Infoblatt Solare Wärmenetze Nr.22 – Große Wärmespeicher und ihre Finanzierung

www.solare-wärmenetze.de Infoblatt Nr. 22 Kommunen mit Wärmenetzen suchen zur Zeit nach erneuerbaren Wärmequellen. Viele Kommunen befassen sich erstmals mit der Option eines Wärmenetzes. Mit Solarthermie, Geothermie, Umwandlung von überschüssigem Windstrom in Wärme (Power-to-heat) , industrieller Abwärme, Wärmepumpen und Biomasse ist unser Wärmebedarf gut zu decken. Das Problem: Viele erneuerbare Wärmeenergiequellen sind fluktuierend oder produzieren Wärme antizyklisch zum Bedarf. Das ist vor allem für die Wärmeversorger eine Herausforderung: Ausfälle in der Wärmeversorgung sind keine Option, und auch kurzfristige Überangebote und Wärmespitzen müssen von den Wärmenetzen abgefangen werden können. WÄRMESPEICHER IST PASSIV Große Wärmespeicher können diese kurz- und mittelfristigen Differenzen zwischen Wärmeangebot und -nachfrage ausgleichen. Die schon genannten erneuerbaren Wärmequellen können große Wärmespeicher füllen. Eingespeist in einen großen Wärmespeicher steht die Wärme dann zu den Bedarfszeiten zur Verfügung - abends, nachts und während der kälteren Jahreszeit. Grundsätzlich ist die Herkunft der Wärme für den Wärmespeicher ohne Belang. Der Speicher ist ein passives Bauteil und unterscheidet nicht nach Wärmeerzeuger. Die Temperatur der erzeugten Wärme ist jedoch von Bedeutung: Je nach benötigter Temperatur für das Wärmenetz und die Abnehmer sollte im Speicher mindestens diese Temperatur erhalten bleiben. Für den Fall, dass die Speichertemperatur kühler als der benötigte Vorlauf wird, z.B. durch vorherige Entladung, ist eine Kombination mit einer Wärmepumpe möglich. Durch deren Einsatz wird die verfügbare Temperatur auf ein höheres Niveau gehoben. Aber Achtung: Dafür ist elektrische Energie nötig, die im Energiekonzept einberechnet werden muss. SPEICHERTYPEN Es gibt verschiedene Speichertypen, die sich in Konstruktion und Speichermedium unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen das Grundprinzip „Speichern der Überschusswärme für Bedarfszeiten“. • Stahl(beton)behälter sind meist mit Wasser als Wärmespeichermedium gefüllt. • Erdbecken-Wärmespeicher sind mit Wasser oder einer Wasser-Kies- Mischung gefüllt. • Geothermiesonden erschließen geeignete Gesteinsschichten, die aufgeheizt und als Speichermedium genutzt werden. • Aquifere sind natürliche, unterirdische Wasserreservoirs, die als Wärmespeicher genutzt werden. 65 Prozent erneuerbare Energien sind bei Neuinstallation der Wärmeerzeuger der allermeisten Gebäude Pflicht. Bis zum Jahr 2045 soll der gesamte Wärmebedarf Deutschlands erneuerbar gedeckt werden. Deshalb hat in vielen Kommunen die Suche nach erneuerbaren Energien begonnen - für alle Jahreszeiten. ERNEUERBARE WÄRME IM WINTER Große Wärmespeicher und ihre Finanzierung Foto: Solites Das Wissensportal zu großen Wärmespeichern: www.saisonalspeicher.de Begehung des Wärmespeichers Meldorf im Bau: Zu sehen ist die schwarze Kunststoff-Dichtungsbahn des Deckels, auf die anschließend Dämmung montiert wird (weiß im Hintergrund). Infoblatt Nr. 22 Im Gespräch: Dirk Mangold, Leiter des Forschungsinstituts Solites in Stuttgart Herr Mangold, was kostet die Wärme, wenn ein Wärmespeicher im Netz integriert ist? Das ist so nicht beantwortbar. Der Wärmespeicher selbst produziert keinerlei Energie, er ist ein passives Bauteil. Die Wirtschaftlichkeit des Wärmespeichers hängt vollständig von seiner Systemintegration ab. Wenn ich ihn schlecht integriere, ist seine Wirtschaftlichkeit logischerweise viel schlechter. Wenn ich ihn sehr gut in das Wärmeerzeugungssystem integriere, kann das System den Speicher besser nutzen und damit wird der Speicher wirtschaftlicher. Was heißt in diesem Zusammenhang gut integriert? Viele bereits untersuchte Projekte haben gezeigt, dass eine wesentlich bessere Wirtschaftlichkeit erreicht werden kann, wenn nicht nur der Wärmespeicher an das System angepasst wird, sondern auch das System der Wärmeerzeugung Rücksicht auf den Speicher nimmt. Zum Beispiel könnte das Wärmeerzeugungssystem mit einer Wärmepumpe ergänzt werden oder andere Wärmeerzeuger werden so kombiniert, dass die Wärme aus dem Speicher in der Nutzung priorisiert wird. Wenn wir jetzt an eine Kommune denken, die ihre Wärmeversorgung dekarbonisieren muss, womit fängt die Kommune am besten an? Mit dem Netz, dem Speicher oder der Wärmequelle? Die große Aufgabe ist zu klären, wie jedes Gebäude im Jahr 2045 mit erneuerbarer Wärme versorgt wird. Die kommunale Wärmeplanung wird beantworten, welche Gebäude eine Einzelheizungslösung brauchen und welche ein Wärmenetz bekommen. Großvolumige Wärmespeicher sind Technologien, die für Wärmenetze oder für sehr große Liegenschaften, Industriebetriebe etc. gedacht sind. Also ist der erste Schritt: Welche Gebäude werden zukünftig über ein Wärmenetz versorgt? Dann muss der Wärmebedarf des Wärmenetzes ermittelt werden, und welche erneuerbaren Wärmequellen überhaupt zur Verfügung stehen. Sehr viele Kommunen, wenn nicht fast alle, werden feststellen, dass es Wärmequellen gibt, die nicht immer dann Wärme liefern, wenn diese benötigt wird. Dann braucht man einen Speicher. Die Entwicklung des Wärmespeichers beginnt also in Kombination mit dem kompletten Wärmeerzeugungssystem. Wenn alles zusammenpasst, gibt es die beste Wirtschaftlichkeit. Insbesondere, wenn die Wärmequellen sehr dynamisch sind, wird das System so komplex, dass es über dynamische Simulationen dimensioniert und gestaltet werden muss. SPEICHERNUTZUNGEN – WELCHE IST WELCHE? Pufferspeicher, Kurzzeit-Wärmespeicher, saisonale Wärmespeicher, Multifunktionswärmespeicher - was sind die Unterschiede? • Pufferspeicher sind Kurzzeit-Wärmespeicher, die bereits in vielen Wärmenetzen eingesetzt werden. Sie dienen zur Aufnahme von Wärmemengen, die wenige Stunden, z.B. bis in den Abend hinein oder maximal einige Tage gespeichert werden. Dadurch werden Erzeugungsschwankungen ausgeglichen und die Netztemperatur gleichmäßig gehalten. Pufferspeicher haben daher viele Lade- und Entladezyklen. Sie sind in vielfacher Ausfertigung auf dem Markt als „Komplettpaket“ erhältlich und sind von 200l bis 100.000l (=100m3) groß. • Größere Pufferspeicher sind aufgrund der Größe (100m3 bis ca. 50.000 m3) und/oder hohen Temperaturen/ anspruchsvoller Einbindung nicht mehr am Stück erhältlich, erfüllen jedoch den gleichen Zweck. • In den Untergrund integrierbare, großvolumige Wärmespeicher hingegen können von 1.000m3 bis zu 1 Mio. m3 Volumen bieten. In der Vergangenheit wurden diese „saisonale“ Wärmespeicher genannt, weil sie für die Beladung während der warmen Sommermonate (meist) mit SolarthermieÜberschusswärme und die Entladung während der Heizperiode konzipiert waren. In diesem Fall findet pro Jahr ein Ladezyklus statt. Daher müssen diese Speicher im Vergleich zu Pufferspeichern wesentlich kostengünstiger sein. Aus wirtschaftlicher Sicht wird dadurch die große Investition jedoch nicht optimal genutzt. Die Fachwelt spricht neuerdings deshalb eher von „Multifunktionswärmespeichern“. • Multifunktionswärmespeicher können Wärme saisonal, sprich von Sommer auf Winter, speichern. Das große Wärmespeichervolumen wird jedoch zusätzlich auch unterjährlich genutzt, z.B. für die vielfache kurzzeitige Aufnahme von Wärmespitzen. So finden viele Be- und Entladevorgänge statt und die Investition in den Speicher zahlt sich früher aus. „DIE WIRTSCHAFTLICHKEIT DER WÄRMEWENDE IST LETZTLICH AUCH EINE GLAUBENSFRAGE.