rücklauftemperatur im Solarkreislauf. Wenn bei den Solarkollektoren kühleres Wasser ankommt, sinkt deren Arbeitstemperatur. Das er höht insgesamt den Solargewinn, denn je geringer die Temperatur eines Sonnenkollektors, desto geringer ist sein Ener gieverlust an die Umgebung. Außer dem kann der Solarkreislauf so auch bei geringer Sonneneinstrahlung und tiefen Außentemperaturen bereits stabil laufen und Energie ernten. Obendrein spart der Wärmepumpeneinsatz Baukosten. Schütze erklärt: „Der Trick ist: Wir nutzen den Speicher im Winter als Energiequelle für die Wärmepumpe. Damit können wir ihn kleiner bauen. Die Investitionskosten sinken, und wir benö tigen viel weniger Fläche.“ In dieser Hinsicht betreten die Brachter bei der Konstruktion ihres Erdbeckenspeichers ohnehin Neuland. Ein Zeichen dafür sind die kratzenden Geräusche der Baggerschaufeln, die zurzeit aus der Baugrube schallen. Wurden nämlich die dänischen Vorbilder allesamt in lockerem Kies und Sand gegraben, so beißen sich die Bagger schau feln in Nordhessen durch recht feste Sandsteinschichten. Das ist zwar mühsam, hat aber aus Sicht der Genossenschaft einen entscheidenden Vorteil. Die Böschungen können in dem festen Untergrund deutlich steiler angelegt werden als in lockerem Material. Die Hangneigung beträgt 29,5 Grad statt der üblichen 26 Grad. „Dadurch sparen wir Platz und Geld“, sagt Schütze. Er erklärt, dass das gleiche Volumen in einem flaBenjamin Dannemann von der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV) erwartet eine Zunahme von Bürgerenergiegesellschaften, als Wärmenetzbetreiber. Wie häufig gibt es Genossenschaften im regenerativen Wärmesektor? In Deutschland gibt es schon etwas mehr als 200 Wärmenetzgenossenschaften, und das auch schon länger. Viele sogenannte Bioenergiedörfer nutzen die Wärme aus einer Biogasanlagen. Mittlerweile werden aber verstärkt auch andere Wärmequellen wie Solarthermie und Wärmepumpen eingesetzt. Sind Planung und Betrieb eines Wärmenetzes nicht zu komplex für eine ehrenamtlich geführte Genossenschaft? Es hat auf jeden Fall andere Dimensionen als die vielen genossenschaftlichen Photovoltaikprojekte. Das Investitionsvolumen ist größer, der Planungsvorlauf langwieriger. Die Mitglieder für einen Anschluss zu motivieren ist ein hoher Aufwand. Gleichwohl bietet gerade dieses ehrenamtliche Engagement Vorteile besonders im ländlichen Raum. Overheadkosten wären sonst vielleicht gar nicht zu stemmen. Hier bietet das genossenschaftliche Modell eine gute Möglichkeit, dies hinzukriegen. Natürlich kommt es dann für die Ehrenamtler darauf an, mit der Kommune, mit Planungsbüros und vielleicht auch mit der örtlichen Genossenschaftsbank gut zusammenzuarbeiten und sich professionelle Unterstützung zu holen. Besteht nicht die Gefahr, dass bei einer Energiegenossenschaft nach der Gründergeneration das Engagement erlischt, weil niemand die Arbeit machen will? Im Gegenteil höre ich von Wärmeenergiegenossenschaften oft, dass ein Ort, nachdem es dort eine erneuerbare Wärmeversorgung gibt, attraktiver wird für jüngere Familien und das Engagement im Dorf insgesamt steigt. Ein Wärmenetz ist auch eine Investition in die Zukunft. Eine Sorge vieler Hausbesitzer ist, dass sie sich durch den Anschluss an ein Wärmenetz abhängig machen. In einer Genossenschaft, der es ja nicht auf die Rendite ankommt, sondern auf die Versorgung ihrer Mitglieder zu einem vernünftigen Preis, können sie mitreden. Als Mitglied kann ich den Wärmepreis mitbestimmen. Ich bin natürlich da ran interessiert, einen möglichst ge rin gen Wärmepreis zu bezahlen. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch, dass die Genossenschaft wirtschaftlich existieren muss. Durch die demokratische Organisation wächst nicht nur die Akzeptanz, sondern auch das positive Verständnis für das Netz. Bringt die verpflichtende kommunale Wärmeplanung Chancen für Genossenschaften? Wo es bereits Wärmenetzgenossenschaften gibt, werden diese sicherlich im Zuge der kommunalen Wärmeplanung berücksichtigt. Wo das noch nicht der Fall ist, da bietet sich durch die Wärmeplanung die Gelegenheit, zu schauen, wo Wärmenetze möglich sind. Und das bietet auch die Chance, die Menschen mitzunehmen und sie überhaupt erstmal darüber zu informieren, dass es so etwas gibt wie eine genossenschaftliche Wärmeversorgung. Jetzt kommt es darauf an, diese Möglichkeit in der Wärmeplanung auch zu berücksichtigen. INTERVIEW: BENJAMIN DANNEMANN, DGRV Foto: DGRV Infoblatt Nr. 16 IMPRESSUM Das Infoblatt Solare Wärmenetze ist eine Initiative im Rahmen des Projekts SolnetPlus – Solare Wärmenetze als eine Lösung für den kommunalen Klimaschutz. Mehr unter: www.solare-wärmenetze.de Herausgeber: Solites Steinbeis Innovation gGmbh Text und Fotos: Guido Bröer, Solarthemen Veröffentlichung:März 2024 | ISSN (Print) 2750-753X | ISSN (Online) 2750-7548 Die Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt beim Autor und der Herausgeberin. Der Inhalt gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch Autor und Herausgeberin übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. unterstützt durch die Industrieinitiative Solare Wärmenetze der Solarthermieanbieter (IniSW) Partner cheren Becken einen wesentlich größeren Deckel erfordert hätte. Dieses aufwendige, teure Bauteil wird „nur“ 70 mal 70 Meter messen. Es besteht aus mehreren, insgesamt 40 Zentimeter dicken Dämmschichten zwischen zwei Kunststoff-Membranen. Das Konstrukt muss die Wär meverluste minimieren und dabei zugleich verlässlich An samm lungen von Regenwasser vermeiden sowie diffundiertes Wasser aus der Dämmung nach außen abführen. Dabei muss die Abdeckung übers Jahr einen Hub von rund 20 Zentimetern aushalten. Den bewirkt das unterschiedliche Volumen des im Sommer 90 Grad heißen und am Ende der Heizperiode unter 30 Grad abgekühlten Speicherinhalts. Zur Sicherheit bohren Bevor man sich auf die kompakte, steile Bauform des Speichers festgelegt hat, ließ die Genossenschaft mehrere Er kun dungsbohrungen ins Erdreich treiben, um sich der Stabilität des Untergrundes wirklich sicher zu sein. Solche technischen Fragen bieten immer wieder Herausforderungen für die Ehrenamtlichen, aber sie bereiten ihnen keine ernsthaften Sorgen. Ganz im Gegensatz zu manchen Anforderungen, mit denen sie sich im Verlauf der Jahre immer wieder aus verschiedenen Amtsstuben konfrontiert sahen, lässt Helgo Schütze durchblicken. So wird sich die Fertigstellung des Netzes vermutlich um eine ganze Heizperiode verzögern, weil eine überaschende Auflage vom Land Hessen als Förder mit tel- geber die Genossen im vergangenen Jahr zwang, eine zeitraubende euro pa wei te Ausschreibung zu machen. Harmlos ist dagegen eine kurzfristige Forderung der Naturschutzbehörde, die indirekt aus dieser Verzögerung resultiert und die jetzt in Form von Holzpfählen mit bunten Flatterbändern den Bauplatz der späteren Heizzentrale ziert. Die waren als Vogelscheuchen alle zehn Meter auf der Fläche einzurammen, weil die Bauarbeiten jetzt in die Brutsaison der Feldlerche fallen. Dass auf der Fläche längst der Mutterboden abgeschoben wurde, so dass sich dort kaum eine Lerche ihrem Brutgeschäft widmen wird, ficht schließlich einen amtlichen Naturschützer nicht an. Solche Geschichten und andere Er fah rungsschätze aus 11 Jahren „Blaupause Solarenergiedorf“ sind in einem minutiös geführten Tagebuch nachzulesen, das die Solarwärme Bracht eG auf ihrer Internetseite präsentiert: www.solarwaerme-bracht.de 1,2 Kilometer lang ist die Verbindungsleitung von der Energiezentrale zum Hauptdorf. Die Fernwärmerohre werden jetzt auf den geraden Passagen oberirdisch geschweißt und später per Kran in einen noch auszuhebenden Graben gelegt. Fernwärmeleitung zum Hauptdorf Foto: Guido Bröer

Anna Laura Ulrichs2024-04-01T15:53:20+02:00Freitag, 15. März, 2024|

Klimahacks #2 Kommunale Wege zur Freiflächen-Solarthermie

#KLIMAHACKS MACH DEIN PROJEKT: KOMMUNALE WEGE ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE Sonderausgabe 2: Solare Wärmenetze - - - - - - - 2 | #KLIMAHACKS: KOMMUNALE WEGE ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE - - - - - - / GUT VORBEREITET IST HALB GEPLANT: KOMMUNALE WÄRMEPLANUNG NUTZEN Durch die flächendeckende Einführung der bundesweiten Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung ergeben sich für Städte und Gemeinden tiefgreifende Veränderungen im Be reich der Wärmeversorgung. Bis zur Mitte des Jahres 2026 bzw. Mitte 2028 sind sie nun dazu verpflichtet, eine umfas sende Evaluierung ihrer Potenziale für die Generierung und Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energiequellen so wie für die effektive Nutzung von unvermeidbarer Abwärme vorzunehmen. Die flächendeckende Umsetzung der Wär meplanung schafft eine einheitliche Informationsgrundlage, die den kommunalen Akteuren eine stabile Grundlage für ihre Planungen bietet. Zum ersten Mal wird dabei eine ge zielte Analyse von Wärmenetzen vorgenommen und mit kla ren Zielen für die Dekarbonisierung versehen. Für den Um bau des Wärmeversorgungssystems ist es jedoch wichtig, dass Kommunen sich frühzeitig Gedanken zum Flächenbe darf machen und bereits vor oder zeitgleich zur Erstellung der kommunalen Wärmeplanung eine Analyse geeigneter Flächen für erneuerbare Energiegewinnung durchführen, um nachfolgende Entscheidungsprozesse hinsichtlich der Flächenausweisung im Bereich der erneuerbaren Energien zu unterstützen. Diese #Klimahacks-Sonderausgabe zum Thema Solarthermie beschäftigt sich mit der Frage, welche Rolle die räumliche Planung für eine erfolgreiche kommu nale Wärmewende spielt und wie Kommunen bei der Siche rung von Freiflächen für den Bau einer Solarthermieanlage vorgegangen sind. WEITERFÜHRENDE LINKS Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekabo nisierung der Wärmenetze (Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), 2023): https://t1p.de/1tkon Standpunkt des Hamburg Instituts zum Wärmeplanungsgesetz (Hamburg Institut, 2023): https://t1p.de/ra8op Kommunale Wärmepläne in der Praxis – Eine Über sicht (Kompetenzzentrum Wärmewende (KWW), 2024): https://t1p.de/pfld7 Fragen und Antworten zum Thema Heizen (Minis terium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, 2024): https://t1p.de/65maa Solare Wärmewende – Was haben Kommunen von Sonne im Wärmenetz? (SolnetPlus, 2023): https://t1p.de/uwjbp Webinar zum erfolgreichen Einstieg in die Wärmeplanung: https://t1p.de/s9fx1 3 | #KLIMAHACKS: KOMMUNALE WEGE ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE - - - - - / - - - - - - - - - - SOLARTHERMIE IN WÄRMENETZEN – FRAGEN UND ANTWORTEN Im Zuge der kommunalen Wärmeplanung müssen sich Kommunen zeitnah mit der Frage beschäf tigen, welche erneuerbaren Wärmequellen ge nutzt werden können, um die Wärmeversorgung klimafreundlicher zu gestalten. Die Nutzung von Freiflächen-Solarthermieanlagen in Wärmenetzen ist dabei eine vielversprechende und erprobte Technologie, die bereits in über 50 Kommunen deutschlandweit zum Einsatz kommt. Für eine kli maneutrale Wärmeversorgung ist es daher wich tig, dass sich kommunale Akteure die technischen und planerischen Grundlagen der Wärmebereit stellung durch erneuerbare Energien aneignen, gerade mit Blick auf die Potenzialanalyse im Zuge der kommunalen Wärmeplanung. Auf dieser Seite ist daher eine Auswahl an häufig gestellten Fragen zu Solarthermie in Wärmenetzen aufgeführt, um mögliche Wissenslücken zu füllen. INFO Im Rahmen des Projekts SolnetPlus haben die Projektpartner rund um den kommu nalen Fernwärmeverband AGFW grund legende Fragen und Antworten (FAQs) zur Umsetzung von solaren Wärmenetzen zusammengestellt. Der FAQ-Katalog bein haltet 36 wesentliche Fragen und Antworten bezüglich der Integration von Solarther mie in Wärmenetzen und ist hier abrufbar: https://t1p.de/l7n4g Wo gibt es bereits solare Nahund Fernwärme in Deutschland? Gelange hier zur Übersichtskarte: https://t1p.de/3ypxr TECHNIK SOLARTHERMIE Welche Arten von Kollektoren sind für die Einbindungen in Wärmenetze geeignet? Im Fernwärmebereich werden Flachkollektoren und Vakuumröhrenkollektoren bis zu Netztemperaturen von etwa 110 °C eingesetzt. Die entscheidenden Faktoren sind die Vor- und Rücklauftemperaturen des Wärmenetzes an der Einbindungs stelle von März bis Oktober. Die Systemtechnik spezialisierter Anbieter ist für den Einsatz in Wärmenetzen und großen Megawatt-Kollektorfeldern optimiert. Häufig kommen dabei Groß-Kollektormodule zum Einsatz, die Anschlüsse und Montage zeiten reduzieren und eine effiziente Leistung bei höheren Betriebstemperaturen bieten. Für höhere Netztemperaturen eignen sich konzentrierende Kollektoren wie Parabolrinnenkollektoren, die speziell für solare Prozesswärme und Kraftwerksan wendungen im Temperaturbereich von 100 bis 400 °C entwickelt wurden. FREIFLÄCHENENTWICKLUNG 1. Sollten Kollektorfelder nicht eher auf Gebäudedächer? Für wirtschaftliche solarthermische Wärmeerzeugung sind eine ausreichende An lagengröße (Skaleneffekt) und eine kostengünstige Montagetechnik entscheidend. Alternativen wie die Montage auf Gebäudedächern oder die Nutzung von Freiland flächen bieten sich an. Obwohl die Dachintegration von Kollektoren verbessert wurde, sind Freiflächenanlagen deutlich kostengünstiger. Die effiziente Realisie rung großer Freiflächen-Kollektorfelder ist für die Zukunft der solaren Fernwärme entscheidend, ergänzt durch die sinnvolle Nutzung geeigneter Gebäudedächer. Im Vergleich zu Photovoltaikmodulen sind Solarthermiekollektoren weniger anfällig für Verschattungen. Lokale Gegebenheiten sollten die Flächennutzungsprioritäten von Solarthermie- und Photovoltaikanlagen bestimmen. 4 | #KLIMAHACKS: KOMMUNALE WEGE ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE FREIFLÄCHENENTWICKLUNG 2. Wie werden Kollektorfelder auf Freiflächen errichtet? Für die Errichtung von großen Kollektorfeldern sind ge eignete Unterkonstruktionen (i. d. R. Stahl oder Alumini um) und Montagesysteme zur Aufnahme von Kollektor Großmodulen marktverfügbar. Eine Fundamentierung im Boden dient im Wesentlichen zur Aufnahme von Wind- und Schneelasten auf dem Kollektorfeld und wird meist als Rammfundamentierung (eingerammte Stahl profil-Stützen) realisiert. Lässt die Bodenbeschaffenheit keine Rammfundamentierung zu (weicher oder felsiger Boden, Deponieflächen), kann die Fundamentierung über vorgefertigte Betonfundamente erfolgen. Die Mon tage ist in beiden Fällen reversibel, d. h. die Bodenbe schaffenheit kann zu einem späteren Zeitpunkt wieder vollständig hergestellt werden. Es findet keine bzw. im Fall von Betonfundamenten nur eine geringfügige Bodenversiegelung statt. - - - - - - WIRTSCHAFTLICHKEIT Welche Wärmegestehungskosten werden erreicht? Die Kosten für die Erzeugung von Solarwärme setzen sich aus Investitions kosten, jährlichen Kosten und Jahresertrag zusammen, unter Berücksichtigung einer Lebensdauer von 25 Jahren für die Solarthermieanlage und eines indivi duellen kalkulatorischen Zinssatzes des Unternehmens. Vor Förderung können Wärmegestehungskosten im Bereich von 55-60 €/MWh erreicht werden. Diese Kosten bleiben über die Lebensdauer der Anlage weitgehend konstant, da ein erheblicher Teil auf die anfängliche Investition zurückzuführen ist. Die Investi tionskosten sind dabei stark von der Anlagengröße und den projektspezifischen Randbedingungen abhängig (z. B. Erforderlichkeit eines Wärmespeichers oder einer Technikzentrale). Festzuhalten ist, dass bei in Wärmenetzen eingebunde nen Großanlagen die Kosten wesentlich geringer sind als bei Solarthermieanla gen auf Einzelgebäuden. Solarthermie bietet somit geringe Investitionsrisiken und reduziert die Abhängigkeit von Brennstoffkosten und -verfügbarkeiten. - - - - - ERTRAG Welche solaren Deckungsanteile lassen sich erreichen? Solarthermieanlagen können durch die Anpassung von Kollektorfeld größe und Wärmespeichervolumen für verschiedene solare Deckungs anteile am jährlichen Wärmebedarf ausgelegt werden. Systeme für Vorwärmung erreichen 3-5 Prozent Deckungsanteil, während größere Kollektorflächen mit Pufferspeicher bis zu 15 Prozent Deckung über die Sommermonate ermöglichen. Anlagen mit saisonalem Wärmespeicher können sogar nahezu 100 Prozent erreichen. Der Investitionsaufwand steigt jedoch überproportional mit höheren solaren Deckungsanteilen. In Europa liegen bisherige Höchstwerte für solare Deckungsanteile in Wärmenetzen bei 50-70 Prozent. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - / 5 | #KLIMAHACKS: KOMMUNALE WEGE ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE FLÄCHENDECKENDE WÄRME: DIE VERBINDUNG VON RAUMPLANUNG UND SOLARTHERMIE Welche Rolle spielt die Raumplanung beim Gelingen der kommunalen Wärmewende? Konkreter: Was gilt es für Kom munen bei der räumlichen Planung von Freiflächen-Solar thermieanlagen zu beachten? Da Solarthermie in Deutsch land zunehmend an Bedeutung gewinnt und damit auch die Kulturlandschaft prägt, gewinnt diese Frage, auch im Kontext einer erfolgreichen Wärmeplanung, immer mehr an Bedeutung. Grundsätzlich gilt: Die Raumplanung in Deutschland, ba sierend auf dem Raumordnungsgesetz, strebt eine aus gewogene Entwicklung an, die soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte miteinander in Einklang bringt. Dieses Leitbild soll auch bei der Planung solarthermischer Freiflä chenanlagen berücksichtigt werden. Die Raumplanung er folgt auf den Ebenen der Länder, Landkreise und Kommu nen. Landesentwicklungsprogramme auf Landesebene und Regionalpläne auf Kreisebene sind entscheidend, um unter schiedliche Nutzungen des Raums, einschließlich Energie erzeugung, abzustimmen. Auf kommunaler Ebene werden Flächennutzungspläne und Bebauungspläne erstellt. Trotz der Bindung an übergeordnete Pläne spielt die Kom mune eine entscheidende Rolle. Regional- und Flächen nutzungspläne haben keine direkte Wirkung auf einzelne Grundstücke und bieten Investoren keine Rechtssicherheit. Das Planungsrecht für konkrete Grundstücke wird aus schließlich durch einen Bebauungsplan der Kommune ge schaffen. Die Steuerung der Flächennutzung liegt somit bei der Kommune, die verpflichtet ist, Flächen für erneuerbare Energien auszuweisen. Alternativ kann Baurecht durch Privi legierung im Außenbereich entstehen (s. § 35 BauGB; Link: https://t1p.de/36ve). Fällt eine Solaranlage nicht unter die Privilegierung, erfordert dies in der Regel ein Bebauungs planverfahren, um mögliche Beeinträchtigungen öffentli cher Belange zu verhindern, besonders bei widersprüchli chen Darstellungen im Flächennutzungsplan. Aufgrund der Wärmeerzeugung weisen Solarthermieanla gen spezifische räumliche Anforderungen auf. Die Flächen suche wird maßgeblich durch technisch-wirtschaftliche Anforderungen und die Entfernung zum Einspeisepunkt beeinflusst. Aufgrund der Wärmeverluste der Anschlusslei tungen konzentriert sich die Suche nach solarthermischen Freiflächen vornehmlich auf Gebiete in der Nähe von Wär menetzen oder Siedlungs- und Gewerbegebieten, da eine sinnvolle Anbindung nur innerhalb begrenzter Leitungslän gen realisierbar ist. Vor allem die soziale Multicodierung in Form von Parkanlagen bietet einen Ansatz, soziale Mehr werte neben der solaren Nutzung zu schaffen. Insgesamt bietet die Raumplanung einen geeigneten Rahmen, um ver schiedene räumliche Planungen miteinander in Einklang zu bringen und den Ausbau der Freiflächen-Solarthermie zu unterstützen. Quelle: Hamburg Institut Research, 2023 Blick auf die Freiflächen-Solarthermieanlage in Greifswald (Stadtwerke Greifswald GmbH) Klicke auf den Link, um noch tiefer in das Thema einzutauchen: https://t1p.de/3ght3 - - - - - - - - - - / 6 | #KLIMAHACKS: KOMMUNALE WEGE ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE KOMMUNALE WEGE ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE LEIPZIG UND FREUDENTAL Die Großstadt Leipzig mit ihrer für 2025 geplanten Freiflächen-Solarthermieanlage mit 65.000 m² Kollektorfläche und die Gemeinde Freudental im Landkreis Ludwigsburg zeigen stellvertretend, wie Kommunen bei der Flächensuche erfolgreich vorgehen können. Durch die Ausweisung eines neuen Bebauungsplans für ein als Energiestandort bezeichnetes Sondergebiet konnte die Stadt Leipzig Flächen planungsrechtlich absichern, um eine Solarthermie-Anlage in der Nähe von Wärmeverbrauchern zu realisieren. Dieser Ansatz beschleunigt das Verfahren, da der Flächennutzungsplan (FNP) im Parallelverfahren geändert wird und deshalb nicht auf die Neuaufstellung des FNP gewartet werden muss. Gleichzeitig schafft die Stadt Raum für zukünftige Entwicklungen auf der Fläche. Nicht nur planungsrechtlich, sondern auch nutzungsrechtlich wurden die entscheidenden Flächen in Leipzig über Erbpachtverträge gesichert. Bisher wurden die Flächen hauptsächlich intensiv landwirtschaftlich genutzt und wiesen eine geringe Biodiversität auf. Die geplante Installation der Solarkollektoren auf erhöhten Aufständerungen und die extensive Schafbeweidung lassen die Fläche unversiegelt und ungestört, was sich wiederum positiv auf die Biodiversität auswirken wird. Weitere Maßnahmen wie Vogelbrutgelegenheiten und Natursteinhaufen sollen ebenfalls zur ökologischen Aufwertung der Fläche beitragen. In Freudental hat der Nahwärmebetreiber Bürger Energie Neckar Enz (B.E.N.E.) eine Solarthermie-Großanlage mit 1,2 MW Leistung in Betrieb genommen. Diese Anlage versorgt das Nahwärmenetz der Gemeinde mit Solarwärme. Statt eines herkömmlichen Kollektorfelds wurde eine dreißigreihige Anordnung von einzelnen Kollektortischen mit einer Bruttokollektorfläche von jeweils rund 60 m² gewählt. Dies ermöglichte es, auch auf scheinbar unbrauchbaren Grundstücksflächen sinnvoll Solarthermie zu installieren. Die Anordnung liegt zudem in unmittelbarer Nähe zum Speicher, wodurch die Wärmeverluste über die Rohrleitungen minimiert werden. Quelle: Leipziger Stadtwerke: https://t1p.de/scgdl; Stadt Leipzig: https://t1p.de/h967z BEBAUUNGSPLAN „SONDERGEBIET ENERGIEGEWINNUNG“ DER STADT FREUDENTAL – VEREINFACHTE DARSTELLUNG Quelle: geänderte Abbildung nach Stadt Freudental, 2022 (https://t1p.de/90uyb) 7 | #KLIMAHACKS: KOMMUNALE WEGE ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE STECKBRIEF ZUM NAHWÄRMENETZ IN BRACHT (STADT RAUSCHENBERG), NORDHESSEN KOMMUNALE WEGE ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE - - 1. Aufbau und Dimensionie rung des Wärmenetzes: - Betreibermodell ist eine eingetragene Ge nossenschaft. Die Hauptwärmequelle stellt eine große Freiflächen-Solarthermieanlage mit knapp 13.000 m² Kollektorfläche dar mit 70 Prozent Deckungsgrad. 25 Prozent wird über Biomasse bereitgestellt und der rest liche Bedarf durch eine Großwärmepumpe, welche ihre Primarenergie aus einem etwa 26.600 m³ großen Erdbeckenspeicher zieht. Die Wärme wird dann über ein ca. 9.700 m langes Wärmenetz verteilt. Der Betrieb der Solarthermieanlage ist für Herbst 2024 ge plant. - - - 2. Ablauf der Flächensuche: In Zusammenarbeit mit der Stadt hat ein Arbeitskreis der Genossenschaft potentielle Flächen bestimmt. Zu Beginn standen zwei Flächen zur Auswahl. Zur weiteren Analyse der Flächen mussten Probebohrungen (Erkenntnisse über die Wasserverhältnisse) und eine Kampfmittelprüfung durchgeführt werden. Für das Kollektorfeld wurde eine Fläche ausgewählt, die zum Teil in städti schem Besitz ist. Die Besitzer der übrigen Flächen signalisierten vorab Verkaufsbereit schaft zu einem festgelegten Preis. 3. Umweltrechtliche Anforderungen: Bei der Flächensuche stellte sich heraus, dass die siedlungsnahen Flächen zum größten Teil in einem Vogelschutzgebiet liegen. Trotzdem konnte eine Fläche gefunden werden, die sich außerhalb eines Vogelschutzgebietes befindet. Des Weiteren wurden Ausgleichsflächen verlangt, welche durch die Stadt frühzeitig sichergestellt wurden. 4. Arbeitsschritte für die Flächengenehmigung: Die Flächengenehmigung umfasst in Bracht in erster Linie die Änderung des Flächen nutzungsplans, eine B-Plan-Änderung sowie die Erstellung des Bebauungsplanes. - 5. Weitere Infos zum Genehmigungsprozess: Die Änderung des Flächennutzungsplans nimmt über das gesamte Vorhaben hinweg am meisten Zeit in Anspruch, da viele Gremien involviert sind. Die anfallenden Kosten werden zunächst durch die Stadt getragen und nach Realisierung des Projektes an die Genossenschaft weiterberechnet. Die nicht unwesentlichen Kosten für die Probebohrungen und die Kampfmitteluntersuchung trägt die Genossenschaft. Neben der Änderung des Flächennutzungsplanes wurden sogenannte Auszugswerte für das Solarfeld bestimmt, um die Tiefe der Rammung für die Aufständerung der Kollektoren festzulegen. Des Weiteren wurde eine Begehung durch einen Biologen beauftragt, um sicher zu stellen, dass keine seltenen Tierarten vertrieben werden oder ob Maßnahmen durchzuführen sind, um ein Brüten vor Baubeginn zu verhindern. 6. Einbindung der Zivilgesellschaft und potenzieller Wärmekunden: Zum einem wurden mehrere Informationsveranstaltungen mithilfe der Landesenergieagentur durchgeführt. Wichtige Unterstützungsarbeit leistete dabei der Lehrstuhl Solarwärme der Uni-Kassel. Des Weiteren fanden unzählige Haustürgespräche des Arbeitskreises statt. Weitere Informationen wurden über Printmedien in Form von Infobriefen verbreitet. Aktuelle Informationen zum Projektstand: https://t1p.de/4jmd6 - : : : : : : #KLIMAHACKS MACH DEIN PROJEKT: KOMMUNALE WEGE ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE IMPRESSUM Diese Klimahack-Ausgabe ist eine Initiative im Rah men des Projekts SolnetPlus – Solare Wärmenetze als eine Lösung für den kommunalen Klimaschutz. Mehr unter: www.solare-wärmenetze.de Herausgeber Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH (Difu), Gereonstr. 18-32, 50670 Köln Autor Paul Ratz Redaktion Esther Biro Gestaltung brandtwerk Bildnachweise Titel: Bild Landschaft mit Solaranlage: ©Foto Guido Bröer Seite 2: Bild Landschaft: ©Foto von Marcin Jozwiak- auf Pexels Seite 3: Bild Technik Solarthermie: ©Foto Guido Bröer Bild Freiflächenentwicklung: ©Foto von Bill Mead auf Unsplash Seite 4: Bild Freiflächentwicklung: ©Foto Guido Bröer Bild Wirtschaftlichkeit: Bild: ©Foto von Tech Daily auf Unsplash Seite 5: Bild Kollektoren: ©Foto Stadtwerke Greifswald GmbH Gefördert durch Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages Alle Rechte vorbehalten. Köln 2024 Diese Veröffentlichung wird kostenlos abgegeben und ist nicht für den Verkauf bestimmt.

