Kompensationsmaßnahmen Freiflächen-Solarthermie: Status quo und Handlungsbereiche

STATUS QUO UND HANDLUNGSBEREICHE – KOMPENSATIONSMAßNAHMEN FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE SOLNETPLUS – VERBREITUNG SOLARER WÄRMENETZE ALS EINE LÖSUNG FÜR DEN KOMMUNALEN KLIMASCHUTZ Hamburg, 01.12.2023 2 AUTOR:INNEN: Marleen Greenberg, Johanna Schickling, Felix Landsberg, Dr. Matthias Sandrock, Paula Möhring HIR Hamburg Institut Research gGmbH, Paul Nevermann Platz 5, 22765 Hamburg Version: Dezember 2023 Kontakt: Greenberg@hamburg-institut.com Das vorliegende Dokument entstand im Rahmen des Verbundvorhabens „SolnetPlus – Solare Wärmenetze als eine Lösung für den kommunalen Klimaschutz“. Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert (FKZ: 67KF0119C). Arbeitspaket 4: Genehmigungshemmnisse vor Ort Haftungsausschluss: Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den Autoren. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung des Fördermittelgebers wieder. Weder die Autoren noch der Fördermittelgeber übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. INHALT 1Zusammenfassung ........................................................................................................ 1 2Einleitung ....................................................................................................................... 2 3Ausgangssituation ......................................................................................................... 2 3.1BNatSchG .............................................................................................................. 2 3.2Ökokonto................................................................................................................ 4 3.2.1Unterscheidung zwischen Ökokonto nach BauGB und BNatSchG............... 5 3.2.2Ausgestaltung von naturschutzrechtlichen Ökokonten ................................. 5 3.2.3Vor- und Nachteile ........................................................................................ 6 3.3Literatur zu Kompensation und ökologischer Gestaltung von Solaranlagen ......... 8 4Handlungsbereich: kompensation innerhalb Solar-FFA ermöglichen ........................... 9 4.1Hintergrund ............................................................................................................ 9 4.2Ausgestaltung ...................................................................................................... 10 4.3Verantwortungsbereiche ...................................................................................... 12 5Handlungsbereich: Festsetzung Umsetzungsrahmen ................................................. 12 5.1Hintergrund .......................................................................................................... 12 5.2Ausgestaltung ...................................................................................................... 13 5.3Verantwortungsbereiche ...................................................................................... 15 6Handlungsbereich: Fokus auf Ökokontomaßnahmen ................................................. 16 6.1Hintergrund .......................................................................................................... 17 6.2Ausgestaltung ...................................................................................................... 17 6.3Verantwortungsbereich ........................................................................................ 20 7Danksagung ................................................................................................................. 21 8Anhang ......................................................................................................................... 21 9Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 24 1 1 ZUSAMMENFASSUNG Die allgemeine Flächenknappheit und -konkurrenz führt zu der Notwendigkeit, bestehende Systeme und Regularien zu evaluieren und zu optimieren, um diese Faktoren angemessen zu adressieren. Vor diesem Hintergrund werden in dem folgenden Handlungsleitfaden der Status quo der Ausgestaltung bzw. der Umgang mit Kompensationsmaßnahmen bei der Umsetzung von solaren Freiflächenanlagen (insbesondere Solarthermie) aufbereitet, sowie Ansatzpunkte zur Evaluation und Verbesserung aufgezeigt. Ebenfalls werden die naturschutzrechtlichen Aspekte, denen Kompensationsmaßnahmen zu Grunde liegen, thematisiert. Es werden Ansätze erläutert, wie der Naturnutzen insbesondere unter dem Aspekt stetig steigender Flächenknappheit durch effizientere und zielorientierte Ansätze ausgebaut werden könnte. Die in Rede stehenden Maßnahmen zur Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft durch solare Freiflächenanlagen im Außenbereich richten sich bundesrechtlich primär nach der sogenannten naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in den §§ 13 – 18 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Sie legen einerseits fest, welche Eingriffe einer Kompensation (Ausgleich oder Ersatz) bedürfen und in welcher Art, aber auch, unter welchen Voraussetzungen die Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen möglich ist. Die nähere Ausgestaltung derartiger Bevorratungsmaßnahmen (z.B. mittels Ökokonten) überlässt das BNatSchG indes dem Landesrecht, sodass bundesweit ein unübersichtlicher Flickenteppich aus sich im Einzelnen deutlich unterscheidenden landesrechtlichen Regelungen besteht. Die derzeitige Qualität der Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen, Bevorratung durch Ökokonten einschließend, wird nicht zuletzt aus diesem Grund vielseitig kritisiert und erfordert eine umfassende Anpassung der Rahmenbedingungen. In Anbetracht der Flächenknappheit und -konkurrenz ist mangelnde Qualität bei der Nutzung der Flächen nicht zielführend, weshalb in diesem Rahmen mit dem Ziel, das System der Kompensation besser zu gestalten, drei Ansatzpunkte näher erläutert werden. Im ersten Handlungsbereich wurde sich damit auseinandergesetzt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die komplette Beeinträchtigung durch den Eingriff innerhalb der solaren Freiflächenanlage ausgleichen. Durch eine optimierte ökologische Gestaltung sollte der Bedarf an Ausgleich so weit reduziert werden können, dass ein Ausgleich auf externen Flächen explizit nicht von Nöten ist. Der zweite Handlungsbereich thematisiert die Festsetzung des Umsetzungsrahmens für Kompensationsmaßnahmen. Dies beginnt bei einer einheitlichen Methodik zur Kompensationsumfangermittlung, umfasst klare Leitfäden zur Herangehensweise und Umsetzung von Kompensationsbedarfen (Welche Schritte sind zu beachten? Wer sind meine Ansprechpartner?) und endet bei einem qualitativ hochwertigen Monitoringsystem, welches auch fachpersonelle Kontrollen, z.B. durch Ökolog:innen, beinhaltet. Im dritten Handlungsbereich wurden Potenziale im Bereich der Evaluierung, Verbesserung und Vereinheitlichung des derzeitigen Ökokontosystems ermittelt. Es wird empfohlen, dieses Konzept eingehender darauf zu prüfen, ob es stärker in den Vordergrund gestellt und genutzt werden sollte. Das Konzept von Ökokonten wird teils kritisch diskutiert, bietet aber das Potenzial, sehr gewinnbringend für den Naturschutz zu sein und gleichzeitig Flächen in Bezug auf die ökologische Wertigkeit effektiver zu nutzen als kleinteilige Kompensationsmaßnahmen. Derzeit existiert auf Bundesebene keine Ökokontoverordnung - stattdessen haben die meisten Bundesländer spezifische (Ökokonto)Verordnungen. Eine Evaluierung und Verbesserung sollte daher auch die Prüfung einer Vereinheitlichung dieser Verordnungen auf Bundesebene beinhalten. 2 2 EINLEITUNG Die Planung von Solarthermie-Freiflächenanlagen kann durch verschiedene Hemmnisse erschwert werden, darunter auch die mangelnde Verfügbarkeit geeigneter Flächen (vgl. Infoblatt Solare Wärmenetze – „Flaschenhals Fläche“1). Verschärfend kommt hinzu, dass nicht nur für die Anlagenfläche am Standort selbst eine geeignete Fläche identifiziert werden muss, sondern auch für in der Regel erforderliche Kompensationsmaßnahmen. Das Ziel dieser Ausarbeitung ist die Erarbeitung von Handlungsansätzen zum Umgang mit Kompensationsflächen und -maßnahmen bei Solarthermie-Freiflächenanlagen. Im Folgenden werden daher die aktuellen Kompensationsregelungen und das Konzept der Ökokonten zur Kompensationsbevorratung erläutert (Ausgangssituation). Der Bedarf für die Nachjustierung des Kompensationssystem und geeignete Ansatzpunkte hierfür werden aufgezeigt. Für die unterschiedlichen beteiligten Akteure werden jeweilige Handlungsansätze vorgestellt. 3 AUSGANGSSITUATION Wenn Bauvorhaben im Außenbereich in Deutschland geplant werden, muss Kompensation mitgedacht werden. Dies schließt Solarthermie-Freiflächenanlagen ein, welche ebenfalls raum- und umweltverträglich sein müssen (vgl. Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung und Ministerium für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, 2021). Hierbei ist es gängige Praxis, dass separate Kompensationsflächen gefunden werden müssen, um entsprechende Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen. In Deutschland wird dies durch die §§ 13 – 18 des Bundesnaturschutzgesetztes (BNatSchG) geregelt. Was dies umfasst, wird grob in Abschnitt 3.1 paragraphenweise umrissen. In Abschnitt 3.2 werden die Grundzüge der Bevorratung von Kompensationsflächen nach § 16 Abs. 2 BNatSchG mittels naturschutzrechtlichen Ökokonten, sowie Vor- und Nachteile des Konzepts dargestellt. In Abschnitt 3.3 wird die verfügbare deutschsprachige Literatur zu Kompensation und ökologischer Gestaltung von Freiflächensolaranlagen vorgestellt. 