“ Quelle: Solites www.solare-wärmenetze.de Womit fängt die Kommune denn an? Angenommen, die kommunale Wärmeplanung ist abgeschlossen. Wo beginnt man? Die Kommune sollte zunächst herausfinden, welche Wärmequellen zukünftig zur Verfügung stehen. Es bringt nichts, sich Gedanken über Speicher zu machen, die man womöglich gar nicht beladen kann. Wenn ich weiß, wie viele Gebäude ich versorgen muss, dann kenne ich den Wärmebedarf grob übers Jahr hinweg. Das habe ich als Ergebnis der kommunalen Wärmeplanung. Dann muss ich auf der anderen Seite der Gleichung suchen: Woher kommt die Wärme? Und wenn diese Wärmequellen und deren Verfügbarkeiten übers Jahr klar sind, was dann? Wenn die Verfügbarkeiten der Wärmequellen übers Jahr klar sind, dann beginne ich mir Gedanken zu machen: Wie viel Wärme muss ich einspeichern? Welche Wärmespeicher-Typen können vor Ort realisiert werden? Vielleicht sind es auch mehrere, die ich kombinieren muss. Wenn diese Wärmespeicher Platz benötigen, dann brauche ich die Fläche. Da kann man auch Experten fragen, ob der Untergrund vor Ort geeignet ist, entweder um Wärme zu speichern oder bei tiefer Geothermie, auch um Wärme zu entziehen. Das kann dann in einer ersten Voruntersuchung geklärt werden. Wenn die Kommune festgestellt hat, sie braucht einen großvolumigen Speicher, wie macht sie dann weiter? Wie kommt sie zur Bauweise, wie groß muss der Speicher werden und wer baut diesen Speicher? Die Kommune wird selbst nicht herausfinden können, wie groß der Speicher sein muss. Dafür braucht sie Fachberatung, auch um das System zu simulieren. Diese Fachberater können den nächsten Schritt weiterentwickeln: Wie kann der Speicher gebaut werden? Es gibt ein paar wenige Initiativen, bei denen Teile selbst gebaut wurden; beispielsweise ein Landwirtschaftsbetrieb, der für einen kleineren Speicher selbst eine Grube ausgehoben hat. Solche Initiativen sind denkbar, aber in der Regel muss ein Fachingenieur den richtigen Speicher-Typ mit beraten und diesen Speicher dann für den Bau auch ausschreiben. Meistens geschieht dies über eine funktionale Ausschreibung. So findet die Kommune Anbieter, die diesen Speicher realisieren können. Wenn das Gesamtkonzept so wichtig, aber schwer überschaubar, und der Speicher ein derartiges Großprojekt ist, wie kann das denn am Ende für eine kleine Kommune wirtschaftlich sein? Betrachten Sie es aus dieser Perspektive: Wirtschaftlichkeit wird oft im Vergleich zu heutigen fossilen Energiepreisen bewertet. Diese Betrachtung ist verständlich, aber letztendlich falsch: Die Dekarbonisierung ist gesetzt, das Jahr 2045 als Zieljahr für die vollständig erneuerbare Wärmeversorgung festgelegt. Die einzig hilfreiche Frage ist also: Was ist die kostengünstigste und damit wirtschaftlichste Lösung, um die Dekarbonisierung umsetzen zu können? Für jede Kommune wird es eine auf die lokalen Gegebenheiten angepasste Lösung geben. In den meisten Fällen werden mehrere erneuerbare Wärmequellen und ein großer Wärmespeicher Bestandteile der Lösung sein. Sie sagen also, die Kommunen kommen um große Investitionen gar nicht herum? Ja, genau das. Unabhängig davon, welche Lösung zur Dekarbonisierung gewählt wird, sie wird immer viel Geld kosten. Deswegen gibt es auch Förderung und Investitionszuschüsse. Es ist klar, dass die Kosten für die Wärmeversorgung eines Gebäudes in Zukunft steigen werden. Die fossilen Energiepreise steigen übrigens auch weiterhin. Man kann also nicht sagen, dass die Dekarbonisierung schlecht ist, weil sie alles verteuert; auch ohne Dekarbonisierung wird alles teurer. Das heißt doch, die Kommunen müssen heute Millionen von Euro investieren in der bloßen Annahme, dass die fossilen Energieträger teurer werden? Ja, und das ist eine schwierige Frage. Die Wirtschaftlichkeit der Wärmewende ist letztlich auch eine Glaubensfrage. Was glauben wir, wie werden sich die Preise für Gas und Strom in den nächsten 20 Jahren entwickeln? Es gibt zwar wirtschaftliche Berechnungen, aber die sind oft auf heutige Preise und Annahmen ausgelegt. Mit erneuerbaren Energien bekomme ich eine dekarbonisierte Wärme mit geringen Betriebskosten. Der zugrundeliegende Sinn der Dekarbonisierung, also der Schutz des Klimas und unserer Lebensgrundlagen, ist klar. Für die Kommunen und Wärmenutzenden ist aber dennoch wichtig, zu wissen, wie teuer die Energie in den Nebenkosten sein wird. Können Sie das präzisieren? Das habe ich mit dem Hinweis auf Glaubensfragen gemeint: Je nachdem, welche Annahmen man in die Wirtschaftlichkeitsrechnung einbezieht, können die Ergebnisse unterschiedlich ausfallen. Wenn die Kommune stark auf Wärmepumpen setzt, dann brauchen diese viel Strom und ist damit von Strompreisänderungen abhängig. Setzt die Kommune hingegen viel auf Wärmeerzeugung vor Ort und Wärmespeicherung, dann ist sie autarker und hat sicherere Preise, muss aber möglicherweise mehr investieren und höhere Kredite aufnehmen. Wie können Kommunen denn mit diesen Unsicherheiten umgehen? Das Schöne ist, dass man mit Simulationen und virtuellen Zwillingen heute viele verschiedene Szenarien durchrechnen kann. Man kann verschiedene Annahmen treffen und analysieren, was passiert, wenn der Strompreis sich so oder anders entwickelt oder wenn die Bankzinsen sich ändern. So kann man besser abschätzen, welche Investitionsentscheidungen sinnvoll sind. Am Ende muss der Investor entscheiden, welche der Varianten er umsetzen möchte – sprich, an welche Annahmen er glaubt - und in welche er tatsächlich Millionen von Euro investiert. Der Investor ist in den meisten Fällen die Kommune oder das Stadtwerk, die viele andere Aufgaben zu stemmen haben. Wie können die das entscheiden? Ja, das ist eine komplexe Frage. Nach den heutigen Gesetzen und Vorgaben wie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben die Kommunen die Pflicht, bis 2045 komplett zu dekarbonisieren. Das bedeutet, dass sie viel investieren müssen, und das Kapital haben die wenigsten Kommunen auf der Bank. Sie müssen sich das Geld von Banken leihen. Was könnten mögliche Lösungen sein? Eine Möglichkeit ist, dass die Kommune ihr Stadtwerk mit mehr Eigenkapital ausstattet. Eine höhere Eigenkapitalquote hilft, Bankkredite zu erhalten. Das bedeutet jedoch, dass die Kommune dieses Geld irgendwoher nehmen muss. Eine andere Lösung ist, Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen, zum Beispiel durch Optionsscheine, wie es die Stadtwerke Heidelberg gemacht haben, oder Privatinvestoren ins Boot zu holen. Eine dritte Möglichkeit ist, dass der Staat die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändert, um die Finanzierung zu erleichtern. Eine weitere Option ist die Erhöhung der Wärmepreise, sodass die Kunden die Infoblatt Nr. 22 IMPRESSUM Das Infoblatt Solare Wärmenetze ist eine Initiative im Rahmen vom Projekt SolnetPlus – Solare Wärmenetze als eine Lösung für den kommunalen Klimaschutz. Mehr unter: www.solare-wärmenetze.de Herausgeber: Solites Steinbeis Innovation gGmbh Redaktion: Anna Laura Ulrichs, Solites Veröffentlichung: Mai 2024 | ISSN (Print) 2750-753X | ISSN (Online) 2750-7548 Die Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. unterstützt durch die Industrieinitiative Solare Wärmenetze der Solarthermieanbieter (IniSW) PARTNER Investitionen über ihre Wärmerechnung zurückzahlen. Das ist ja ein dickes Brett, das die Kommunen in den nächsten Jahren zu bohren haben. Ja, das ist es. Stadtplaner und