Anna Laura Ulrichs2024-06-25T15:22:21+02:00Dienstag, 12. März, 2024|

Kompensationsmaßnahmen Freiflächen-Solarthermie: Status quo und Handlungsbereiche

STATUS QUO UND HANDLUNGSBEREICHE – KOMPENSATIONSMAßNAHMEN FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE SOLNETPLUS – VERBREITUNG SOLARER WÄRMENETZE ALS EINE LÖSUNG FÜR DEN KOMMUNALEN KLIMASCHUTZ Hamburg, 01.12.2023 2 AUTOR:INNEN: Marleen Greenberg, Johanna Schickling, Felix Landsberg, Dr. Matthias Sandrock, Paula Möhring HIR Hamburg Institut Research gGmbH, Paul Nevermann Platz 5, 22765 Hamburg Version: Dezember 2023 Kontakt: Greenberg@hamburg-institut.com Das vorliegende Dokument entstand im Rahmen des Verbundvorhabens „SolnetPlus – Solare Wärmenetze als eine Lösung für den kommunalen Klimaschutz“. Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert (FKZ: 67KF0119C). Arbeitspaket 4: Genehmigungshemmnisse vor Ort Haftungsausschluss: Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den Autoren. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung des Fördermittelgebers wieder. Weder die Autoren noch der Fördermittelgeber übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. INHALT 1Zusammenfassung ........................................................................................................ 1 2Einleitung ....................................................................................................................... 2 3Ausgangssituation ......................................................................................................... 2 3.1BNatSchG .............................................................................................................. 2 3.2Ökokonto................................................................................................................ 4 3.2.1Unterscheidung zwischen Ökokonto nach BauGB und BNatSchG............... 5 3.2.2Ausgestaltung von naturschutzrechtlichen Ökokonten ................................. 5 3.2.3Vor- und Nachteile ........................................................................................ 6 3.3Literatur zu Kompensation und ökologischer Gestaltung von Solaranlagen ......... 8 4Handlungsbereich: kompensation innerhalb Solar-FFA ermöglichen ........................... 9 4.1Hintergrund ............................................................................................................ 9 4.2Ausgestaltung ...................................................................................................... 10 4.3Verantwortungsbereiche ...................................................................................... 12 5Handlungsbereich: Festsetzung Umsetzungsrahmen ................................................. 12 5.1Hintergrund .......................................................................................................... 12 5.2Ausgestaltung ...................................................................................................... 13 5.3Verantwortungsbereiche ...................................................................................... 15 6Handlungsbereich: Fokus auf Ökokontomaßnahmen ................................................. 16 6.1Hintergrund .......................................................................................................... 17 6.2Ausgestaltung ...................................................................................................... 17 6.3Verantwortungsbereich ........................................................................................ 20 7Danksagung ................................................................................................................. 21 8Anhang ......................................................................................................................... 21 9Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 24 1 1 ZUSAMMENFASSUNG Die allgemeine Flächenknappheit und -konkurrenz führt zu der Notwendigkeit, bestehende Systeme und Regularien zu evaluieren und zu optimieren, um diese Faktoren angemessen zu adressieren. Vor diesem Hintergrund werden in dem folgenden Handlungsleitfaden der Status quo der Ausgestaltung bzw. der Umgang mit Kompensationsmaßnahmen bei der Umsetzung von solaren Freiflächenanlagen (insbesondere Solarthermie) aufbereitet, sowie Ansatzpunkte zur Evaluation und Verbesserung aufgezeigt. Ebenfalls werden die naturschutzrechtlichen Aspekte, denen Kompensationsmaßnahmen zu Grunde liegen, thematisiert. Es werden Ansätze erläutert, wie der Naturnutzen insbesondere unter dem Aspekt stetig steigender Flächenknappheit durch effizientere und zielorientierte Ansätze ausgebaut werden könnte. Die in Rede stehenden Maßnahmen zur Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft durch solare Freiflächenanlagen im Außenbereich richten sich bundesrechtlich primär nach der sogenannten naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in den §§ 13 – 18 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Sie legen einerseits fest, welche Eingriffe einer Kompensation (Ausgleich oder Ersatz) bedürfen und in welcher Art, aber auch, unter welchen Voraussetzungen die Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen möglich ist. Die nähere Ausgestaltung derartiger Bevorratungsmaßnahmen (z.B. mittels Ökokonten) überlässt das BNatSchG indes dem Landesrecht, sodass bundesweit ein unübersichtlicher Flickenteppich aus sich im Einzelnen deutlich unterscheidenden landesrechtlichen Regelungen besteht. Die derzeitige Qualität der Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen, Bevorratung durch Ökokonten einschließend, wird nicht zuletzt aus diesem Grund vielseitig kritisiert und erfordert eine umfassende Anpassung der Rahmenbedingungen. In Anbetracht der Flächenknappheit und -konkurrenz ist mangelnde Qualität bei der Nutzung der Flächen nicht zielführend, weshalb in diesem Rahmen mit dem Ziel, das System der Kompensation besser zu gestalten, drei Ansatzpunkte näher erläutert werden. Im ersten Handlungsbereich wurde sich damit auseinandergesetzt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die komplette Beeinträchtigung durch den Eingriff innerhalb der solaren Freiflächenanlage ausgleichen. Durch eine optimierte ökologische Gestaltung sollte der Bedarf an Ausgleich so weit reduziert werden können, dass ein Ausgleich auf externen Flächen explizit nicht von Nöten ist. Der zweite Handlungsbereich thematisiert die Festsetzung des Umsetzungsrahmens für Kompensationsmaßnahmen. Dies beginnt bei einer einheitlichen Methodik zur Kompensationsumfangermittlung, umfasst klare Leitfäden zur Herangehensweise und Umsetzung von Kompensationsbedarfen (Welche Schritte sind zu beachten? Wer sind meine Ansprechpartner?) und endet bei einem qualitativ hochwertigen Monitoringsystem, welches auch fachpersonelle Kontrollen, z.B. durch Ökolog:innen, beinhaltet. Im dritten Handlungsbereich wurden Potenziale im Bereich der Evaluierung, Verbesserung und Vereinheitlichung des derzeitigen Ökokontosystems ermittelt. Es wird empfohlen, dieses Konzept eingehender darauf zu prüfen, ob es stärker in den Vordergrund gestellt und genutzt werden sollte. Das Konzept von Ökokonten wird teils kritisch diskutiert, bietet aber das Potenzial, sehr gewinnbringend für den Naturschutz zu sein und gleichzeitig Flächen in Bezug auf die ökologische Wertigkeit effektiver zu nutzen als kleinteilige Kompensationsmaßnahmen. Derzeit existiert auf Bundesebene keine Ökokontoverordnung - stattdessen haben die meisten Bundesländer spezifische (Ökokonto)Verordnungen. Eine Evaluierung und Verbesserung sollte daher auch die Prüfung einer Vereinheitlichung dieser Verordnungen auf Bundesebene beinhalten. 2 2 EINLEITUNG Die Planung von Solarthermie-Freiflächenanlagen kann durch verschiedene Hemmnisse erschwert werden, darunter auch die mangelnde Verfügbarkeit geeigneter Flächen (vgl. Infoblatt Solare Wärmenetze – „Flaschenhals Fläche“1). Verschärfend kommt hinzu, dass nicht nur für die Anlagenfläche am Standort selbst eine geeignete Fläche identifiziert werden muss, sondern auch für in der Regel erforderliche Kompensationsmaßnahmen. Das Ziel dieser Ausarbeitung ist die Erarbeitung von Handlungsansätzen zum Umgang mit Kompensationsflächen und -maßnahmen bei Solarthermie-Freiflächenanlagen. Im Folgenden werden daher die aktuellen Kompensationsregelungen und das Konzept der Ökokonten zur Kompensationsbevorratung erläutert (Ausgangssituation). Der Bedarf für die Nachjustierung des Kompensationssystem und geeignete Ansatzpunkte hierfür werden aufgezeigt. Für die unterschiedlichen beteiligten Akteure werden jeweilige Handlungsansätze vorgestellt. 3 AUSGANGSSITUATION Wenn Bauvorhaben im Außenbereich in Deutschland geplant werden, muss Kompensation mitgedacht werden. Dies schließt Solarthermie-Freiflächenanlagen ein, welche ebenfalls raum- und umweltverträglich sein müssen (vgl. Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung und Ministerium für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, 2021). Hierbei ist es gängige Praxis, dass separate Kompensationsflächen gefunden werden müssen, um entsprechende Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen. In Deutschland wird dies durch die §§ 13 – 18 des Bundesnaturschutzgesetztes (BNatSchG) geregelt. Was dies umfasst, wird grob in Abschnitt 3.1 paragraphenweise umrissen. In Abschnitt 3.2 werden die Grundzüge der Bevorratung von Kompensationsflächen nach § 16 Abs. 2 BNatSchG mittels naturschutzrechtlichen Ökokonten, sowie Vor- und Nachteile des Konzepts dargestellt. In Abschnitt 3.3 wird die verfügbare deutschsprachige Literatur zu Kompensation und ökologischer Gestaltung von Freiflächensolaranlagen vorgestellt. 3.1 BNatSchG Die meisten Bundesländer berufen sich bzgl. des Kompensationsbedarfs auf die §§ 13 - 18 des BNatSchG. Hierbei handelt es sich um die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, welche als Grundlage für sämtliche Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft gilt. Im Folgenden werden Kernaspekte dieser Paragrafen hervorgehoben und zusammengefasst: § 13 Allgemeiner Grundsatz • Erhebliche Beeinträchtigungen müssen vermieden werden oder ansonsten mit Maßnahmen ausgeglichen werden bzw. im Zweifelsfall mit Geld. 1 Infoblatt zum strukturierten Umgang mit Flächenhemmnissen bei Freiflächen-Solarthermie - Hamburg Institut (hamburg-institut.com) 3 § 14 Eingriffe in Natur und Landschaft • (1) Eingriffe = Veränderungen, “ […] die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können.”; • (2) Bodennutzung durch Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft kein Eingriff, soweit die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden. § 15 Verursacherpflichten; Unzulässigkeit von Eingriffen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen • (1) Verursacher muss Beeinträchtigung der Natur & Landschaft vermeiden und nicht vermeidbare Beeinträchtigungen begründen; • (2) Nicht Vermeidbares ist zu kompensieren durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Kompensation oder Ersatz gilt erst dann als erfolgt, wenn diese Maßnahmen auch wirklich den Zweck/Funktion des Ausgleichs erreicht haben; • (3) Land- und forstwirtschaftliche Belange sind zu berücksichtigen. Vorrangig sollen (wenn möglich) Entsiegelung, Wiedervernetzung von Lebensräumen oder Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen als Ausgleichsmaßnahmen in Betracht gezogen werden. Begründet ist dies darin, um zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden; • (4) Der Unterhaltungszeitraum wird von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid festgelegt. Der Verursacher bzw. Nachfolger ist für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Maßnahme verantwortlich; • (5) Wenn die Ausgleichs- /Ersatzmaßnahmen nicht in einer angemessenen Frist durchgeführt werden können und die Belange des Naturschutzes & Landschaftspflege vor dem Nutzen des Eingriffs stehen, kann der Eingriff nicht zugelassen werden; • (6) Ersatzzahlungen sind nötig, wenn eine nicht vermeidbare Beeinträchtigung weder kompensiert noch ersetzt werden kann. Die Zahlungssumme richtet sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahme inkl. sämtliche Kosten der theoretischen Planung, Instandhaltung, Personal etc. Die Höhe der Ersatzzahlung ist vor dem Eingriff festzusetzen und zu zahlen; • (7) Das BMUV2 im Einvernehmen mit dem BMEL3, BMDV4, BMWI5 sowie der Zustimmung des Bundesrates ist ermächtigt, Näheres zur Kompensation von Eingriffen zu regeln. Dies betrifft vor allem Inhalt, Art und Umfang bzw. Höhe und Verfahren zur Erhebung von Ersatzzahlungen. Sollte das BMUV von seinem Recht keinen Gebrauch machen, richtet sich das zuvor genannte nach Landesrecht; • (8) Weitere Regelungen zur Handlungsmacht vom BMUV zu Kompensationsmaßnahmen. § 16 Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen • (1) Kompensations- bzw. Ersatzmaßnahmen sind als solche anzuerkennen, soweit sie den vorgesehenen Zweck/Funktion tatsächlich erfüllen, sie ohne rechtliche Verpflichtung durchgeführt, keine öffentlichen Fördermittel genutzt wurden und eine Dokumentation des Ausgangszustandes der Fläche vorhanden ist. Zudem dürfen sie Programmen und Plänen (§§ 10 und 11) nicht widersprechen; 2 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz 3 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 4 Bundesministerium für Digitales und Verkehr 5 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 4 • (2) Absatz bzgl. Bevorratung von vorgezogenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. § 17 Verfahren; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsordnungen • (1-3) Einordnung der behördlichen Genehmigungsgeber bzgl. Eingriffe; • (4) Der Verursacher des Eingriffs hat zur Beurteilung vor der Genehmigung konkrete Angaben zu Ort, Art, Umfang und zeitlichem Ablauf des Eingriffs sowie die geplanten Maßnahmen zum Ausgleich etc. inkl. Angaben zur tatsächlichen und rechtlichen Verfügbarkeit der Ausgleichsflächen anzugeben. Die zuständige Behörde kann eine Sicherheit einfordern (finanziell), um sicherzustellen, dass der Verursacher auch seine Verpflichtung nach § 15 erfüllen und umsetzen kann; • (6) Sämtliche Maßnahmen und hierfür genutzte Flächen werden in einem Kompensationsverzeichnis dokumentiert; • (9) Beendigung oder längere (>1 Jahr) Unterbrechungen des Eingriffs sind der zuständigen Behörde mitzuteilen. Die Behörde kann in dem Fall festsetzen, bis wann die Kompensation (anteilig) zu erfüllen ist; • (11) Die Landesregierung ist ermächtigt, das Verfahren genauer zu regeln und zu bestimmen (inkl. des Kompensationsverzeichnisses, welches in § 11 festgesetzt ist) und kann die Ermächtigung auf andere Landesbehörden übertragen. § 18 Verhältnis zum Baurecht • (1-3) Es wird erläutert, in welchen Fällen § des Baugesetzbuches greifen und in welchen §§ 14-17 des BNatSchG. 3.2 Ökokonto § 16 BNatSchG eröffnet die Möglichkeit, Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zeitlich vor zu erwartenden Eingriffen vorzubereiten und durchzuführen (sog. vorgezogene Kompensationsmaßnahmen) und benennt als mögliches Mittel zu deren Bevorratung das Ökokonto. Konkret heißt dies, dass zu jedem beliebigen Zeitpunkt Maßnahmen für den Naturschutz und die Landschaftspflege von diversen Akteur:innen geplant und durchgeführt werden können, welche je nach Umfang und Biotopwert in Ökopunkte umgerechnet werden. Das Bewertungsverfahren hierzu ist – sofern vorhanden – jeweils in der Ökokontoverordnung des Landes festgelegt (ÖKVO) bzw. in einer Kompensationsverordnung, die Ökokonten mitbehandelt6. Ein potenzieller Vorteil ergibt sich durch die Bündelung von naturschutzrechtlich und landschaftspflegerisch sinnvollen Maßnahmen auf dafür geeigneten Flächen (z.B. großräumiger und/oder zusammenhängend) durchgeführt von Fachpersonal7 und einem entsprechenden Finanzierungssystem. Das Prinzip des Ökokontos erleichtert vor allem auch die meist herausfordernde Suche nach Ausgleichsflächen, die zusätzlich zur Fläche für das eigentliche Projekt gefunden werden müssen (vgl. Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen). 6 Eine Übersicht der je Bundesland vorliegenden ÖKVO oder ggf. Kompensationsverordnungen, die für Ökokontobelange genutzt werden, befindet sich im Anhang. 7 Die Durchführung durch Fachpersonal ist nicht Vorgabe, das Potenzial besteht aber durch die Übertragung auf spezialisierte Agenturen und Stiftungen für solche Vorhaben. 5 3.2.1 Unterscheidung zwischen Ökokonto nach BauGB und BNatSchG An dieser Stelle wird noch einmal hervorgehoben, dass zwischen dem bauplanungsrechtlichen und dem naturschutzrechtlichen Ökokonto unterschieden wird. Ersteres findet seine Rechtsgrundlage in § 135a Abs. 2 S. 2 Baugesetzbuch (BauGB) und wird von den für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinden zur Bevorratung von Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von §§ 1a Abs. 3, 200a BauGB im Hinblick auf künftige, bauleitplanbedingte Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne von § 1a Abs. 3 S.1 BauGB i.V.m. § 14 BNatSchG geführt. Demgegenüber wird das auf § 16 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. den LNaturschutzgesetzen und ggf. LVerordnungen basierende naturschutzrechtliche Ökokonto durch die unteren Naturschutzbehörden zur Bevorratung von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen i.S.v. § 15 BNatSchG im Hinblick auf künftige, nicht bauleitplanbedingte Eingriffe im Sinne von § 14 BNatSchG verwaltet. Die maßgebliche Abgrenzungsnorm ist § 18 BNatSchG, wonach die naturschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 14 bis 17 BNatSchG lediglich für Vorhaben im Außenbereich, für Planfeststellungsverfahren sowie für planfeststellungsersetzende Bebauungspläne unmittelbare Anwendung finden. Die Unterschiede zwischen den beiden Ökokonto-Typen sind primär formeller Natur (Rechtsgrundlage, zuständige Behörde, Begrifflichkeit für Kompensation8). In materieller Hinsicht decken sich die beiden Konten indes schon deshalb weitestgehend, weil beide der Kompensation von unvermeidbaren Eingriffen in Natur und Landschaft dienen. Ob ein zu kompensierender Eingriff in diesem Sinne vorliegt, ist in beiden Fällen nach § 14 BNatSchG zu beurteilen. Gemeinsam haben beide Ökokonto-Typen außerdem, dass es sich bei den dort verbuchten Kompensationsmaßnahmen jeweils um Maßnahmen handelt, die künftige Eingriffe kompensieren sollen. Aufgrund dieser materiellen Gemeinsamkeiten ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, Maßnahmen, die auf einem naturschutzrechtlichen Ökokonto verbucht worden sind, zur Kompensation von Eingriffen nach § 1 a Abs. 3 BauGB heranzuziehen9 (die nach originärer Zielsetzung über ein baurechtliches Ökokonto zu kompensieren wären) und umgekehrt. Die Kompensation von Eingriffen durch solare Freiflächenanlagen richtet sich im Außenbereich wie oben dargelegt nach den §§ 13 bis 17 BNatSchG, sodass der Leitfaden im Folgenden vor allem das diesem Zweck dienende naturschutzrechtliche Ökokonto in den Blick nimmt. 3.2.2 Ausgestaltung von naturschutzrechtlichen Ökokonten Während die Bedingungen für die Anerkennung von Ökokonto-Maßnahmen bundeseinheitlich in § 16 Abs. 1 BNatSchG normiert werden, erfolgen sämtliche Konkretisierungen auf Bundeslandebene (§16 Abs. 2 BNatSchG „richtet sich nach Landesrecht“) – meist in Form von sogenannten Ökokonto-Verordnungen (ÖKVO) oder Kompensationsverordnungen, die die Bevorratung von Ausgleichsflächen mitbehandeln. Die dadurch vorhandenen Unterschiede hinsichtlich der näheren Ausgestaltung von Ökokonten zwischen den Bundesländern stellen Akteur:innen vor Herausforderungen, sobald Bundesländergrenzen überschritten werden. Wesentliche Unterschiede bestehen dabei z.B. in den Vorgaben zu Quantität und Qualität von als Ökokontomaßnahmen zugelassenen Maßnahmen, der Zuständigkeit für Zulassungen, dem Umgang mit Ökokontoagenturen, und der Bilanzierungsmethodik 8 Während das Naturschutzrecht (in § 15 Abs. 2 BNatSchG) zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen differenziert, bedarf es dieser Unterscheidung bei der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung nicht, da § 1 a Abs. 3 BauGB einheitlich von „Ausgleich“ spricht und § 200 a Satz 1 BauGB klarstellt, dass Ausgleichsmaßnahmen auch Ersatzmaßnahmen umfassen. Seitdem das BNatSchG den hiernach bis 2010 geltenden Vorrang von Ausgleichs- vor Ersatzmaßnahmen beseitigte, läuft es mit dem BauGB faktisch parallel. 