3.1 BNatSchG Die meisten Bundesländer berufen sich bzgl. des Kompensationsbedarfs auf die §§ 13 - 18 des BNatSchG. Hierbei handelt es sich um die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, welche als Grundlage für sämtliche Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft gilt. Im Folgenden werden Kernaspekte dieser Paragrafen hervorgehoben und zusammengefasst: § 13 Allgemeiner Grundsatz • Erhebliche Beeinträchtigungen müssen vermieden werden oder ansonsten mit Maßnahmen ausgeglichen werden bzw. im Zweifelsfall mit Geld. 1 Infoblatt zum strukturierten Umgang mit Flächenhemmnissen bei Freiflächen-Solarthermie - Hamburg Institut (hamburg-institut.com) 3 § 14 Eingriffe in Natur und Landschaft • (1) Eingriffe = Veränderungen, “ […] die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können.”; • (2) Bodennutzung durch Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft kein Eingriff, soweit die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden. § 15 Verursacherpflichten; Unzulässigkeit von Eingriffen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen • (1) Verursacher muss Beeinträchtigung der Natur & Landschaft vermeiden und nicht vermeidbare Beeinträchtigungen begründen; • (2) Nicht Vermeidbares ist zu kompensieren durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Kompensation oder Ersatz gilt erst dann als erfolgt, wenn diese Maßnahmen auch wirklich den Zweck/Funktion des Ausgleichs erreicht haben; • (3) Land- und forstwirtschaftliche Belange sind zu berücksichtigen. Vorrangig sollen (wenn möglich) Entsiegelung, Wiedervernetzung von Lebensräumen oder Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen als Ausgleichsmaßnahmen in Betracht gezogen werden. Begründet ist dies darin, um zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden; • (4) Der Unterhaltungszeitraum wird von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid festgelegt. Der Verursacher bzw. Nachfolger ist für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Maßnahme verantwortlich; • (5) Wenn die Ausgleichs- /Ersatzmaßnahmen nicht in einer angemessenen Frist durchgeführt werden können und die Belange des Naturschutzes & Landschaftspflege vor dem Nutzen des Eingriffs stehen, kann der Eingriff nicht zugelassen werden; • (6) Ersatzzahlungen sind nötig, wenn eine nicht vermeidbare Beeinträchtigung weder kompensiert noch ersetzt werden kann. Die Zahlungssumme richtet sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahme inkl. sämtliche Kosten der theoretischen Planung, Instandhaltung, Personal etc. Die Höhe der Ersatzzahlung ist vor dem Eingriff festzusetzen und zu zahlen; • (7) Das BMUV2 im Einvernehmen mit dem BMEL3, BMDV4, BMWI5 sowie der Zustimmung des Bundesrates ist ermächtigt, Näheres zur Kompensation von Eingriffen zu regeln. Dies betrifft vor allem Inhalt, Art und Umfang bzw. Höhe und Verfahren zur Erhebung von Ersatzzahlungen. Sollte das BMUV von seinem Recht keinen Gebrauch machen, richtet sich das zuvor genannte nach Landesrecht; • (8) Weitere Regelungen zur Handlungsmacht vom BMUV zu Kompensationsmaßnahmen. § 16 Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen • (1) Kompensations- bzw. Ersatzmaßnahmen sind als solche anzuerkennen, soweit sie den vorgesehenen Zweck/Funktion tatsächlich erfüllen, sie ohne rechtliche Verpflichtung durchgeführt, keine öffentlichen Fördermittel genutzt wurden und eine Dokumentation des Ausgangszustandes der Fläche vorhanden ist. Zudem dürfen sie Programmen und Plänen (§§ 10 und 11) nicht widersprechen; 2 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz 3 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 4 Bundesministerium für Digitales und Verkehr 5 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 4 • (2) Absatz bzgl. Bevorratung von vorgezogenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. § 17 Verfahren; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsordnungen • (1-3) Einordnung der behördlichen Genehmigungsgeber bzgl. Eingriffe; • (4) Der Verursacher des Eingriffs hat zur Beurteilung vor der Genehmigung konkrete Angaben zu Ort, Art, Umfang und zeitlichem Ablauf des Eingriffs sowie die geplanten Maßnahmen zum Ausgleich etc. inkl. Angaben zur tatsächlichen und rechtlichen Verfügbarkeit der Ausgleichsflächen anzugeben. Die zuständige Behörde kann eine Sicherheit einfordern (finanziell), um sicherzustellen, dass der Verursacher auch seine Verpflichtung nach § 15 erfüllen und umsetzen kann; • (6) Sämtliche Maßnahmen und hierfür genutzte Flächen werden in einem Kompensationsverzeichnis dokumentiert; • (9) Beendigung oder längere (>1 Jahr) Unterbrechungen des Eingriffs sind der zuständigen Behörde mitzuteilen. Die Behörde kann in dem Fall festsetzen, bis wann die Kompensation (anteilig) zu erfüllen ist; • (11) Die Landesregierung ist ermächtigt, das Verfahren genauer zu regeln und zu bestimmen (inkl. des Kompensationsverzeichnisses, welches in § 11 festgesetzt ist) und kann die Ermächtigung auf andere Landesbehörden übertragen. § 18 Verhältnis zum Baurecht • (1-3) Es wird erläutert, in welchen Fällen § des Baugesetzbuches greifen und in welchen §§ 14-17 des BNatSchG. 3.2 Ökokonto § 16 BNatSchG eröffnet die Möglichkeit, Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zeitlich vor zu erwartenden Eingriffen vorzubereiten und durchzuführen (sog. vorgezogene Kompensationsmaßnahmen) und benennt als mögliches Mittel zu deren Bevorratung das Ökokonto. Konkret heißt dies, dass zu jedem beliebigen Zeitpunkt Maßnahmen für den Naturschutz und die Landschaftspflege von diversen Akteur:innen geplant und durchgeführt werden können, welche je nach Umfang und Biotopwert in Ökopunkte umgerechnet werden. Das Bewertungsverfahren hierzu ist – sofern vorhanden – jeweils in der Ökokontoverordnung des Landes festgelegt (ÖKVO) bzw. in einer Kompensationsverordnung, die Ökokonten mitbehandelt6. Ein potenzieller Vorteil ergibt sich durch die Bündelung von naturschutzrechtlich und landschaftspflegerisch sinnvollen Maßnahmen auf dafür geeigneten Flächen (z.B. großräumiger und/oder zusammenhängend) durchgeführt von Fachpersonal7 und einem entsprechenden Finanzierungssystem. Das Prinzip des Ökokontos erleichtert vor allem auch die meist herausfordernde Suche nach Ausgleichsflächen, die zusätzlich zur Fläche für das eigentliche Projekt gefunden werden müssen (vgl. Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen). 6 Eine Übersicht der je Bundesland vorliegenden ÖKVO oder ggf. Kompensationsverordnungen, die für Ökokontobelange genutzt werden, befindet sich im Anhang. 7 Die Durchführung durch Fachpersonal ist nicht Vorgabe, das Potenzial besteht aber durch die Übertragung auf spezialisierte Agenturen und Stiftungen für solche Vorhaben. 5 3.2.1 Unterscheidung zwischen Ökokonto nach BauGB und BNatSchG An dieser Stelle wird noch einmal hervorgehoben, dass zwischen dem bauplanungsrechtlichen und dem naturschutzrechtlichen Ökokonto unterschieden wird. Ersteres findet seine Rechtsgrundlage in § 135a Abs. 2 S. 2 Baugesetzbuch (BauGB) und wird von den für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinden zur Bevorratung von Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von §§ 1a Abs. 3, 200a BauGB im Hinblick auf künftige, bauleitplanbedingte Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne von § 1a Abs. 3 S.1 BauGB i.V.m. § 14 BNatSchG geführt. Demgegenüber wird das auf § 16 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. den LNaturschutzgesetzen und ggf. LVerordnungen basierende naturschutzrechtliche Ökokonto durch die unteren Naturschutzbehörden zur Bevorratung von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen i.S.v. § 15 BNatSchG im Hinblick auf künftige, nicht bauleitplanbedingte Eingriffe im Sinne von § 14 BNatSchG verwaltet. Die maßgebliche Abgrenzungsnorm ist § 18 BNatSchG, wonach die naturschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 14 bis 17 BNatSchG lediglich für Vorhaben im Außenbereich, für Planfeststellungsverfahren sowie für planfeststellungsersetzende Bebauungspläne unmittelbare Anwendung finden. Die Unterschiede zwischen den beiden Ökokonto-Typen sind primär formeller Natur (Rechtsgrundlage, zuständige Behörde, Begrifflichkeit für Kompensation8). In materieller Hinsicht decken sich die beiden Konten indes schon deshalb weitestgehend, weil beide der Kompensation von unvermeidbaren Eingriffen in Natur und Landschaft dienen. Ob ein zu kompensierender Eingriff in diesem Sinne vorliegt, ist in beiden Fällen nach § 14 BNatSchG zu beurteilen. Gemeinsam haben beide Ökokonto-Typen außerdem, dass es sich bei den dort verbuchten Kompensationsmaßnahmen jeweils um Maßnahmen handelt, die künftige Eingriffe kompensieren sollen. Aufgrund dieser materiellen Gemeinsamkeiten ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, Maßnahmen, die auf einem naturschutzrechtlichen Ökokonto verbucht worden sind, zur Kompensation von Eingriffen nach § 1 a Abs. 3 BauGB heranzuziehen9 (die nach originärer Zielsetzung über ein baurechtliches Ökokonto zu kompensieren wären) und umgekehrt. Die Kompensation von Eingriffen durch solare Freiflächenanlagen richtet sich im Außenbereich wie oben dargelegt nach den §§ 13 bis 17 BNatSchG, sodass der Leitfaden im Folgenden vor allem das diesem Zweck dienende naturschutzrechtliche Ökokonto in den Blick nimmt. 3.2.2 Ausgestaltung von naturschutzrechtlichen Ökokonten Während die Bedingungen für die Anerkennung von Ökokonto-Maßnahmen bundeseinheitlich in § 16 Abs. 1 BNatSchG normiert werden, erfolgen sämtliche Konkretisierungen auf Bundeslandebene (§16 Abs. 2 BNatSchG „richtet sich nach Landesrecht“) – meist in Form von sogenannten Ökokonto-Verordnungen (ÖKVO) oder Kompensationsverordnungen, die die Bevorratung von Ausgleichsflächen mitbehandeln. Die dadurch vorhandenen Unterschiede hinsichtlich der näheren Ausgestaltung von Ökokonten zwischen den Bundesländern stellen Akteur:innen vor Herausforderungen, sobald Bundesländergrenzen überschritten werden. Wesentliche Unterschiede bestehen dabei z.B. in den Vorgaben zu Quantität und Qualität von als Ökokontomaßnahmen zugelassenen Maßnahmen, der Zuständigkeit für Zulassungen, dem Umgang mit Ökokontoagenturen, und der Bilanzierungsmethodik 8 Während das Naturschutzrecht (in § 15 Abs. 2 BNatSchG) zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen differenziert, bedarf es dieser Unterscheidung bei der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung nicht, da § 1 a Abs. 3 BauGB einheitlich von „Ausgleich“ spricht und § 200 a Satz 1 BauGB klarstellt, dass Ausgleichsmaßnahmen auch Ersatzmaßnahmen umfassen. Seitdem das BNatSchG den hiernach bis 2010 geltenden Vorrang von Ausgleichs- vor Ersatzmaßnahmen beseitigte, läuft es mit dem BauGB faktisch parallel. 9 Vgl.: VGH Mannheim, Urt. v. 21.4.2015 – 3 S 748/13, NuR 2015, 647 = juris Rn. 71 ff. 6 hinsichtlich Ökopunkten (vgl. Internationales Institut für Wald und Holz NRW, 2010). Auch die Gutschrift und Stilllegung von Ökopunkten folgt unterschiedlichen Ansätzen und Systemen je Bundesland. Im Anhang werden die vorhandenen ÖKVO der Bundesländer aufgeführt bzw. die gesetzlichen Grundlagen für Ökokonten. Ein zu betrachtender Aspekt ist außerdem die Verantwortlichkeit für die Umsetzung der auf dem Ökokonto verbuchten Kompensationsmaßnahme. Nach dem im Umweltrecht geltenden Verursacherprinzip liegt die Verantwortlichkeit für Kompensationsmaßnahmen grundsätzlich beim Verursacher eines Eingriffs (vgl. § 15 BNatSchG), d.h. bei demjenigen, dem der Eingriff zuzurechnen ist. Bei Eingriffen durch solare Freiflächenanlagen wäre dies der Auftraggeber des ausführenden Bauunternehmens. Je nach Aufstellung des Unternehmens liegt hier allerdings nicht die Kompetenz und es ist gängig für die Umsetzung Institutionen, die auf die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen spezialisiert sind, wie z.B. Flächenagenturen (sog. Maßnahmenträger) zu beauftragen. Auch bei den – einem Eingriff grundsätzlich zeitlich vorausgehenden – Ökokontomaßnahmen liegt die Umsetzungs- und Pflegepflicht erst mal ebenfalls bei dem Verursacher des Eingriffs. Durch Zusatzverordnungen wird dies aber teils in Bundesländern differenzierter geregelt, z.B. in Schleswig-Holstein durch die AgentAnerkVO10. Auch kann teils, je nach Vertragslage, die Pflegepflicht auf den Ökokontoführer übertragen werden, wobei die hierfür entstehenden Kosten in den Verkaufspreis der Ökopunkte mit eingerechnet werden (vgl. Flächenagentur Baden-Württemberg GmbH). Zu den Vorfinanzierenden der Ökokonto-Maßnahmen zählen Kommunen und Agenturen bzw. Stiftungen, aber auch Privatpersonen und Bauunternehmen. Einige Bundesländer haben im Bereich der Ökokonten recht offene Systeme, andere verfügen über umfangreichere Regularien und Vorgaben. So wird beispielsweise in Baden-Württemberg festgesetzt, dass sich entsprechende Maßnahmen in bestimmte Wirkungsbereiche einordnen lassen müssen (ÖKVO §2 Abs.1). Auch Bayern und Schleswig-Holstein sind in der Regulierung und Umsetzung von naturschutzrechtlichen Ökokonten bereits breit aufgestellt. 