Techniker müssen sich nun auch mit Finanzierungsfragen auseinandersetzen, die sie vorher nicht auf dem Schirm hatten. Plötzlich sind wirtschaftliche und finanzielle Aspekte genauso wichtig wie technische Lösungen. Man kommt um BWL-Kenntnisse nicht herum. Zurück zum Thema Speicher: Welche Speichertypen der großvolumigen Speicher werden derzeit nachgefragt? In Deutschland gab es viele Jahre lang wenig und dann eher ein technologisches Interesse. Seit etwa zwei, drei Jahren aber sehen wir ein deutlich wachsendes Interesse an unterschiedlichen Wärmespeicher-Typen, also gezielte Projektanfragen von Investoren. Der Markt fängt an, sich zu entwickeln, was uns sehr freut. Aktuell sind in Deutschland folgende Projekte in Vorbereitung: Etwa zwei bis drei Erdsonden-Wärmespeicher, zwei oder drei Aquifer-Wärmespeicher und mehrere Erdbecken-Wärmespeicher, die in den Untergrund integriert sind. Neue Projekte mit unterirdischen Betonbehältern sind mir im Moment nicht bekannt. Eine Bauweise, die großvolumig und relativ kostengünstig realisiert werden kann, ist die der wassergefüllten Erdbecken-Wärmespeicher (Pit Thermal Energy Storages - PTES). Die Größen reichen von einigen 100 m³ bis zu mehr als 100.000 m³. Die meisten der bestehenden PTES wurden zusammen mit großen solarthermischen Anlagen gebaut. Die Entwicklung der nächsten Generation von Erdbecken-Wärmespeichern ist das Ziel des Forschungsvorhabens „Efficient Pit“, in dem die Solmax Geosynthetics GmbH und Solites seit 2021 zusammenarbeiten. Aus dem Bau und Betrieb der bisher realisierten Erdbecken- Wärmespeicher liegen viele Erfahrungen vor und es gibt noch einige Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Technologie. So werden fortschrittliche Materialien und Bauweisen für eine höhere Langzeitbeständigkeit bei Temperaturen von 95 °C, die Verwendung von Wärmedämmung in Wänden und Boden, die wirtschaftlichste geometrische Form der Erdbecken und eine neue Art von schwimmender Abdeckung untersucht. Mit evaluierten Simulationsmodellen und vereinfachten Berechnungstools werden die Projektergebnisse von Solites außerdem den Markt für Erdbecken-Wärmespeicher unterstützen. Um die Materialien und Konstruktionen unter realen Bedingungen testen zu können, wird aktuell ein Speicherlabor am Standort von Solmax in Rechlin gebaut. Es soll aus zwei Erdbecken- Wärmespeichern mit einem Volumen von 2.000 und 3.500 m³ bestehen und mit Abwärme aus der Produktion der Kunststoffdichtungsbahnen betrieben werden. Gefördert wird das Vorhaben durch das BMWK. Mehr zum Projekt unter: https://www.solmaxgeosynthetics.de/ innovation FORSCHUNGSVORHABEN „EFFICIENT PIT“: ERDBECKEN-WÄRMESPEICHER DER NÄCHSTEN GENERATION

Anna Laura Ulrichs2024-09-09T14:00:53+02:00Freitag, 31. Mai, 2024|

Innovative Energiesysteme mit Solarthermie – Ausschreibung von innovativen KWK-Systemen im Rahmen des KWKG

Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 5 www.solare-waermenetze.de Die Herausforderungen an die Wärmenetze der Zukunft sind klar: hocheffizient und ein großer Anteil an erneuerbarer Wärme. Um diese Herausforderungen auch förderpolitisch zu adressieren, hat der Gesetzgeber bei der letzten Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungs- Gesetzes (KWKG) die Fördermöglichkeit für sogenannte „innovative KWK-Systeme“ (iKWK) eingeführt. Zusätzlich sollen innovative KWK-Systeme neben dem Anspruch an eine hohe Effizienz und die Integration erneuerbarer Energien gleichzeitig auch dem Anspruch der Sektorenkopplung gerecht werden. Diese Fördermöglichkeit ist für Solarthermieanlagen auf Grund der erzielbaren Förderquote besonders attraktiv. Denn durch die iKWKFörderung kann eine teils deutlich höhere Förderquote der Solarthermieanlage erzielt werden, als mit anderen Förderprogrammen, wie bspw. dem Marktanreizprogramm (MAP). Zusätzlich zur besseren Wirtschaftlichkeit der Solarthermieanlage kann sich auf Grund der unterschiedlichen Förderhöhen der Ausschreibungen eine höhere Rendite für die KWK-Anlagen ergeben. Ein iKWK-System besteht im Wesentlichen aus drei Anlagenkomponenten: einer KWK-Anlage, einem elektrischen Wärmeerzeuger (Powerto- Heat) und einem innovativen erneuerbaren Wärmeerzeuger. Dabei stellt die Verwendung einer Solarthermieanlage als innovativer erneuerbarer Wärmeerzeuger eine effektive Möglichkeit zur Realisierung eines iKWK-Systems dar. Als Technologien für die Power-to-Heat- Komponente kommen in der Regel E-Heizer in Form von Elektrodenkessel oder Elektrodurchlauferhitzern (Tauchsieder) in Frage. Um im Rahmen des KWKG als iKWK-System gefördert zu werden, müssen unterschiedliche Anforderungen an die einzelnen Komponenten berücksichtigt werden. Gerade bei Solarthermieanlagen sind diese Anforderungen schon in der ersten Planungs- und Dimensionierungsphase zu berücksichtigen. Tabelle 1 zeigt eine Zusammenfassung der wichtigsten Anforderungen an die oben genannten Komponenten. Die detaillierten Bestimmungen lassen sich im KWKG, der KWK-Ausschreibungsverordnung (KWKAusV) oder dem „Merkblatt für innovative KWK-Systeme“ des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nachlesen. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und Solarthermieanlagen ergänzen sich in Verbindung mit Fernwärmenetzen zu einem innovativen und zukunftsfähigen Wärmeerzeugungssystem. Innovative Energiesysteme mit Solarthermie Ausschreibung von innovativen KWK-Systemen im Rahmen des KWKG Quelle: Stadtwerke Ludwigsburg Abbildung 1: Schematische Darstellung eines iKWK-Systems mit dessen Komponenten, Quelle: AGFW FÖRDERUNG DURCH AUSSCHREIBUNG Gefördert werden iKWK-Systeme nach demselben Mechanismus wie auch die „nicht innovative“, klassische KWK über eine Förderung der eingespeisten Strommenge in Euro/kWhel. Auch was die Bestimmung der Förderhöhe angeht, sind die Bedingungen in dem betroffenen Leistungsbereich gleich. Für den Leistungsbereich größer 1 MWel bis einschließlich 10 MWel (bei klassischer KWK bis einschließlich 50 MWel) wird die Förderhöhe über ein Ausschreibungsverfahren bestimmt, dabei werden die Gebote in aufsteigender Reihenfolge bezuschlagt, bis die ausgeschriebene Leistungsmenge erreicht ist. Die Ausschreibung findet zwei Mal jährlich statt. Der Unterschied zwischen innovativer und klassischer KWK liegt in der maximalen Förderhöhe und Förderdauer. Während die klassische Ausschreibung bei 7 ct/kWhel begrenzt ist, gilt bei der iKWK-Ausschreibung eine maxima- Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 5 KWK-Anlage Innovativer erneuerbarer Wärmeerzeuger (bspw. Solarthermie) Power-to-Heat-Anlage 1. Muss eine elektrische Leistung größer als 1.000 kWel bis einschließlich 10.000 kWel haben 1. Muss jährlich mindestens 30 % der Referenzwärme bereitstellen (s. Abbildung 3) 1. Muss so ausgelegt sein, dass jederzeit mindestens 30 % der maximalen thermischen Leistung der KWK-Anlage bereit gestellt werden kann 2. Muss basierend auf der EU- Energieeffizienz richtlinie (EED) hocheffizient sein 2. Muss eine Jahresarbeitszahl größer 1,25 erreichen 2. Besitzt eine Jahresarbeitszahl von höchstens 1 3. Darf keine Kohle als Brennstoff verwenden 3. Muss fabrikneu sein 3. Muss nicht fabrikneu sein 4. Muss neu sein oder modernisiert werden ANFORDERUNGEN AN: Abbildung 2: Ergebnisse der ersten Ausschreibungsrunden, Quelle: AGFW, Datenbasis Bundesnetzagentur Tabelle 1: Anforderungen an das innovative KWK-System le Förderhöhe von 12 ct/kWhel. Außerdem liegt die maximale