9 Vgl.: VGH Mannheim, Urt. v. 21.4.2015 – 3 S 748/13, NuR 2015, 647 = juris Rn. 71 ff. 6 hinsichtlich Ökopunkten (vgl. Internationales Institut für Wald und Holz NRW, 2010). Auch die Gutschrift und Stilllegung von Ökopunkten folgt unterschiedlichen Ansätzen und Systemen je Bundesland. Im Anhang werden die vorhandenen ÖKVO der Bundesländer aufgeführt bzw. die gesetzlichen Grundlagen für Ökokonten. Ein zu betrachtender Aspekt ist außerdem die Verantwortlichkeit für die Umsetzung der auf dem Ökokonto verbuchten Kompensationsmaßnahme. Nach dem im Umweltrecht geltenden Verursacherprinzip liegt die Verantwortlichkeit für Kompensationsmaßnahmen grundsätzlich beim Verursacher eines Eingriffs (vgl. § 15 BNatSchG), d.h. bei demjenigen, dem der Eingriff zuzurechnen ist. Bei Eingriffen durch solare Freiflächenanlagen wäre dies der Auftraggeber des ausführenden Bauunternehmens. Je nach Aufstellung des Unternehmens liegt hier allerdings nicht die Kompetenz und es ist gängig für die Umsetzung Institutionen, die auf die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen spezialisiert sind, wie z.B. Flächenagenturen (sog. Maßnahmenträger) zu beauftragen. Auch bei den – einem Eingriff grundsätzlich zeitlich vorausgehenden – Ökokontomaßnahmen liegt die Umsetzungs- und Pflegepflicht erst mal ebenfalls bei dem Verursacher des Eingriffs. Durch Zusatzverordnungen wird dies aber teils in Bundesländern differenzierter geregelt, z.B. in Schleswig-Holstein durch die AgentAnerkVO10. Auch kann teils, je nach Vertragslage, die Pflegepflicht auf den Ökokontoführer übertragen werden, wobei die hierfür entstehenden Kosten in den Verkaufspreis der Ökopunkte mit eingerechnet werden (vgl. Flächenagentur Baden-Württemberg GmbH). Zu den Vorfinanzierenden der Ökokonto-Maßnahmen zählen Kommunen und Agenturen bzw. Stiftungen, aber auch Privatpersonen und Bauunternehmen. Einige Bundesländer haben im Bereich der Ökokonten recht offene Systeme, andere verfügen über umfangreichere Regularien und Vorgaben. So wird beispielsweise in Baden-Württemberg festgesetzt, dass sich entsprechende Maßnahmen in bestimmte Wirkungsbereiche einordnen lassen müssen (ÖKVO §2 Abs.1). Auch Bayern und Schleswig-Holstein sind in der Regulierung und Umsetzung von naturschutzrechtlichen Ökokonten bereits breit aufgestellt. 3.2.3 Vor- und Nachteile Das Konzept Ökokonto birgt einige Vorteile, wird aber in vielen Punkten auch kritisiert. Im ersten Teil wird der naturschutzfachliche Nutzen von Ökokonten aufgeführt. Wie bereits oben angesprochen liegt in diesem Werkzeug das Potenzial, Maßnahmen großflächig zu planen und so den Fokus darauf zu setzen, den besten Nutzen für die Natur zu schaffen. Anderenfalls wird in der Regel nur das minimal notwendige umgesetzt, um einen konkreten Eingriff auszugleichen, was das Potenzial minimiert. Gerade in Deutschland besteht massiver Bedarf, Naturschutzflächen zu vergrößern und besser miteinander zu vernetzen (Walz, Schumacher, & Krüger, 2022). Die Probleme bei kleinen, isolierten Ökosystemen sind vielfältig, je kleiner beispielsweise die Flächen sind, desto größer sind Randeffekte und desto anfälliger sind Biotope dafür, Extremwetterereignissen nicht standzuhalten (Hitze, Dürre, Stürme etc.) (Lovejoy, et al., 1986). Dies ist gerade im Blick auf den anthropogenen Klimawandel, der diese Extreme verstärkt und häufiger macht, ein kritischer Aspekt 10 AgentAnerkVO – Agenturanerkennungsverordnung: Landesverordnung zur Anerkennung von Agenturen zur Durchführung, Unterhaltung und dauerhaften Sicherung von Kompensationsmaßnahmen. 7 (Swain, Singh, Touma, & Diffenbaugh, 2020). Ökokonten können hier eine zentrale Rolle einnehmen, denn Biotope bzw. ganze FFH-Gebiete anzuschließen und zu vernetzen erfordert oft großräumige und teils auch langfristige Planung. Weiterhin lässt sich anführen, dass die Pflege, bezogen auf die Flächengröße, auf einer großen Fläche einfacher und kostengünstiger ist als auf vielen kleinen Flächen und somit Gelder effizienter eingesetzt werden können. Abseits von Naturschutzaspekten bieten Ökokonten aber auch einen gravierenden Vorteil bei der Planung von Bauvorhaben. Gemeint ist hier die Beschleunigung des Planungsprozesses durch die Reduktion des Aufwandes für die Suche nach Kompensationsflächen oder ggf. den kompletten Wegfall der Kompensationsflächensuche (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft). Dies ermöglicht es den Projektierenden, sich auf ihre Projekte zu fokussieren, was besonders bei der Solarthermie die schnelle Dekarbonisierung lokaler Wärmenetze unterstützen kann. Zudem kann es auch verhindern, dass Vorhabens-Ideen daran scheitern, dass keine bzw. nicht ausreichend geeignete Kompensationsflächen gefunden werden können bzw. es werden das Risiko und der Aufwand vermieden, nicht nur für den Bau der Anlage Flächen zu finden, sondern zusätzlich auch zur Kompensation. Dieser Vorteil ist besonders bei der Umsetzung von Solarthermie in der Freifläche nützlich, da bereits die Flächensuche für die Projektfläche auf Grund der besonderen Anforderungen (u.a. Nähe zu Wärmenetzen) viel Zeit und Ressourcen benötigt. Auf der anderen Seite gibt es, wie bereits erwähnt, auch einige kritische Punkte am Ökokontokonzept. Ein Kritikpunkt ist, dass Ökokonten Anreize schaffen, Eingriffe zu fördern, welche Ausgleichsmaßnahmen erfordern. Dies würde dem Grundsatz der Eingriffsregelung entgegenstehen, dessen Devise es ist, erhebliche Beeinträchtigungen durch Eingriffe stets zu vermeiden. Diese Gefahr wird explizit dann gesehen, wenn Finanzierende/Investierende der Maßnahmen auch gleichzeitig Einfluss auf die Bauplanung haben. Eine angepasste Bepreisung der Ökokonten kann diesen Entwicklungen, die nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Eingriffsregelung stehen, entgegenwirken. Es sollte finanziell nicht attraktiver sein, auszugleichen, anstatt Beeinträchtigungen durch einen Eingriff zu vermeiden. Zudem teilen sich die verschiedenen Rollen bei naturschutzrechtlichen Ökokonten auf unterschiedliche Instanzen und Personen auf. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass ökologisch notwendige Eingriffe nicht durchgeführt werden, wenn diese nicht als Ökokontomaßnahmen angerechnet werden können. In der Praxis sollte dies aber eher die Ausnahme bilden, da einerseits Ökokontomaßnahmen generell breit aufgestellt sind und einen Großteil ökologischer Eingriffe in Ökopunkte umwandeln lassen und andererseits bei einer solchen Notwendigkeit auch das Bundesnaturschutzgesetz greift. Zusätzlich zu diesen übergeordneten Kritikpunkten gibt es auch konkrete Kritik an der Praxis zu den Ökokonten. Diese Kritik bezieht sich in einigen Fällen auf konkrete Durchführungsbeispiele von bauplanungsrechtlichen Ökokontomaßnahmen. Im Folgenden werden, mit Verweis auf die materiellen Gemeinsamkeiten beider Typen (siehe Kapitel 3.2.1), Kritikpunkte beider Ökokonto-Typen zusammengefasst. In der Vergangenheit ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Systematik der Ökopunkte nicht in jedem Fall allen Einzelaspekten ausreichend Sorge tragen kann. Bei Rabenschlag et al. (2019)11 wird beispielsweise von dem Ziel „möglichst viele anrechenbare Ökopunkte auf möglichst wenig Fläche zu generieren“ gesprochen. Ein konkretes Beispiel bietet hier der Bau des Amazon-Logistikzentrums in 11 Diese Studie führt eine Evaluation der Umsetzung baurechtlicher Ausgleichsmaßnahmen durch. 8 Mönchengladbach, bei dem mehr als die Hälfte der benötigten Ökopunkte für die Umwandlung einer Fläche zu einem Auwald von der Größe von 8 500 m2 genutzt wurde. Dies entspricht lediglich 6,5 % der Bauvorhabens-Fläche (Müller, 2019). Diese Flächenverhältnisse kommen dadurch zustande, dass die Regelungen die Gesamtwertigkeit der betreffenden Fläche bewerten und somit Flächengrößen nicht prioritär betrachtet werden. Dies befeuert unter anderem das Problem der Flächenverknappung durch Versiegelung, da mehr Fläche ver- als entsiegelt bzw. vor Versiegelung geschützt wird. In der Realität ist der Zusammenhang zwischen Eingriff und Kompensation nicht immer gegeben, obwohl dies – zumindest in einigen Bundesländern – vorgeschrieben ist (Bethge, 2004). Die räumliche Nähe zwischen Eingriff und Ausgleichsmaßnahme ist nicht unbedingt gegeben und das Ziel, die durch den Eingriff entstandene Beeinträchtigung auszugleichen, indem der Beeinträchtigungsaspekt in der Maßnahme im Vordergrund steht, findet in der Praxis nicht überall statt. Ein gutes Beispiel hierfür sind Grünbrücken zur Querung von Straßen und Autobahnen (vgl. BUND Regionalverbung Südlicher Oberrhein). Diese sollten sinnvollerweise bereits bei der Planung von Straßen mitgedacht, gebaut und finanziert werden (ganz im Sinne, die Beeinträchtigung eines Eingriffs so gut es geht direkt zu minimieren) und nicht nachträglich als Ökopunkte an komplett themenfremde Eingriffe verdingt werden, die mit dieser Maßnahme auch kaum eine angemessene Flächenkompensation erbringen können. Bei konventionellen Ausgleichsmaßnahmen beeinflusst die Größe der Eingriffsfläche den Kompensationsumfang. Schlussendlich sind diverse Kritikpunkte an der aktuellen Durchführung von Ökokonten auf ein Kontroll-/Überwachungsdefizit von übergeordneter Stelle zurückzuführen – wobei zu beachten ist, dass naturschutzrechtliche Ökokontomaßnahmen in der aktuellen Literatur weniger in der Kritik stehen als bauplanungsrechtliche. Die Studie von Rabenschlag et al. (2019) zeigt zumindest für bauplanungsrechtliche Ökokontomaßnahmen eine insgesamt etwas bessere Zielerreichung als durch konventionelle, baurechtliche Ausgleichsmaßnahmen. In diesem Sinne ist auch der positive Nutzen von naturschutzrechtlichen Ökokonten nicht zu vernachlässigen. 3.3 Literatur zu Kompensation und ökologischer Gestaltung von Solaranlagen Diverse Bundesländer/Verbände haben bereits Infoblätter bzw. Leitfäden in Bezug auf die ökologische Gestaltung von PV-FFA veröffentlicht. Beispielhaft lässt sich hier folgende Literatur nennen: • „Der naturverträgliche Ausbau der Photovoltaik. Nutzung von Solarenergie in urbanen und ländlichen Räumen, auf Dächern und in der Fläche“ Verfasser/Herausgeber: NABU Inhalt: Umweltfreundlicher Ausbau von PV-FFA inkl. Standortwahlorientierung; PV-Dachanlagen; Integrierte Formen der Landnutzung mit Photovoltaik; Netzanbindung; Solarenergie in Kombination mit Dach- und Fassadenbegrünung; Solarthermie • „Freiflächensolaranlagen – Handlungsleitfaden“ Verfasser/Herausgeber: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg Inhalt: Leitfaden zum Ausbau von Photovoltaik- und Solarthermie-Freiflächenanlagen inkl. ökologischer Aspekte bei Planung und Bau. • „Praxis-Leitfaden für die ökologische Gestaltung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen“ Kapitel: 2.4 Umweltprüfung und Eingriffsregelungen Verfasser/Herausgeber: Bayerisches Landesamt für Umwelt 9 Inhalt: Umfangreicher Leitfaden für die ökologische Gestaltung von PV-FFA inkl. gesetzlichen Rahmenbedingungen wie z.B. Umweltprüfung und Eingriffsregelung; Orientierung für die richtige Standortwahl, sowie ökologische Leitlinien für den Bau, Betrieb und Rückbau; diverse Planungshinweise in Hinsicht auf ökologische Kriterien • „Solarparks – Chancen für die Biodiversität. Erfahrungsbericht zur biologischen Vielfalt in und um Photovoltaik-Freiflächenanlagen.“ Verfasser/Herausgeber: Renews Spezial. Ausgabe 45 / Dezember 2010 Inhalt: Naturschutzfachliche Bedeutung von Solarparks inkl. Studienlage; Naturschutzfachliche Maßnahmen in Form von konkreten Anwendungsbeispielen aus bereits umgesetzten Projekten Konkrete verschriftlichte Leitfäden bzw. Umsetzungshilfen für Kompensationen sind hingegen rar und es wird größtenteils auf die Eingriffsregelung verwiesen (§§ 13 - 18 des BNatSchG). Leitfäden zur Einrichtung von Ökokonten sind ebenfalls von diversen Herausgebern vorhanden, größtenteils aber schon etwas älter. Bei den Leitfäden fällt auf, dass diese häufig Bundesländer-spezifisch sind. Beispiele hierfür sind: • “Eingriffsregelung Merkblatt 3. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in der Bauleitplanung und das “Ökokonto”.” Verfasser/Herausgeber: Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg Fachdienst Naturschutz • “Handlungsempfehlungen für ein Ökokonto. Ein Vorsorgeinstrument für die Eingriffsregelung in der Bauleitplanung.” Verfasser/Herausgeber: Bayrischer Gemeindetag • “Leitfaden: Nachhaltigkeit Stiften! Hintergrundinformationen, Erfahrungen und Empfehlungen zum “Stiftungsmodell mit Kompensationsflächenpool” für private und kommunale Grundbesitzer.” Verfasser/Herausgeber: Internationales Institut für Wald und Holz NRW 4 HANDLUNGSBEREICH: KOMPENSATION INNERHALB SOLAR-FFA ERMÖGLICHEN Die vollständige Kompensation von Solar-FFA sollte unter bestimmten Bedingungen direkt auf der Fläche ermöglicht werden. Hier gilt es gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, Komplettkompensation auf der Solar-FFA in Kombination mit einer entsprechenden ökologischen Gestaltung durchzuführen. Aktuell ist die Teilkompensation innerhalb der Solar-FFA bereits möglich. Diesen Spielraum gilt es auszuweiten, und so der Flächenknappheit entgegenzuwirken sowie der naturschutzfachlichen Wirkung der Anlagen gerecht zu werden. 4.1 Hintergrund Eine 100% Aufhebung der Kompensation (auf externen Flächen) ist zurzeit noch nicht möglich. Je nach Land und Verordnung variiert der Kompensationsfaktor. Im Bundesland Schleswig-Holstein liegt der Kompensationsfaktor beispielsweise bei 1:0,25 und durch eine optimierte ökologische Gestaltung kann der Faktor in Bezug auf naturschutzfachliche Anforderungen auf 1:0,1 abgesenkt werden (vgl. Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung und Ministerium für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, 2021). Es empfehlen 10 bereits ein Großteil der Bundesländer, dass so weit wie möglich innerhalb der Flächen kompensiert werden soll. Der Hauptaspekt dieser Empfehlung liegt darin, das Problem der Flächenknappheit weiter aufzulösen. Solarthermie-FFA bieten viele Möglichkeiten (ökologisch) fachgerecht gestaltet zu werden (siehe diverse Leitfäden), vor allem im Vergleich zu anderen Bauvorhaben. Die aktuellen Regelungen zur Teilkompensation innerhalb der Fläche zeigen dieses Potenzial bereits auf. Zudem fördert diese Vorgehensweise, dass bauliche Eingriffe das Ziel haben sollten, so weit wie möglich naturverträglich und somit nachhaltig zu sein, anstatt ausgleichen zu müssen. So wird es auch im Kern der Eingriffsregelung aufgeführt: „Erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind vom Verursacher vorrangig zu vermeiden.“, § 13 BNatSchG. Eine Komplettkompensation innerhalb der Solar-FFA bedeutet auch eine Beschleunigung des Bauvorhabens durch den Wegfall der zusätzlichen Flächensuche im Rahmen des Ausgleichs. 4.2 Ausgestaltung Voraussetzung für die Komplettkompensation innerhalb der Solar-FFA ist die ökologische und naturverträgliche Ausgestaltung. Die Differenz des ökologischen Beitrags der Fläche (ökologischer Beitrag der Fläche vor und nach den umgesetzten Maßnahmen), sollte bei der Beurteilung ebenfalls entsprechend einbezogen werden. Handelt es sich z.B. um eine Fläche, welche zuvor als Acker genutzt wurde, sind aufgrund der Vorbelastung weniger Konflikte aus der naturschutzfachlichen Richtung zu erwarten. Landschaftsbildliche Aspekte fallen nach der aktuellen Regelung womöglich dennoch an, können durch die teils obligatorische Eingrünung (bundesländerabhängig) aber je nach Einzelfall relativ leicht adressiert und somit ebenfalls innerhalb der Solar-FFA erfüllt werden. Vor allem Solar-FFA, die zur Flächenentsiegelung führen, sollten bei entsprechender ökologischer Ausgestaltung die Möglichkeit haben, ohne externe Kompensation umgesetzt zu werden. Auch die gesetzliche Verankerung von universell sinnvollen, ökologischen Maßnahmen sollte in Betracht gezogen werden. Bei Ackerflächen besteht bereits die Vorschrift12, diese bei der Installation von PV-FFA in Grünlandflächen umzubauen. Nach diesem Vorbild können weitere ökologisch gestalterische Maßnahmen für die Solar-FFA gesetzlich vorgeschrieben werden, die somit auch generell den Kompensationsbedarf reduzieren, da die Beeinträchtigung durch den Eingriff minimiert wird. Eingriffe innerhalb der Solar-FFA Planung mit generellem Kompensationsbedarf Um sich der Möglichkeit zu nähern, die Vollkompensation innerhalb der Eingriffsfläche durchzuführen, ist es zielführend darzustellen, welche Eingriffe innerhalb der Solar-FFA Realisierung häufig zu Ausgleichsbedarfen führen. Die “Naturschutzfachlichen Bewertungsmethoden von Freilandphotovoltaikanlagen” BfN – Skripten 247 beinhaltet hierzu sehr ausführliche Abschnitte (Herden, Rassmus, & Gharadjedaghi, 2009). Ein Teil dieser wird im Folgenden aufgelistet: • Änderung des Landschaftsbildes durch die Errichtung von Baukörpern → visuelle Wirkung und somit Beeinträchtigung des Landschaftsbildes • Versiegelung von Flächen • Überdeckung der Bodenoberfläche durch Module, wenn diese sehr nah am Boden aufgestellt sind, z. B. Verschattung, ggf. Austrocknung der Oberfläche, Erosion durch ablaufendes Wasser 12 Nach § 33 Abs. 3 EEG besteht nur ein Vergütungsanspruch für den erzeugten Strom auf Ackerlandflächen, wenn diese in Grünland umgewandelt werden. 11 • Baubedingte, nicht stoffliche Emissionen → Emission von Fahrzeugen, Staubemissionen (temporär, evtl. zu vernachlässigen) • Bodenverdichtung, Veränderung abiotischer Faktoren • Barrieren: Zerstückelung der Landschaft und von Wegenetzen • Vorhabensbedingte Pflege z. B durch Mahd, Beweidung --> führt ggf. zu Änderung des Biotops bzw. Veränderung struktureller Paramater innerhalb des Ökosystems (Landnutzungsänderung) • Von den Modulen (teils auch den Konstruktionselementen) ausgehende Emissionen (Lichtreflexe, Spiegelungen) • Vorkommen von seltenen/gefährdeten Arten (Tiere und Pflanzen). Dies betrifft womöglich auch versiegelte Flächen, da der Begriff relativ weit gefasst ist und auch Schotterflure einschließt, welche teils ökologisch wertvolle Lebensräume bilden Es sollte immer beachtet werden, dass Beeinträchtigungen sehr vorhabens- und standortspezifisch sind. So spielen bzgl. des Vorhabens beispielsweise die Effizienz beim Bau sowie die Material- und Systemwahl eine entscheidende Rolle. Standortspezifische Faktoren, die den Kompensationsbedarf direkt beeinflussen, sind die naturräumliche Lage, das Relief der Landschaft, Qualität und Art der angrenzenden Lebensräume sowie das lokale Arteninventar. Weiterhin sind die Vornutzung und Ausprägung des Lebensraumes sowie das geplante Flächenmanagement wichtige Faktoren. Ökologische Ausgestaltungen mit Kompensationswirkung In dem Papier des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung und des Ministeriums für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein „Grundsätze zur Planung von großflächigen Solar-Freiflächenanlagen im Außenbereich. Gemeinsamer Beratungserlass des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung und des Ministeriums für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung.“ wird aufgeführt, welche Maßnahmen zu der Reduzierung von Kompensation führen können (Punkt „D. Planungsempfehlungen zur Ausgestaltung der Anlagen“, ab Seite 12). Aufgeführt wird hier beispielsweise • eine kompakte Anordnung (großräumige Zäsur-Wirkungen werden vermieden), • eine maximale Größe von ca. 20 ha, • Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von § 13 BNatSchG, Gestaltung von Habitat-Strukturen zur Steigerung von Artenvielfalt, • die naturnahe Gestaltung in den Modulreihenzwischenräumen, • Umpflanzung fürs Landschaftsbild. o Obligatorische Eingrünungsmaßnahmen um Anlagen aufgrund des Landschaftsbildes können ggf. auch als Kompensationsmaßnahme in Bezug auf Eingriffe in den Naturhaushalt gezählt werden. • Aktive Kompensationsmaßnahmen auf der Fläche, wie z.B. o Kleingewässer bzw. Feuchtbiotope lassen sich sinnvoll als Ausgleich für eventuelle Austrocknung durch die Module zur Bodennähe einsetzen. o Gehölze, deren Pflanzung als Maßnahme für das Landschaftsbild durchgeführt wird, können ggf. auch als Kompensation im naturschutzfachlichen Kontext gesehen werden, wenn diese hierfür ebenfalls einen Mehrwert bringen. Die Doppelzählung einer Maßnahme ist hier also möglich. Weitere Punkte, die diskutiert werden sollten, um eine Vollkompensation auf der Eingriffsfläche zu ermöglichen, sind: 12 • Weitestgehende Vermeidung von Versiegelung → aktuell ist es bei Solar-FFA möglich, die Flächenversiegelung auf weit unter 5% zu beschränken. o Zu beachten gilt hier der zuvor aufgeführte Verweis, dass auch teils versiegelte Flächen einen ökologischen Mehrwert haben können, da dies Schotterflure miteinschließt, welche gefährdete Arten beherbergen können. • Inwiefern die Kompensation des Landschafsbildes vermieden werden kann, bzw. ob die Eingrünungsmaßnahmen innerhalb der Solar-FFA diesen Punkt ausreichend abdecken und somit externe Kompensation hierzu vermieden werden kann. • Ob Kompensationsbedarfe, die auf den temporären Bau beschränkt sind, ausgeklammert werden können, sofern das Vorhaben möglichst effizient geplant ist und Beeinträchtigungen zu 100% reversibel sind. 4.3 Verantwortungsbereiche Nationale Ebene Seitens nationaler Gesetzgebung ist es zielführend, wenn eine Klarstellung innerhalb der Bundesregelung erfolgt, damit nicht jedes Bundesland im Alleingang handeln muss und eine klare Ausrichtung aufgezeigt wird. Landesbehörde Auf Landesebene sollte die Prüfung und Anpassung der entsprechenden Verordnung erfolgen. In diesem Rahmen sollte ebenfalls dargelegt werden, unter welchen Bedingungen eine Vollkompensation innerhalb der Fläche möglich ist. Kommune Für Kommunen gestaltet sich die Durchführung einer Flächenanalyse als sinnvoll. In diesem Rahmen kann geprüft werden, welche Flächen sich für Solarthermie-Freiflächenanlagen eignen (siehe hierfür z.B. Günnewig, Johannwerner, Metzger, Kelm, & Wegner, 2022) und gleichzeitig die Möglichkeit bieten, diese Anlagen ökologisch auszugestalten. Hierdurch kann eine Priorisierung erfolgen, die dem „First come, first serve“-Prinzip entgegenwirkt. Dieses Vorgehen stellt ein proaktives, solares Flächenmanagement seitens der Kommune dar. 5 HANDLUNGSBEREICH: FESTSETZUNG UMSETZUNGSRAHMEN Um die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen zeit- und ressourceneffizient zu gestalten und gleichzeitig einen höheren naturschutzfachlichen Nutzen zu erzielen ist es wichtig, eine konkrete Herangehensweise aufzuzeigen und im gleichen Zuge Vorgänge und Regelungen zu evaluieren und auszubessern. Dies umfasst konkret die Vereinheitlichung der Bestimmung bzw. der Berechnungsmethode des Kompensationsumfangs, einen Leitfaden bzw. Verweise an Stellen/Agenturen, die durch die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen führen können, oder diese idealerweise übernehmen, um ihre Qualität sicherzustellen, sowie abschließend die Etablierung eines einheitlichen und zielführenden Monitoringsystems. 