3.2.3 Vor- und Nachteile Das Konzept Ökokonto birgt einige Vorteile, wird aber in vielen Punkten auch kritisiert. Im ersten Teil wird der naturschutzfachliche Nutzen von Ökokonten aufgeführt. Wie bereits oben angesprochen liegt in diesem Werkzeug das Potenzial, Maßnahmen großflächig zu planen und so den Fokus darauf zu setzen, den besten Nutzen für die Natur zu schaffen. Anderenfalls wird in der Regel nur das minimal notwendige umgesetzt, um einen konkreten Eingriff auszugleichen, was das Potenzial minimiert. Gerade in Deutschland besteht massiver Bedarf, Naturschutzflächen zu vergrößern und besser miteinander zu vernetzen (Walz, Schumacher, & Krüger, 2022). Die Probleme bei kleinen, isolierten Ökosystemen sind vielfältig, je kleiner beispielsweise die Flächen sind, desto größer sind Randeffekte und desto anfälliger sind Biotope dafür, Extremwetterereignissen nicht standzuhalten (Hitze, Dürre, Stürme etc.) (Lovejoy, et al., 1986). Dies ist gerade im Blick auf den anthropogenen Klimawandel, der diese Extreme verstärkt und häufiger macht, ein kritischer Aspekt 10 AgentAnerkVO – Agenturanerkennungsverordnung: Landesverordnung zur Anerkennung von Agenturen zur Durchführung, Unterhaltung und dauerhaften Sicherung von Kompensationsmaßnahmen. 7 (Swain, Singh, Touma, & Diffenbaugh, 2020). Ökokonten können hier eine zentrale Rolle einnehmen, denn Biotope bzw. ganze FFH-Gebiete anzuschließen und zu vernetzen erfordert oft großräumige und teils auch langfristige Planung. Weiterhin lässt sich anführen, dass die Pflege, bezogen auf die Flächengröße, auf einer großen Fläche einfacher und kostengünstiger ist als auf vielen kleinen Flächen und somit Gelder effizienter eingesetzt werden können. Abseits von Naturschutzaspekten bieten Ökokonten aber auch einen gravierenden Vorteil bei der Planung von Bauvorhaben. Gemeint ist hier die Beschleunigung des Planungsprozesses durch die Reduktion des Aufwandes für die Suche nach Kompensationsflächen oder ggf. den kompletten Wegfall der Kompensationsflächensuche (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft). Dies ermöglicht es den Projektierenden, sich auf ihre Projekte zu fokussieren, was besonders bei der Solarthermie die schnelle Dekarbonisierung lokaler Wärmenetze unterstützen kann. Zudem kann es auch verhindern, dass Vorhabens-Ideen daran scheitern, dass keine bzw. nicht ausreichend geeignete Kompensationsflächen gefunden werden können bzw. es werden das Risiko und der Aufwand vermieden, nicht nur für den Bau der Anlage Flächen zu finden, sondern zusätzlich auch zur Kompensation. Dieser Vorteil ist besonders bei der Umsetzung von Solarthermie in der Freifläche nützlich, da bereits die Flächensuche für die Projektfläche auf Grund der besonderen Anforderungen (u.a. Nähe zu Wärmenetzen) viel Zeit und Ressourcen benötigt. Auf der anderen Seite gibt es, wie bereits erwähnt, auch einige kritische Punkte am Ökokontokonzept. Ein Kritikpunkt ist, dass Ökokonten Anreize schaffen, Eingriffe zu fördern, welche Ausgleichsmaßnahmen erfordern. Dies würde dem Grundsatz der Eingriffsregelung entgegenstehen, dessen Devise es ist, erhebliche Beeinträchtigungen durch Eingriffe stets zu vermeiden. Diese Gefahr wird explizit dann gesehen, wenn Finanzierende/Investierende der Maßnahmen auch gleichzeitig Einfluss auf die Bauplanung haben. Eine angepasste Bepreisung der Ökokonten kann diesen Entwicklungen, die nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Eingriffsregelung stehen, entgegenwirken. Es sollte finanziell nicht attraktiver sein, auszugleichen, anstatt Beeinträchtigungen durch einen Eingriff zu vermeiden. Zudem teilen sich die verschiedenen Rollen bei naturschutzrechtlichen Ökokonten auf unterschiedliche Instanzen und Personen auf. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass ökologisch notwendige Eingriffe nicht durchgeführt werden, wenn diese nicht als Ökokontomaßnahmen angerechnet werden können. In der Praxis sollte dies aber eher die Ausnahme bilden, da einerseits Ökokontomaßnahmen generell breit aufgestellt sind und einen Großteil ökologischer Eingriffe in Ökopunkte umwandeln lassen und andererseits bei einer solchen Notwendigkeit auch das Bundesnaturschutzgesetz greift. Zusätzlich zu diesen übergeordneten Kritikpunkten gibt es auch konkrete Kritik an der Praxis zu den Ökokonten. Diese Kritik bezieht sich in einigen Fällen auf konkrete Durchführungsbeispiele von bauplanungsrechtlichen Ökokontomaßnahmen. Im Folgenden werden, mit Verweis auf die materiellen Gemeinsamkeiten beider Typen (siehe Kapitel 3.2.1), Kritikpunkte beider Ökokonto-Typen zusammengefasst. In der Vergangenheit ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Systematik der Ökopunkte nicht in jedem Fall allen Einzelaspekten ausreichend Sorge tragen kann. Bei Rabenschlag et al. (2019)11 wird beispielsweise von dem Ziel „möglichst viele anrechenbare Ökopunkte auf möglichst wenig Fläche zu generieren“ gesprochen. Ein konkretes Beispiel bietet hier der Bau des Amazon-Logistikzentrums in 11 Diese Studie führt eine Evaluation der Umsetzung baurechtlicher Ausgleichsmaßnahmen durch. 8 Mönchengladbach, bei dem mehr als die Hälfte der benötigten Ökopunkte für die Umwandlung einer Fläche zu einem Auwald von der Größe von 8 500 m2 genutzt wurde. Dies entspricht lediglich 6,5 % der Bauvorhabens-Fläche (Müller, 2019). Diese Flächenverhältnisse kommen dadurch zustande, dass die Regelungen die Gesamtwertigkeit der betreffenden Fläche bewerten und somit Flächengrößen nicht prioritär betrachtet werden. Dies befeuert unter anderem das Problem der Flächenverknappung durch Versiegelung, da mehr Fläche ver- als entsiegelt bzw. vor Versiegelung geschützt wird. In der Realität ist der Zusammenhang zwischen Eingriff und Kompensation nicht immer gegeben, obwohl dies – zumindest in einigen Bundesländern – vorgeschrieben ist (Bethge, 2004). Die räumliche Nähe zwischen Eingriff und Ausgleichsmaßnahme ist nicht unbedingt gegeben und das Ziel, die durch den Eingriff entstandene Beeinträchtigung auszugleichen, indem der Beeinträchtigungsaspekt in der Maßnahme im Vordergrund steht, findet in der Praxis nicht überall statt. Ein gutes Beispiel hierfür sind Grünbrücken zur Querung von Straßen und Autobahnen (vgl. BUND Regionalverbung Südlicher Oberrhein). Diese sollten sinnvollerweise bereits bei der Planung von Straßen mitgedacht, gebaut und finanziert werden (ganz im Sinne, die Beeinträchtigung eines Eingriffs so gut es geht direkt zu minimieren) und nicht nachträglich als Ökopunkte an komplett themenfremde Eingriffe verdingt werden, die mit dieser Maßnahme auch kaum eine angemessene Flächenkompensation erbringen können. Bei konventionellen Ausgleichsmaßnahmen beeinflusst die Größe der Eingriffsfläche den Kompensationsumfang. Schlussendlich sind diverse Kritikpunkte an der aktuellen Durchführung von Ökokonten auf ein Kontroll-/Überwachungsdefizit von übergeordneter Stelle zurückzuführen – wobei zu beachten ist, dass naturschutzrechtliche Ökokontomaßnahmen in der aktuellen Literatur weniger in der Kritik stehen als bauplanungsrechtliche. Die Studie von Rabenschlag et al. (2019) zeigt zumindest für bauplanungsrechtliche Ökokontomaßnahmen eine insgesamt etwas bessere Zielerreichung als durch konventionelle, baurechtliche Ausgleichsmaßnahmen. In diesem Sinne ist auch der positive Nutzen von naturschutzrechtlichen Ökokonten nicht zu vernachlässigen. 3.3 Literatur zu Kompensation und ökologischer Gestaltung von Solaranlagen Diverse Bundesländer/Verbände haben bereits Infoblätter bzw. Leitfäden in Bezug auf die ökologische Gestaltung von PV-FFA veröffentlicht. Beispielhaft lässt sich hier folgende Literatur nennen: • „Der naturverträgliche Ausbau der Photovoltaik. Nutzung von Solarenergie in urbanen und ländlichen Räumen, auf Dächern und in der Fläche“ Verfasser/Herausgeber: NABU Inhalt: Umweltfreundlicher Ausbau von PV-FFA inkl. Standortwahlorientierung; PV-Dachanlagen; Integrierte Formen der Landnutzung mit Photovoltaik; Netzanbindung; Solarenergie in Kombination mit Dach- und Fassadenbegrünung; Solarthermie • „Freiflächensolaranlagen – Handlungsleitfaden“ Verfasser/Herausgeber: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg Inhalt: Leitfaden zum Ausbau von Photovoltaik- und Solarthermie-Freiflächenanlagen inkl. ökologischer Aspekte bei Planung und Bau. • „Praxis-Leitfaden für die ökologische Gestaltung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen“ Kapitel: 2.4 Umweltprüfung und Eingriffsregelungen Verfasser/Herausgeber: Bayerisches Landesamt für Umwelt 9 Inhalt: Umfangreicher Leitfaden für die ökologische Gestaltung von PV-FFA inkl. gesetzlichen Rahmenbedingungen wie z.B. Umweltprüfung und Eingriffsregelung; Orientierung für die richtige Standortwahl, sowie ökologische Leitlinien für den Bau, Betrieb und Rückbau; diverse Planungshinweise in Hinsicht auf ökologische Kriterien • „Solarparks – Chancen für die Biodiversität. Erfahrungsbericht zur biologischen Vielfalt in und um Photovoltaik-Freiflächenanlagen.“ Verfasser/Herausgeber: Renews Spezial. Ausgabe 45 / Dezember 2010 Inhalt: Naturschutzfachliche Bedeutung von Solarparks inkl. Studienlage; Naturschutzfachliche Maßnahmen in Form von konkreten Anwendungsbeispielen aus bereits umgesetzten Projekten Konkrete verschriftlichte Leitfäden bzw. Umsetzungshilfen für Kompensationen sind hingegen rar und es wird größtenteils auf die Eingriffsregelung verwiesen (§§ 13 - 18 des BNatSchG). Leitfäden zur Einrichtung von Ökokonten sind ebenfalls von diversen Herausgebern vorhanden, größtenteils aber schon etwas älter. Bei den Leitfäden fällt auf, dass diese häufig Bundesländer-spezifisch sind. Beispiele hierfür sind: • “Eingriffsregelung Merkblatt 3. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in der Bauleitplanung und das “Ökokonto”.” Verfasser/Herausgeber: Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg Fachdienst Naturschutz • “Handlungsempfehlungen für ein Ökokonto. Ein Vorsorgeinstrument für die Eingriffsregelung in der Bauleitplanung.” Verfasser/Herausgeber: Bayrischer Gemeindetag • “Leitfaden: Nachhaltigkeit Stiften! Hintergrundinformationen, Erfahrungen und Empfehlungen zum “Stiftungsmodell mit Kompensationsflächenpool” für private und kommunale Grundbesitzer.” Verfasser/Herausgeber: Internationales Institut für Wald und Holz NRW 4 HANDLUNGSBEREICH: KOMPENSATION INNERHALB SOLAR-FFA ERMÖGLICHEN Die vollständige Kompensation von Solar-FFA sollte unter bestimmten Bedingungen direkt auf der Fläche ermöglicht werden. Hier gilt es gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, Komplettkompensation auf der Solar-FFA in Kombination mit einer entsprechenden ökologischen Gestaltung durchzuführen. Aktuell ist die Teilkompensation innerhalb der Solar-FFA bereits möglich. Diesen Spielraum gilt es auszuweiten, und so der Flächenknappheit entgegenzuwirken sowie der naturschutzfachlichen Wirkung der Anlagen gerecht zu werden. 