Förderdauer bei iKWKSystemen bei 45.000 Vollbenutzungsstunden, während klassische KWK-Anlagen nur 30.000 Vollbenutzungsstunden gefördert werden. Dadurch wird den deutlich komplexeren Anforderungen und höheren Kosten der Systeme Rechnung getragen. Es werden pro Kalenderjahr bis zu 3.500 Vollbenutzungsstunden gefördert, bei geringerer jährlicher Betriebsdauer jedoch höchstens über 30 Jahre. ERGEBNISSE DER ERSTEN AUSSCHREIBUNGSRUNDEN Bisher gab es vier Ausschreibungen: Juni 2018, Dezember 2018, Juni 2019 und Dezember 2019. Im Vergleich zur Ausschreibung der klassischen KWK, welche seit Ausschreibungsbeginn zunächst in jeder Runde überzeichnet war, wurde die ausgeschriebene Leistungsmenge bei der iKWK zunächst in keiner Runde erreicht. Geändert hat sich dieses Verhältnis erst mit der letzten Ausschreibung im Dezember 2019. Dort war erstmals die iKWK-Ausschreibung zu fast 100 % überzeichnet, während die klassische KWK-Ausschreibung rund 30 % unterzeichnet blieb. Trotz der deutlichen Überzeichnung der letzten Ausschreibung, unterscheidet sich der durchschnittliche mengengewichtete Zuschlagswert nur geringfügig von den vorherigen Ausschreibungen. Tabelle 2 zeigt die in 2019 bezuschlagten iKWK-Projekte. Eine Auflistung aller bezuschlagten iKWK-Projekte befindet sich auf der Homepage der Bundesnetzagentur (BNetzA). Betrachtet man die einzelnen Projekte, über die schon mehr bekannt wurde – vorwiegend aus den ersten drei Ausschreibungsrunden – wird deutlich, dass der überwiegende Teil der Projekte auf die Verwendung von Großwärmepumpen und Umweltwärme als innovative erneuerbare Wärmeerzeuger setzt. Lediglich eines der bezuschlagten Projekte errichtet das iKWK-System mit Hilfe einer großen Solarthermieanlage als innovativen erneuerbaren Wärmeerzeuger: die Stadtwerke Greifswald (bezuschlagt im Juni 2018). HERAUSFORDERUNG FÜR DIE SOLARTHERMIE Die Gründe für das zögerliche Interesse bei der Verwendung von Solarthermie liegen zum einen in der allgemeinen Flächendiskussion, da Solarthermieanlagen, um die entsprechende Wärmemenge liefern zu können, im Vergleich zu Konkurrenztechnologien einen deutlich höheren Platzbedarf haben. Diese Flächen müssen in der Nähe von Wärmenetzen gefunden werden und zusätzlich kostengünstig zur Verfügung stehen. Dies stellt sich gerade in Ballungsgebieten als große Herausforderung dar. Zum anderen erhöhen die in der KWKAusV festgelegten Pönalen die Zurückhaltung. Die Pönale nach § 19 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KWKAusV wird erhoben, sobald in einem Kalenderjahr der Anteil der innovativen erneuerbaren Wärme an der Referenzwärme weniger als 30 % beträgt. Für jeden Prozentpunkt der Unterschreitung wird für je 300 Vollbenutzungsstunden in diesem Kalenderjahr die Zuschlagszahlung auf null verringert. Beträgt bspw. der Anteil der innovativen erneuerbaren Wärme in einem Kalenderjahr nur 27 %, so entfällt in diesem Jahr der Zuschlag für 900 Vollbenutzungsstunden. Diese Pönale betrifft entsprechend alle verwendeten Technologien, jedoch wird die Solarthermie auf Grund der naturgemäß jährlich schwankenden Solarerträge stärker benachteiligt. Bei anderen innovativen erneuerbaren Wärmeerzeugern wie bspw. Geothermieanlagen sind die jährlichen Schwankungen des Ertrages deutlich geringer. Die Konsequenz dessen ist, bei der Auslegung der Solarthermieanlage eine gezielte Überdimensionierung vorzunehmen, um sicherzustellen, dass der 30%-Anteil der innovativen erneuerbaren Wärme an der Referenzwärme auch in jedem Kalenderjahr eingehalten werden kann. Dadurch rückt zum einen die Flächenproblematik noch stärker in den Fokus, zum anderen nimmt der ökonomische Vorteil ab. Anlagenhersteller gehen hierbei von einer nöwww. solare-waermenetze.de BESTIMMUNG DER REFERENZWÄRME Die Referenzwärme ist nach der KWKAusV „die Summe aus der Nutzwärme, die die KWKAnlage eines innovativen KWK-Systems mit 3.000 Vollbenutzungsstunden bereitstellen kann, und der von dem gleichen innovativen KWK-System innerhalb eines Kalenderjahres bereitgestellten innovativen erneuerbaren Wärme“ (§ 2 Nr. 16 KWKAusV). Bieter Elektr. Nettoleistung der KWK-Anlage JUNI 2019 Heizkraftwerk Halle-Trotha GmbH 6.000 kW BTB Blockheizkraftwerks- Träger- und Betreibergesellschaft mbH Berlin 8.000 kW Stadtwerke Rosenheim GmbH & Co. KG 4.457 kW Stadtwerke Heidelberg Umwelt GmbH 2.037 kW Stadtwerke Bietigheim-Bissingen GmbH 1.999 kW DEZEMBER 2019 Urbana Energiedienste GmbH 4.600 kW Stadtwerke Rosenheim GmbH & Co. KG 4.457 kW Stadtwerke Rosenheim GmbH & Co. KG 4.457 kW Stadtwerke Lemgo GmbH 4.900 kW STADTWERKE STEIN GmbH & Co. KG 2.000 kW Tabelle 2 Übersicht der bezuschlagten iKWK-Projekte in 2019 [Quelle: Bundesnetzagentur und Marktstammdatenregister] Abbildung 3: Definiton der Referenzwärme Gefördert durch: www.solare-waermenetze.de IMPRESSUM Das Infoblatt Solare Wärmenetze ist eine Initiative im Rahmen von Solnet 4.0, einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Vorhaben zur Marktbereitung für solare Wärmenetze. Die Projektpartner sind das Steinbeis Forschungsinstitut Solites, der Fernwärmeverband AGFW, das Hamburg Institut sowie die Herausgeber der Zeitschrift Energiekommune. Herausgeber: AGFW-Projektgesellschaft für Rationalisierung, Information und Standardisierung mbH Redaktion: Tobias Roth, Kibriye Sercan-Çalışmaz Veröffentlichung: März 2020 Haftungsausschluss: Das dieser Publikation zugrundeliegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unter dem Förderkennzeichen 03EGB0002A gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieses Dokuments liegt bei den AutorInnen. Weder der Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. Energiekommune tigen Überdimensionierung von ca. 10 % aus. Die Einführung einer rollierenden Betrachtung der Erträge bspw. über 5 Jahre wäre an dieser Stelle sinnvoller, sodass die Jahre mit weniger Solarertrag ausgeglichen werden durch die Jahre mit höherem Solarertrag. Die definierte Bestimmung der Referenzwärme in der KWKAusV führt bei der Projektplanung noch zu einer anderen Herausforderung, die frühzeitig berücksichtigt werden muss. Durch die definierte, festgeschriebene Berechnung der Referenzwärme mit 3.000 Vollbenutzungsstunden der KWK-Anlage pro Kalenderjahr existiert bisher keine Regelung für eine unterjährige Inbetriebnahme des Systems. Der Anteil erneuerbarer Wärme ist also unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme des iKWK-Systems. Auch bei einer unterjährigen Inbetriebnahme bspw. im September muss die Solarthermieanlage die gleiche Mindestwärmemenge zur Erfüllung des Anteils (30 %) an der Referenzwärme erreichen wie bei einer Inbetriebnahme im Februar. Da der höchste Wärmeertrag einer Solarthermie in den Sommermonaten auftritt, kann diese Voraussetzung selbst bei einer deutlichen Überdimensionierung in der Regel nicht erfüllt werden, wodurch die entsprechende Pönale erhoben wird. Die Empfehlung ist bis zu einer Gesetzanpassung so zu planen, dass die Inbetriebnahme zu Beginn eines Kalenderjahres erfolgen kann. BEISPIELE FÜR iKWK-SYSTEME MIT SOLARTHERMISCHEM WÄRMEERZEUGER Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft zwei unterschiedliche iKWK-Systeme, die sich durch die elektrische Leistung der KWKAnlage unterscheiden. Auf Grundlage der Referenzwärme und weiterer anlagentypischer Kennwerte können weitere Charakteristika für die Komponenten Solarthermieanlage und elektrischer Wärmeerzeuger errechnet werden. iKWK-System 1 iKWK-System 2 KWK-Anlage 5 MWel / 5 MWth 2 MWel / 2 MWth Anteil der KWK-Wärme an der Referenzwärme 15.000 MWh/a 6.000 MWh/a Referenzwärme 21.428 MWh/a 8.571 MWh/a Mindestanteil erneuerbarer Wärme 6.428 MWh/a 2.571 MWh/a Solaranlage1 7597 kWp 3039 kWp Kollektorfläche1 12.273 m2 4.909 m2 Aufstellfläche1 35.065 m2 14.026 m2 Elektrischer Wärmeerzeuger 1,5 MWth 0,6 MWth Förderung bei 10,25 ct/kWhel 2 1.793.750 €/a 717.500 €/a 1 u.a. abhängig von der verwendeten Kollektortechnologie und dem Standort. Hier: Beispielhafter Vakuumröhrenkollektor mit einem jährlichen spez. Wärmeertrag von 550 kWh/m2 Aperturfläche 2 mittlere Förderhöhe der letzten Ausschreibungsrunde Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 5