5.1 Hintergrund 13 Es wird bemängelt, dass Ausgleichsmaßnahmen nicht zu einem tatsächlichen Ausgleich führen bzw. deren Qualität mangelhaft ist (NDR, 2022). Die gesetzliche Vorgabe, naturschutzfachlichen Ausgleich zu schaffen, ist keineswegs zielführend, wenn dieser nur auf dem Papier passiert, aber schlussendlich nicht umgesetzt wird. Es ist nicht flächeneffizient, wenn Flächen für Kompensationsmaßnahmen markiert und für weitere Nutzungsformen blockiert werden, aber teils keinen naturschutzfachlichen Nutzen haben bzw. jahrelange Verzögerungen der Umsetzung folgen. Mögliche Gründe für diese Problematik umfassen u.a. fehlendes Fachwissen sowie fehlende Priorisierung seitens des Vorhabensträgers (welcher schlussendlich die Verantwortung für die Kompensation trägt) sowie das Fehlen eines Monitoringsystems, welches abseits von behördlichen Kontrollen existiert. Letzteres ist vielerorts durch Fachpersonal- und Ressourcenmangel nicht konsequent durchführbar, zum Teil liegt ihnen aber auch kein konkretes System zugrunde oder die Vorgaben variieren abhängig von der zuständigen Behörde. Ferner ist es nicht nachvollziehbar, warum die gleiche Beeinträchtigung durch einen Eingriff in unterschiedlichen Bundesländern zu unterschiedlichen Kompensationsumfängen führt, wie es derzeit der Fall ist (Internationales Institut für Wald und Holz NRW, 2010). Der Kompensationsumfang sollte gut begründet sein und bedarf aufgrund der gleichen Wirkweise in den Bundesländern keiner unterschiedlichen Bewertungsmethodik. Im Rahmen der „Anpassung der Flächenkulisse für PV-Freiflächenanalagen im EEG vor dem Hintergrund erhöhter Zubauziele“ (Günnewig, Johannwerner, Metzger, Kelm, & Wegner, 2022), welches im Auftrag des UBA verfasst wurde, wird sich ebenfalls für Schritte Richtung Vereinheitlichung ausgesprochen. Hier wird ausgeführt: “Die Aufnahme von Kriterien zur naturverträglichen Gestaltung im EEG würde den gegebenen Abstraktionsgrad der Bestimmungen deutlich reduzieren. Eine daran gebundene Verpflichtung der Standortkommune müsste flankiert werden über die zuständigen Naturschutzbehörden. Am Ende wäre die Umsetzung durch das stromabnehmende Energieunternehmen zu prüfen. Vorzuziehen wäre stattdessen, das naturschutzrechtliche Instrumentarium der Eingriffsregelung im Hinblick auf eine einheitlichere Verfahrensweise z. B. bzgl. des Umgangs mit Kompensationsleistungen zu adressieren. Damit hätte man sowohl das EEG-Regime als auch die PPA-Anlagen gleichermaßen im Blick.“ Mit Blick auf die Solarthermie scheint es sinnvoll, dem Ansatz des UBA zu folgen. Flächenkonzepte für FFA zur Nutzung solarer Energie sollten nicht über die Vermarkungskonzepte (EEG) gesteuert werden, sondern im Rahmen von Regelungen, die sich auf die bauliche Art und Auswirkung der Anlage beziehen – wie es im Rahmen der Eingriffsregelung der Fall ist. 5.2 Ausgestaltung Bestimmung Kompensationsumfang Es gibt bereits mehrere standardisierte Berechnungsmethoden zur Bestimmung von Kompensationsumfängen. Diese gilt es zu evaluieren und entweder a) eine Methode zu priorisieren und diese aufgrund von Bewährtheit und guter Begründbarkeit als Standard festzulegen, oder b) eine neue Methode als Standard festzulegen, die in Form des Best-Practice Ansatzes auf den bestehenden Methoden beruht. Die 2021 vom BfN veröffentlichte „Entwicklung eines Bewertungsmodells zum Landschaftsbild beim Stromnetzbau“ zeigt auf, wie eine solche Evaluation aussieht und wie eine bundesweit einheitliche Herangehensweise geschaffen werden kann. Bekannte, standardisierte 14 Berechnungsmethoden sind z.B. das Osnabrücker Modell (Landkreis Osnabrück, 1997), oder das Warendorfer Modell (Kreis Warendorf UNB, 2021). Umsetzung Ausgleichsmaßnahmen Abseits von diversen rechtlichen Bestimmungen zur Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen, sollte auch die Qualität und die Sinnhaftigkeit der Maßnahme im Fokus stehen. So gilt es zu bedenken, welche Beeinträchtigungen mit welcher naturschutz- oder landschaftsfachlichen Folge innerhalb der Solar-FFA anfallen und mit welcher Maßnahme diese sinnvoll ausgeglichen werden kann. Zwei Beispiele solcher Schlussfolgerungen, die innerhalb von Solar-FFA auftreten können, befinden sich in Tabelle 1. Um Sinnhaftigkeit, Qualität und rechtliche Bestimmungen zu erfüllen, bietet sich der Verweis auf einen entsprechenden Leitfaden zu Beginn des Projektes an und/oder der Verweis auf etablierte Maßnahmenträger, die diese Arbeit übernehmen. Bayern beispielsweise hat aktuell einen ausführlichen Handlungsleitfaden Qualitätsmanagement Kompensation (Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU), 2021), der sich um die Umsetzung von Maßnahmen dreht und auch Best-Practice-Beispiele enthält. Zudem sollten sich gängige Probleme bei der Wahl von Kompensationsflächen bzw. -maßnahmen bewusst gemacht werden, um diese proaktiv zu adressieren und Lösungswege aufzuzeigen. Beispiele für solche Probleme sind (Herden, Rassmus, & Gharadjedaghi, 2009): • Zu geringe Flächengröße für die angestrebte Maßnahme → Lebensgemeinschaften/Ökosystem kann sich nicht vollständig/typisch ausbilden. • Fehlende Habitatkontinuität verstärkt durch zu kurze zeitliche Vertragsbindung (dadurch wird die Habitatkontinuität auch perspektivisch nicht behoben). • Oft fehlen seltene und gefährdete Arten, welche einen direkten Effekt auf den “High Nature Value” haben. • Das Fehlen von Lebensraumverknüpfung bei vielen isolierten Einzelflächen. Beeinträchtigender Eingriff Mögliche Folge Sinnvolle Ausgleichsmaßnahme Module sehr bodennah Beschattung, evtl. Austrocknung Schaffung eines Feuchtbiotops/ Kleingewässers Umzäunung des Gebietes Abhängig von Landschaftsstruktur kann es zu einer Zerschneidung von vernetzten Habitaten kommen Vernetzung von Habitaten durch Korridore mit passenden, dem Lebensraumtyp entsprechenden Vernetzungselementen 15 Tabelle 1: Beispiele für Ausgleichsmaßnahmen entsprechend der Art der Beeinträchtigung im Kontext von Solar-FFA Monitoringsystem Die Studie von Rabenschlag et al. (2019), in deren Rahmen die Evaluierung von baurechtlichen Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt wurde, bietet Orientierungspunkte, wie ein zielführendes Monitoringsystem für Ausgleichsmaßnahmen ausgestaltet werden kann. Diese Studie empfiehlt das Monitoring von Flächen im Zusammenspiel mit einer „engmaschigen Flächenbetreuung in Sinne eines adaptiven Managements“ zu etablieren. Diese Herangehensweise ermöglicht eine frühe und wirkungsvolle Anpassung, sollten sich Maßnahmen nicht wie gewünscht entwickeln. Auch wird in der Studie betont, dass über die rein inhaltliche Erfassung hinaus Kontrollen von Fachpersonal (z.B. Ökolog:innen) notwendig sind und bei entsprechender Zustandsbewertung Sanktionen ausgesprochen werden. Desweiteren spricht sie sich dafür aus, dass diese Daten auf einer Plattform öffentlich zugänglich gemacht werden, so dass auch z.B. durch Verbände nachvollzogen werden kann, ob Ausgleichsverpflichtungen nachgekommen wurde. Die obengenannten Aspekte für ein sinnvolles Monitoringsystem wurden zum Teil ebenfalls von befragten Flächenagenturen aufgeführt. Weiteres Zudem sollte an dieser Stelle hervorgehoben werden, dass der Ansatz der Realkompensation, welcher in Bundesländern wie beispielsweise Schleswig-Holstein durch entsprechende Agenturen bereits gut funktioniert, weiterhin gegenüber dem Ansatz der Ersatzgeldzahlung favorisiert werden sollte. Die Gefahr, die hierbei gesehen wird, ist, dass Ersatzgeldzahlungen nicht für eine umfangreiche Finanzierung gleichwertiger Kompensationsmaßnahmen ausreichen, da hierbei die dauerhafte (> 25 Jahre) Flächensicherung (Grunderwerb) sowie die Kosten für Personal, Verwaltung, und Herstellungs-, Entwicklungs- und Unterhaltungsmaßnahmen für mind. 25 Jahre berücksichtigt werden muss. 5.3 Verantwortungsbereiche Nationale Ebene Es sollte näher geprüft werden, ob eine einheitliche Herangehensweise an die Bestimmung des Kompensationsumfanges auf Basis bundesländerübergreifender Berechnungsmethoden auf nationaler Ebene umsetzbar und sinnvoll ist. Für ein einheitliches Monitoringsystem könnte ein Rahmen in Form von Mindestvoraussetzungen und -anforderungen festgelegt werden, um einen bundesweiten Qualitätsstandard zu garantieren. Beeinträchtigender Eingriff Mögliche Folge Sinnvolle Ausgleichsmaßnahme Module sehr bodennah Beschattung, evtl. Austrocknung Schaffung eines Feuchtbiotops/ Kleingewässers Umzäunung des Gebietes Abhängig von Landschaftsstruktur kann es zu einer Zerschneidung von vernetzten Habitaten kommen Vernetzung von Habitaten durch Korridore mit passenden, dem Lebensraumtyp entsprechenden Vernetzungselementen 16 Landesbehörde Auf Landesebene sollte die Evaluierung und ggf. Ausbesserung von Vorgängen und Regelungen bzgl. der Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen erfolgen. Dies umfasst auch und vor allem die Weiterentwicklung und Umsetzung eines effektiven und zielführenden Monitoringsystems (innerhalb festgelegter nationaler Rahmenbedingungen bzgl. der Ansprüche und des Qualitätsniveaus für ein Monitoringsystem). Aufgrund dieser Prozesse sollte auch die Erstellung bzw. Beauftragung entsprechender Leitfäden erfolgen, die diese Ergebnisse für die praktische Anwendung dokumentieren und zugänglich machen. Kommune Gerade bei der Anleitung der Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen können Kommunen eine zentrale Rolle einnehmen, indem sie von vornherein alle relevanten Informationen und Hinweise bzw. die entsprechenden Verweise transparent sichtbar machen (z.B. auf ihrer Homepage), oder diese Informationen bei Projektanfragen standardmäßig und unabhängig davon, ob dies konkret angefragt wurde, mitliefern um sicherzustellen, dass relevante Aspekte inkl. einer gewissen Qualität von Anfang an mitgedacht werden. In einem solchen Informationspool sollten auch etwaige Besonderheiten der Kommune dargestellt werden. Außerdem, ob es z.B. schon ausgewiesene Kompensationsflächen gibt , oder ob Ökokontomaßnahmen innerhalb der Kommune umgesetzt sind, bei denen der Kauf von Ökopunkten noch möglich ist. Auch die Empfehlung, auf einen etablierten Maßnahmenträger für Ausgleichsmaßnahmen zurückzugreifen, sollten die Kommunen zentral platzieren und dabei auf die entsprechenden, lokalen Institutionen verweisen. Projektierende Die Inanspruchnahme von empfohlenen Leitfäden und Hilfestellungen sowie die enge Zusammenarbeit und der Austausch mit der Kommune helfen bei einer effizienten und qualitativ hochwertigen Umsetzung. Zudem ist die Zusammenarbeit mit entsprechenden Agenturen zu empfehlen, da die Bereitstellung von Realkompensationen in Bundesländern wie z.B. Schleswig-Holstein mit Hilfe von gut aufgestellten Agenturen bereits gut funktioniert. Hierdurch werden sämtliche Aspekte, wie die dauerhafte Flächensicherung, Herstellungs-, Entwicklungs- und Unterhaltungsmaßnahmen sowie Personal- und Verwaltungskosten für mind. 25 Jahre mit abgedeckt. 6 HANDLUNGSBEREICH: FOKUS AUF ÖKOKONTOMAßNAHMEN Die Nutzung des Ökokonto-Konzeptes sollte für Solar-FFA gestärkt werden, bei welchen eine Komplettkompensation innerhalb der Fläche nicht realisierbar ist. Um Synergien zu fördern und Rahmenbedingungen für eine einheitliche Qualität zu schaffen, sollten übergeordnete Instrumente auf Bundesebene näher geprüft werden, welche zu einer Vereinheitlichung bzw. Angleichung der Vorgaben auf Bundeslandebene führen könnten. Diese übergeordneten Ansätze sollten vor allem qualitative Rahmenbedingungen schaffen, während auf Bundeslandebene weiterhin länderspezifische Besonderheiten (z.B. vorhandenen Ökosysteme) berücksichtigt und geregelt werden können. 17 6.1 Hintergrund Wie bereits in 3.2 angeführt, wird an der aktuellen Handhabung von Kompensation laufend Kritik geübt, vor allem bezogen auf die Umsetzung und das Monitoring solcher Maßnahmen (Bronner & Flohr, 2015; Wonneberger, 2021). Es gilt zu schauen, wie die lokalisierten Problematiken angegangen und behoben werden können. Die Vereinheitlichung der ÖKVO kann zur Optimierung der Planungsprozesse führen und für eine gewisse Transparenz sorgen. Zudem besteht derzeit eine stetig wachsende Nachfrage an (naturschutzfachlichen) Ökopunkten, deren Trend keinen Abbruch vermuten lässt13. Auf dieser Grundlage appellieren wir, die Chancen von Ökokontomaßnahmen zu nutzen und bekannte Problematiken proaktiv anzugehen und auszubessern. Ein weiterer Vorteil von Ökokontomaßnahmen ist, dass der durch die Kompensationsflächensuche entstehende Druck genommen wird. Gerade Solar-FFA bieten sich für die Nutzung von Ökopunkten zur Kompensation an, da bestimmte Kritikpunkte an Ökokonten systematisch bereits wegfallen. So trifft hier zum Beispiel die generelle (großräumige) Flächenversiegelung durch Bauvorhaben nicht zu, die normalerweise bei der Nutzung von Ökopunkten nicht genügend berücksichtigt wird. 6.2 Ausgestaltung Die Schwachpunkte innerhalb der aktuell existierenden Systeme14 können durch eine umfangreiche Evaluierung und anschließende Ausbesserung und Neustrukturierung des Ökokontokonzeptes inkl. Einfluss von Best-Practice Erfahrungen aus unterschiedlichen Bundesländern adressiert werden. Diese Evaluierung umfasst ebenfalls eine aktive Befragung und Beteiligung von betroffenen Akteur:innen. Da diese Überarbeitung der bestehenden Konzepte weitverbreitete Problematiken adressieren soll und gleichzeitig Best-Practice Erfahrungen mit einbeziehen kann, sollte sich hierdurch ein Konzept ergeben, das in entsprechend verallgemeinerter Form auf Bundesebene gehoben werden kann und hierdurch wiederum eine klare Rahmenbedingung für alle Bundesländer schafft. Diese ÖKVO sollte unterscheiden zwischen festen Rahmenbedingungen, die zur Garantie eines gewissen Qualitätsniveaus notwendig sind, und Best-Practice-Empfehlungen, die den Freiraum lassen bundeslandspezifische Besonderheiten der vorhandenen Ökosysteme und Strukturen zu berücksichtigen. Der Ansatz der Evaluierung von bestehenden ÖKVO bietet die Grundlage für eine praxisorientierte Anpassung und sollte somit zu einer Verbesserung der Konzepte in vielen Bundesländern führen. Der Fokus sollte auf den bereits lokalisierten Problematiken liegen, namentlich der fehlenden bzw. qualitativ unbefriedigenden Umsetzung und dem Mangel an einem effektiven Monitoringsystem. Abseits davon sollte auch geklärt werden, wie mit dem Erhaltungszeitraum von Ökokontomaßnahmen umgegangen wird. Derzeit haben solche Maßnahmen einen festgelegten (Mindest-)Zeitraum, wie lange diese erhalten bleiben müssen. Gleichzeitig verfallen einmal erworbene Ökopunkte nicht, auch wenn der beeinträchtigende Eingriff erhalten bleibt, während die Ökokontomaßnahme ggf. nicht mehr existiert bzw. zumindest nicht mehr rechtlich verpflichtet ist, bestehen zu bleiben. 13 Aussage im Rahmen dieses Leitfadens befragter Agenturen. 14 Diese Systeme können abseits der ÖKVO auch noch angrenzende Verordnungen und Richtlinien enthalten, die zur Anwendung und Ausgestaltung von Ökokonten und Ökokontomaßnahmen notwendig bzw. strukturgebend sind. Zudem beinhalten diese Systeme auch diverse Akteur:innen, die im Themenkomplex Ökokonten zu verordnen sind und durch eine übergeordnete Ökokontoverordnung betroffen wären. 18 Entscheidend bei der Fokussierung auf Ökokontokonzepte ist, dass Ökokontoflächen in der Flächenplanung von Kommunen bereits Raum erhalten. Zusätzlich zu Flächen im Kommunalbesitz gibt es den Aspekt, dass das Angebot von Ökopunkten durch privat angelegte Ökokontomaßnahmen ergänzt wird. Hierzu führt vor allem der finanzielle Anreiz – vor allem dort, wo z.B. landwirtschaftlich Flächen nicht mehr besonders wirtschaftlich sind. Zudem ist auch bei der Umsetzung von Ökokontomaßnahmen – genau wie bei der Umsetzung von klassischen Ausgleichsmaßnahmen – die Übertragung an etablierte Maßnahmenträger zu empfehlen und anzuvisieren, um ein hohes Maß an Qualität und eine zielführende Umsetzung und Pflege zu garantieren. Die Befragung von Agenturen mit Schwerpunkt bzw. Spezialisierung auf Ökokontomaßnahmen ergab folgende Best-Practice Ansätze: • Die Abwicklung von Ökokontomaßnahmen läuft in Schleswig-Holstein insgesamt gut und bietet so die Grundlage für Best-Practice Empfehlungen. Die ÖKVO ist hier gut etabliert, anerkannt und rechtliche Unklarheiten wurden bereits mithilfe weiterer Erlässe konkretisiert. Ein Beispiel ist die geregelte Einbindung von Ökopunkten in die Bauleitplanung. Zusammen mit der zusätzlichen Vollzugshilfe zu ÖKVO (2017) ermöglicht dies die Realkompensation von vielen, großen Infrastrukturvorhaben. Die hierfür notwendigen hohen Flächenbedarfe lassen sich durch vorausschauende Planung und in Kooperation mit entsprechenden Institutionen (z.B. der Landgesellschaft) lösen. Außerdem ist es in Schleswig-Holstein durch die AgentAnerkVO inzwischen möglich, dass Vorhabensträger die genehmigungsrechtliche Verantwortung für die Kompensation – sprich die Kompensationsverpflichtung – auf eine anerkannte Agentur (nach AgentAnerkVO) übertragen. • Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist die eindeutige Klärung der Dauer der Pflege- und Unterhaltungsverpflichtung. • Auch die Notwendigkeit für speziell geschultes Fachpersonal in den entsprechenden Behörden mit Blick auf die Maßnahmenbewertung, -planung und -umsetzung sollte nicht außer Acht gelassen werden. • Ein weiterer zentraler Aspekt ist der Einbezug der aktuellen Bewirtschaftenden von Ausgleichsflächen mit ihren Fähigkeiten und technischer Ausstattung. Dies beginnt bereits bei der Konzipierung von Ausgleichsmaßnahmen, reicht über die Steuerung und Betreuung, bis hin zum Monitoring. • Die naturschutzrechtlichen Ökokonten konnten auch in Baden-Württemberg das zentrale Problems des Umsetzungsdefizits sowie der stark zeitverzögerten Umsetzung lösen. Die Zinsansprüche, die bei vorgezogenen Maßnahmen vorliegen, führen zu einer zeitnahen Umsetzung nach der Genehmigung der entsprechenden Behörde. • Zudem wurde durch die ÖKVO in Baden-Württemberg ein einheitlicher Rahmen auf Bundeslandebene für die Bewertung bestimmter Schutzgüter geschaffen, der nun auch außerhalb der ÖKVO als Orientierung dient und angewandt wird. • Die wirtschaftliche Attraktivität solcher naturschutzrechtlichen Ökokonten durch eine entsprechende Vergütung ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Dieser finanzielle Anreiz bildet einen effektiven Hebel zur Umsetzung von wichtigen Naturschutzmaßnahmen, vor allem dann, wenn sich die Ökokontomaßnahme wirtschaftlicher stärker rentiert als die vorherige Bewirtschaftungsform. 19 • Generell kann darauf verwiesen werden, dass sich bei der Umsetzung von Ökokontomaßnahmen diverse Parallelen zu Kompensationsmaßnahmen finden lassen, da diese gleichermaßen sorgfältig und fachlich kompetent geplant, gesichert, umgesetzt und langfristig erhalten werden müssen. • Der Bundesverband der Flächenagenturen in Deutschland (BFAD) hat für seine Mitglieder bereits einen Qualitätsstandard für Flächenpools festgelegt. Dieser beinhaltet folgende fünf Kernaspekte: o Naturschutzfachliche Aufwertung o Langfristige Sicherung von Flächen und Maßnahmen o Langfristige Dokumentation des Entwicklungszustandes der Poolflächen o Fachliche Abstimmung und planerische Einbindung o Hohe Qualität der Planungsleistungen Im Gegensatz zu Best-Practice stehen die Hürden und Hemmnisse der aktuellen Ökokontokonzepte, die bestmöglich adressiert werden sollten. Dies umfasst Folgendes: • In Schleswig-Holstein wird darauf hingewiesen, dass die Unteren Naturschutzbehörden die ÖkokontoVO z.T. unterschiedlich auslegen. Dies kann beispielsweise zu Abweichungen bei der Ausgestaltung von Zuschlägen für Arten- und Biotopschutz führen. Eine Vereinheitlichung des Vorgehens in einem Bundesland würde die Planungssicherheit für die Ökokontobetreiber erhöhen. Auch auf die unterschiedlichen Qualitätsstandards der Ökokonten innerhalb eines Bundeslandes wird hingewiesen und, dass eine Vereinheitlichung zusammen mit einem verpflichtenden Monitoring die Voraussetzung ist, um Defizite zu beseitigen. • Es wird darauf hingewiesen, dass Ökokontomaßnahmen als Ersatzmaßnahmen eingestuft werden und hierdurch die funktionale Kompensation nicht immer gewährleistet ist. In Schleswig-Holstein wird dies teils durch weitere Erlässe adressiert. Für Waldökokonten ist beispielsweise durch die Erlasslage konkret festgelegt, für welche Eingriffe diese genutzt werden können. • Im allgemeineren Kontext stellt weiterhin der knappe Flächenmarkt sowie das geringe Angebot an Ankaufflächen Hindernisse für die Umsetzung von Ökokontomaßnahmen dar. • Zudem ist die Bilanzierungsmethodik für das Schutzgut Landschaftsbild (welches die Funktion Erholung d