4.1 Hintergrund Eine 100% Aufhebung der Kompensation (auf externen Flächen) ist zurzeit noch nicht möglich. Je nach Land und Verordnung variiert der Kompensationsfaktor. Im Bundesland Schleswig-Holstein liegt der Kompensationsfaktor beispielsweise bei 1:0,25 und durch eine optimierte ökologische Gestaltung kann der Faktor in Bezug auf naturschutzfachliche Anforderungen auf 1:0,1 abgesenkt werden (vgl. Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung und Ministerium für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, 2021). Es empfehlen 10 bereits ein Großteil der Bundesländer, dass so weit wie möglich innerhalb der Flächen kompensiert werden soll. Der Hauptaspekt dieser Empfehlung liegt darin, das Problem der Flächenknappheit weiter aufzulösen. Solarthermie-FFA bieten viele Möglichkeiten (ökologisch) fachgerecht gestaltet zu werden (siehe diverse Leitfäden), vor allem im Vergleich zu anderen Bauvorhaben. Die aktuellen Regelungen zur Teilkompensation innerhalb der Fläche zeigen dieses Potenzial bereits auf. Zudem fördert diese Vorgehensweise, dass bauliche Eingriffe das Ziel haben sollten, so weit wie möglich naturverträglich und somit nachhaltig zu sein, anstatt ausgleichen zu müssen. So wird es auch im Kern der Eingriffsregelung aufgeführt: „Erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind vom Verursacher vorrangig zu vermeiden.“, § 13 BNatSchG. Eine Komplettkompensation innerhalb der Solar-FFA bedeutet auch eine Beschleunigung des Bauvorhabens durch den Wegfall der zusätzlichen Flächensuche im Rahmen des Ausgleichs. 4.2 Ausgestaltung Voraussetzung für die Komplettkompensation innerhalb der Solar-FFA ist die ökologische und naturverträgliche Ausgestaltung. Die Differenz des ökologischen Beitrags der Fläche (ökologischer Beitrag der Fläche vor und nach den umgesetzten Maßnahmen), sollte bei der Beurteilung ebenfalls entsprechend einbezogen werden. Handelt es sich z.B. um eine Fläche, welche zuvor als Acker genutzt wurde, sind aufgrund der Vorbelastung weniger Konflikte aus der naturschutzfachlichen Richtung zu erwarten. Landschaftsbildliche Aspekte fallen nach der aktuellen Regelung womöglich dennoch an, können durch die teils obligatorische Eingrünung (bundesländerabhängig) aber je nach Einzelfall relativ leicht adressiert und somit ebenfalls innerhalb der Solar-FFA erfüllt werden. Vor allem Solar-FFA, die zur Flächenentsiegelung führen, sollten bei entsprechender ökologischer Ausgestaltung die Möglichkeit haben, ohne externe Kompensation umgesetzt zu werden. Auch die gesetzliche Verankerung von universell sinnvollen, ökologischen Maßnahmen sollte in Betracht gezogen werden. Bei Ackerflächen besteht bereits die Vorschrift12, diese bei der Installation von PV-FFA in Grünlandflächen umzubauen. Nach diesem Vorbild können weitere ökologisch gestalterische Maßnahmen für die Solar-FFA gesetzlich vorgeschrieben werden, die somit auch generell den Kompensationsbedarf reduzieren, da die Beeinträchtigung durch den Eingriff minimiert wird. Eingriffe innerhalb der Solar-FFA Planung mit generellem Kompensationsbedarf Um sich der Möglichkeit zu nähern, die Vollkompensation innerhalb der Eingriffsfläche durchzuführen, ist es zielführend darzustellen, welche Eingriffe innerhalb der Solar-FFA Realisierung häufig zu Ausgleichsbedarfen führen. Die “Naturschutzfachlichen Bewertungsmethoden von Freilandphotovoltaikanlagen” BfN – Skripten 247 beinhaltet hierzu sehr ausführliche Abschnitte (Herden, Rassmus, & Gharadjedaghi, 2009). Ein Teil dieser wird im Folgenden aufgelistet: • Änderung des Landschaftsbildes durch die Errichtung von Baukörpern → visuelle Wirkung und somit Beeinträchtigung des Landschaftsbildes • Versiegelung von Flächen • Überdeckung der Bodenoberfläche durch Module, wenn diese sehr nah am Boden aufgestellt sind, z. B. Verschattung, ggf. Austrocknung der Oberfläche, Erosion durch ablaufendes Wasser 12 Nach § 33 Abs. 3 EEG besteht nur ein Vergütungsanspruch für den erzeugten Strom auf Ackerlandflächen, wenn diese in Grünland umgewandelt werden. 11 • Baubedingte, nicht stoffliche Emissionen → Emission von Fahrzeugen, Staubemissionen (temporär, evtl. zu vernachlässigen) • Bodenverdichtung, Veränderung abiotischer Faktoren • Barrieren: Zerstückelung der Landschaft und von Wegenetzen • Vorhabensbedingte Pflege z. B durch Mahd, Beweidung --> führt ggf. zu Änderung des Biotops bzw. Veränderung struktureller Paramater innerhalb des Ökosystems (Landnutzungsänderung) • Von den Modulen (teils auch den Konstruktionselementen) ausgehende Emissionen (Lichtreflexe, Spiegelungen) • Vorkommen von seltenen/gefährdeten Arten (Tiere und Pflanzen). Dies betrifft womöglich auch versiegelte Flächen, da der Begriff relativ weit gefasst ist und auch Schotterflure einschließt, welche teils ökologisch wertvolle Lebensräume bilden Es sollte immer beachtet werden, dass Beeinträchtigungen sehr vorhabens- und standortspezifisch sind. So spielen bzgl. des Vorhabens beispielsweise die Effizienz beim Bau sowie die Material- und Systemwahl eine entscheidende Rolle. Standortspezifische Faktoren, die den Kompensationsbedarf direkt beeinflussen, sind die naturräumliche Lage, das Relief der Landschaft, Qualität und Art der angrenzenden Lebensräume sowie das lokale Arteninventar. Weiterhin sind die Vornutzung und Ausprägung des Lebensraumes sowie das geplante Flächenmanagement wichtige Faktoren. Ökologische Ausgestaltungen mit Kompensationswirkung In dem Papier des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung und des Ministeriums für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein „Grundsätze zur Planung von großflächigen Solar-Freiflächenanlagen im Außenbereich. Gemeinsamer Beratungserlass des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung und des Ministeriums für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung.“ wird aufgeführt, welche Maßnahmen zu der Reduzierung von Kompensation führen können (Punkt „D. Planungsempfehlungen zur Ausgestaltung der Anlagen“, ab Seite 12). Aufgeführt wird hier beispielsweise • eine kompakte Anordnung (großräumige Zäsur-Wirkungen werden vermieden), • eine maximale Größe von ca. 20 ha, • Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von § 13 BNatSchG, Gestaltung von Habitat-Strukturen zur Steigerung von Artenvielfalt, • die naturnahe Gestaltung in den Modulreihenzwischenräumen, • Umpflanzung fürs Landschaftsbild. o Obligatorische Eingrünungsmaßnahmen um Anlagen aufgrund des Landschaftsbildes können ggf. auch als Kompensationsmaßnahme in Bezug auf Eingriffe in den Naturhaushalt gezählt werden. • Aktive Kompensationsmaßnahmen auf der Fläche, wie z.B. o Kleingewässer bzw. Feuchtbiotope lassen sich sinnvoll als Ausgleich für eventuelle Austrocknung durch die Module zur Bodennähe einsetzen. o Gehölze, deren Pflanzung als Maßnahme für das Landschaftsbild durchgeführt wird, können ggf. auch als Kompensation im naturschutzfachlichen Kontext gesehen werden, wenn diese hierfür ebenfalls einen Mehrwert bringen. Die Doppelzählung einer Maßnahme ist hier also möglich. Weitere Punkte, die diskutiert werden sollten, um eine Vollkompensation auf der Eingriffsfläche zu ermöglichen, sind: 12 • Weitestgehende Vermeidung von Versiegelung → aktuell ist es bei Solar-FFA möglich, die Flächenversiegelung auf weit unter 5% zu beschränken. o Zu beachten gilt hier der zuvor aufgeführte Verweis, dass auch teils versiegelte Flächen einen ökologischen Mehrwert haben können, da dies Schotterflure miteinschließt, welche gefährdete Arten beherbergen können. • Inwiefern die Kompensation des Landschafsbildes vermieden werden kann, bzw. ob die Eingrünungsmaßnahmen innerhalb der Solar-FFA diesen Punkt ausreichend abdecken und somit externe Kompensation hierzu vermieden werden kann. • Ob Kompensationsbedarfe, die auf den temporären Bau beschränkt sind, ausgeklammert werden können, sofern das Vorhaben möglichst effizient geplant ist und Beeinträchtigungen zu 100% reversibel sind. 4.3 Verantwortungsbereiche Nationale Ebene Seitens nationaler Gesetzgebung ist es zielführend, wenn eine Klarstellung innerhalb der Bundesregelung erfolgt, damit nicht jedes Bundesland im Alleingang handeln muss und eine klare Ausrichtung aufgezeigt wird. Landesbehörde Auf Landesebene sollte die Prüfung und Anpassung der entsprechenden Verordnung erfolgen. In diesem Rahmen sollte ebenfalls dargelegt werden, unter welchen Bedingungen eine Vollkompensation innerhalb der Fläche möglich ist. Kommune Für Kommunen gestaltet sich die Durchführung einer Flächenanalyse als sinnvoll. In diesem Rahmen kann geprüft werden, welche Flächen sich für Solarthermie-Freiflächenanlagen eignen (siehe hierfür z.B. Günnewig, Johannwerner, Metzger, Kelm, & Wegner, 2022) und gleichzeitig die Möglichkeit bieten, diese Anlagen ökologisch auszugestalten. Hierdurch kann eine Priorisierung erfolgen, die dem „First come, first serve“-Prinzip entgegenwirkt. Dieses Vorgehen stellt ein proaktives, solares Flächenmanagement seitens der Kommune dar. 5 HANDLUNGSBEREICH: FESTSETZUNG UMSETZUNGSRAHMEN Um die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen zeit- und ressourceneffizient zu gestalten und gleichzeitig einen höheren naturschutzfachlichen Nutzen zu erzielen ist es wichtig, eine konkrete Herangehensweise aufzuzeigen und im gleichen Zuge Vorgänge und Regelungen zu evaluieren und auszubessern. Dies umfasst konkret die Vereinheitlichung der Bestimmung bzw. der Berechnungsmethode des Kompensationsumfangs, einen Leitfaden bzw. Verweise an Stellen/Agenturen, die durch die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen führen können, oder diese idealerweise übernehmen, um ihre Qualität sicherzustellen, sowie abschließend die Etablierung eines einheitlichen und zielführenden Monitoringsystems. 