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:52+01:00Mittwoch, 1. April, 2020|

Energiedörfer – Umsetzung von neuen solaren Wärmenetzen kombiniert mit Biomasse

SDHp2m … from policy to market Regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für die Mobilisierung von Investitionen in erneuerbare Wärmenetze in europäischen Regionen und Ländern ENERGIEDÖRFER - UMSETZUNG VON NEUEN SOLAREN WÄRMENETZEN KOMBINIERT MIT BIOMASSE Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624) AutorInnen: Magdalena Berberich, Thomas Pauschinger Solites Per Alex Sørensen Planenergi Simona Weisleder Hamburg Institut Sebastian Grimm, Heiko Huther AGFW Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Kontakt: Solites - Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme Meitnerstr. 8, 70563 Stuttgart Tel.: +49 (0)711 673 2000-20 Email: info@solites.de Stand: April 2018 Arbeitspaket: WP 4: Mobilization of projects and investments Task: 4.1-4.4 Deliverable: D4.5: Manuals with standardized (plug and play) organizational processes and technical solutions (1) Status: Öffentlich Projekt Website: www.solare-fernwaerme.de Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. 1 INHALT 1. Einleitung ................................................................................................................................... 2 2. Gute Gründe für ein solares Wärmenetz .................................................................................... 2 3. Prozessphasen eines Wärmenetzes im Überblick ...................................................................... 3 4. Beteiligte Akteure ....................................................................................................................... 4 5. Flächenfindung für Solarthermie ................................................................................................. 5 6. Machbarkeitsstudie .................................................................................................................... 7 6.1. Beschreibung möglicher Wärmeerzeuger .............................................................................. 8 6.2. Wirtschaftliche Kennwerte aus Referenzprojekten ................................................................. 9 6.3. Technisches Konzept ............................................................................................................ 9 6.4. Mögliche Hindernisse .......................................................................................................... 11 6.5. Sensitivitätsanalyse ............................................................................................................. 11 7. Öffentlichkeitsarbeit .................................................................................................................. 11 8. Die Bauphase der Anlage ......................................................................................................... 12 Anhang: Beispiel eines Netzplans in der Vorplanung .................................................................... 15 2 1. EINLEITUNG Das Projekt SDHp2m (Solar District Heating … from policy to market) zielt auf einen Ausbau solarer Wärmenetze in neun europäischen Regionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien). Die lokalen Randbedingungen für den Ausbau von Wärmenetzen mit Solarthermie unterscheiden sich von Region zu Region. Dennoch ließen sich folgende drei „Standardlösungen“ identifizieren, die in fast allen Regionen angewendet werden können. • Energiedörfer – Umsetzung von neuen solaren Wärmenetzen kombiniert mit Biomasse • Einbindung von Solarthermie in biomassebasierte Wärmenetze • Einbindung von Solarthermie in bestehende städtische Fernwärmesysteme Dieser Leitfaden beschreibt, wie ein neues solares Wärmenetz in Kombination mit Biomasse in kleineren Kommunen in ländlichen Regionen entwickelt und umgesetzt werden kann. Die größten Herausforderungen in Kommunen ohne Wärmenetz entstehen bei der Planung und Umsetzung des Wärmenetzes und nicht bei der Einbindung einer Solarthermieanlage. Der Umstand, dass die Solarthermie die Nutzung fossiler Energieträger während der Sommermonate komplett ersetzen kann, macht den Bau eines Wärmenetzes dennoch attraktiv. Dieser Leitfaden ist nicht als abgeschlossenes Dokument zu betrachten, sondern wird durch neue Erkenntnisse erweitert. 2. GUTE GRÜNDE FÜR EIN SOLARES WÄRMENETZ Bei einer konsequenten Umsetzung der klimapolitischen Ziele in Deutschland und der daraus resultierenden Reduzierung der Treibhausgasemissionen kann die zukünftige individuelle Wärmeversorgung von einzelnen Gebäuden in ländlichen Gegenden nicht mehr auf Heizöl oder Erdgas basieren. Die wesentlichen Optionen werden zukünftig voraussichtlich kleine Biomassekessel oder Wärmepumpen sein. Wenn jedoch die Wärmedichte in einem Dorf hoch genug ist, kann ein Wärmenetz gegenüber den Einzelheizungen einige Vorteile bieten: • Durch die zentrale Wärmeerzeugung können größere und technologisch aufwändigere Anlagen professionell betrieben und gewartet werden. Die Anlagen haben eine höhere Effizienz und durch Filtertechnik geringere Emissionen als Einzelheizungen. • Bei größeren Biomassekesseln kann gröberes und damit günstigeres Brennmaterial eingesetzt werden. • Solarthermie stellt die Wärme in großen Kollektorfeldern wesentlich günstiger und durch Wärmespeicher auch flexibler bereit als auf einzelnen Gebäuden. • Die Wärmeversorgung und die entstehenden Kosten sind unabhängig von Importen fossiler Energien • Während der Rohrverlegung für das Wärmenetz kann die Modernisierung weiterer Systeme fast ohne zusätzliche Kosten eingeleitet werden, bspw. kann die Verlegung von Glasfaser für schnelles Internet durch die Installation von Leerrohren vorbereitet werden. 