Anna Laura Ulrichs2024-08-01T14:53:18+02:00Freitag, 1. Dezember, 2023|

Wir brauchen Platz! Solarthermie in der Raumplanung

Infoblatt Nr. 15 www.solare-waermenetze.de Wir brauchen Platz! Solarthermie in der Raumplanung In 2023 wurde die Raumplanung im Rahmen der Novelle des BauGB in Bezug auf Ausbau von Solaranlagen Gegenstand breiter fachlicher Diskussionen. Der Fokus der Debatte lag allerdings auf der Umsetzung von Photovoltaikanlagen. Solarthermieanlagen unterscheiden sich in der räumlichen Wirkung kaum von Photovoltaikanlagen, haben aber auf Grund der Direkterzeugung von Wärme ganz andere räumliche Anforderungen, um eine technisch und wirtschaftlich sinnvolle Umsetzung zu erreichen. Die Nähe zu Wärmenetzen ist essenziell und muss in der Flächenanalyse und den Instrumenten der Raumplanung entsprechend adressiert werden ZIELE DER RAUMPLANUNG Die Raumplanung bildet in Deutschland die Grundlage für alle räumlichen Entwicklungen und fußt auf einem eigens dafür geschaffenen Gesetz – das Raumordnungsgesetz. Diesem Gesetz nach ist der Gesamtraum Deutschlands anhand von Raumordnungsplänen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Schwerpunkte sind dabei unter anderem die Abstimmung unterschiedlicher räumlicher Anforderungen aufeinander, deren Konflikte auszugleichen und Vorsorge für Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen. Das Leitbild dieser Abstimmung bildet eine Planung, die soziale und wirtschaftliche Ansprüche an einen Raum mit den ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt. Neben den unterschiedlichen Interessen wie z.B. Wirtschaftsentwicklung vs. Entwicklung naturnaher Räume sollen somit auch geografische oder demografische Unterschiede zwischen Stadt und Land adressiert und im gesamträumlichen Verhältnis zueinander betrachtet werden. Wie dieses Leitbild in die Planung von solarthermischen Freiflächenanlagen wirkt, wird im Folgenden beschrieben. RAUMPLANUNG Die Raumplanung findet auf den folgenden Ebenen statt, die jeweils eigene ihrem Raumbezug angepasste Detailgrade umfassen: • Länder • Landkreise • Kommunen Auf Ebene der Länder werden Landesentwicklungsprogramme (LEP) oder auch Landesraumentwicklungsprogramme entwickelt. Ziel ist es, auf dieser Ebene unterschiedliche Nutzungen des Raums, wie u. a. Tourismus, Infrastruktur, Landwirtschaft und Energieerzeugung, mitei- Solare Freiflächenanlagen werden zunehmend zum Teil der Kulturlandschaft in Deutschland. Unter welchen Rahmenbedingungen deren räumliche Planung abläuft und wo Hemmnisse und Lösungen für den beschleunigten Ausbau der Solarthermie liegen, wird in diesem Infoblatt näher beleuchtet. Wir brauchen Platz! Solarthermie in der Raumplanung Foto: Guido Broeer nander in Einklang zu bringen. Nach Raumordnungsgesetz ist dabei den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen Rechnung zu tragen. Wie genau dieses Erfordernis umgesetzt wird, kann durchaus unterschiedlich ausfallen. Die Ausformulierung findet meist im Rahmen von Grundsätzen und Zielen der Raumplanung statt. Ziele der Raumordnung sind verbindliche Vorgaben, die abschließend abgewogen sind und keinen Ermessensspielraum bieten. Sie betreffen die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums . Unter den Grundsätzen der Raumplanung sind die Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen aufgeführt. In der darunter folgenden Ebene konkretisieren die Landkreise die Vorgaben in ihrem Teilraum im Rahmen des Regionalplans und beziehen Regionalitäten ein. Während die Landesplanung meist nur textliche Festsetzungen enthält, werden in der Regionalplanung auch grafische Planungsvorgaben festgehalten, die die Vorgaben des Landesprogramms konkretisieren und differenzieren. Auf dieser Ebene werden unter anderem die Flächen für die Windenergienutzung in Form von Vorranggebieten ausgewiesen. Durch eine entsprechende Festsetzung kann eine Ausschlusswirkung festgelegt werden, die eine Umsetzung von z. B. Windenergie außerhalb dieser Gebiete ausschließt, da die Flächen bereits über die Vorranggebiete ausreichend gesichert wurden. Auf der letzten Ebene folgen der Flächennutzungsplan und der Bebauungsplan, die beide von der Kommune aufgestellt werden. Der Flächennutzungsplan ist für das gesamte Gemeindegebiet gültig und ist als vorbereitender Bauleitplan zu verstehen, der die städtebauliche Entwicklung abbildet. Im Bebauungsplan, auch verbindlicher Bauleitplan genannt, sind die Vorgaben des Flächennutzungsplans zu beachten. Innerhalb des Bebauungsplans wird Baurecht geschaffen und das Vorhaben konkretisiert. Die Gemeinde hat darüber die Möglichkeit, die zugelassenen Nutzungen festzuschreiben. Die Wirkweise der unterschiedlichen Ebene erfolgt kaskadenweise, was bedeutet, dass jeder Bebauungsplan im Aufstellungsverfahren den Vorgaben der Landes- und der Regionalentwicklung entsprechen muss. Das bedeutet: Soll eine Nutzung im Bebauungsplan festgeschrieben werden, die nicht im Flächennutzungsplan schon vorgesehen ist, muss der FNP geändert oder fortgeschrieben werden. Die Rolle der Kommune ist – trotz der Bindung an die übergeordneten Pläne - immens wichtig: Regional- und Flächennutzungspläne sind nämlich nicht grundstücksscharf und haben für Investoren und Projektierende keinerlei rechtliche Wirkung. Insbesondere folgt aus ihnen kein Baurecht für konkrete Grundstücke. Das Planungsrecht für konkrete Grundstücke kommt nur durch einen Bebauungsplan zustande – welcher durch die Kommune aufgestellt wird. Damit liegt die Steuerung der tatsächlichen Flächennutzung bei der Kommune: Sie darf und muss die Flächen für erneuerbare Energien ausweisen. Alternativ zu einem Bebauungsplan kann Baurecht durch Privilegierung im Außenbereich entstehen: Im Rahmen der Privilegierung von Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie nach §35 BauGB im 200m Streifen entlang von Schienenwegen und Darstellung des Bebauungsplans der neuen Freiflächensolarthermieanlage in Leipzig inkl. der Darstellung der Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft in den Randbereichen. Die Anlage ist mit 6,5 Hektar derzeit größte solarthermische Anlage in Deutschland. © seecon Ingenieure GmbH 2c 69 4 72 77c 71a 76b 67 1 77a 144 2 76a 10 13 75 17 170 4 15 169 1a 7 71 76 1 70 3 157 12 3 5 2a 71b 77b 155 156 2 69a 2b 1 74 6 151 150 68 8 72a 2b 11 77 Blaufichtenweg traße Gerhard-Ellrodt-Straße Lausner Weg Miltenberger Straße Aschaffenburger Straße Lausner Weg Gerhard-Ellrodt-Straße 200/b 16 824 201/b 29 750 839 859 3 825 43 239 829 859/a 37 239 206/5 53 239 1 823 1456 204 34 750 838 7 824 206/7 837/29 2 205 822 12 824 54 239 24 750 3 821 750/f 33 837 1 820 33 750 2 861 3 201 6 199 239/64 6 824 49 239 37 750 199/b 39 239 837/27 51 239 883 4 199 1006 28 750 859/b 860 1 825 4 206 70 239 62 239 158 837/28 35 750 26 750 750/g 36 239 36 750 837/31 2 823 2 825 11 824 38 239 7 123 1 822 4 201 2 821 6 206 824 44 34 1 821 31 750 153 3 206 5 824 207 827 3 239/41 205/a 1 205 239/71 32 750 2 826 4 123 2 822 23 750 35 239 2 201 159 1 206 239/40 30 750 52 239 861/a 204/b 1 826 857 65 239 3 123 200/a 25 750 27 750 123.9 123.9 123.9 123.8 123.7 123.4 123.0 122.7 122.7 122.8 122.9 122.6 122.7 122.8 123.1 123.4 123.3 123.2 123.0 122.9 122.6 122.5 122.6 122.6 122.7 122.8 122.7 122.7 122.5 122.5 122.3 122.3 122.5 122.5 122.7 122.5 122.2 122.0 121.9 122.0 122.2 122.1 121.6 121.6 121.9 122.6 122.9 122.9 122.3 121.8 121.5 121.4 121.8 121.6 121.2 121.4 121.5 121.9 122.5 122.8 123.1 123.7 123.5 123.3 122.7 123.1 122.8 122.4 122.1 122.1 122.1 121.87 121.87 121.65 121.84 121.77 123.03 123.09 122.95 122.86 123.87 122.71 122.80 122.90 123.30 123.25 123.13 123.70 D.124.32 D.124.37 D.124.16 D.123.90 D.123.62 D.123.42 394,5 266,5 182,5 178,5 25,0 25,0 5,0 5,0 5,0 5,0 A3 A3 A3 A3 A3 8,0 8,0 8,0 3,0 3,0 3,0 5,0 10,0 10,0 5,0 202,0 78,0 182,0 3,0 3,0 5,0 3,0 1,5 5,5 1,5 3,0 3,0 50,5 33,5 1,0 1,0 3,5 1,0 6,0 6,0 3,5 3,0 3,0 6,5 20,0 20,0 243,5 42,5 50,0 3,0 8,5 8,0 8,5 3,0 r. Ba M1 M4 M3 A5 A6 M6 M2 A7 (a) GH max. 8,00 m A8 (A) M5 Wendehammer für Feuerwehr A2 A1 A2 A1 A1 A1 A1 G1 (Wartungsweg) G2 (Feuerwehrzufahrt) M2 MS MS Ausleitungsstrang MS MS Ausleitungsstrang SO Solarthermie GRZ 0,6 (b) OKKollektormax. 3,5 m UKKollektormind. 0,8 m G3 (Betriebszufahrt) A2 MS A3 A3 A3 A2 A2 A1 A8 (C) A8 (B) A8 (D) A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 G4 GAS MS Ausleitungsstrang M5 M5 M5 MS MS MS 110 kV MS FW 21,0 NS FW M4 M4 P:\4504_B-Plan_Solarthermie_Lausen\01_SuL_B-Plan Solarthermie_Lausen\02_Bearbeitung\3_Zeichnungen\a_AutoCAD\1_BPL\2_Entwurf\4504_BP_PLZ.dwg Bearbeiter: Susanne.kunsch Plotdatum: 2022-04-13 Format: 297x420 Gemeinsam | Zukunft | Planen Spinnereistraße 7, Halle 14 seecon Ingenieure GmbH D - 04179 Leipzig Projekt Planinhalt Bauherr Planer Teil A: Planzeichnung Maßstab 1 : 2.000 Leipzig, 13.04.2022 Bebauungsplan Nr. 459 "Energiestandort Lausen" - Entwurf Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt und Leipziger Stadtwerke GmbH 27.04.2022 Infoblatt Nr. 15 Autobahnen, entfällt die Pflicht zur Aufstellung eines Bebauungsplans. Dies ist nach der Novelle des BauGB in 2023 eindeutig geregelt. Das Vorhaben ist zulässig, wenn keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Fallen solare Anlagen nicht unter den Privilegierungstatbestand, ist in der Regel ein Bebauungsplanverfahren notwendig, da keine öffentlichen Belange beeinträchtigt werden dürfen, was bei widersprechenden Darstellungen im Flächennutzungsplan der Fall ist. BESONDERE ANFORDERUNGEN DER SOLARTHERMIE In der räumlichen Wirkung sind Photovoltaik- und Solarthermieanlagen sehr ähnlich einzuordnen – bei den räumlichen und planerischen Anforderungen ist die Solarthermie jedoch deutlich differenzierter zu betrachten. Da in der Anlage Wärme erzeugt wird, muss diese über Wärmenetze in Richtung der Wärmesenken wie z.B. Wohngebäude verteilt werden. Da die Leitungslängen für den Wärmetransport über ein Wärmeträgermedium auf Grund der Transportverluste und kostenaufwändigen Leitungsverlegung begrenzt sind, sollten solarthermische Anlagen immer möglichst nah an den Wärmsenken gebaut werden. Meist sind dies Wärmenetze in dicht bebauten Wohn- oder Siedlungsgebieten. Durch die Nähe zu Wohn- und Gewerbebereichen steigt allerdings auch der Druck auf die Fläche, da sich diese Bereiche in der Regel auch sehr gut zur Erweiterung der Wohn- oder Gewerbegebiete eignen oder zur Naherholung dienen oder zukünftig dienen sollen. Die räumlichen Vorbelastungen in diesen Bereichen sind meistens nicht so ausgeprägt wie bei den Gunstflächen für Photovoltaikanlagen entlang von Schienenwegen oder Autobahnen. Die Flächenermittlung für solarthermische Anlagen ist daher so früh wie möglich durchzuführen, um unter den genannten Kriterien geeignete Flächen zu sichern und nicht anderweitig zu beplanen. Ein Ansatz, die unterschiedlichen Anforderungen an eine unbeplante Fläche in Siedlungsnähe für die solarthermische Nutzung möglichst miteinander in Einklang zu bringen, bietet die soziale Multicodierung. Ziel des Ansatzes ist es, ein Konzept zu entwickeln, dass neben der solaren Nutzung einen sozialen Mehrwert für die Menschen in den anliegenden urbanen Bereichen schafft. So kann neben dem Solarthermiefeld z.B. ein angrenzender Bürger*innenpark auf dem gleichen Grundstück angelegt werden, um Flächen zur Naherholung zu bieten. Durch den Bau von solaren Nachbarschaftsgewächshäusern kann auch die Fläche direkt unter den Modulen von Anwohner*innen bewirtschaftet und nach individuellen Wünschen gestaltet werden. LANDESERLASSE & LANDESENTWICKLUNGSPLÄNE In einigen Bundesländern gibt es neben den Vorgaben des LEP auch Erlässe seitens der Landesplanungsbehörden, die geltenden Vorgaben für die Solarflächenplanung zusammenfassen und festschreiben. In vielen Bundesländern wurden das Potenzial und auch die Herausforderungen für die Solarthermie bereits erkannt und durch entsprechende Vorgaben den Hemmnissen begegnet. Diese sind meist als Grundsätze formuliert, um den Kommunen eine Orientierung zur räumlichen Einordnung von solarthermischen Anlagen in Abwägungsprozessen an die Hand zu geben. Ein oft formulierter Grundsatz lautet, dass solarthermische Anlagen in der Nähe zu Wärmesenken errichtet werden sollten unter Beschreibung der oben gennannten Herausforderungen der Solarthermie in Bezug auf die Netzanbindung. Konkreter wird es, wenn von „Gunstflächen“ oder „Positivbereichen“ des Suchraums gesprochen wird. Durch Festschreibung dieses Kriteriums soll der Auswww. solare-waermenetze.de Große Solarthermieanlagen bieten zwischen und unter den Kollektoren Raum für erhöhte Biodiversität, die sich recht schnell einstellt. Eingebettet in ein ökologisches (Freiflächen-)Konzept können die Kollektorfelder Teil von positiv wahrgenommenen und gerne genutzten Erholungsflächen sein. Solarthermieanlage in Lemgo, Nordrhein-Westfalen, Foto: Solites bau von solaren Anlagen möglichst in Bereichen umgesetzt werden, die als räumlich vorbelastet eingestuft werden und geringere räumlicher Widerstände aufweisen als Bereiche ohne Vorbelastung. Oft orientieren sich diese Kriterien für Solaranlagen an den Vorgaben des EEG, das den Ausbau der Photovoltaik fördert und durch die Förderbedingungen auch eine räumliche Steuerungsfunktion einnimmt. Eine Übernahme der Kriterien des EEG kann in Teilen zu einer redundanten Steuerung führen, die sich stark an den Steuerungsvorgaben des Photovoltaikausbaus orientiert. Vorgaben eines Gunstbereichs in den Korridoren entlang von Bahnschienen oder Autobahnen (analog zum EEG) sind dem solarthermischen Ausbau meist nicht dienlich, da sich Autobahnen und Schienenwege nur in seltenen Fällen in direkter Nähe zu größeren Siedlungsbereichen und damit potenziellen solarthermischen Wärmenetzen befinden. Im Rahmen der Erkenntnisse aus Projekt Solnetplus wird daher empfohlen sich bei den Kriterien vom EEG zu lösen und insbesondere Kriterien für die solarthermische Planung zu entwickeln. Ein Gunstbereich, der in manchen Landesentwicklungsprogrammen beschrieben ist, ist der Nahbereich um Gewerbe- und Industriegebiete. In diesen Bereichen sind solare Umsetzungen aufgrund der räumlichen Vorbelastung durch u. a. große Gewerbehallen priorisiert umzusetzen. Da sich Gewerbegebiete teils in der Nähe von den (potenziellen) Wärmenetzgebieten bzw. Wärmesenken befinden, kann dieses Positivkriterium beim Abwägungsprozess zur Umsetzung von solarthermischen Anlagen ausbaufördernd wirken. Jedoch weisen nicht alle Gewerbegebiete zwingend Wärmenetzpotenzial im Umfeld auf. Somit kann dieses Kriterium im Einzelfall hilfreich sein, Kai Jerma ist Projektmanager bei der IB.SH und unter anderem Ansprechpartner für die Schnittstelle zwischen Raumplanung, Technik und Wirtschaftlichkeit solarer Freiflächenprojekte in Schleswig Holstein seitens der IB.SH Welche Rückmeldungen haben Sie in Schleswig-Holstein zum Solar-Freiflächenanlagen- Erlass (Hilfestellung für Kommunen) von den Kommunen bekommen? Kai Jerma: Die bisherigen Rückmeldungen fielen unterschiedlich und teils eher verhalten aus. In manchen Kommunen wurde der Planungserlass als weitere Hürde in der planerischen Gestaltung aufgefasst. Hier werden wir noch einmal in den Dialog gehen, um das Verständnis zu schärfen: Denn es handelt sich nicht um ein Pflichtenheft für die Kommune, sondern vielmehr um Spielregeln für die Planung. Wir wollen vor allem Hilfestellung für die Flächenbewertung geben. Die Kriterien bieten eine fundierte Grundlage, um vor Ort kommunale Standortkonzepte zu erarbeiten. Wie sehen die weiteren Planungen aus? 2023 ist eine Evaluierung des Planungserlasses vorgesehen, um die Erfahrungen der ersten zwei Jahre auszuwerten. Was wir jetzt schon sehen, ist dass die Trennung zwischen Photovoltaik- und solarthermischen Anlagen noch klarer herausgearbeitet werden sollte. Insbesondere der Solarthermie wollen wir mehr Aufmerksamkeit und Raum verschaffen – sowohl im Planungserlass als auch in der schleswig-holsteinischen Flächenkulisse. Im Rahmen der verpflichtenden Wärmeplanung gilt es alle verfügbaren lokalen Potenziale so gut wie möglich zu nutzen, um den Wärmesektor zu dekarbonisieren und die Wärmepreise so weit wie möglich von globalen Unsicherheiten zu entkoppeln. Schleswig- Holstein bietet besonders gute Voraussetzungen, um die Transformation über Wärmenetze voranzutreiben. Empfehlen Sie anderen Ländern ein ähnliches Vorgehen? Ja. Auch wenn die Auswertung noch aussteht, ist nach bisherigem Stand das Aufsetzen einer Planungshilfe auf Landesebene auf jeden Fall zu empfehlen. Wie schon erwähnt, ist es elementar, den Unterschied zwischen Solarthermie und Photovoltaik zu betonen. Neben den besonderen räumlichen Anforderungen der Solarthermie ist auch der Nutzen vor Ort durch eine lokale Versorgung in solaren Wärmenetzen ganz anders einzuschätzen als bei der Photovoltaik. Um Vorbehalten vorzubeugen, sollte von Anfang an deutlich kommuniziert werden, dass es sich um eine Planungshilfe handelt, die Kommunen als Chance für eine proaktive Energieflächenplanung dienen soll. „PLANUNGSHILFE UND CHANCE FÜR DIE KOMMUNEN“ Infoblatt Nr. 15 IMPRESSUM Das Infoblatt Solare Wärmenetze ist eine Initiative im Rahmen vom Projekt SolnetPlus – Solare Wärmenetze als eine Lösung für den kommunalen Klimaschutz. Mehr unter: www.solare-wärmenetze.de Herausgeber: HIR Hamburg Institut Research gGmbh Redaktion: Felix Landsberg, Hamburg Institut Anna Ulrichs, Solites Veröffentlichung: September 2023 | ISSN (Print) 2750-753X | ISSN (Online) 2750-7548 Die Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. unterstützt durch die Industrieinitiative Solare Wärmenetze der Solarthermieanbieter (IniSW) Partner bietet aber keine allgemeingültigen Lösungsansatz, um den Ausbau solarthermischer Anlagen zu beschleunigen. HEMMNISSE BEKANNT, LÖSUNGEN VORHANDEN Der Ansatz und die Ziele der Raumplanung bilden einen geeigneten Rahmen, um nachhaltig und interessenverträglich verschiedene räumliche Planungen miteinander in Einklang zu bringen oder möglichst konfliktarm zu planen. Auf Grund der besonderen räumlichen Anforderungen der Solarthermie sind im Suchprozess Kriterien wie die nötige Nähe zu Wärmesenken frühzeitig zu berücksichtigen. Lösungsansätze konnten im Projekt SolnetPlus sowohl auf Seiten der Projektierenden als auch auf Seiten der Behörden identifiziert werden. • Berücksichtigung der besonderen Anforderungen der Solarthermie in den raumplanerischen Vorgaben auf Landes- und Regionalebene • Erstellung einer strukturierten Flächenanalyse in Kooperation zwischen Wärmenetzbetreiber und Kommune • Kommunale Ausweisung von Flächen zur solaren Nutzung auf Basis einer strukturierten Flächenanalyse • Ermittlung und Einordnung des solaren Gesamtpotenzials im Rahmen einer Solarstrategie Die Flächensuche für ein solarthermisches Projekt sollte mit ausreichend Vorlauf und Kapazitäten für Abstimmungsprozesse im Rahmen einer strukturierten Flächenanalyse durchgeführt werden. Um den Lösungsraum zu erweitern, sollten Mehrfachnutzungen der Flächen von Anfang an mitgedacht werden – insbesondere in der siedlungsnahen Bereichen, die sich technisch besonders gut für die Umsetzung solarthermischer Anlagen eignen. Planungsbehörden können den Ausbau und den Flächenfindungsprozess durch Vorgaben zu den besonderen räumlichen Anforderungen solarthermischer Anlagen in den Raumordnungsprogrammen unterstützen, damit diese in den Abwägungsprozessen vor Ort berücksichtigt werden.