5.1 Hintergrund 13 Es wird bemängelt, dass Ausgleichsmaßnahmen nicht zu einem tatsächlichen Ausgleich führen bzw. deren Qualität mangelhaft ist (NDR, 2022). Die gesetzliche Vorgabe, naturschutzfachlichen Ausgleich zu schaffen, ist keineswegs zielführend, wenn dieser nur auf dem Papier passiert, aber schlussendlich nicht umgesetzt wird. Es ist nicht flächeneffizient, wenn Flächen für Kompensationsmaßnahmen markiert und für weitere Nutzungsformen blockiert werden, aber teils keinen naturschutzfachlichen Nutzen haben bzw. jahrelange Verzögerungen der Umsetzung folgen. Mögliche Gründe für diese Problematik umfassen u.a. fehlendes Fachwissen sowie fehlende Priorisierung seitens des Vorhabensträgers (welcher schlussendlich die Verantwortung für die Kompensation trägt) sowie das Fehlen eines Monitoringsystems, welches abseits von behördlichen Kontrollen existiert. Letzteres ist vielerorts durch Fachpersonal- und Ressourcenmangel nicht konsequent durchführbar, zum Teil liegt ihnen aber auch kein konkretes System zugrunde oder die Vorgaben variieren abhängig von der zuständigen Behörde. Ferner ist es nicht nachvollziehbar, warum die gleiche Beeinträchtigung durch einen Eingriff in unterschiedlichen Bundesländern zu unterschiedlichen Kompensationsumfängen führt, wie es derzeit der Fall ist (Internationales Institut für Wald und Holz NRW, 2010). Der Kompensationsumfang sollte gut begründet sein und bedarf aufgrund der gleichen Wirkweise in den Bundesländern keiner unterschiedlichen Bewertungsmethodik. Im Rahmen der „Anpassung der Flächenkulisse für PV-Freiflächenanalagen im EEG vor dem Hintergrund erhöhter Zubauziele“ (Günnewig, Johannwerner, Metzger, Kelm, & Wegner, 2022), welches im Auftrag des UBA verfasst wurde, wird sich ebenfalls für Schritte Richtung Vereinheitlichung ausgesprochen. Hier wird ausgeführt: “Die Aufnahme von Kriterien zur naturverträglichen Gestaltung im EEG würde den gegebenen Abstraktionsgrad der Bestimmungen deutlich reduzieren. Eine daran gebundene Verpflichtung der Standortkommune müsste flankiert werden über die zuständigen Naturschutzbehörden. Am Ende wäre die Umsetzung durch das stromabnehmende Energieunternehmen zu prüfen. Vorzuziehen wäre stattdessen, das naturschutzrechtliche Instrumentarium der Eingriffsregelung im Hinblick auf eine einheitlichere Verfahrensweise z. B. bzgl. des Umgangs mit Kompensationsleistungen zu adressieren. Damit hätte man sowohl das EEG-Regime als auch die PPA-Anlagen gleichermaßen im Blick.“ Mit Blick auf die Solarthermie scheint es sinnvoll, dem Ansatz des UBA zu folgen. Flächenkonzepte für FFA zur Nutzung solarer Energie sollten nicht über die Vermarkungskonzepte (EEG) gesteuert werden, sondern im Rahmen von Regelungen, die sich auf die bauliche Art und Auswirkung der Anlage beziehen – wie es im Rahmen der Eingriffsregelung der Fall ist. 5.2 Ausgestaltung Bestimmung Kompensationsumfang Es gibt bereits mehrere standardisierte Berechnungsmethoden zur Bestimmung von Kompensationsumfängen. Diese gilt es zu evaluieren und entweder a) eine Methode zu priorisieren und diese aufgrund von Bewährtheit und guter Begründbarkeit als Standard festzulegen, oder b) eine neue Methode als Standard festzulegen, die in Form des Best-Practice Ansatzes auf den bestehenden Methoden beruht. Die 2021 vom BfN veröffentlichte „Entwicklung eines Bewertungsmodells zum Landschaftsbild beim Stromnetzbau“ zeigt auf, wie eine solche Evaluation aussieht und wie eine bundesweit einheitliche Herangehensweise geschaffen werden kann. Bekannte, standardisierte 14 Berechnungsmethoden sind z.B. das Osnabrücker Modell (Landkreis Osnabrück, 1997), oder das Warendorfer Modell (Kreis Warendorf UNB, 2021). Umsetzung Ausgleichsmaßnahmen Abseits von diversen rechtlichen Bestimmungen zur Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen, sollte auch die Qualität und die Sinnhaftigkeit der Maßnahme im Fokus stehen. So gilt es zu bedenken, welche Beeinträchtigungen mit welcher naturschutz- oder landschaftsfachlichen Folge innerhalb der Solar-FFA anfallen und mit welcher Maßnahme diese sinnvoll ausgeglichen werden kann. Zwei Beispiele solcher Schlussfolgerungen, die innerhalb von Solar-FFA auftreten können, befinden sich in Tabelle 1. Um Sinnhaftigkeit, Qualität und rechtliche Bestimmungen zu erfüllen, bietet sich der Verweis auf einen entsprechenden Leitfaden zu Beginn des Projektes an und/oder der Verweis auf etablierte Maßnahmenträger, die diese Arbeit übernehmen. Bayern beispielsweise hat aktuell einen ausführlichen Handlungsleitfaden Qualitätsmanagement Kompensation (Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU), 2021), der sich um die Umsetzung von Maßnahmen dreht und auch Best-Practice-Beispiele enthält. Zudem sollten sich gängige Probleme bei der Wahl von Kompensationsflächen bzw. -maßnahmen bewusst gemacht werden, um diese proaktiv zu adressieren und Lösungswege aufzuzeigen. Beispiele für solche Probleme sind (Herden, Rassmus, & Gharadjedaghi, 2009): • Zu geringe Flächengröße für die angestrebte Maßnahme → Lebensgemeinschaften/Ökosystem kann sich nicht vollständig/typisch ausbilden. • Fehlende Habitatkontinuität verstärkt durch zu kurze zeitliche Vertragsbindung (dadurch wird die Habitatkontinuität auch perspektivisch nicht behoben). • Oft fehlen seltene und gefährdete Arten, welche einen direkten Effekt auf den “High Nature Value” haben. • Das Fehlen von Lebensraumverknüpfung bei vielen isolierten Einzelflächen. Beeinträchtigender Eingriff Mögliche Folge Sinnvolle Ausgleichsmaßnahme Module sehr bodennah Beschattung, evtl. Austrocknung Schaffung eines Feuchtbiotops/ Kleingewässers Umzäunung des Gebietes Abhängig von Landschaftsstruktur kann es zu einer Zerschneidung von vernetzten Habitaten kommen Vernetzung von Habitaten durch Korridore mit passenden, dem Lebensraumtyp entsprechenden Vernetzungselementen 15 Tabelle 1: Beispiele für Ausgleichsmaßnahmen entsprechend der Art der Beeinträchtigung im Kontext von Solar-FFA Monitoringsystem Die Studie von Rabenschlag et al. (2019), in deren Rahmen die Evaluierung von baurechtlichen Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt wurde, bietet Orientierungspunkte, wie ein zielführendes Monitoringsystem für Ausgleichsmaßnahmen ausgestaltet werden kann. Diese Studie empfiehlt das Monitoring von Flächen im Zusammenspiel mit einer „engmaschigen Flächenbetreuung in Sinne eines adaptiven Managements“ zu etablieren. Diese Herangehensweise ermöglicht eine frühe und wirkungsvolle Anpassung, sollten sich Maßnahmen nicht wie gewünscht entwickeln. Auch wird in der Studie betont, dass über die rein inhaltliche Erfassung hinaus Kontrollen von Fachpersonal (z.B. Ökolog:innen) notwendig sind und bei entsprechender Zustandsbewertung Sanktionen ausgesprochen werden. Desweiteren spricht sie sich dafür aus, dass diese Daten auf einer Plattform öffentlich zugänglich gemacht werden, so dass auch z.B. durch Verbände nachvollzogen werden kann, ob Ausgleichsverpflichtungen nachgekommen wurde. Die obengenannten Aspekte für ein sinnvolles Monitoringsystem wurden zum Teil ebenfalls von befragten Flächenagenturen aufgeführt. Weiteres Zudem sollte an dieser Stelle hervorgehoben werden, dass der Ansatz der Realkompensation, welcher in Bundesländern wie beispielsweise Schleswig-Holstein durch entsprechende Agenturen bereits gut funktioniert, weiterhin gegenüber dem Ansatz der Ersatzgeldzahlung favorisiert werden sollte. Die Gefahr, die hierbei gesehen wird, ist, dass Ersatzgeldzahlungen nicht für eine umfangreiche Finanzierung gleichwertiger Kompensationsmaßnahmen ausreichen, da hierbei die dauerhafte (> 25 Jahre) Flächensicherung (Grunderwerb) sowie die Kosten für Personal, Verwaltung, und Herstellungs-, Entwicklungs- und Unterhaltungsmaßnahmen für mind. 25 Jahre berücksichtigt werden muss. 5.3 Verantwortungsbereiche Nationale Ebene Es sollte näher geprüft werden, ob eine einheitliche Herangehensweise an die Bestimmung des Kompensationsumfanges auf Basis bundesländerübergreifender Berechnungsmethoden auf nationaler Ebene umsetzbar und sinnvoll ist. Für ein einheitliches Monitoringsystem könnte ein Rahmen in Form von Mindestvoraussetzungen und -anforderungen festgelegt werden, um einen bundesweiten Qualitätsstandard zu garantieren. Beeinträchtigender Eingriff Mögliche Folge Sinnvolle Ausgleichsmaßnahme Module sehr bodennah Beschattung, evtl. Austrocknung Schaffung eines Feuchtbiotops/ Kleingewässers Umzäunung des Gebietes Abhängig von Landschaftsstruktur kann es zu einer Zerschneidung von vernetzten Habitaten kommen Vernetzung von Habitaten durch Korridore mit passenden, dem Lebensraumtyp entsprechenden Vernetzungselementen 16 Landesbehörde Auf Landesebene sollte die Evaluierung und ggf. Ausbesserung von Vorgängen und Regelungen bzgl. der Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen erfolgen. Dies umfasst auch und vor allem die Weiterentwicklung und Umsetzung eines effektiven und zielführenden Monitoringsystems (innerhalb festgelegter nationaler Rahmenbedingungen bzgl. der Ansprüche und des Qualitätsniveaus für ein Monitoringsystem). Aufgrund dieser Prozesse sollte auch die Erstellung bzw. Beauftragung entsprechender Leitfäden erfolgen, die diese Ergebnisse für die praktische Anwendung dokumentieren und zugänglich machen. Kommune Gerade bei der Anleitung der Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen können Kommunen eine zentrale Rolle einnehmen, indem sie von vornherein alle relevanten Informationen und Hinweise bzw. die entsprechenden Verweise transparent sichtbar machen (z.B. auf ihrer Homepage), oder diese Informationen bei Projektanfragen standardmäßig und unabhängig davon, ob dies konkret angefragt wurde, mitliefern um sicherzustellen, dass relevante Aspekte inkl. einer gewissen Qualität von Anfang an mitgedacht werden. In einem solchen Informationspool sollten auch etwaige Besonderheiten der Kommune dargestellt werden. Außerdem, ob es z.B. schon ausgewiesene Kompensationsflächen gibt , oder ob Ökokontomaßnahmen innerhalb der Kommune umgesetzt sind, bei denen der Kauf von Ökopunkten noch möglich ist. Auch die Empfehlung, auf einen etablierten Maßnahmenträger für Ausgleichsmaßnahmen zurückzugreifen, sollten die Kommunen zentral platzieren und dabei auf die entsprechenden, lokalen Institutionen verweisen. Projektierende Die Inanspruchnahme von empfohlenen Leitfäden und Hilfestellungen sowie die enge Zusammenarbeit und der Austausch mit der Kommune helfen bei einer effizienten und qualitativ hochwertigen Umsetzung. Zudem ist die Zusammenarbeit mit entsprechenden Agenturen zu empfehlen, da die Bereitstellung von Realkompensationen in Bundesländern wie z.B. Schleswig-Holstein mit Hilfe von gut aufgestellten Agenturen bereits gut funktioniert. Hierdurch werden sämtliche Aspekte, wie die dauerhafte Flächensicherung, Herstellungs-, Entwicklungs- und Unterhaltungsmaßnahmen sowie Personal- und Verwaltungskosten für mind. 25 Jahre mit abgedeckt. 6 HANDLUNGSBEREICH: FOKUS AUF ÖKOKONTOMAßNAHMEN Die Nutzung des Ökokonto-Konzeptes sollte für Solar-FFA gestärkt werden, bei welchen eine Komplettkompensation innerhalb der Fläche nicht realisierbar ist. Um Synergien zu fördern und Rahmenbedingungen für eine einheitliche Qualität zu schaffen, sollten übergeordnete Instrumente auf Bundesebene näher geprüft werden, welche zu einer Vereinheitlichung bzw. Angleichung der Vorgaben auf Bundeslandebene führen könnten. Diese übergeordneten Ansätze sollten vor allem qualitative Rahmenbedingungen schaffen, während auf Bundeslandebene weiterhin länderspezifische Besonderheiten (z.B. vorhandenen Ökosysteme) berücksichtigt und geregelt werden können. 