3 • Die Attraktivität des Ortes und damit der Wert der Häuser steigen, die regionale Wertschöpfung wird erhöht. • Die Hausübergabestation in jedem Gebäude zum Anschluss an das Wärmenetz ist sehr kompakt und platzsparend und leicht regelbar. • Die Hausübergabestation erzeugt weder Emissionen noch Geräusche, im Gegensatz zu bspw. Wärmepumpen oder Heizkesseln mit Öl- oder Biomasse. • In den einzelnen Gebäuden ist der Wartungsaufwand sehr gering. • Die Wärmebezugskosten aus einem Wärmenetz liegen meist unter den Wärmegestehungskosten bei Einzelheizungen. Die solare Komponente der Wärmebezugskosten ist für die gesamte Betriebsdauer der Anlage von etwa 25 Jahren bekannt. • Die Wartung für die Hausübergabestation und die Leckage-Überwachung ist im Wärmebezugspreis inbegriffen. Die Kosten sind meist das wichtigste Kriterium. Deshalb wird unbedingt empfohlen, bereits in der Initiierungsphase eine grobe Wirtschaftlichkeitsabschätzung durchzuführen. Dieser Punkt ist die Weichenstellung für die Durchführbarkeit des Vorhabens. Laut der Studie [1] erreichen Projekte dann die beste Wirtschaftlichkeit, wenn eine moderate Gebäudesanierung (insbesondere der Gebäudehülle) mit einem erneuerbar versorgten Wärmenetz kombiniert wird (z.B. auf Basis einer Kombination von Holzhackschnitzeln und Solarthermie). Dabei sollte die Solarthermieanlage auf die Deckung des sommerlichen Wärmebedarfs ausgelegt werden, so dass ein solarer Deckungsanteil am Gesamtwärmebedarf von bis zu ca. 20 % erreicht wird. 3. PROZESSPHASEN EINES WÄRMENETZES IM ÜBERBLICK Die Umsetzung eines solaren Wärmenetzes kann mit den folgenden Prozessphasen beschrieben werden (siehe Abbildung 1). Besonders in den ersten beiden Phasen der Initiierung und der Vorplanung können verschiedene Gründe auftreten, das Vorhaben abzubrechen. In diesen Phasen ist der Abbruch auch noch ohne große finanzielle Verluste möglich. Bis der Beschluss für die Umsetzung gefasst ist und die Planung beginnt, sollten alle technischen, wirtschaftlichen und auch rechtlichen Hindernisse ausgeräumt sein, die einer Umsetzung entgegenstehen könnten. In der Phase der Initiierung wird die Projektidee entwickelt und in die öffentliche Diskussion eingebracht. Einige engagierte Bürgerinnen und Bürger können z.B. eine lokale Arbeitsgruppe bilden, die auch im weiteren Verlauf die Verantwortung für die Öffentlichkeitsarbeit und die öffentliche Diskussion der Projektidee übernimmt. Wichtig ist, weitere interessierte Bürgerinnen und Bürger und andere Akteure für eine aktive Mitarbeit und letztendlich den Anschluss an das Wärmenetz zu gewinnen. Ideal ist auch eine Unterstützung der Arbeitsgruppe durch die Gemeinde. Der Wärmebedarf Abbildung 1: Prozessphasen zur Umsetzung eines solaren Wärmenetzes [9] 4 des Ortes wird anhand einer angenommenen Anschlussquote überschlägig abgeschätzt, rechtliche und politische Vorgaben werden geprüft. Für die Wärmeerzeugung werden verschiedene Technologien diskutiert und die regionale Verfügbarkeit von Brennstoffen analysiert. In dieser frühen Phase muss bereits die Flächenfindung für eine Solarthermieanlage beginnen. Wenn die grundsätzliche Bereitschaft und die Möglichkeit zur Umsetzung eines Wärmenetzes vorhanden sind, beginnt die Vorplanung. In einer Machbarkeitsstudie werden verschiedene Wärmeerzeugungstechnologien technisch und wirtschaftlich bewertet und Modelle für die Finanzierung und den Betrieb der Anlagen verglichen. Die regionalen Potenziale für Brennstoffe sowie der Wärmebedarf müssen nun verbindlich ermittelt werden und fließen in die Studie ein. Auf Grundlage der Machbarkeitsstudie wird ein Konzept für den Betrieb der Anlage, die Preisgestaltung, die Nutzung von Finanzierungs- und Förderungsmöglichkeiten und die Wärmeerzeugungstechnologien erstellt. Sobald die Entscheidung für ein solares Wärmenetz mit Wärmeversorgung aus Biomasse und Solarthermie gefallen ist, sind im weiteren Vorgehen einige Sachverhalte zu beachten, die sich von der Umsetzung eines Wärmenetzes ohne Solarthermie unterscheiden. In der Planungsphase werden verbindliche Entscheidungen getroffen und Verträge, u.a. mit Lieferanten und Anschlussnehmern, geschlossen. Die notwendigen Genehmigungen müssen nun eingeholt werden und Förderanträge werden eingereicht. Wenn alle zu berücksichtigenden Aspekte geklärt werden konnten, können ein Zeitplan über den Bau der Anlage erstellt und die ausführenden Unternehmen beauftragt werden. Das Wärmenetz wird nun mit allen zugehörigen Anlagenkomponenten gebaut und in Betrieb genommen. Während des Betriebs muss die Wärmeversorgung des Netzes gesichert werden, indem bei auftretenden Störungen zuverlässige Akteure zur Klärung bereitstehen. Die Wärmeerzeugung kann nun überwacht und optimiert werden. Möglicherweise können weitere Anschlüsse zugelassen werden, wenn die Kapazität des Netzes und der Wärmeerzeugungsanlagen ausreicht. Wesentliche Details der hier im Überblick beschriebenen Phasen werden in den folgenden Abschnitten genauer erläutert. Eine detailliertere Beschreibung der Handlungsschritte zur Realisierung eines Bürger-Nahwärmenetzes und eine Checkliste für die einzelnen Schritte ist bspw. in [2] zu finden. 4. BETEILIGTE AKTEURE Zum Erfolg des Projekts wird zusätzlich zu der lokalen Arbeitsgruppe ein Partner benötigt, der bereits Erfahrung mit der Umsetzung von neuen solaren Wärmenetzen hat. Dies kann eine beratende Firma, ein Planungsunternehmen, ein Versorgungsbetrieb oder auch ein Systemanbieter sein, der die gesamte Umsetzung des Projekts anbietet. Durch welche Akteure das Wärmenetz geplant, gebaut und betrieben werden soll, muss bereits in der Vorplanung entschieden werden und beeinflusst die entstehenden Kosten und die Fördermöglichkeiten. Generell bieten sich verschiedene Betreiber-Modelle an: 5 • Bürgerenergiegenossenschaft Die BürgerInnen sind direkt beteiligt, die Akzeptanz ist hoch und die Wärmebezugskosten sind niedrig. Eine Genossenschaft wird während der Vorplanung gegründet. • Kommunaler Eigenbetrieb Der kommunale Eigenbetrieb wirtschaftet im Sinne der BürgerInnen nicht gewinnorientiert und mit hoher Transparenz. • Versorger wie Stadtwerke oder private Firmen Der Versorger investiert in die Anlage und verkauft die Wärme mit einer Gewinnmarge an die Anschlussnehmer. Detaillierte Informationen zu Eigentümerstrukturen und Bürgerbeteiligung finden sich in [3] in Abschnitt 3.4.5. Die Eigentumsverhältnisse sind für die Investoren und Verbraucher wichtig. Dabei ist für die Investoren die Sicherheit ihrer Investition von Bedeutung. Für die Verbraucher sind die wichtigen Aspekte der Wärmepreis, Vertrauen in den Wärmeversorger, Transparenz und die Versorgungssicherheit. Durch die Beauftragung geeigneter ortsansässiger Firmen für die Bauausführung fallen die Kosten meist geringer aus als mit großen überregionalen Firmen. Die regionalen Entscheidungsträger können das Projekt durch folgende Maßnahmen unterstützen: • Mit-Finanzierung einer Machbarkeitsstudie für ein solares Wärmenetz • Herstellen des direkten Kontakts zur Kommunalverwaltung, um Genehmigungen zu beantragen und fachliche Unterstützung zu erhalten • Bei Bedarf: Gründen einer kommunalen Wärmeversorgungsgesellschaft oder Integration der Wärmeversorgung in eine bestehende Versorgungsgesellschaft (Abfallwirtschaft, Wasserver- und -entsorgung) 5. FLÄCHENFINDUNG FÜR SOLARTHERMIE Eine der größten Herausforderungen bei der Planung einer großen Solarthermieanlage besteht darin, geeignete Flächen in der Nähe der Wärmesenken, also des Versorgungsgebiets, zu finden. Deshalb müssen die möglichen Aufstellflächen schon in einer frühen Projektphase genau untersucht werden. Die Kollektoren können auf großen Dachflächen oder auf dem Boden installiert werden, wobei die Nutzung von Dachflächen mit höheren Kosten verbunden ist1 und die Dachflächen oftmals schon für Photovoltaik verwendet werden. Aus diesen Gründen wird die Solarthermieanlage für ein Energiedorf meist auf einer Freifläche aufgestellt. Förderlich für die Entwicklung von Freiflächen sind Verfahren zum Flächenscreening, eine ökologische Aufwertung von Freiflächen sowie Beteiligungs- und Geschäftsmodelle für beteiligte Akteure (z.B. Landwirte). Im Vergleich zu anderen Möglichkeiten der energetischen Flächennutzung weist die Solarthermie eine hohe Flächeneffizienz auf (siehe Abbildung 2). In Deutschland sind bisher