Anna Laura Ulrichs2023-10-09T15:33:13+02:00Freitag, 22. September, 2023|

Bau-Blog Lemgo: Bau eines iKWK-Systems

Foto: Guido Bröer Bau eines iKWK-Systems in Lemgo Wie entsteht eigentlich eine solarthermische Großanlage? Hier geht’s zum Bau-Blog Lemgo

Asma Sohail2023-09-12T15:58:32+02:00Dienstag, 12. September, 2023|

Solare Wärmewende – Im Gespräch: Felix Landsberg (HIR) und Jan Walter (Difu)

Was haben Kommunen von Sonne im Wärmenetz? Wie können Kommunen passende Flächen für ein Solarthermie-Kollektorfeld finden? Und wie kann das Projekt SolnetPlus dabei helfen? Felix Landsberg vom Hamburg Institut und Jan Walter vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) sprechen hier im Podcast-Style über ihren Draht zu den solaren Wärmenetzen.

Asma Sohail2023-09-11T13:11:13+02:00Montag, 11. September, 2023|

FAQ – Fragen und Antworten zur solaren Fernwärme

FAQ-Fragen und Antworten zur solaren Fernwärme Frankfurt, Juni 2023 2 Dokumenten-Informationen: Autoren: Thomas Pauschinger, Kibriye Sercan-Çalışmaz AGFW-Projektgesellschaft für Rationalisierung Information und Standardisierung mbH (AGFW) Dirk Mangold, Anna Ulrichs Solites - Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme (Solites) Felix Landsberg, Marleen Greenberg Hamburg Institut Research gGmbH (HIR) Paul Ratz, Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH (Difu) Kontakt: Kibriye Sercan-Çalışmaz AGFW-Projektgesellschaft für Rationalisierung, Information und Standardisierung mbH, Stresemannallee 30, 60596 Frankfurt, www.agfw.de Version: Juni 2023 Arbeitspaket: AP3 Aktivierungsinitiative Wärmeversorgungsbranche Produkt: Handreichung „FAQ-Fragen und Antworten zur solaren Fernwärme“ Das vorliegende Dokument entstand im Rahmen des Verbundvorhabens „SolnetPlus – Solare Wärmenetze als eine Lösung für den kommunalen Klimaschutz. Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert (FKZ: 67KF0119A-D). Haftungsausschluss: Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den Autoren. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung des Fördermittelgebers wieder. Weder die Autoren noch der Fördermittelgeber übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. 3 Inhaltsverzeichnis 1 Technik Solarthermie ........................................................................................................ 5 1.1 Welche Arten von Kollektoren sind für die Einbindungen in Wärmenetze geeignet? A) ........ 5 1.2 Ist eine Nachführung der Sonnenkollektoren sinnvoll? A)....................................................... 5 1.3 Welche Möglichkeiten zum Frostschutz bestehen? S)............................................................ 6 1.4 Nimmt die Effizienz der Sonnenkollektoren über die Betriebsdauer ab? S) ........................... 6 1.5 Sind Hybridkollektoren (Strom und Wärme) für die solare Fernwärme geeignet? A) ............. 7 2 Wärmespeicher ................................................................................................................. 7 2.1 Benötigen in Wärmenetze eingebundene Solarthermieanlagen Wärmespeicher? A) ............ 7 2.2 Welche Möglichkeiten der saisonalen Wärmespeicherung bestehen? S) .............................. 8 3 Freiflächenentwicklung ..................................................................................................... 9 3.1 Sollten Kollektorfelder nicht eher auf Gebäudedächer? A) ..................................................... 9 3.2 Wieviel Landfläche ist zur Aufstellung einer bestimmten Kollektorfläche erforderlich? S) .... 10 3.3 Welche Flächen sind für eine Freiflächen-Solarthermieanlage nutzbar? H) ......................... 10 3.4 Wie weit kann die Freifläche vom Einbindepunkt entfernt sein? S) ...................................... 11 3.5 Welche Möglichkeiten zur mehrfachen Flächennutzung gibt es? H) .................................... 11 3.6 Kann die Fläche mehrfach zur Wärmeerzeugung genutzt werden (z.B. zusätzlich für ein Wärmepumpen-Sondenfeld)? A) ....................................................................................................... 12 3.7 Wie werden Kollektorfelder auf Freiflächen errichtet? A) ...................................................... 12 3.8 Wie gehe ich bei der Suche und Entwicklung von Freiflächen vor? H) ................................. 13 4 Umweltbelange ................................................................................................................14 4.1 Wie ist eine naturnahe Gestaltung von Freiflächenanlagen möglich? H) ............................. 14 4.2 Wie integrieren sich Anlagen gut in die Landschaft? H)........................................................ 14 5 Netzeinbindung ................................................................................................................15 5.1 Bis zu welchen Netztemperaturen kann Solarthermie eingesetzt werden? A) ..................... 15 5.2 Warum wirken sich niedrige Vor- und Rücklauftemperaturen günstig aus? S) ..................... 15 5.3 Ist eine stabile Versorgung bei fluktuierender Einstrahlung möglich? S) .............................. 16 5.4 Wie wirkt sich die fluktuierende Leistung auf das Wärmenetz aus? S) ................................. 16 5.5 Welche Möglichkeiten der Einbindung gibt es bei größeren FW-Netzen? S) ....................... 17 5.6 Mit welchen weiteren Wärmeerzeugern lässt sich Solarthermie kombinieren? A) ............... 17 6 Auslegung und Ertrag ......................................................................................................18 4 6.1 Welchen Wärmeertrag und welche Leistung erbringt eine Solarthermieanlage? S) ............ 18 6.2 Welche solaren Deckungsanteile lassen sich erreichen? S) ................................................ 19 6.3 Mit welchem Wärmeertrag je Hektar Landfläche kann man rechnen? S) ............................. 19 6.4 Wie funktionieren Verfahren zu Ertragsgarantie? A) ............................................................. 19 7 Wirtschaftlichkeit ..............................................................................................................20 7.1 Wie hoch sind die Investitionskosten für Solarthermieanlagen? A) ...................................... 20 7.2 Wie hoch sind die Kosten für Betrieb und Instandhaltung einer Solarthermieanlage? A) .... 21 7.3 Welche Wärmegestehungskosten werden erreicht? A) ........................................................ 21 7.4 Wie werden die Kosten für die Landfläche berücksichtigt H) ................................................ 22 7.5 Welche Fördermöglichkeiten für Solarthermieanlagen gibt es? A) ....................................... 22 8 Projektentwicklung ...........................................................................................................23 8.1 Welche Phasen sind bei der Projektentwicklung zu berücksichtigen? H) ............................. 23 8.2 Welche Genehmigungen und Gutachten sind einzuholen? H) ............................................. 23 8.3 Welche lokalen Akteure sind einzubinden? H) ...................................................................... 23 8.4 Was können Kommunen vorbereitend tun? D) ..................................................................... 24 5 Hinweis zur Verwendung dieses Dokuments Das vorliegende Dokument „FAQ-Fragen und Antworten zur solaren Fernwärme“ wurde als Vorlage und Antwortenpool für FAQ-Bereiche z.B. auf Internetseiten oder Leitfäden zum Thema solare Fernwärme erstellt. Inhalte aus diesem Dokument können mit Verweis auf dieses Dokument als Quelle verwendet werden. Die gelisteten Antworten wurden von den Projektpartnern des Vorhabens SolnetPlus jeweils federführend erstellt und sind nachfolgend gekennzeichnet mit A) AGFW, S) Solites, H) HIR und D) Difu. 1 Technik Solarthermie 1.1 Welche Arten von Kollektoren sind für die Einbindungen in Wärmenetze geeignet? A) Im Anwendungsbereich der Fernwärme kommen bei Netztemperaturen bis rund 110 °C Flachkollektoren und Vakuumröhrenkollektoren zum Einsatz. Entscheidend sind hier die Vor- und Rücklauftemperaturen des Wärmenetzes an der Einbindestelle in der Periode von März bis Oktober. Die Systemtechnik der spezialisierten Anbieter ist auf den Einsatz in Wärmenetzen und für große Kollektorfelder im Megawattbereich optimiert. Zum Einsatz kommen oft Groß-Kollektormodule (Reduzierung von Anschlüssen und Montagezeiten) mit guter Effizienz bei höheren Betriebstemperaturen sowie mit einer optimierten Hydraulik für große Kollektorfelder (Reduzierung der Pumpenarbeit und Anschlussleitungen). Bei höheren Netztemperaturen sind konzentrierende Kollektoren wie z.B. Parabolrinnenkollektoren geeignet, die für solare Prozesswärme und Kraftwerksanwendungen im Bereich von 100 - 400 °C entwickelt wurden. 1.2 Ist eine Nachführung der Sonnenkollektoren sinnvoll? A) Ob sich eine ein- oder zweiachsige Nachführung von Kollektoren lohnt, ergibt sich aus einer Kosten-Nutzen-Analyse. Besonders zu beachten ist hier der Betriebs- und Instandhaltungsaufwand für bewegte Teile und Antriebe der Nachführung. Generell empfiehlt es sich, die Anlagen so einfach wie möglich zu halten. Konzentrierende Kollektoren (wie z.B. Parabolrinnenkollektoren) müssen zumindest einachsig dem Sonnenstand nachgeführt werden. 6 1.3 Welche Möglichkeiten zum Frostschutz bestehen? S) In den Wintermonaten ist die Anlagentechnik des Kollektorkreises durch entsprechende Frostschutzvorkehrungen vor einem Einfrieren zu schützen. In der Praxis haben sich hier zwei Verfahren vielfach bewährt. Passiver Frostschutz: Verwendung eines Wasser-Propylenglykol-Gemisches als Wärmeträgermedium im Kollektorkreis. Je nach Klima am Standort der Solaranlage liegt der Propylenglykolanteil meist zwischen 20 und 40 %. Hierbei werden speziell für die in einer Solaranlage auftretenden Randbedingungen optimierte Fertiggemische verwendet, die auch als Solarflüssigkeit bezeichnet werden. Diese Solarflüssigkeit enthält oft zusätzliche Korrosionshemmer. Durch einen einfachen pH-Wert-Test kann die Solarflüssigkeit überprüft und bei Bedarf ausgetauscht werden. Die Praxiserfahrung zeigt, dass dies nur selten und meist erst nach einigen Betriebsjahren erforderlich werden kann. Bei sehr hohen Temperaturbelastungen kann die Solarflüssigkeit altern. Einzelne Stagnationsfälle führen bei fachgerecht realisierten Solaranlagen zu keinen Schäden. Aktiver Frostschutz bei Wasser als Wärmeträgermedium: Sehr gut gedämmte Kollektorbauteile wie z.B. Vakuumröhrenkollektoren kühlen auch bei langen Kälteperioden nur wenig aus. Um ein Einfrieren insbesondere des Wassers in den Verbindungsleitungen zu vermeiden, wird das Wasser im gesamten Kollektorkreis abhängig von der Außentemperatur regelmäßig umgewälzt. Das in den Vakuumröhren auch bei geringer Solareinstrahlung leicht erwärmte Wasser erhöht die Wassertemperatur in den Verbindungsleitungen. Bei sehr tiefen Außentemperaturen muss dem Kollektorkreis Wärme aus dem Fernheizwasser zugeführt und somit der Kollektorkreis frostfrei gehalten werden. Bei hierauf optimierten Regelungen des Kollektorkreises kann der Wärmebedarf für die Frostfreihaltung auf rund 2 bis 4% des Jahreswärmeertrages beschränkt werden. 1.4 Nimmt die Effizienz der Sonnenkollektoren über die Betriebsdauer ab? S) Viele Messungen an Realanlagen und umfangreiche Forschungsprojekte zeigen, dass die Effizienz der Solarkollektoren auch nach vielen Betriebsjahren (20 Jahre) noch dem Neuprodukt entspricht. Sie sinkt nicht oder in seltenen Fällen leicht um insgesamt weniger als 10% [SpeedColl 2015, SpeedColl2 2020]. 7 Solarkollektoren müssen bei Normalverschmutzungen und Anstellwinkeln im Rahmen der deutschen Dachdeckerrichtlinien (z.B.18 Grad Neigung gegen die Horizontale und steiler) nicht gesondert gereinigt werden. Nur bei stark verschmutzenden Umweltbedingungen kann eine Reinigung der Glasflächen zu empfehlen sein. Referenzen: SpeedColl 2015: SpeedColl „Entwicklung beschleunigter Alterungsprüfverfahren für solarthermische Kollektoren und deren Komponenten“, 2011 bis 2015, www.speedcoll.de SpeedColl2 2020: „Gebrauchsdauerabschätzung für solarthermische Kollektoren und deren Komponenten“, 2016 bis 2020, www.speedcoll2.de 1.5 Sind Hybridkollektoren (Strom und Wärme) für die solare Fernwärme geeignet? A) Hybridkollektoren eignen sich z.B. zur gemeinsamen Strom- und Niedertemperatur-Wärmeerzeugung für eine Wärmepumpe in Neubauten oder energetisch sanierten Gebäuden. Sie sind nicht geeignet, um Wärme auf Vorlauftemperaturniveau von Fernwärmenetzen zu erzeugen. Die Wärme steht in der Regel mit max. 35° C zur Verfügung, da die Stromerzeugung von Hybridkollektoren bei steigenden Temperaturen abnimmt. 2 Wärmespeicher 2.1 Benötigen in Wärmenetze eingebundene Solarthermieanlagen Wärmespeicher? A) Die Erforderlichkeit eines Wärmespeichers hängt vorrangig von der Auslegung der Solarthermieanlage und dem Bedarf der Netzseite ab. Diese wird durch den „solaren Deckungsanteil“ beschrieben, d.h. dem Verhältnis zwischen solarem Jahresertrag und dem Jahreswärmebedarf im Wärmenetz bzw. am Einbindepunkt. Typische Auslegungsfälle sind: » Bei niedrigen solaren Deckungsanteilen bis ca. 5 % kann i.d.R. die Solarwärme direkt und zu jedem Zeitpunkt vom Wärmenetz aufgenommen werden. Dies kann ohne Wärmespeicher erfolgen. Vielfach hat sich jedoch ein kleinvolumiger Wärmespeicher bewährt, der als hydraulische Weiche fungiert und eine bessere Steuerung der Netzpumpe ermöglicht. » Bei solaren Deckungsanteilen von rund 15 %, deckt die Solarthermie i.d.R. den Sommerbedarf im Wärmenetz und es ist ein Mehrtages-Pufferspeicher erforderlich (Anhaltswert 0,2 m³/m² Bruttokollektorfläche). Ein solcher Pufferspeicher ist insbesondere 8 erforderlich, wenn die Leistung der Solarthermieanlage die Engpassleistung an der Einbindestelle übersteigt. » Bei höheren solaren Deckungsanteilen nimmt das je m² Bruttokollektorfläche notwendige Wärmespeichervolumen stetig zu. Bei einem solaren Deckungsanteil von beispielsweise 50 % ist ein Langzeitwärmespeicher / saisonaler Wärmespeicher erforderlich (Anhaltswert 2 m³/m² Bruttokollektorfläche). Das geeignete Speichervolumen hängt von einer Reihe von Parametern ab und sollte von Fachkundigen mittels eines Rechenprogramms ermittelt werden. Bei komplexeren Konfigurationen und höheren solaren Deckungsanteilen empfiehlt sich eine Anlagensimulation auf Basis von Stundenwerten für ein gesamtes Betriebsjahr. 2.2 Welche Möglichkeiten der saisonalen Wärmespeicherung bestehen? S) Oberirdische Stahlspeicher sind seit langer Zeit Stand der Technik. Diese werden meist täglich be- und entladen und haben dadurch einen hohen Wärmenutzen. Saisonale Wärmespeicher hingegen dienen zur saisonalen Speicherung von Wärme. Diese werden daher im Extremfall im Sommer beladen und im Winter entladen. Durch den geringen Wärmenutzen müssen diese saisonalen Wärmespeicher wesentlich günstiger gebaut werden können. Seit ca. 1995 wurden hierzu vier verschiedene Speicherbauarten entwickelt: » Behälter-Wärmespeicher sind größtenteils im Untergrund integrierte Stahlbetonbehälter, die mit Wasser gefüllt sind. In der Bautiefe von 5–15 m sollte möglichst kein Grundwasser vorhanden sein. Die Wärmespeicher können als begehbare Hügel in das zu versorgende Gebiet integriert werden. Die Be- und Entladung des Speichers erfolgt mit Hilfe einer Schichtbeladeeinrichtung. » Erdbecken-Wärmespeicher werden ebenfalls in 5–15 m Tiefe in den Untergrund eingegraben. Es wird ein künstlicher "Teich" angelegt, mit Speichermaterial gefüllt und mit einem Deckel verschlossen. Als Speichermaterial wird Wasser, Wasser-Kies-Gemisch oder Wasser-Erdreich-Gemisch genutzt. Erdbecken-Wärmespeicher sind eher flach und weisen eine große Oberfläche auf. Be- und Entladen wird der Speicher entweder direkt oder indirekt. Bei einem direkten Be- und Entladen wird das erwärmte Wasser direkt in den Speicher eingespeist und entnommen. Beim indirekten Be- und Entladen ist der Speicher mit wasserdichten Kunststoff-Rohrleitungen durchzogen, welche keinen Kontakt mit dem Speichermaterial haben. » Erdsonden-Wärmespeicher nutzen den Untergrund zur Wärmespeicherung. Die gewonnene Wärme wird den Erdsonden zugeführt, in denen Wasser als Wärmeträger zirkuliert. Das Wasser gibt in der Solarsaison die Solarwärme an den Untergrund ab. In der Heizphase wird den Erdsonden kühleres Wasser zugeführt. Die Erdsonden entziehen dem Untergrund so die gespeicherte Wärme. » Aquifer-Wärmespeicher nutzen ebenfalls den Untergrund. Sie verwenden unterirdische, wasserführende Gesteinsschichten zur Wärmespeicherung, die durch Brunnenbohrungen 9 erschlossen werden. Die Bohrtiefe hängt hierbei von der Tiefe des zu nutzenden Aquifers ab. Als Speichermaterial dient das angetroffene Grund- oder Tiefenwasser. Das nutzbare Wasservorkommen muss durch geeignete geologische Formationen eingeschlossen sein, da sonst die gespeicherte Wärme nicht wieder entnommen werden kann. Die Wirtschaftlichkeit eines saisonalen Wärmespeichers ist neben seiner Bauweise stark durch die Systemeinbindung bestimmt. Um diese wirtschaftlich zu optimieren, ist meist eine dynamische Systemsimulation zu empfehlen, die die Systemeinbindung der Solarthermieanlage und des Wärmespeichers in das Fernwärmesystem in Stundenwerten über ein ganzes Betriebsjahr betrachtet. Die für das Gesamtsystem (Erzeuger und Wärmenetz) wirtschaftlichste Lösung kann auch einen Wärmespeicher erfordern, der nicht die günstigsten Baukosten aller Speichervarianten aufweist. Quelle: www.saisonalspeicher.de 3 Freiflächenentwicklung 3.1 Sollten Kollektorfelder nicht eher auf Gebäudedächer? A) Zwei Voraussetzungen für günstige Wärmegestehungskosten und somit einen wirtschaftlichen Betrieb von solarthermischer Wärmeerzeugung sind zum einen eine ausreichende Anlagengröße (Skaleneffekt) und zum anderen eine einfache, zeitsparende und kostengünstige Montagetechnik (siehe FAQ 3.7). Alternativen sind hier die Montage von Kollektorfeldern auf Gebäudedächern oder die Nutzung von Freilandflächen. Obwohl in den letzten Jahren auch für die Dachintegration bzw. Dachmontage von Kollektoren hochwertige Systemtechnik entwickelt wurde, sind die Kosten für die Realisierung von Kollektorfeldern bei Freiflächenanlagen im Vergleich deutlich geringer. Die kosteneffiziente Realisierung großer Freiflächen-Kollektorfelder mit mehreren 10 000 m² Kollektorfläche ist daher für die künftige Entwicklung der solaren Fernwärme essenziell. Die zusätzliche Nutzung ausreichend großer und geeigneter Gebäudedächer stellt eine sinnvolle Ergänzung dar. Die Eignung der Gebäudedächer ist hierbei stets zu prüfen (z.B. ausreichende Dachstatik). Im Vergleich zu Strom erzeugenden Photovoltaikmodulen zeigen Solarthermiekollektoren eine wesentlich geringere Empfindlichkeit auf kleinere Verschattungen. Es empfiehlt sich entsprechend den lokalen Gegebenheiten die Flächennutzungsprioritäten von Solarthermie- und Photovoltaikanlagen in Bezug auf ortsnahe Frei- und Gebäudeflächen zu betrachten. 10 3.2 Wieviel Landfläche ist zur Aufstellung einer bestimmten Kollektorfläche erforderlich? S) Der jährliche Solarertrag ist am größten, wenn die Solarkollektoren nach Süden ausgerichtet sind und sich die einzelnen Kollektorreihen nicht oder nur in den strahlungsarmen Wintermonaten verschatten. Eine kleinere Abweichung von der Südausrichtung bringt kaum Ertragseinbußen. Je nach Systemeinbindung und dem gewünschten Deckungsanteil ergibt sich die beste Ausrichtung und Neigung (Aufstellwinkel gegen die Horizontale) der einzelnen Kollektoren. Diese bestimmen durch den Sonnenverlauf die Verschattung der Kollektorreihen. Hieraus ergibt sich der zu empfehlende Abstand und damit der Flächenbedarf. Die meisten auf Freiflächen realisierten Kollektorfelder weisen einen Flächenbedarf auf, der das 2-fache bis 2,3-fache der Bruttokollektorfläche beträgt. 3.3 Welche Flächen sind für eine Freiflächen-Solarthermieanlage nutzbar? H) Einschränkungen in der Flächennutzung ergeben sich aus den Planungsvorgaben auf Ebene des Landes, des Landkreises und der Kommune. Flächen, die anderen Nutzungen vorbehalten sind, sind dort festgeschrieben und begründet. Bestimmte Flächen werden darin generell ausgeschlossen wie z.B. Naturschutzgebiete während andere unter einem Abwägungserfordernis eingestuft werden wie z.B. Landschaftsschutzgebiete, um dort Solaranlagen zu errichten. Nach Vorgaben vieler regionaler Raumordnungsprogramme oder Landesentwicklungspläne sind in der Regel Flächen, die sich in räumlicher Nähe zu bestehenden Infrastrukturen wie z.B. Autobahnen, Bahnschienen oder Gewerbegebieten befinden bevorzugt zu nutzen. Eine kurze Anbindelänge zum Wärmenetz ist in diesen Bereichen in den meisten Fällen allerdings nicht der Fall und individuell abzugleichen. Konversionsflächen wie u.a. Kiesgruben oder alte Kohlelager sind meistens auch als Vorzugsflächen genannt und teils ohne langes Bebauungsplanverfahren umsetzbar. Falls in den Flächennutzungsplänen (Sonderbaufläche/Sondergebiet „Solarenergie“) oder in B-Plänen (Sondergebiet „Solaranlagen“ oder „Solarthermie“) schon Flächen festgeschrieben sind, können diese genutzt werden. Daneben empfiehlt sich die Nutzung von Flächen, deren festgeschriebene Nutzung mit der Solarthermie vereinbar ist wie » Gewerbegebiete: Zulässig gem. § 8 BauNVO » Industriegebiete: Zulässig gem. § 9 BauNVO 11 Auf Grund der hohen Bodenpreise in Gewerbe- oder Industriegebieten und fehlender aktiver Entwicklung von Flächen zur Energieerzeugung ist in der Regel ein B-Plan Verfahren nötig. Damit ein B-Plan Verfahren möglichst ohne unerwartete Verzögerungen durchlaufen werden kann, empfiehlt es sich, als Projektträger frühzeitig mit den entsprechenden Behörden in Kontakt zu treten und bestenfalls mit der Kommune gemeinsam auf Basis einer strukturierten Flächenanalyse eine Solarstrategie zu entwickeln. Die besonderen Belange der Solarthermie wie die siedlungsnahe Umsetzung werden gemeinsam mit der Kommune erörtert und im Rahmen der Abwägungsprozesse eingeordnet. Kommunen sollten im Rahmen kommunaler Klimaschutzbemühungen Flächen zur Energienutzung aktiv im Rahmen der Flächenplanung ausweisen. Eine strukturierte Flächenanalyse gemeinsam mit dem Projektträger der Solarthermie bietet einen guten Auftakt, um die Flächenplanung “von der Fläche zum Projekt” zu denken und klimaneutrale Versorgung mit Strom und Wärme und kommunale Flächenplanung aufeinander aufzubauen. 3.4 Wie weit kann die Freifläche vom Einbindepunkt entfernt sein? S) Jede Solarthermieanlage benötigt eine Vor- und eine Rücklaufleitung, mit der sie in die Wärmeversorgung eingebunden wird. Diese Leitungen verursachen Installationskosten sowie Wärme- und Temperaturverluste. Wird angenommen, dass der Wärmeverlust der Anschlussleitung maximal 2% eines durchschnittlichen Solarwärmeertrags betragen soll, ergibt sich ein Anhaltswert von maximal 1 km Anschlussleitungslänge je 10.000 m² Bruttokollektorfläche. 3.5 Welche Möglichkeiten zur mehrfachen Flächennutzung gibt es? H) Die Mehrfachnutzung wird oft auch als Multicodierung bezeichnet. Hierbei wird eine Fläche nicht nur zur Erzeugung solarer Wärme genutzt, sondern es besteht parallel noch mindestens eine weitere Nutzungsart. Die Art der Mehrfachnutzung lässt sich wie folgt unterscheiden: » Soziale Multicodierung: Neben der energetischen Nutzung wird auch ein sozialer Mehrwert auf oder angrenzend zu der Fläche geschaffen. Die Ausgestaltung kann dabei je nach lokalen Anforderungen oder Wünschen sehr unterschiedlich ausfallen. In dicht bebauten Bereichen kann z.B. ein angrenzender Bürgerpark zur Naherholung angelegt werden, der neben der Fläche Freiraum bietet. In Solarparks in Randbereichen der Stadt können Natur- 12 oder Energielehrpfade mit Aussichtsplattformen kombiniert werden, um den Park für Ausflüge oder Lehrfahrten attraktiv zu gestalten. » Ökologische Multicodierung: Bei der ökologischen Multicodierung liegt der Fokus darauf die Fläche rund um und ggf. unter den Modulen möglichst wertvoll für Flora und Fauna zu gestalten. Was genau eine wertvolle Gestaltung ausmacht, ist an die Gegebenheiten und bestehenden Lebensräume vor Ort anzupassen möglichst in gemeinsamer Abstimmung mit den lokalen Behörden zu entwickeln. Kleinteilige Habitate lassen sich u.a. durch Totholzhaufen oder sandige Böschungen gestalten. Durch die Anlage von Tümpeln oder Teichen können Feuchtbiotope geschaffen werden. Hier gilt es die lokalen Anforderungen und Möglichkeiten früh in die Planung einzubinden und die Planung an den gewünschten ökologischen Zielzustand der Flächen auszurichten. » Landwirtschaftliche Multicodierung: Ein zusätzlicher landwirtschaftlicher Nutzen kann z.B. durch die Schafsbeweidung der Flächen zwischen den Modulen erreicht werden. Die natürliche Art der Mahd bringt viele Vorteile mit sich. Durch die im Vergleich zur maschinellen Bearbeitung der Flächen eher unregelmäßige Mahd, bleibt das Blütenangebot durchgehend erhalten. Über das Fell, die Klauen und den Kot verteilen die Schafe die Diasporen der Pflanzen. Damit sich Schafe und Lämmer nicht den Modultischen verletzen können, ist schon in der Planungsphase darauf zu achten, dass keine scharfen Kanten gelassen werden. Wird ein ausreichender Abstand zwischen den Modulreihen geplant (ca. 6m) können die Flächen zwischen den Reihen auch weiterhin mit großen Maschinen bewirtschaftet werden. Bei der Verwendung kleinerer Maschinen kann der Abstand entsprechend verringert werden. Die Arten der Multicodierung sind in der Umsetzung keineswegs strikt voneinander getrennt oder schließen sich gegenseitig aus, sondern sollten immer in bestmöglicher Kombination miteinander gedacht und umgesetzt werden. 3.6 Kann die Fläche mehrfach zur Wärmeerzeugung genutzt werden (z.B. zusätzlich für ein Wärmepumpen-Sondenfeld)? A) Sowohl Solarthermiefelder als auch oberflächennahe Geothermie-Sondenfelder für Wärmepumpen sollten bevorzugt ortsnah zum Wärmenetz liegen. Generell bietet eine solche Doppeltnutzung der Freifläche eine interessante Synergie bei kombinierter Nutzung von Solarthermie und Wärmepumpen für die Wärmeerzeugung. Größere, vorwiegend zum Heizen genutzte Erdwärmesondenfelder sollten über die Sommermonate regeneriert werden, was z.B. durch eine Solarthermieanlage erfolgen kann. Das Konzept wurde in Deutschland bisher noch nicht realisiert und erprobt. 3.7 Wie werden Kollektorfelder auf Freiflächen errichtet? A) Für die Errichtung von großen Kollektorfeldern sind geeignete Unterkonstruktionen (i.d.R. Stahl oder Aluminium) und Montagesysteme zur Aufnahme von Kollektor-Großmodulen 13 marktverfügbar. Eine Fundamentierung im Boden dient im Wesentlichen zur Aufnahme von Wind- und Schneelasten auf dem Kollektorfeld und wird meist als Rammfundamentierung (eingerammte Stahlprofil-Stützen) realisiert. Lässt die Bodenbeschaffenheit keine Rammfundamentierung zu (weicher oder felsiger Boden, Deponieflächen), kann die Fundamentierung über vorgefertigte Betonfundamente erfolgen. Die Montage ist in beiden Fällen reversibel, d.h. die Bodenbeschaffenheit kann zu einem späteren Zeitpunkt wieder vollständig hergestellt werden. Es findet keine bzw. im Fall von Betonfundamenten nur eine geringfügige Bodenversiegelung statt. 