17 6.1 Hintergrund Wie bereits in 3.2 angeführt, wird an der aktuellen Handhabung von Kompensation laufend Kritik geübt, vor allem bezogen auf die Umsetzung und das Monitoring solcher Maßnahmen (Bronner & Flohr, 2015; Wonneberger, 2021). Es gilt zu schauen, wie die lokalisierten Problematiken angegangen und behoben werden können. Die Vereinheitlichung der ÖKVO kann zur Optimierung der Planungsprozesse führen und für eine gewisse Transparenz sorgen. Zudem besteht derzeit eine stetig wachsende Nachfrage an (naturschutzfachlichen) Ökopunkten, deren Trend keinen Abbruch vermuten lässt13. Auf dieser Grundlage appellieren wir, die Chancen von Ökokontomaßnahmen zu nutzen und bekannte Problematiken proaktiv anzugehen und auszubessern. Ein weiterer Vorteil von Ökokontomaßnahmen ist, dass der durch die Kompensationsflächensuche entstehende Druck genommen wird. Gerade Solar-FFA bieten sich für die Nutzung von Ökopunkten zur Kompensation an, da bestimmte Kritikpunkte an Ökokonten systematisch bereits wegfallen. So trifft hier zum Beispiel die generelle (großräumige) Flächenversiegelung durch Bauvorhaben nicht zu, die normalerweise bei der Nutzung von Ökopunkten nicht genügend berücksichtigt wird. 6.2 Ausgestaltung Die Schwachpunkte innerhalb der aktuell existierenden Systeme14 können durch eine umfangreiche Evaluierung und anschließende Ausbesserung und Neustrukturierung des Ökokontokonzeptes inkl. Einfluss von Best-Practice Erfahrungen aus unterschiedlichen Bundesländern adressiert werden. Diese Evaluierung umfasst ebenfalls eine aktive Befragung und Beteiligung von betroffenen Akteur:innen. Da diese Überarbeitung der bestehenden Konzepte weitverbreitete Problematiken adressieren soll und gleichzeitig Best-Practice Erfahrungen mit einbeziehen kann, sollte sich hierdurch ein Konzept ergeben, das in entsprechend verallgemeinerter Form auf Bundesebene gehoben werden kann und hierdurch wiederum eine klare Rahmenbedingung für alle Bundesländer schafft. Diese ÖKVO sollte unterscheiden zwischen festen Rahmenbedingungen, die zur Garantie eines gewissen Qualitätsniveaus notwendig sind, und Best-Practice-Empfehlungen, die den Freiraum lassen bundeslandspezifische Besonderheiten der vorhandenen Ökosysteme und Strukturen zu berücksichtigen. Der Ansatz der Evaluierung von bestehenden ÖKVO bietet die Grundlage für eine praxisorientierte Anpassung und sollte somit zu einer Verbesserung der Konzepte in vielen Bundesländern führen. Der Fokus sollte auf den bereits lokalisierten Problematiken liegen, namentlich der fehlenden bzw. qualitativ unbefriedigenden Umsetzung und dem Mangel an einem effektiven Monitoringsystem. Abseits davon sollte auch geklärt werden, wie mit dem Erhaltungszeitraum von Ökokontomaßnahmen umgegangen wird. Derzeit haben solche Maßnahmen einen festgelegten (Mindest-)Zeitraum, wie lange diese erhalten bleiben müssen. Gleichzeitig verfallen einmal erworbene Ökopunkte nicht, auch wenn der beeinträchtigende Eingriff erhalten bleibt, während die Ökokontomaßnahme ggf. nicht mehr existiert bzw. zumindest nicht mehr rechtlich verpflichtet ist, bestehen zu bleiben. 13 Aussage im Rahmen dieses Leitfadens befragter Agenturen. 14 Diese Systeme können abseits der ÖKVO auch noch angrenzende Verordnungen und Richtlinien enthalten, die zur Anwendung und Ausgestaltung von Ökokonten und Ökokontomaßnahmen notwendig bzw. strukturgebend sind. Zudem beinhalten diese Systeme auch diverse Akteur:innen, die im Themenkomplex Ökokonten zu verordnen sind und durch eine übergeordnete Ökokontoverordnung betroffen wären. 18 Entscheidend bei der Fokussierung auf Ökokontokonzepte ist, dass Ökokontoflächen in der Flächenplanung von Kommunen bereits Raum erhalten. Zusätzlich zu Flächen im Kommunalbesitz gibt es den Aspekt, dass das Angebot von Ökopunkten durch privat angelegte Ökokontomaßnahmen ergänzt wird. Hierzu führt vor allem der finanzielle Anreiz – vor allem dort, wo z.B. landwirtschaftlich Flächen nicht mehr besonders wirtschaftlich sind. Zudem ist auch bei der Umsetzung von Ökokontomaßnahmen – genau wie bei der Umsetzung von klassischen Ausgleichsmaßnahmen – die Übertragung an etablierte Maßnahmenträger zu empfehlen und anzuvisieren, um ein hohes Maß an Qualität und eine zielführende Umsetzung und Pflege zu garantieren. Die Befragung von Agenturen mit Schwerpunkt bzw. Spezialisierung auf Ökokontomaßnahmen ergab folgende Best-Practice Ansätze: • Die Abwicklung von Ökokontomaßnahmen läuft in Schleswig-Holstein insgesamt gut und bietet so die Grundlage für Best-Practice Empfehlungen. Die ÖKVO ist hier gut etabliert, anerkannt und rechtliche Unklarheiten wurden bereits mithilfe weiterer Erlässe konkretisiert. Ein Beispiel ist die geregelte Einbindung von Ökopunkten in die Bauleitplanung. Zusammen mit der zusätzlichen Vollzugshilfe zu ÖKVO (2017) ermöglicht dies die Realkompensation von vielen, großen Infrastrukturvorhaben. Die hierfür notwendigen hohen Flächenbedarfe lassen sich durch vorausschauende Planung und in Kooperation mit entsprechenden Institutionen (z.B. der Landgesellschaft) lösen. Außerdem ist es in Schleswig-Holstein durch die AgentAnerkVO inzwischen möglich, dass Vorhabensträger die genehmigungsrechtliche Verantwortung für die Kompensation – sprich die Kompensationsverpflichtung – auf eine anerkannte Agentur (nach AgentAnerkVO) übertragen. • Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist die eindeutige Klärung der Dauer der Pflege- und Unterhaltungsverpflichtung. • Auch die Notwendigkeit für speziell geschultes Fachpersonal in den entsprechenden Behörden mit Blick auf die Maßnahmenbewertung, -planung und -umsetzung sollte nicht außer Acht gelassen werden. • Ein weiterer zentraler Aspekt ist der Einbezug der aktuellen Bewirtschaftenden von Ausgleichsflächen mit ihren Fähigkeiten und technischer Ausstattung. Dies beginnt bereits bei der Konzipierung von Ausgleichsmaßnahmen, reicht über die Steuerung und Betreuung, bis hin zum Monitoring. • Die naturschutzrechtlichen Ökokonten konnten auch in Baden-Württemberg das zentrale Problems des Umsetzungsdefizits sowie der stark zeitverzögerten Umsetzung lösen. Die Zinsansprüche, die bei vorgezogenen Maßnahmen vorliegen, führen zu einer zeitnahen Umsetzung nach der Genehmigung der entsprechenden Behörde. • Zudem wurde durch die ÖKVO in Baden-Württemberg ein einheitlicher Rahmen auf Bundeslandebene für die Bewertung bestimmter Schutzgüter geschaffen, der nun auch außerhalb der ÖKVO als Orientierung dient und angewandt wird. • Die wirtschaftliche Attraktivität solcher naturschutzrechtlichen Ökokonten durch eine entsprechende Vergütung ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Dieser finanzielle Anreiz bildet einen effektiven Hebel zur Umsetzung von wichtigen Naturschutzmaßnahmen, vor allem dann, wenn sich die Ökokontomaßnahme wirtschaftlicher stärker rentiert als die vorherige Bewirtschaftungsform. 19 • Generell kann darauf verwiesen werden, dass sich bei der Umsetzung von Ökokontomaßnahmen diverse Parallelen zu Kompensationsmaßnahmen finden lassen, da diese gleichermaßen sorgfältig und fachlich kompetent geplant, gesichert, umgesetzt und langfristig erhalten werden müssen. • Der Bundesverband der Flächenagenturen in Deutschland (BFAD) hat für seine Mitglieder bereits einen Qualitätsstandard für Flächenpools festgelegt. Dieser beinhaltet folgende fünf Kernaspekte: o Naturschutzfachliche Aufwertung o Langfristige Sicherung von Flächen und Maßnahmen o Langfristige Dokumentation des Entwicklungszustandes der Poolflächen o Fachliche Abstimmung und planerische Einbindung o Hohe Qualität der Planungsleistungen Im Gegensatz zu Best-Practice stehen die Hürden und Hemmnisse der aktuellen Ökokontokonzepte, die bestmöglich adressiert werden sollten. Dies umfasst Folgendes: • In Schleswig-Holstein wird darauf hingewiesen, dass die Unteren Naturschutzbehörden die ÖkokontoVO z.T. unterschiedlich auslegen. Dies kann beispielsweise zu Abweichungen bei der Ausgestaltung von Zuschlägen für Arten- und Biotopschutz führen. Eine Vereinheitlichung des Vorgehens in einem Bundesland würde die Planungssicherheit für die Ökokontobetreiber erhöhen. Auch auf die unterschiedlichen Qualitätsstandards der Ökokonten innerhalb eines Bundeslandes wird hingewiesen und, dass eine Vereinheitlichung zusammen mit einem verpflichtenden Monitoring die Voraussetzung ist, um Defizite zu beseitigen. • Es wird darauf hingewiesen, dass Ökokontomaßnahmen als Ersatzmaßnahmen eingestuft werden und hierdurch die funktionale Kompensation nicht immer gewährleistet ist. In Schleswig-Holstein wird dies teils durch weitere Erlässe adressiert. Für Waldökokonten ist beispielsweise durch die Erlasslage konkret festgelegt, für welche Eingriffe diese genutzt werden können. • Im allgemeineren Kontext stellt weiterhin der knappe Flächenmarkt sowie das geringe Angebot an Ankaufflächen Hindernisse für die Umsetzung von Ökokontomaßnahmen dar. • Zudem ist die Bilanzierungsmethodik für das Schutzgut Landschaftsbild (welches die Funktion Erholung d

Anna Laura Ulrichs2024-08-01T14:53:18+02:00Freitag, 1. Dezember, 2023|

Wir brauchen Platz! Solarthermie in der Raumplanung

Infoblatt Nr. 15 www.solare-waermenetze.de Wir brauchen Platz! Solarthermie in der Raumplanung In 2023 wurde die Raumplanung im Rahmen der Novelle des BauGB in Bezug auf Ausbau von Solaranlagen Gegenstand breiter fachlicher Diskussionen. Der Fokus der Debatte lag allerdings auf der Umsetzung von Photovoltaikanlagen. Solarthermieanlagen unterscheiden sich in der räumlichen Wirkung kaum von Photovoltaikanlagen, haben aber auf Grund der Direkterzeugung von Wärme ganz andere räumliche Anforderungen, um eine technisch und wirtschaftlich sinnvolle Umsetzung zu erreichen. Die Nähe zu Wärmenetzen ist essenziell und muss in der Flächenanalyse und den Instrumenten der Raumplanung entsprechend adressiert werden ZIELE DER RAUMPLANUNG Die Raumplanung bildet in Deutschland die Grundlage für alle räumlichen Entwicklungen und fußt auf einem eigens dafür geschaffenen Gesetz – das Raumordnungsgesetz. Diesem Gesetz nach ist der Gesamtraum Deutschlands anhand von Raumordnungsplänen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Schwerpunkte sind dabei unter anderem die Abstimmung unterschiedlicher räumlicher Anforderungen aufeinander, deren Konflikte auszugleichen und Vorsorge für Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen. Das Leitbild dieser Abstimmung bildet eine Planung, die soziale und wirtschaftliche Ansprüche an einen Raum mit den ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt. Neben den unterschiedlichen Interessen wie z.B. Wirtschaftsentwicklung vs. Entwicklung naturnaher Räume sollen somit auch geografische oder demografische Unterschiede zwischen Stadt und Land adressiert und im gesamträumlichen Verhältnis zueinander betrachtet werden. Wie dieses Leitbild in die Planung von solarthermischen Freiflächenanlagen wirkt, wird im Folgenden beschrieben. RAUMPLANUNG Die Raumplanung findet auf den folgenden Ebenen statt, die jeweils eigene ihrem Raumbezug angepasste Detailgrade umfassen: • Länder • Landkreise • Kommunen Auf Ebene der Länder werden Landesentwicklungsprogramme (LEP) oder auch Landesraumentwicklungsprogramme entwickelt. Ziel ist es, auf dieser Ebene unterschiedliche Nutzungen des Raums, wie u. a. Tourismus, Infrastruktur, Landwirtschaft und Energieerzeugung, mitei- Solare Freiflächenanlagen werden zunehmend zum Teil der Kulturlandschaft in Deutschland. Unter welchen Rahmenbedingungen deren räumliche Planung abläuft und wo Hemmnisse und Lösungen für den beschleunigten Ausbau der Solarthermie liegen, wird in diesem Infoblatt näher beleuchtet. Wir brauchen Platz! Solarthermie in der Raumplanung Foto: Guido Broeer nander in Einklang zu bringen. Nach Raumordnungsgesetz ist dabei den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen Rechnung zu tragen. Wie genau dieses Erfordernis umgesetzt wird, kann durchaus unterschiedlich