thermische Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 12,3 GWth, entsprechend einer Gesamtkollektorfläche von 1 Siehe auch [8], Factsheet 2.3, Abbildungen 2.3.6 und 2.3.7 6 17,5 km², installiert. Rund 21.000 km² der bundesdeutschen Agrarflächen werden zum Anbau von Energiepflanzen genutzt. Die Flächeneffizienz der Solarthermie ist gegenüber Energiepflanzen um rund den Faktor 50 höher. Abbildung 2: Jährlicher Energieertrag im Vergleich [4] Eine gute Integration der großen Kollektorflächen in die Landschaft ist vorteilhaft für die Akzeptanz, das Landschaftsbild und die Ökologie. In Crailsheim wurden die Kollektorflächen auf einem Lärmschutzwall installiert und das Thema Naturschutz wurde sehr erfolgreich von Anfang an in die Entwicklung der Anlage integriert (Abbildung 3). Zu Fragen der Flächenfindung und rechtlichen Sachverhalten gibt der Leitfaden [4] weitere Informationen. Abbildung 3: Großflächen-Kollektoren auf dem Lärmschutzwall in Crailsheim (Bild Lorinser) Für das derzeit im Bau befindliche Bioenergiedorf Mengsberg zeigt Abbildung 4 die Übersicht über das Dorf mit der geplanten Wärmetrasse und den Anschlussnehmern. Die graue Fläche rechts unten im Bild stellt das Kollektorfeld und die Heizzentrale dar. 7 6. MACHBARKEITSSTUDIE Um Investoren, Kommunen und zukünftige Verbraucher zu überzeugen, müssen eine Machbarkeitsstudie und ein schlüssiges Konzept erstellt werden. In der Studie werden unterschiedliche Aspekte der neuen Wärmeversorgung dargelegt, die im Folgenden den Akteuren zugeordnet beschrieben werden. Das zu entwickelnde Konzept der Wärmeversorgung beinhaltet die Variante, die aufgrund der Machbarkeitsstudie ausgewählt wurde. Für Investoren relevante Aspekte • Beschreibung möglicher Wärmeversorgungsvarianten (Wärmenetz und als Referenzvariante die individuelle Beheizung mit verschiedenen Brennstoffen) • Auswahl des Wärmenetzes als Lösungsvariante und Verfügbarkeit der Brennstoffe • Festlegung des Versorgungsgebiets • Standort der Heizzentrale und mögliche Flächen für die Solarthermieanlage • Betreiber- und Finanzierungskonzept für das Wärmenetz • Wirtschaftliche Kennwerte aus Referenzprojekten (Nettogegenwartswert, interner Zinsfluss, jährliche Kosten für Konsumenten). Sensitivitätsanalysen. • Umweltfolgen (Emissionen in Boden, Wasser und Luft) • Zeitplan • Diskussion möglicher Hindernisse bei der Projektrealisierung • Entwurf eines Wärmeliefervertrags für die Kunden • Im Fall einer Genossenschaft: Entwurf einer Mitgliedersatzung Abbildung 4: Planung des solaren Wärmenetzes im "Sonnen- und Bioenergiedorf Mengsberg" 8 Für Kommunen relevante Aspekte • Wirtschaftliche Vorteile für die Gemeinde in Bezug auf Versorgungssicherheit und lokale und regionale Wertschöpfung • Optionen für Arbeitsplätze in der Gemeinde • Umweltfolgen (Emissionen) • Konsequenzen für die kommunale Planung (Auswirkung auf die Umwelt, geschützte Landschaft, Auswirkungen auf die Nachbarschaft der Wärmeerzeugungsanlagen) • Sozialwirtschaft Für Verbraucher relevante Aspekte • Wärmepreis, Preisstabilität und Sensitivitätsanalysen, sekundäre ökonomische Vorteile bei Neubau und Gebäudesanierungen • Abhängigkeiten und Risiken • Installationskosten und Finanzierungsmöglichkeiten • Beschreibung der Hausübergabestation • Wartung durch den Anschlussnehmer oder Wärmeversorger • Naturschutz, Geruchs- und Staubbelästigungen • Satzung über Rechte und Pflichten des Anschlussnehmers und die Möglichkeiten, zu einer individuellen Heizung zurückzuwechseln 6.1. Beschreibung möglicher Wärmeerzeuger Bei der Wahl der Energiequellen spielen Regionalität, Nachhaltigkeit, Zuverlässigkeit und Preisstabilität eine wichtige Rolle. Wenn die vorhandenen Einzelheizungen hauptsächlich mit Heizöl betrieben werden, kann die Wärmebereitstellung aus Solarthermie und Biomasse wesentlich wirtschaftlicher sein. In einem neuen Wärmenetz kann Solarwärme auch mit anderen Wärmeerzeugern als Biomasse kombiniert werden, z.B. mit Wärmepumpen. Bei der Entscheidung über den Anschluss an ein Wärmenetz hat jedoch die Wirtschaftlichkeit für die Verbraucher eine zentrale Bedeutung. Da mit Biomasse eine relativ günstige Wärmeerzeugung möglich ist, wird sie derzeit als gute Lösung für die Wärmeversorgung in Kombination mit Solarthermie angesehen. Biomasse hat zudem den Vorteil, dass sie in einer ländlichen Umgebung oft vor Ort verfügbar ist. Bei einem Wechsel von fossilen Energieträgern auf Biomasse wird somit die regionale Wertschöpfung gesteigert und die Abhängigkeit von Importen reduziert. Andererseits ist die Verfügbarkeit von Biomasse regional limitiert und eine nachhaltige Nutzung ist angebracht. Durch die möglichst vollständige Versorgung eines Wärmenetzes durch Solarthermie in den Sommermonaten werden Solarthermie und Biomasse optimal kombiniert und Biomasseressourcen geschont. Der Begriff Biomasse fasst so unterschiedliche Brennstoffe wie Stroh, Holzhackschnitzel oder Holzpellets zusammen. Holzpellets sind einfach einzusetzen, die Technik verursacht bei größeren Heizungskesseln (größer 500 kW) jedoch sehr hohe Kosten und ist deshalb nicht wirtschaftlich. Die Entscheidung zwischen Holzhackschnitzeln und Stroh ist von den lokalen Gegebenheiten abhängig (Verfügbarkeit, Qualität, Preis und Versorgungssicherheit mit dem Brennstoff). 9 Die Solareinstrahlung ist in Deutschland und Europa in allen Regionen hoch genug, um die Nutzung von Solarwärme zu ermöglichen. Während des Entscheidungsprozesses muss jedoch beachtet werden, dass eine geeignete Fläche für das Kollektorfeld nutzbar ist. Mögliche Flächen werden auf einer Karte eingezeichnet und sind ein Teil der Studie. 6.2. Wirtschaftliche Kennwerte aus Referenzprojekten Um die ökonomischen Kennwerte berechnen zu können, muss bereits ein Konzept der Gesamtanlage vorliegen und folgende Inhalte müssen bekannt sein: • Der jährliche Wärmeverbrauch der zu versorgenden Gebäude kann durch eine Umfrage ermittelt werden (bei Unklarheit können Standardwerte für den Wärmeverbrauch pro Quadratmeter je nach Gebäudetyp und -alter gewählt werden). • Dimensionierung der Rohrleitungen des Wärmenetzes, Vor- und Rücklauftemperaturen, Wärmeverluste und Preise • Investitionskosten, Betriebs- und Wartungskosten für die Verbindungsrohrleitungen und die Hausübergabestationen • Investitionskosten, Betriebs- und Wartungskosten für die Solarkollektoren und den Biomassekessel • Verwaltungskosten des Wärmeversorgungsbetriebs • Effizienz des Biomassekessels, Wirkungsgradkennlinie der Solarkollektoren und Wärmenetz- Temperaturen über das Jahr • Finanzierungskonditionen und mögliche Förderungen Für solare Wärmenetze steht derzeit eine attraktive Förderung durch das Marktanreizprogramm (MAP) zur Verfügung, die eine Finanzierung von 40 bis 65 % der Investitionskosten ermöglicht. Die Förderung ist von der Gesellschaftsform des Investors abhängig und sollte daher von Anfang an bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. [5] Weiterführende Erläuterungen zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, Annahmen, Fördermöglichkeiten und Beispielrechnungen sind in [3] in Abschnitt 3.3 und in [6] zu finden. 