3.8 Wie gehe ich bei der Suche und Entwicklung von Freiflächen vor? H) Im ersten Schritt erfolgt eine Bestandsaufnahme der planerischen Vorgaben auf Landes- und Regionalebene und ggf. bestehender Voruntersuchungen. Auf kommunaler Ebene ist der Flächennutzungsplan zu betrachten. Auf Basis der Vorgaben sind die entsprechenden Layer und Daten (häufig öffentlich verfügbar, ggf. zusätzliche Daten bei Kommune erfragen) möglichst in einem Geoinformationssystem darzustellen und mit den Netzeinschränkungen und -anforderungen zu verschneiden. Über die Vorgaben der Ausschluss-, Abwägungs- und Positivbereiche auf Basis der Bestandsaufnahme kann eine Priorisierung in unterschiedliche Bereiche erfolgen, um darzustellen wo die raumplanerischen Widerstände am geringsten sind und möglichst Positivbereiche (i.d.R. in der Nähe von bestehenden räumlich relevanten Infrastrukturen) durch die Anlagenplanung belegt werden. In Ausschlussbereichen ist die Umsetzung nach den Vorgaben der Flächenplanung ausgeschlossen und kann nicht weiterverfolgt werden. In Bereichen, die einem Abwägungskriterium unterliegen, ist die Umsetzung nicht ausgeschlossen, allerdings liegen in diesem Bereich andere Belange vor wie z.B. Landschaftsschutzbereiche. Diese führen nicht zum Ausschluss, sollten aber aufgenommen werden, um abzubilden, dass in diesen Bereichen keine priorisierte Umsetzung erfolgen sollte. Über die Positivbereiche soll eben dieser Bereich der priorisierten Umsetzungen erfasst werden. Die Ergebnisse sind im Dialog mit dem Stadtplanungsamt bezüglich der Stadtentwicklung zu diskutieren. Zusätzlich sollte der Austausch mit den lokalen Naturschutzverbänden gesucht werden, um das lokale Wissen bezüglich besonders schützenswerter Bereiche in die Untersuchung aufzunehmen. Technisch-wirtschaftliche Vorgaben zur Netzeinbindung und die möglichen Entfernungen zum nächsten Einspeisepunkt bilden die Grundlage zur Machbarkeit der Umsetzung. Am Ende steht die Akquisefähigkeit der Fläche. Gibt es kein Interesse oder 14 keine Möglichkeit seitens der Flächenbesitzenden, die Fläche zu verkaufen oder zu verpachten, muss auf Flächen mit geringerer Priorisierung zurückgegriffen werden. 4 Umweltbelange 4.1 Wie ist eine naturnahe Gestaltung von Freiflächenanlagen möglich? H) Zur ökologischen Gestaltung von Freiflächenanlagen gibt es inzwischen mehrere erprobte Mittel. Der Einsatz von heimischem Saatgut (Gräser, Kräuter, Wildblumen) auf der Fläche der Anlage fördert beispielsweise nicht nur Pflanzen- sondern auch Insektenvielfalt, bietet zudem Nahrungsquellen für weitere Tiere und ermöglicht die Vernetzung von Biotopen. Das Einbeziehen von Einzelelementen wie Totholz, Steinhaufen oder Ähnlichem kreiert wichtige (Teil-)Lebensräume, die für verschiedene Tierarten für Nahrung, Fortpflanzung, Unterschlupf etc. von Bedeutung sind. Hierbei ist auf die Verwendung von ortsheimischen Materialien zu achten. Bei der Wahl von Modulhöhe und –abstand sollten ökologische Aspekte wie Beschattung von Pflanzen oder ggf. Zugang für beweidende Schafe mitgedacht werden. Auch die durch den Bau entstehenden Unebenheiten des Geländes (Reifenspuren, Aushebungen etc.) könnten genutzt werden für Pionierstadien, in denen sich Wasser ansammeln kann. Kleine Gewässerstrukturen dieser Art sind allgemein ein wichtiger Lebensraum für Amphibien und Reptilien und die Inklusion solcher Teilbiotope innerhalb von Freiflächenanlagen kann somit potenziell den ökologischen Wert der Fläche heben. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass diese an Lebensräume dieser Tierarten angeschlossen sind. Sofern die Anlage von naturnahen Biotopen umgeben ist, ist es sinnvoll die Freiflächenanlage mit entsprechenden Trittsteinbiotopen an diese anzuschließen z.B. in Form von Hecken, Gräben oder Wiesen. 4.2 Wie integrieren sich Anlagen gut in die Landschaft? H) Die Gestaltung der Fläche kann dazu beitragen, die Anlage gut in die Landschaft zu integrieren. Eine Einhegung um das Gelände kann den optischen Effekt zusätzlich verringern. Hecken können zusätzlich als Nahrungshabitat oder Nistplatz genutzt werden. Ziel ist es, die Anlage in die vorhandene Struktur einzubinden. Besonders in den siedlungsnahen Bereichen sind bauliche Strukturen bereits vorhanden. 15 5 Netzeinbindung 5.1 Bis zu welchen Netztemperaturen kann Solarthermie eingesetzt werden? A) Bis rund 110 °C ist der Einsatz von „Standard-Technik“ sinnvoll möglich. Entscheidend sind hier die Vor- und Rücklauftemperaturen des Wärmenetzes an der Einbindestelle in der Periode von März bis Oktober. „Standard-Technik“ umschreibt hierbei die marktverfügbare Flachkollektor- und Vakuumröhren-Systemtechnik für große Kollektorfelder, die speziell für die Einbindung in Wärmenetze entwickelt wurde. Bei höheren Netztemperaturen sind konzentrierende Kollektoren wie z.B. Parabolrinnenkollektoren geeignet (siehe FAQ 1.1). 5.2 Warum wirken sich niedrige Vor- und Rücklauftemperaturen günstig aus? S) Die (reale) Wärmeleistung eines Solarthermiekollektors ist umso höher, je höher die solare Einstrahlung und je geringer seine Betriebstemperatur ist. Hierbei wirken mehrere physikalische Effekte zusammen. Leicht nachvollziehbar ist dies, wenn folgender Vergleich betrachtet wird: ist die Netzrücklauftemperatur, die der Solarkollektor erwärmen kann, mit z.B. 40 °C gering, ist dies auch bei geringer solarer Einstrahlung möglich. Muss der Solarkollektor z.B. 90 °C warmes Wasser erwärmen, benötigt er eine wesentlich höhere Leistung und damit hohe solare Einstrahlung. In diesem Fall kann an strahlungsärmeren Tagen kein solarer Wärmeertrag erzielt werden. Bei hohen Temperaturen ist eine höhere Wärmeleistung notwendig, da die Wärmeverluste eines Solarthermiekollektors gegenüber der Umgebung bei hohen Betriebstemperaturen höher sind als bei tieferen. Vakuumröhrenkollektoren zeigen hierbei eine geringere Empfindlichkeit als Flachkollektoren. Kann der Solarkollektor den Netzrücklauf um z.B. 5 K vorwärmen, ist daher ein höherer jährlicher Solarertrag erzielbar als bei einer notwendigen Erwärmung auf Netzvorlauftemperatur. Diese hydraulischen Einbindevarianten können den erzielbaren jährlichen Solarwärmeertrag maßgebend beeinflussen (mehrere 10%). Wie viel mehr Ertrag erhalte ich, wenn ich meine Rücklauftemperatur um 1 Kelvin senke? Dieser Wert kann je nach hydraulischer Einbindung, Regelungskonzept und Kollektorprodukt deutlich variieren. Bei gängigen Anlagenkonzepten kann grob von einem Mehrertrag von 3 bis 5 kWh/a je m² Bruttokollektorfläche ausgegangen werden, wenn die Rücklauftemperatur zum Kollektor um 1 Kelvin abgesenkt wird und die Solarthermieanlage im Vorwärmbetrieb arbeiten kann. 16 5.3 Ist eine stabile Versorgung bei fluktuierender Einstrahlung möglich? S) Eine Solarthermieanlage kann nur dann Wärme erzeugen, wenn die Sonne scheint und die Wärmeerzeugung ist umso höher, je stärker die solare Einstrahlung ist. Durch die Einbindung eines Wärmespeichers kann die solar erzeugte Wärme zwischengespeichert werden und entsprechend den Anfordernissen der Versorgung in das Wärmenetz abgegeben werden. Bei einer dementsprechenden Dimensionierung und Systemeinbindung von Solarkollektorfeld und Wärmespeicher ist eine stabile Versorgung sichergestellt. 5.4 Wie wirkt sich die fluktuierende Leistung auf das Wärmenetz aus? S) Eine Solarthermieanlage kann nur die Leistung weitergeben, die durch die Sonne eingestrahlt wird. Die Wärmekapazität des Kollektorfeldes mindert dabei schon einen Teil der Dynamik. Ist ein Wärmespeicher zwischen dem Kollektorfeld und der Einbindestelle in das Wärmenetz integriert, kann dieser je nach seiner Größe die fluktuierende Leistung schwächen oder sogar glätten. Bei einer direkten Einbindung der Solarthermieanlage in ein Wärmenetz („dezentral“) ist nicht nur die variierende Leistung zu betrachten, sondern auch die ggf. vorhandene Notwendigkeit, die Einspeisetemperatur im engen Rahmen konstant zu halten. Hierzu wurden mehrere Konzepte für eine Einspeisestation entwickelt und in einer Piloteinbindung im Netz der Stadtwerke Düsseldorf untersucht [Forschungsvorhaben SWD.SOL 2018, SWD.SOL2 2022]. Es zeigte sich, dass eine detailliert auf die Einbindesituation angepasste Parametrierung der Regelparameter die Einspeisung der Solarwärme im engen Rahmen der Netzerfordernisse halten kann. Bei einer Einbindung der Solarthermieanlage auf Seite der Wärmeerzeugung („zentral“) können fluktuierende Leistungen und erzeugte Solar-Vorlauftemperaturen meist einfach innerhalb des Erzeugerparks passend für das Wärmenetz ausgeregelt werden. Referenzen: SWD.SOL 2018: SWD.SOL – Dezentrale Einbindung von Wärme aus erneuerbaren Energien in das KWK-Fernwärmesystem der Stadtwerke Düsseldorf AG SWD.SOL2 2022: Evaluierung der dezentralen Einbindung von solarer Wärme in das KWK-Fernwärmesystem der Stadtwerke Düsseldorf AG 17 5.5 Welche Möglichkeiten der Einbindung gibt es bei größeren FW-Netzen? S) Unabhängig von der Größe des Fernwärmenetzes können Solarthermieanlagen auf vielfältige Weise in Wärmenetze eingebunden werden. Folgende Einbindearten werden grundsätzlich unterschieden: » Zentrale Einbindung: Die Solarthermieanlage wird auf der Seite der Wärmeerzeugung in eine Heizzentrale eingebunden. » Dezentrale Einbindung: Die Solarthermieanlage wird in einen Strang des Wärmenetzes eingebunden, entfernt von zentralen Wärmeerzeugern. Die Einbindung kann mit oder ohne Wärmespeicher an der Einbindestelle erfolgen. Weiter wird unterschieden, wie die Solarthermieanlage in den Rücklauf-Vorlauf-Kreislauf eingebunden ist und welche Rolle sie im Zusammenhang mehrerer Wärmerzeuger spielt: » Rücklauf-Vorlauf-Einbindung: die Solarthermieanlage erhält die Rücklauftemperatur des Wärmenetzes und erwärmt diese auf die Vorlauftemperatur. Die Regelung der Solarthermieanlage muss hierbei alle Dynamiken der solaren Einstrahlung und des Massenstroms auf der Wärmenetzseite ausregeln. » Rücklauf-Rücklauf-Einbindung: die Solarthermieanlage erhält die Rücklauftemperatur des Wärmenetzes und erhöht diese um einen Mindestwert, z.B. um mindestens 5 K. Dieser vorgewärmte Rücklauf wird durch einen weiteren Wärmeerzeuger weiter erwärmt oder in einem Wärmespeicher gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt durch die Solarthermieanlage weiter erwärmt. Diese Einbindung führt bei sonst gleichen Randbedingungen zu einem höheren Solarwärmeertrag als die Rücklauf-Vorlauf-Einbindung. » Manche der realisierten Solarthermieanlagen können die Einbindeart je nach Strahlungsangebot (der Sonne) wechseln, wie z.B. die Solarthermieanlage in Senftenberg. 5.6 Mit welchen weiteren Wärmeerzeugern lässt sich Solarthermie kombinieren? A) Solarthermie trägt i.d.R. zur Deckung der sommerlichen Grundlast im Wärmenetz bei bzw. deckt diese bei ausreichender Dimensionierung vollständig. Sie liefert weiter Beiträge zur Grundlast in den Übergangszeiten und an sonnigen Wintertagen. Betriebliche und/oder wirtschaftliche Vorteile ergeben sich insbesondere bei der Kombination mit Wärmeerzeugern, bei denen ein sommerlicher Minderbetrieb Betriebskosten und / oder Emissionen reduziert (Biomasse, Wärmepumpen, BHKW, fossile Heizwerke) bzw. bei denen der sommerliche Teillastbetrieb ineffizient oder nicht möglich ist (Biomasse). Ebenso ist eine 18 Kombination mit anderen Grundlasterzeugern möglich, wenn deren Leistung den sommerlichen Bedarf nur anteilig deckt. Durch große Fernwärmespeicher wird die Solarthermie mit höheren Deckungsanteilen und über längere Zeiträume grund- und mittellastfähig. Der kombinierte Betrieb mit anderen Grundlasterzeugern wird hierdurch flexibilisiert und möglich. Eine Gesamtoptimierung der Wärmeerzeugung erfolgt über die Jahresdauerlinie und mit speziellen Berechnungsprogrammen, welche für die Berechnung der Solarerträge und die Abbildung der Speicherkapazitäten geeignet sind. Ggf. sind netzhydraulische Betrachtungen von Netzabschnitten erforderlich. 6 Auslegung und Ertrag 6.1 Welchen Wärmeertrag und welche Leistung erbringt eine Solarthermieanlage? S) Die Wärmeleistung und der Wärmeertrag einer Solarthermieanlage hängt vom Produkt, der solaren Einstrahlung, der Einbindeart und von den Betriebstemperaturen ab. Letztere haben einen großen Einfluss, da der Wirkungsgrad von Solarthermieanlagen mit steigenden Betriebstemperaturen sinkt. Daher können keine festen, technologiespezifischen Werte für den Wärmeertrag angegeben werden. Es gilt, dass mit zunehmendem solaren Deckungsanteil am jährlichen Gesamtwärmebedarf die Betriebszeiten zunehmen, an denen die Solarthermieanlage hohe Betriebstemperaturen erreicht. Daher sinkt bei sonst gleichen Randbedingungen der jährliche Wärmeertrag je Quadratmeter Kollektorfläche mit zunehmendem solaren Deckungsanteil. Die Abhängigkeit des Wärmeertrages von mehreren Parametern erfordert eine Auslegung der Solarthermieanlage durch Berechnungs- oder Simulationsprogramme. Diese geben den zu erwartenden jährlichen solaren Wärmeertrag, den solaren Deckungsanteil etc. aus. Für Solarthermieanlagen mit jährlichen Deckungsanteilen bis 15 %, durchschnittlicher solarer Einstrahlung und sommerlichen Betriebstemperaturen im Wärmenetz von rund 55 °C Rücklauf und rund 80 °C Vorlauf ergeben sich jährliche, nutzbare Wärmeerträge zwischen rund 430 und 500 kWh je m² Bruttokollektorfläche und Jahr, je nach Kollektorprodukt und Standort. 19 6.2 Welche solaren Deckungsanteile lassen sich erreichen? S) Solarthermieanlagen können durch die Variation der Kollektorfeldgröße und des Wärmespeichervolumens auf eine große Bandbreite von solaren Deckungsanteilen am jährlichen Gesamtwärmebedarf ausgelegt werden. Solaranlagen, die auf Vorwärmung ausgelegt sind, erreichen Deckungsanteile von 3 bis 5%. Bei einer Vergrößerung der Kollektorfläche und der Einbindung eines Pufferspeichers kann die Solarthermieanlage über die Sommermonate die Wärmeerzeugung vollständig übernehmen. Je nach Jahreslastverlauf werden solare Deckungsanteile um die 15% erreicht. Solaranlagen mit saisonalem Wärmespeicher können Deckungsanteile bis nahezu 100% erreichen. Der Investitions- und Installationsaufwand steigt mit zunehmendem solaren Deckungsanteil überproportional an. Die größten bis jetzt in Europa realisierten solaren Deckungsanteile für Anlagen in Wärmenetzen liegen bei 50 bis 70 % des jährlichen Gesamtwärmebedarfs. 6.3 Mit welchem Wärmeertrag je Hektar Landfläche kann man rechnen? S) Wie in FAQ 6.1 und 6.2 beschrieben, hängt der Wärmeertrag einer Solarthermieanlage stark von den Betriebsbedingungen der Anlage ab, insbesondere von den Betriebstemperaturen, der solaren Einstrahlung und dem anvisierten solaren Deckungsanteil. Für Solaranlagen mit jährlichen Deckungsanteilen von 5 bis 15%, durchschnittlicher solarer Einstrahlung und sommerlichen Betriebstemperaturen im Wärmenetz von rund 55 °C Rücklauf und rund 80 °C Vorlauf ergeben sich jährliche, nutzbare Wärmeerträge zwischen rund 2 und 2,5 GWh je Hektar Bodenfläche und Jahr, je nach Kollektorprodukt und Standort. 6.4 Wie funktionieren Verfahren zu Ertragsgarantie? A) Ertragsgarantien werden i.d.R. zwischen dem Anlageneigner und dem Lieferunternehmen im Rahmen der Auftragsvergabe vereinbart. Sie sichern dem Anlageneigner eine vereinbarte Mindest-Leistungsfähigkeit der Solarthermieanlage zu bzw. verpflichten das Lieferunternehmen zu Ersatzzahlungen bei Nichterreichen der vereinbarten Leistungsfähigkeit. In der Praxis finden zwei Verfahren Anwendung. Garantie auf den eingespeisten solaren Nutzwärmeertrag: Das Lieferunternehmen garantiert einen absoluten jährlichen Ertrag, der sich aus den der Anlagenausschreibung zugrundeliegenden Angaben (z.B. Referenzwetterdatensatz und Lastdaten) abzüglich eines Sicherheitsabschlags ergibt. Der reale Ertrag wird dann an vereinbarter Stelle und über einen 20 vereinbarten Zeitraum (z.B. fünf Jahreszeiträume ab Inbetriebnahme) gemessen und dem garantierten Ertrag gegenübergestellt. Dieses Verfahren lässt i.d.R. Schwankungen in der jährlichen solaren Einstrahlung unberücksichtigt. Diese können bei über plusminus 10 % liegen. Garantie nach Leistungskurve: Bei diesem Verfahren basiert die Ertragsgarantie auf einer garantierten Leistungskurve für das gesamte Kollektorfeld einschließlich der Anbindeleitung, interner Verrohrung und Wärmeübertrager. Sowohl die Ertragsgarantie als auch zwei Verfahren zu deren Überprüfung sind in einer internationalen Norm ISO 24194:2022 beschrieben. Die Verfahren basieren entweder auf mehreren Kurzzeitmessungen von je einer Stunde oder mehrere Messungen über je einen Tag. Die aufgeführten Garantiebedingungen gelten ab der Inbetriebnahme der Solarthermieanlage für einen vereinbarten Zeitraum (z.B. ebenfalls fünf Jahre ab Inbetriebnahme). Mit dem Verfahren nach ISO 24194 kann die Garantie einmal jährlich überprüft werden. Hinweis: AGFW FW 316 - Empfehlungen für die Ausschreibung von Freiflächen-Solarthermieanlagen zur Einbindung in Wärmenetze in Kombination mit der Abgabe solarer Ertragsgarantien, AGFW, 2022 7 Wirtschaftlichkeit 7.1 Wie hoch sind die Investitionskosten für Solarthermieanlagen? A) Die Investitionskosten für eine Solarthermieanlage zur Einbindung in ein Wärmenetz umfassen das Kollektorfeld, die Anlagentechnik der Solarthermieanlage, den Wärmespeicher, die Anlagentechnik zur Anbindung an das Wärmenetz, die elektrische Anbindung und MSR-Technik, Planungs- und Baukosten. Die Investitionskosten sind stark von der Anlagengröße und den projektspezifischen Randbedingungen abhängig (z.B. Erforderlichkeit eines Wärmespeichers oder einer Technikzentrale) und sollten durch ein Indikativangebot bei Anbietern angefragt werden. Anhaltswerte für die Gesamtinvestition (Stand 2020) bewegen sich je nach verwendeter Technik und Anlagengröße zwischen 250 und 480 €/m² Bruttokollektorfläche [Thamling 2020] Die Berücksichtigung der Landkosten ist in FAQ 7.4 erläutert. Die spezifischen Investitionskosten sind bei in Wärmenetzen eingebundenen Großanlagen wesentlich geringer als bei Solarthermieanlagen auf Einzelgebäuden. 21 Referenz: Thamling 2020: Thamling et al., Perspektive der Fernwärme, Prognos AG und HIC Hamburg Institut Consulting GmbH, im Auftrag des AGFW | Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V., 2020] 7.2 Wie hoch sind die Kosten für Betrieb und Instandhaltung einer Solarthermieanlage? A) Die Wartung und Instandhaltung umfassen Sichtprüfungen der Anlage, die Prüfung der Wärmeträgerflüssigkeit (selten), die Pflege des Geländes sowie die Wartung und Instandhaltung der Anlagentechnik der Heizzentrale im gängigen Umfang. Die Wartungs- und Instandhaltungskosten können mit 0,7 % der Gesamtinvestition als jährliche Kosten angesetzt werden. Für die anfallenden Stromkosten kann der Strombedarf der Gesamtanlage mit rund 1 bis 1,5 % der erzeugten Wärmemenge angenommen werden. Die spezifischen Stromkosten sollten entsprechend der unternehmensspezifischen Bezugs- oder Eigenerzeugungskonditionen angesetzt werden. Als weitere jährliche Kosten sind Kosten für Versicherungen und ggf. Landpacht (siehe Link zu FAQ 7.4) sowie der Kapitaldienst für die Investition zu berücksichtigen. Quelle: Praxisleitfaden Solarthermie, März 2021, AGFW 7.3 Welche Wärmegestehungskosten werden erreicht? A) Die Gestehungskosten für die Solarwärme berechnen sich aus den Investitionskosten (siehe FAQ 7.1), den jährlichen Kosten (siehe FAQ 7.2) und dem Jahresertrag (siehe FAQ 6.1) unter der Annahme einer Lebensdauer von 25 Jahren für die Solarthermieanlage und eines unternehmensspezifischen kalkulatorischen Zinssatzes. Es können Wärmegestehungskosten von 55–60 €/MWh vor Förderung erzielt werden (5 % kalkulatorischer Zinssatz, ohne Kosten für die Landfläche, entspr. Berechnungsbeispiel im AGFW-Praxisleitfaden Solarthermie). Die Wärmegestehungskosten sind über die Lebensdauer der Solarthermieanlage weitgehend konstant, da sich ein hoher Anteil von der anfänglichen Investition ableitet. Die Solarthermie bietet somit ein geringes Investitionsrisiko und verringert die Abhängigkeit von Brennstoffkosten und -verfügbarkeiten. Quelle: Praxisleitfaden Solarthermie, März 2021, AGFW 22 7.4 Wie werden die Kosten für die Landfläche berücksichtigt H) Die Kosten für die Pacht oder den Kauf von Flächen können nicht pauschal beurteilt werden, sondern sind stark von den lokalen Bodenpreisen abhängig. Indikatoren für weniger hohe Preise können u.a. geringe Bodenzahlen sein, die auf geringere landwirtschaftliche Erträge der Flächen hinweisen. Auch Bereiche in Wasserschutzgebieten, die Auflagen für die Bewirtschaftung des Bodens wie z.B. den Düngemitteleinsatz enthalten, können sich preislich vorteilhaft auswirken. Da die Flächen zur solarthermischen Nutzung in starker Konkurrenz zur Photovoltaiknutzung stehen, sind die Kosten auch immer davon abhängig wie attraktiv eine Fläche für die Photovoltaiknutzung ist. Sind PV-Flächen nach EEG förderfähig wie z.B. entlang von Autobahnen oder Schienenwegen können meist höhere Pachtpreise gezahlt werden, da die Vergütung des erzeugten Stroms gesichert ist. Auf diesen Flächen können die Pachtpreise auf Grund der besonderen wirtschaftlichen Eignung höher ausfallen als in Bereichen, die nicht nach EEG förderfähig sind. Wenn der Pachtpreis für den/die Besitzer*in das alleinige Entscheidungskriterium ist, muss der Pachtpreis für die solarthermische Nutzung entsprechend höher ausfallen als bei einer geförderten Photovoltaiknutzung. 7.5 Welche Fördermöglichkeiten für Solarthermieanlagen gibt es? A) Es gibt auf Bundes- und Landesebene eine Vielzahl von Förderprogrammen, die zum Bau von Solarthermieanlagen in Verbindung mit Wärmenetzen in Anspruch genommen werden können. Einige dieser Förderprogramme zielen direkt auf die Nutzung und Anwendung solarthermischer Anlagen im Bereich der Fernwärme (z.B. Bundesförderprogramm für effiziente Wärmenetze, BEW). Andere Förderprogramme zielen auf Wärmesysteme ab, bei denen die Solarthermieanlage als ein Bestandteil einer systemischen Förderung bezuschusst werden kann. Dies betrifft vor allem die Förderung über das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG). Die Programme und ihre jeweiligen Konditionen unterliegen fortlaufenden Änderungen und sind über einschlägige Förderportale gelistet. Genannt sind hier mit dem jeweiligen Verweis: » Bundesförderung Effiziente Wärmenetze (BEW): Internetseite des BAFA » Bonus für innovative erneuerbare Wärme sowie Ausschreibungen der innovativen Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG 2020, KWKAusV). 23 8 Projektentwicklung 8.1 Welche Phasen sind bei der Projektentwicklung zu berücksichtigen? H) Die Projektentwicklung solarthermischer Freiflächenanlagen gliedert sich i.d.R. in folgende Phasen: Flächenanalyse und Flächenakquise (ca. 4-8 Monate) Genehmigungsphase (ca. 15-24 Monate) a. Planungsanstoß durch z.B. Vorhabensträger b. Frühzeitige Behördenbeteiligung c. Aufstellungsbeschluss (förmliche Einleitung des Verfahrens) d. Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung (Beteiligung auf Basis eines Vorentwurfs) e. Abstimmung mit Behörden und Trägern öffentlicher Belange f. Öffentliche Auslegung des Planentwurfs (ein Monat) g. Feststellung des Bebauungsplans h. Bauantrag und Erteilung Baugenehmigung Bau und Inbetriebnahme (ca. 5-6 Monate) 8.2 Welche Genehmigungen und Gutachten sind einzuholen? H) Je nach örtlicher Situation können folgende Gutachten gefordert werden: » Blendgutachten (i.d.R. wenn Projekt in Straßennähe) » Statikgutachten / Baugrundgutachten » Versickerungsgutachten » Umweltverträglichkeit bzw. Umweltuntersuchungen unterschiedlicher Fachrichtungen (z.B. Prüfung der Verwendung von Glykol) » Faunistische Betrachtung und Biotopkartierung (Erfassung im Planungsgebiet, Auswertung der Ermittlungsergebnisse, Beratung Ausgleichsmaßnahme oder ökologische Aufwertung) » Weitere Gutachten im Einzelfall je nach lokalen Anforderungen im Plangebiet 8.3 Welche lokalen Akteure sind einzubinden? H) Als wichtige lokale Akteur*innen neben den Behörden sind im Allgemeinen einzubinden: 24 » Im Rahmen der Initiation / Projektidee: Akteure innerhalb der Kommunalverwaltung und Kommunalpolitik (Umwelt-, Klimaschutz-, Stadtplanungs- und Bauamt, Beschaffungs- und Wirtschaftsdezernat, (Ober-)Bürgermeister*in, Kämmerer/Kämmerin, Gemeinderats-mitglieder und -fraktionen etc.) » (lokale) Naturschutzverbände im Rahmen der frühzeitigen informellen Flächenanalyse » Landwirtschaftsverbände im Rahmen der Flächenakquise » Lokale Klimagruppen im Rahmen der öffentlichen Diskussion und Notwendigkeit von EE-Flächen in der Kommune » Stadtwerke, kommunale Eigenbetriebe oder lokale / regionale Bürgerenergiegenos-senschaften als Errichter und / oder Betreiber der Anlage » Lokale Wärmenetzbetriebe wenn Betriebskonzepte diskutiert werden » Energieagenturen, um Erfahrungen aus dem Land oder dem Landkreis / der Region zu nutzen » Ankerkunden (Wärmesenken) » (kommunale) Wohnungsbaugesellschaften, Gebäudeeigentümer*innen, Industrie- und Gewerbebetriebe / -gebiete » Im Rahmen der Projektumsetzung: weitere lokale Akteure wie z. B. Handwerksbetriebe, Banken, Hochschulen, Institute, Umweltvereine, Klima-Initiativen etc. 8.4 Was können Kommunen vorbereitend tun? D) Die Durchführung einer frühzeitigen Flächenanalyse vor der konkreten Projektplanung, z.B. im Zuge der Erstellung eines kommunalen Wärmeplans, unterstützt und beschleunigt den Entscheidungsprozess. Folgenden Schritte können vorbereitend erfolgen: » Betrachtung des Flächennutzungsplans sowie der planerischen Vorgaben auf Landes- und Regionalebene, mit dem Ziel auf Basis dieser Bestandsaufnahme eine Priorisierung potenzieller Flächen für erneuerbare Energiegewinnung vorzunehmen (siehe FAQ 3.8). » Prüfung auf für die Wärmeplanung und insbesondere für die Solarthermie relevante Aspekte bereits erstellter Karten und Darstellungen, z.B. für die Stadtplanung oder für Klimaschutzkonzepte » Je nach Kommunentyp und -größe bietet es sich an, frühzeitig Kontakt zu benachbarten Kommunen aufzunehmen, um eine interkommunale Flächenanalyse zu initiieren, die entsprechende Vorteile bieten kann (Erfassung von Randbereichen, Reduzierung des Aufwands und damit auch der Kosten für die einzelnen Kommunen, mehr Flächen zur Abwägung stehen zur Verfügung). » Erstellung von Klimaschutzkonzepten (Angaben zu Klimaschutzzielen, technisch und wirtschaftlich umsetzbare Einsparpotenziale, konkrete Handlungsfelder, wie bspw. Wärme- und Kältenutzung, und Maßnahmen) » Einleitung und Durchführung einer kommunalen Wärmeplanung, u.a. zur Ermittlung der technischen Potenziale einzubindender erneuerbarer Energiequellen wie bspw. Solarthermie unter Berücksichtigung von Ausschlusskriterien (siehe FAQ 3.8)