ausfallen. Die Ausformulierung findet meist im Rahmen von Grundsätzen und Zielen der Raumplanung statt. Ziele der Raumordnung sind verbindliche Vorgaben, die abschließend abgewogen sind und keinen Ermessensspielraum bieten. Sie betreffen die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums . Unter den Grundsätzen der Raumplanung sind die Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen aufgeführt. In der darunter folgenden Ebene konkretisieren die Landkreise die Vorgaben in ihrem Teilraum im Rahmen des Regionalplans und beziehen Regionalitäten ein. Während die Landesplanung meist nur textliche Festsetzungen enthält, werden in der Regionalplanung auch grafische Planungsvorgaben festgehalten, die die Vorgaben des Landesprogramms konkretisieren und differenzieren. Auf dieser Ebene werden unter anderem die Flächen für die Windenergienutzung in Form von Vorranggebieten ausgewiesen. Durch eine entsprechende Festsetzung kann eine Ausschlusswirkung festgelegt werden, die eine Umsetzung von z. B. Windenergie außerhalb dieser Gebiete ausschließt, da die Flächen bereits über die Vorranggebiete ausreichend gesichert wurden. Auf der letzten Ebene folgen der Flächennutzungsplan und der Bebauungsplan, die beide von der Kommune aufgestellt werden. Der Flächennutzungsplan ist für das gesamte Gemeindegebiet gültig und ist als vorbereitender Bauleitplan zu verstehen, der die städtebauliche Entwicklung abbildet. Im Bebauungsplan, auch verbindlicher Bauleitplan genannt, sind die Vorgaben des Flächennutzungsplans zu beachten. Innerhalb des Bebauungsplans wird Baurecht geschaffen und das Vorhaben konkretisiert. Die Gemeinde hat darüber die Möglichkeit, die zugelassenen Nutzungen festzuschreiben. Die Wirkweise der unterschiedlichen Ebene erfolgt kaskadenweise, was bedeutet, dass jeder Bebauungsplan im Aufstellungsverfahren den Vorgaben der Landes- und der Regionalentwicklung entsprechen muss. Das bedeutet: Soll eine Nutzung im Bebauungsplan festgeschrieben werden, die nicht im Flächennutzungsplan schon vorgesehen ist, muss der FNP geändert oder fortgeschrieben werden. Die Rolle der Kommune ist – trotz der Bindung an die übergeordneten Pläne - immens wichtig: Regional- und Flächennutzungspläne sind nämlich nicht grundstücksscharf und haben für Investoren und Projektierende keinerlei rechtliche Wirkung. Insbesondere folgt aus ihnen kein Baurecht für konkrete Grundstücke. Das Planungsrecht für konkrete Grundstücke kommt nur durch einen Bebauungsplan zustande – welcher durch die Kommune aufgestellt wird. Damit liegt die Steuerung der tatsächlichen Flächennutzung bei der Kommune: Sie darf und muss die Flächen für erneuerbare Energien ausweisen. Alternativ zu einem Bebauungsplan kann Baurecht durch Privilegierung im Außenbereich entstehen: Im Rahmen der Privilegierung von Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie nach §35 BauGB im 200m Streifen entlang von Schienenwegen und Darstellung des Bebauungsplans der neuen Freiflächensolarthermieanlage in Leipzig inkl. der Darstellung der Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft in den Randbereichen. Die Anlage ist mit 6,5 Hektar derzeit größte solarthermische Anlage in Deutschland. © seecon Ingenieure GmbH 2c 69 4 72 77c 71a 76b 67 1 77a 144 2 76a 10 13 75 17 170 4 15 169 1a 7 71 76 1 70 3 157 12 3 5 2a 71b 77b 155 156 2 69a 2b 1 74 6 151 150 68 8 72a 2b 11 77 Blaufichtenweg traße Gerhard-Ellrodt-Straße Lausner Weg Miltenberger Straße Aschaffenburger Straße Lausner Weg Gerhard-Ellrodt-Straße 200/b 16 824 201/b 29 750 839 859 3 825 43 239 829 859/a 37 239 206/5 53 239 1 823 1456 204 34 750 838 7 824 206/7 837/29 2 205 822 12 824 54 239 24 750 3 821 750/f 33 837 1 820 33 750 2 861 3 201 6 199 239/64 6 824 49 239 37 750 199/b 39 239 837/27 51 239 883 4 199 1006 28 750 859/b 860 1 825 4 206 70 239 62 239 158 837/28 35 750 26 750 750/g 36 239 36 750 837/31 2 823 2 825 11 824 38 239 7 123 1 822 4 201 2 821 6 206 824 44 34 1 821 31 750 153 3 206 5 824 207 827 3 239/41 205/a 1 205 239/71 32 750 2 826 4 123 2 822 23 750 35 239 2 201 159 1 206 239/40 30 750 52 239 861/a 204/b 1 826 857 65 239 3 123 200/a 25 750 27 750 123.9 123.9 123.9 123.8 123.7 123.4 123.0 122.7 122.7 122.8 122.9 122.6 122.7 122.8 123.1 123.4 123.3 123.2 123.0 122.9 122.6 122.5 122.6 122.6 122.7 122.8 122.7 122.7 122.5 122.5 122.3 122.3 122.5 122.5 122.7 122.5 122.2 122.0 121.9 122.0 122.2 122.1 121.6 121.6 121.9 122.6 122.9 122.9 122.3 121.8 121.5 121.4 121.8 121.6 121.2 121.4 121.5 121.9 122.5 122.8 123.1 123.7 123.5 123.3 122.7 123.1 122.8 122.4 122.1 122.1 122.1 121.87 121.87 121.65 121.84 121.77 123.03 123.09 122.95 122.86 123.87 122.71 122.80 122.90 123.30 123.25 123.13 123.70 D.124.32 D.124.37 D.124.16 D.123.90 D.123.62 D.123.42 394,5 266,5 182,5 178,5 25,0 25,0 5,0 5,0 5,0 5,0 A3 A3 A3 A3 A3 8,0 8,0 8,0 3,0 3,0 3,0 5,0 10,0 10,0 5,0 202,0 78,0 182,0 3,0 3,0 5,0 3,0 1,5 5,5 1,5 3,0 3,0 50,5 33,5 1,0 1,0 3,5 1,0 6,0 6,0 3,5 3,0 3,0 6,5 20,0 20,0 243,5 42,5 50,0 3,0 8,5 8,0 8,5 3,0 r. Ba M1 M4 M3 A5 A6 M6 M2 A7 (a) GH max. 8,00 m A8 (A) M5 Wendehammer für Feuerwehr A2 A1 A2 A1 A1 A1 A1 G1 (Wartungsweg) G2 (Feuerwehrzufahrt) M2 MS MS Ausleitungsstrang MS MS Ausleitungsstrang SO Solarthermie GRZ 0,6 (b) OKKollektormax. 3,5 m UKKollektormind. 0,8 m G3 (Betriebszufahrt) A2 MS A3 A3 A3 A2 A2 A1 A8 (C) A8 (B) A8 (D) A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 A4 G4 GAS MS Ausleitungsstrang M5 M5 M5 MS MS MS 110 kV MS FW 21,0 NS FW M4 M4 P:\4504_B-Plan_Solarthermie_Lausen\01_SuL_B-Plan Solarthermie_Lausen\02_Bearbeitung\3_Zeichnungen\a_AutoCAD\1_BPL\2_Entwurf\4504_BP_PLZ.dwg Bearbeiter: Susanne.kunsch Plotdatum: 2022-04-13 Format: 297x420 Gemeinsam | Zukunft | Planen Spinnereistraße 7, Halle 14 seecon Ingenieure GmbH D - 04179 Leipzig Projekt Planinhalt Bauherr Planer Teil A: Planzeichnung Maßstab 1 : 2.000 Leipzig, 13.04.2022 Bebauungsplan Nr. 459 "Energiestandort Lausen" - Entwurf Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt und Leipziger Stadtwerke GmbH 27.04.2022 Infoblatt Nr. 15 Autobahnen, entfällt die Pflicht zur Aufstellung eines Bebauungsplans. Dies ist nach der Novelle des BauGB in 2023 eindeutig geregelt. Das Vorhaben ist zulässig, wenn keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Fallen solare Anlagen nicht unter den Privilegierungstatbestand, ist in der Regel ein Bebauungsplanverfahren notwendig, da keine öffentlichen Belange beeinträchtigt werden dürfen, was bei widersprechenden Darstellungen im Flächennutzungsplan der Fall ist. BESONDERE ANFORDERUNGEN DER SOLARTHERMIE In der räumlichen Wirkung sind Photovoltaik- und Solarthermieanlagen sehr ähnlich einzuordnen – bei den räumlichen und planerischen Anforderungen ist die Solarthermie jedoch deutlich differenzierter zu betrachten. Da in der Anlage Wärme erzeugt wird, muss diese über Wärmenetze in Richtung der Wärmesenken wie z.B. Wohngebäude verteilt werden. Da die Leitungslängen für den Wärmetransport über ein Wärmeträgermedium auf Grund der Transportverluste und kostenaufwändigen Leitungsverlegung begrenzt sind, sollten solarthermische Anlagen immer möglichst nah an den Wärmsenken gebaut werden. Meist sind dies Wärmenetze in dicht bebauten Wohn- oder Siedlungsgebieten. Durch die Nähe zu Wohn- und Gewerbebereichen steigt allerdings auch der Druck auf die Fläche, da sich diese Bereiche in der Regel auch sehr gut zur Erweiterung der Wohn- oder Gewerbegebiete eignen oder zur Naherholung dienen oder zukünftig dienen sollen. Die räumlichen Vorbelastungen in diesen Bereichen sind meistens nicht so ausgeprägt wie bei den Gunstflächen für Photovoltaikanlagen entlang von Schienenwegen oder Autobahnen. Die Flächenermittlung für solarthermische Anlagen ist daher so früh wie möglich durchzuführen, um unter den genannten Kriterien geeignete Flächen zu sichern und nicht anderweitig zu beplanen. Ein Ansatz, die unterschiedlichen Anforderungen an eine unbeplante Fläche in Siedlungsnähe für die solarthermische Nutzung möglichst miteinander in Einklang zu bringen, bietet die soziale Multicodierung. Ziel des Ansatzes ist es, ein Konzept zu entwickeln, dass neben der solaren Nutzung einen sozialen Mehrwert für die Menschen in den anliegenden urbanen Bereichen schafft. So kann neben dem Solarthermiefeld z.B. ein angrenzender Bürger*innenpark auf dem gleichen Grundstück angelegt werden, um Flächen zur Naherholung zu bieten. Durch den Bau von solaren Nachbarschaftsgewächshäusern kann auch die Fläche direkt unter den Modulen von Anwohner*innen bewirtschaftet und nach individuellen Wünschen gestaltet werden. LANDESERLASSE & LANDESENTWICKLUNGSPLÄNE In einigen Bundesländern gibt es neben den Vorgaben des LEP auch Erlässe seitens der Landesplanungsbehörden, die geltenden Vorgaben für die Solarflächenplanung zusammenfassen und festschreiben. In vielen Bundesländern wurden das Potenzial und auch die Herausforderungen für die Solarthermie bereits erkannt und durch entsprechende Vorgaben den Hemmnissen begegnet. Diese sind meist als Grundsätze formuliert, um den Kommunen eine Orientierung zur räumlichen Einordnung von solarthermischen Anlagen in Abwägungsprozessen an die Hand zu geben. Ein oft formulierter Grundsatz lautet, dass solarthermische Anlagen in der Nähe zu Wärmesenken errichtet werden sollten unter Beschreibung der oben gennannten Herausforderungen der Solarthermie in Bezug auf die Netzanbindung. Konkreter wird es, wenn von „Gunstflächen“ oder „Positivbereichen“ des Suchraums gesprochen wird. Durch Festschreibung dieses Kriteriums soll der Auswww. solare-waermenetze.de Große Solarthermieanlagen bieten zwischen und unter den Kollektoren Raum für erhöhte Biodiversität, die sich recht schnell einstellt. Eingebettet in ein ökologisches (Freiflächen-)Konzept können die Kollektorfelder Teil von positiv wahrgenommenen und gerne genutzten Erholungsflächen sein. Solarthermieanlage in Lemgo, Nordrhein-Westfalen, Foto: Solites bau von solaren Anlagen möglichst in Bereichen umgesetzt werden, die als räumlich vorbelastet eingestuft werden und geringere räumlicher Widerstände aufweisen als Bereiche ohne Vorbelastung. Oft orientieren sich diese Kriterien für Solaranlagen an den Vorgaben des EEG, das den Ausbau der Photovoltaik fördert und durch die Förderbedingungen auch eine räumliche Steuerungsfunktion einnimmt. Eine Übernahme der Kriterien des EEG kann in Teilen zu einer redundanten Steuerung führen, die sich stark an den Steuerungsvorgaben des Photovoltaikausbaus orientiert. Vorgaben eines Gunstbereichs in den Korridoren entlang von Bahnschienen oder Autobahnen (analog zum EEG) sind dem solarthermischen Ausbau meist nicht dienlich, da sich Autobahnen und Schienenwege nur in seltenen Fällen in direkter Nähe zu größeren Siedlungsbereichen und damit potenziellen solarthermischen Wärmenetzen befinden. Im Rahmen der Erkenntnisse aus Projekt Solnetplus wird daher empfohlen sich bei den Kriterien vom EEG zu lösen und insbesondere Kriterien für die solarthermische Planung zu entwickeln. Ein Gunstbereich, der in manchen Landesentwicklungsprogrammen beschrieben ist, ist der Nahbereich um Gewerbe- und Industriegebiete. In diesen Bereichen sind solare Umsetzungen aufgrund der räumlichen Vorbelastung durch u. a. große Gewerbehallen priorisiert umzusetzen. Da sich Gewerbegebiete teils in der Nähe von den (potenziellen) Wärmenetzgebieten bzw. Wärmesenken befinden, kann dieses Positivkriterium beim Abwägungsprozess zur Umsetzung von solarthermischen Anlagen ausbaufördernd wirken. Jedoch weisen nicht alle Gewerbegebiete zwingend Wärmenetzpotenzial im Umfeld auf. Somit kann dieses Kriterium im Einzelfall hilfreich sein, Kai Jerma ist Projektmanager bei der IB.SH und unter anderem Ansprechpartner für die Schnittstelle zwischen Raumplanung, Technik und Wirtschaftlichkeit solarer Freiflächenprojekte in Schleswig Holstein seitens der IB.SH Welche Rückmeldungen haben Sie in Schleswig-Holstein zum Solar-Freiflächenanlagen- Erlass (Hilfestellung für Kommunen) von den Kommunen bekommen? Kai Jerma: Die bisherigen Rückmeldungen fielen unterschiedlich und teils eher verhalten aus. In manchen Kommunen wurde der Planungserlass als weitere Hürde in der planerischen Gestaltung aufgefasst. Hier werden wir noch einmal in den Dialog gehen, um das Verständnis zu schärfen: Denn es handelt sich nicht um ein Pflichtenheft für die Kommune, sondern vielmehr um Spielregeln für die Planung. Wir wollen vor allem Hilfestellung für die Flächenbewertung geben. Die Kriterien bieten eine fundierte Grundlage, um vor Ort kommunale Standortkonzepte zu erarbeiten. Wie sehen die weiteren Planungen aus? 2023 ist eine Evaluierung des Planungserlasses vorgesehen, um die Erfahrungen der ersten zwei Jahre auszuwerten. Was wir jetzt schon sehen, ist dass die Trennung zwischen Photovoltaik- und solarthermischen Anlagen noch klarer herausgearbeitet werden sollte. Insbesondere der Solarthermie wollen wir mehr Aufmerksamkeit und Raum verschaffen – sowohl im Planungserlass als auch in der schleswig-holsteinischen Flächenkulisse. Im Rahmen der verpflichtenden Wärmeplanung gilt es alle verfügbaren lokalen Potenziale so gut wie möglich zu nutzen, um den Wärmesektor zu dekarbonisieren und die Wärmepreise so weit wie möglich von globalen Unsicherheiten zu entkoppeln. Schleswig- Holstein bietet besonders gute Voraussetzungen, um die Transformation über Wärmenetze voranzutreiben. Empfehlen Sie anderen Ländern ein ähnliches Vorgehen? Ja. Auch wenn die Auswertung noch aussteht, ist nach bisherigem Stand das Aufsetzen einer Planungshilfe auf Landesebene auf jeden Fall zu empfehlen. Wie schon erwähnt, ist es elementar, den Unterschied zwischen Solarthermie und Photovoltaik zu betonen. Neben den besonderen räumlichen Anforderungen der Solarthermie ist auch der Nutzen vor Ort durch eine lokale Versorgung in solaren Wärmenetzen ganz anders einzuschätzen als bei der Photovoltaik. Um Vorbehalten vorzubeugen, sollte von Anfang an deutlich kommuniziert werden, dass es sich um eine Planungshilfe handelt, die Kommunen als Chance für eine proaktive Energieflächenplanung dienen soll. „PLANUNGSHILFE UND CHANCE FÜR DIE KOMMUNEN“ Infoblatt Nr. 15 IMPRESSUM Das Infoblatt Solare Wärmenetze ist eine Initiative im Rahmen vom Projekt SolnetPlus – Solare Wärmenetze als eine Lösung für den kommunalen Klimaschutz. Mehr unter: www.solare-wärmenetze.de Herausgeber: HIR Hamburg Institut Research gGmbh Redaktion: Felix Landsberg, Hamburg Institut Anna Ulrichs, Solites Veröffentlichung: September 2023 | ISSN (Print) 2750-753X | ISSN (Online) 2750-7548 Die Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. unterstützt durch die Industrieinitiative Solare Wärmenetze der Solarthermieanbieter (IniSW) Partner bietet aber keine allgemeingültigen Lösungsansatz, um den Ausbau solarthermischer Anlagen zu beschleunigen. HEMMNISSE BEKANNT, LÖSUNGEN VORHANDEN Der Ansatz und die Ziele der Raumplanung bilden einen geeigneten Rahmen, um nachhaltig und interessenverträglich verschiedene räumliche Planungen miteinander in Einklang zu bringen oder möglichst konfliktarm zu planen. Auf Grund der besonderen räumlichen Anforderungen der Solarthermie sind im Suchprozess Kriterien wie die nötige Nähe zu Wärmesenken frühzeitig zu berücksichtigen. Lösungsansätze konnten im Projekt SolnetPlus sowohl auf Seiten der Projektierenden als auch auf Seiten der Behörden identifiziert werden. • Berücksichtigung der besonderen Anforderungen der Solarthermie in den raumplanerischen Vorgaben auf Landes- und Regionalebene • Erstellung einer strukturierten Flächenanalyse in Kooperation zwischen Wärmenetzbetreiber und Kommune • Kommunale Ausweisung von Flächen zur solaren Nutzung auf Basis einer strukturierten Flächenanalyse • Ermittlung und Einordnung des solaren Gesamtpotenzials im Rahmen einer Solarstrategie Die Flächensuche für ein solarthermisches Projekt sollte mit ausreichend Vorlauf und Kapazitäten für Abstimmungsprozesse im Rahmen einer strukturierten Flächenanalyse durchgeführt werden. Um den Lösungsraum zu erweitern, sollten Mehrfachnutzungen der Flächen von Anfang an mitgedacht werden – insbesondere in der siedlungsnahen Bereichen, die sich technisch besonders gut für die Umsetzung solarthermischer Anlagen eignen. Planungsbehörden können den Ausbau und den Flächenfindungsprozess durch Vorgaben zu den besonderen räumlichen Anforderungen solarthermischer Anlagen in den Raumordnungsprogrammen unterstützen, damit diese in den Abwägungsprozessen vor Ort berücksichtigt werden.

Anna Laura Ulrichs2023-10-09T15:33:13+02:00Freitag, 22. September, 2023|

Freiflächen-Solarthermie in der Raumplanung – Grundsatzpapier

POLICY PAPER/GRUNDSATZPAPIER ZUR FREIFLÄCHEN-SOLARTHERMIE IN DER RAUMPLANUNG erstellt von HIR Hamburg Institut Research und Solites im Rahmen des Projekts SolnetPlus Juli 2023 Solarthermie-Freiflächenanlagen müssen auf allen Planungsebenen ausdrücklich und zusätzlich zu Photovoltaik-Anlagen adressiert werden. Solarthermische Freiflächenanlagen können die Dekarbonisierung von Wärmenetzen sehr effektiv unterstützen, weil die Sonnenenergie durch die direkte Umwandlung zu Wärme sehr effizient genutzt wird. Durch den geringen Bedarf zusätzlicher Energieträger wie u.a. Strom können die Wärme-erzeugungskosten langfristig gering und die Wärmepreise weitgehend unabhängig von globalen Energiemärkten gestaltet werden. Dass sich die Freiflächen-Solarthermie in den vergangenen Jahren noch nicht stärker verbreitet hat, lag neben den sehr geringen Bezugskosten für fossile Brennstoffe auch an dem geringen Bekanntheitsgrad der Technik und den Hemmnissen in der Planung der Anlagen. Das Hamburg Institut hat sich in den Jahren 2022- 2023 im Rahmen des Forschungsprojekts SolnetPlus mit den Planungs- und Genehmigungshemmnissen auseinandergesetzt und die folgenden Politikempfehlungen entwickelt: 1. Solarthermie sollte in der Raumplanung auf Bundesebene Vorrang vor Photovoltaik eingeräumt bekommen. Alle Maßnahmen, die die räumliche Steuerung von Photovoltaikanlagen adressieren, sollten agen" betitelt werden, um die Solarthermie im Begriff einzuschließen. Im Rahmen der räumlichen und planungsrechtlichen Steuerung wie z.B. über das BauGB sollte bei Maßnahmen, die den Ausbau von solaren Anlagen beschleunigen, die Solarthermie gegenüber der Photovoltaik gesondert behandelt werden. Die Privilegierung von solaren Anlagen im 200 m-Korridor entlang von Autobahnen und Schienen ist klar auf die Belange der Photovoltaik ausgerichtet. Die solarthermische Erzeugung sollte als Anlage privilegiert werden, ohne räumliche Vorgaben. Solarthermische Freiflächenanlagen sollten aus wirtschaftlich-technischen Gründen möglichst nah an den Wärmeverbrauchern liegen. Im Gegensatz dazu haben Photovoltaik-Freiflächenanlagen kein derartiges Erfordernis und können weiter entfernt von den Verbrauchern liegen. 2. Bezüglich steuerlicher und erbschaftsrechtlicher Belange ist die Solarthermie mindestens im gleichen Maße wie die Photovoltaik zu adressieren. Alle Maßnahmen, die die finanzrechtlichen Aspekte von Photovoltaikanlagen adressieren, scheint. 3. Solarthermie ist in der Raumplanung auf Landesebene gesondert zur Photovoltaik zu betrachten. Landesraumordnungsprogramme oder Landesentwicklungsprogramme sollten klar benennen, dass solarthermische Anlagen auch in Bereichen mit hohen räumlichen Widerständen nicht generell auszuschließen sind. Stattdessen sind die (scheinbaren) räumlichen Widerstände unter erhöhtem Abwägungsbedarf zu prüfen oder als besonders geeignet für Solarthermie darzustellen, wenn ein Wärmenetz in der Nähe liegt oder geplant ist. Hintergrund ist, dass sich der Suchbereich für solarthermische Freiflächen stark auf die Gebiete in der Nähe zu Wärmenetzen / Siedlungsbereichen beschränkt, da die Anbindung nur unter begrenzten Leitungslängen sinnvoll umsetzbar ist. Gunstflächen bzw. besonders geeignete Flächen für die solare Nutzung sollten sich nicht nur an den Fördervorgaben des EEG (Ausrichtung an der Photovoltaik) orientieren. Stattdessen sollten sie u.a. die räumliche Vorprägung stärker in Betracht ziehen und besonders geeignete Flächen dort vorsehen, wo auch solarthermische Anlagen besonderes Umsetzungspotenzial aufweisen wie z.B. in räumlicher Nähe zu bebauten Bereichen wie Siedlungs- und Gewerbegebieten. 4. Länder und Landkreise / Regionen sollten die Kommunen bei der Flächenanalyse unterstützen und den Kommunen Potenzialatlanten zur Verfügung stellen, die die Ausschluss- und Abwägungsbereiche auf den vorgelagerten Ebenen zur kommunalen Planung abbilden. Da auf absehbare Zeit eine Vielzahl von Kommunen eine Wärme- oder Energieplanung erstellen wird, sollten die Daten der vorgelagerten Planungsebenen aggregiert bereitgestellt und laufend aktualisiert werden, um die Datenbeschaffung effizient zu gestalten und mehr Ressourcen für die Abstimmung der Konzepte und Flächen auf kommunaler Ebene zu schaffen. In Gesetzgebungsverfahren sollte darauf geachtet werden, Länder und Landkreise in dieser Aufgabe zu stützen. 5. Kommunen sollten sich aktiv in die Flächenbereitstellung und -konzeption inklusive der Kompensationsflächen einbringen. Zusätzlich zu den Projektflächen und Nutzungskonzepten, die im Rahmen einer strukturierten Flächenanalyse und begleitet durch eine Solarstrategie ermittelt werden, sollten Kompensations- bzw. Ökokontoflächen für ausgewählte (solarthermische) Projekte vorgehalten werden. Durch dieses Vorgehen kann der zeitliche Gesamtplan des Projekts gestrafft werden, wenn die Flächensuche für solarthermische Anlagen von Beginn an systematisch erfolgt. Eine weitere zeitlich nachgelagerte Suche nach Kompensationsflächen muss in diesen Fällen nicht mehr erfolgen, was die Umsetzung beschleunigt. In Gesetzgebungsverfahren sollte darauf geachtet werden, dass Kommunen in der nicht vorhabenbezogenen (Bauleit-)Planung von solaren Freiflächen gestützt und Hürden abgebaut werden. Weitere Infos zum Projekt unter: www.solare-waermenetze.de Weitere Inhalte zu Freiflächen-Solarthermie und Raumplanung auch unter: https://www.solare-waermenetze.de/solare-waermenetze/solarthermie-freiflaechen-raumplanung/ Dieses Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages unter dem Förderkennzeichen 67kf0119c gefördert.

Anna Laura Ulrichs2023-08-02T15:27:28+02:00Mittwoch, 2. August, 2023|
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