Asma Sohail2023-08-21T09:33:59+02:00Montag, 21. August, 2023|

Freiflächen-Solarthermie in der Raumplanung – Grundsatzpapier

POLICY PAPER/GRUNDSATZPAPIER ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE IN DER RAUMPLANUNG erstellt von HIR Hamburg Institut Research und Solites im Rahmen des Projekts SolnetPlus Juli 2023 Solarthermie-Freiflächenanlagen müssen auf allen Planungsebenen ausdrücklich und zusätzlich zu Photovoltaik-Anlagen adressiert werden. Solarthermische Freiflächenanlagen können die Dekarbonisierung von Wärmenetzen sehr effektiv unterstützen, weil die Sonnenenergie durch die direkte Umwandlung zu Wärme sehr effizient genutzt wird. Durch den geringen Bedarf zusätzlicher Energieträger wie u.a. Strom können die Wärme-erzeugungskosten langfristig gering und die Wärmepreise weitgehend unabhängig von globalen Energiemärkten gestaltet werden. Dass sich die Freiflächen-Solarthermie in den vergangenen Jahren noch nicht stärker verbreitet hat, lag neben den sehr geringen Bezugskosten für fossile Brennstoffe auch an dem geringen Bekanntheitsgrad der Technik und den Hemmnissen in der Planung der Anlagen. Das Hamburg Institut hat sich in den Jahren 2022- 2023 im Rahmen des Forschungsprojekts SolnetPlus mit den Planungs- und Genehmigungshemmnissen auseinandergesetzt und die folgenden Politikempfehlungen entwickelt: 1. Solarthermie sollte in der Raumplanung auf Bundesebene Vorrang vor Photovoltaik eingeräumt bekommen. Alle Maßnahmen, die die räumliche Steuerung von Photovoltaikanlagen adressieren, sollten agen" betitelt werden, um die Solarthermie im Begriff einzuschließen. Im Rahmen der räumlichen und planungsrechtlichen Steuerung wie z.B. über das BauGB sollte bei Maßnahmen, die den Ausbau von solaren Anlagen beschleunigen, die Solarthermie gegenüber der Photovoltaik gesondert behandelt werden. Die Privilegierung von solaren Anlagen im 200 m-Korridor entlang von Autobahnen und Schienen ist klar auf die Belange der Photovoltaik ausgerichtet. Die solarthermische Erzeugung sollte als Anlage privilegiert werden, ohne räumliche Vorgaben. Solarthermische Freiflächenanlagen sollten aus wirtschaftlich-technischen Gründen möglichst nah an den Wärmeverbrauchern liegen. Im Gegensatz dazu haben Photovoltaik-Freiflächenanlagen kein derartiges Erfordernis und können weiter entfernt von den Verbrauchern liegen. 2. Bezüglich steuerlicher und erbschaftsrechtlicher Belange ist die Solarthermie mindestens im gleichen Maße wie die Photovoltaik zu adressieren. Alle Maßnahmen, die die finanzrechtlichen Aspekte von Photovoltaikanlagen adressieren, scheint. 3. Solarthermie ist in der Raumplanung auf Landesebene gesondert zur Photovoltaik zu betrachten. Landesraumordnungsprogramme oder Landesentwicklungsprogramme sollten klar benennen, dass solarthermische Anlagen auch in Bereichen mit hohen räumlichen Widerständen nicht generell auszuschließen sind. Stattdessen sind die (scheinbaren) räumlichen Widerstände unter erhöhtem Abwägungsbedarf zu prüfen oder als besonders geeignet für Solarthermie darzustellen, wenn ein Wärmenetz in der Nähe liegt oder geplant ist. Hintergrund ist, dass sich der Suchbereich für solarthermische Freiflächen stark auf die Gebiete in der Nähe zu Wärmenetzen / Siedlungsbereichen beschränkt, da die Anbindung nur unter begrenzten Leitungslängen sinnvoll umsetzbar ist. Gunstflächen bzw. besonders geeignete Flächen für die solare Nutzung sollten sich nicht nur an den Fördervorgaben des EEG (Ausrichtung an der Photovoltaik) orientieren. Stattdessen sollten sie u.a. die räumliche Vorprägung stärker in Betracht ziehen und besonders geeignete Flächen dort vorsehen, wo auch solarthermische Anlagen besonderes Umsetzungspotenzial aufweisen wie z.B. in räumlicher Nähe zu bebauten Bereichen wie Siedlungs- und Gewerbegebieten. 4. Länder und Landkreise / Regionen sollten die Kommunen bei der Flächenanalyse unterstützen und den Kommunen Potenzialatlanten zur Verfügung stellen, die die Ausschluss- und Abwägungsbereiche auf den vorgelagerten Ebenen zur kommunalen Planung abbilden. Da auf absehbare Zeit eine Vielzahl von Kommunen eine Wärme- oder Energieplanung erstellen wird, sollten die Daten der vorgelagerten Planungsebenen aggregiert bereitgestellt und laufend aktualisiert werden, um die Datenbeschaffung effizient zu gestalten und mehr Ressourcen für die Abstimmung der Konzepte und Flächen auf kommunaler Ebene zu schaffen. In Gesetzgebungsverfahren sollte darauf geachtet werden, Länder und Landkreise in dieser Aufgabe zu stützen. 5. Kommunen sollten sich aktiv in die Flächenbereitstellung und -konzeption inklusive der Kompensationsflächen einbringen. Zusätzlich zu den Projektflächen und Nutzungskonzepten, die im Rahmen einer strukturierten Flächenanalyse und begleitet durch eine Solarstrategie ermittelt werden, sollten Kompensations- bzw. Ökokontoflächen für ausgewählte (solarthermische) Projekte vorgehalten werden. Durch dieses Vorgehen kann der zeitliche Gesamtplan des Projekts gestrafft werden, wenn die Flächensuche für solarthermische Anlagen von Beginn an systematisch erfolgt. Eine weitere zeitlich nachgelagerte Suche nach Kompensationsflächen muss in diesen Fällen nicht mehr erfolgen, was die Umsetzung beschleunigt. In Gesetzgebungsverfahren sollte darauf geachtet werden, dass Kommunen in der nicht vorhabenbezogenen (Bauleit-)Planung von solaren Freiflächen gestützt und Hürden abgebaut werden. Weitere Infos zum Projekt unter: www.solare-waermenetze.de Weitere Inhalte zu Freiflächen-Solarthermie und Raumplanung auch unter: https://www.solare-waermenetze.de/solare-waermenetze/solarthermie-freiflaechen-raumplanung/ Dieses Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages unter dem Förderkennzeichen 67kf0119c gefördert.

Anna Laura Ulrichs2023-08-02T15:27:28+02:00Mittwoch, 2. August, 2023|
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