6.3. Technisches Konzept Das technische Konzept beinhaltet die Dimensionierung des Biomassekessels und der Solarthermieanlage. Die wirtschaftlichste Lösung ist meist, die Wärme in den Sommermonaten mit Hilfe eines Wärmespeichers durch die Solarthermie bereitzustellen. Der Biomassekessel erzeugt über das Jahr den Hauptanteil der Wärme von etwa 75 bis 85 % und ist in den Sommermonaten ausgeschaltet, wodurch ein ineffizienter Teillastbetrieb vermieden wird. Als Reserve kann der Biomassekessel durch einen Öl-befeuerten Spitzenlastkessel ergänzt werden. Die Abbildung 5 zeigt, wie die Wärmeerzeugung eines solaren Wärmenetzes mit Biomassekessel aufgebaut sein kann. 10 Bei einer Auslegung der Solarthermieanlage auf die vollständige Deckung des sommerlichen Wärmebedarfs eines Wärmenetzes ist ein Pufferspeicher notwendig. Üblicherweise liegen die solaren Deckungsanteile solcher Systeme bei 10 bis 15 % des jährlichen Wärmebedarfs, abhängig von dessen saisonaler Verteilung. Für höhere solare Deckungsanteile bis 50 % ist die Einbindung von großen saisonalen Wärmespeichern erforderlich. Jedoch sollte die Solarthermieanlage in einem System mit Biomassekessel auch nicht zu knapp ausgelegt werden, da ansonsten die Wärmeversorgung im Sommer nicht sichergestellt ist und durch einen fossilen Heizkessel ergänzt werden muss. Nach einer Betriebspause benötigen Biomassekessel, je nach Größe, eine längere Zeit, um wieder ihre volle Wärmeleistung liefern zu können. Auch wird die Verbrennung der Biomasse bei einer Reduzierung der Leistung schnell ineffizient und die Emissionen steigen an. Deshalb sollte der Biomassekessel im Winterhalbjahr und in der Übergangszeit möglichst durchgängig betrieben werden. In manchen Fällen bietet sich der Einsatz eines kleineren und eines größeren Biomassekessels an, um in der Übergangszeit flexibler zu sein. Dieses Konzept wurde bspw. in dem Bioenergiedorf Büsingen angewendet, der Anlagensteckbrief befindet sich im Anhang. Bei der Auslegung der Kollektorfläche muss der gewählte Standort der Anlage beachtet werden, denn die Solareinstrahlung und die Außentemperatur bestimmen den erreichbaren Solarertrag. Die Kollektoren werden meist mit einer Neigung von 30 bis 40° und nach Süden ausgerichtet auf dem Boden aufgeständert, wobei eine Verschattung der Fläche durch Bäume oder Gebäude vermieden werden muss. Berechnungen zur Dimensionierung sollten mit Wetterdaten eines längeren Zeitraumes durchgeführt werden (z.B. 10 Jahre), da die Solareinstrahlung und damit der nutzbare Solarertrag zwischen den einzelnen Jahren erheblich schwanken kann (z.B. +10 % und -15 % für den Standort Würzburg [7]). Der Solarertrag ist zudem abhängig von den Betriebstemperaturen der Solarkollektoren: Je höher diese sind, um so geringer wird die Wärmeleistung des solaren Wärmeerzeugers, da die Wärmeverluste an die Umgebung steigen. Abbildung 5: Anlagenschema für ein solares Wärmenetz mit Holzhackschnitzelkessel und Spitzenlast-Ölkessel (Energiedorf Büsingen), (Quelle: Solites) 11 Solarkollektoren werden im Wesentlichen in die beiden Bauarten Flachkollektor und Vakuumröhrenkollektor unterschieden und darüber hinaus gibt es von den Kollektorherstellern unterschiedliche Produkte mit unterschiedlichen Leistungsmerkmalen. Welches Produkt zu empfehlen ist, hängt letztendlich von den spezifischen Projektbedingungen und den Angebotspreisen ab. Es empfiehlt sich, zur Bewertung von Angeboten auch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchzuführen, die die aufzuwendenden Kosten auf die produktspezifischen, nutzbaren solarthermischen Wärmeerträge bezieht. Aufgrund der beschriebenen Zusammenhänge sind dynamische Simulationen zur Dimensionierung einer Solarthermieanlage empfehlenswert. Programme zur Berechnung oder Simulation von Solarthermieanlagen stehen unter diesem Link zur Verfügung: http://solar-district-heating.eu/ServicesTools/ SDHcalculationtools.aspx. 6.4. Mögliche Hindernisse Bei einer vorhandenen Erdgasversorgung wird die Umsetzung eines Wärmenetzes meist nicht weiterverfolgt, da es bei den aktuell niedrigen Erdgaspreisen nicht konkurrenzfähig ist. Auch wenn günstigere Wärme lokal verfügbar ist (z.B. überschüssige Wärme aus industriellen Prozessen oder ungenutzte Wärme aus einem Biogasmotor, Müllverbrennung und Wärmepumpen, die günstigen Strom verbrauchen und Wärme erzeugen), sind die Erfolgsaussichten eines solaren Wärmenetzes gering. Diese möglichen Hindernisse müssen bei der Planung eines solchen Projektes berücksichtigt werden. Siehe auch [8], Merkblatt 2.1 “Solar heat combined with other fuels”. Bei der Integration des Kollektorfeldes und der Heizzentrale in die Landschaft müssen ggf. vorhandene Schutzgebiete berücksichtigt werden (z.B. Landschaftsschutzgebiet) sowie die Auswirkungen von entstehenden Betriebsgeräuschen. Verglichen mit landwirtschaftlicher Nutzung, kann ein Kollektorfeld die Biodiversität auf der Fläche erhöhen. 6.5. Sensitivitätsanalyse Abschließend wird eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt, die zeigt, wie stark die ermittelten Daten und Kennwerte gegenüber Veränderungen der Randbedingungen reagieren. Die Anschlussquote an das Wärmenetz ist bspw. sehr wichtig. Je nach den Randbedingungen der Wirtschaftlichkeitsberechnung ist eine bestimmte Anzahl an Anschlussnehmern notwendig, um die Wirtschaftlichkeit zu erreichen. In der Sensitivitätsanalyse kann untersucht werden, wir stark sich die Wirtschaftlichkeit bei Variation der Anschlussnehmer verändert und unter welcher minimalen Anschlussquote das Wärmenetz nicht umgesetzt werden kann. 7. ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Wenn die Entscheidungsgrundlage mit den Akteuren und der lokalen Arbeitsgruppe abgestimmt ist, kann mit der Öffentlichkeitsarbeit für die Gewinnung von Anschlussnehmern begonnen werden. Eine Anschluss-Kampagne könnte folgendermaßen organisiert werden. Ein Informationsblatt und ein Entwurf der Anschlussvereinbarung wird an alle Hauseigentümer verteilt. Das Informationsblatt enthält: 12 • Informationen über die notwendige Anschlussquote • Einladung zu einer Informationsveranstaltung • Eine Kostenberechnung für die Hauseigentümer, in der der Anschluss an das Wärmenetz, Öl-Heizung und elektrische Heizung mit einer Wärmepumpe miteinander verglichen werden • Argumente für den Anschluss an das Wärmenetz • Organisationsformen für den Betrieb des Wärmenetzes, z.B. eine Bürgerenergie-Genossenschaft • Eine Karte des geplanten Versorgungsgebiets • Kontaktdaten für Fragen Der Entwurf der Anschlussvereinbarung enthält folgende Informationen • Mit der Unterzeichnung werden die Bedingungen des Anschlusses an das Wärmenetz akzeptiert. • Die Vereinbarung ist hinfällig, wenn das Projekt aufgrund von zu wenig Anschlussnehmern nicht realisiert werden kann. • Die Kosten des Anschlusses inklusive Hausanschlussleitung, einer Standard-Hausübergabestation, Wärmemengenzähler mit Leckagealarm und Entsorgung des Ölkessels und der Öltanks. • Für Hauseigentümer, die den Anschlussvertrag vor Beginn der Bauarbeiten unterschreiben, wird der Hausanschluss meist vergünstigt angeboten, bspw. zu 50 % des normalen Preises. Durch Interviews mit Mitgliedern der Arbeitsgruppe und Informationen in den lokalen Medien wird die Öffentlichkeit zudem auf das Projekt aufmerksam gemacht und informiert. Bei öffentlichen Informationsveranstaltungen wird das Projekt präsentiert und diskutiert und die Teilnehmer werden über die Anschlussbedingungen informiert. Es wird viel Mund-zu-Mund-Propaganda und persönliche Überzeugungsarbeit nötig sein. Damit die Hauseigentümer ein besseres Verständnis für die Technologie entwickeln können, sind Exkursionen zu anderen erfolgreich umgesetzten solaren Wärmenetzen hilfreich. Solche Exkursionen kann die lokale Arbeitsgruppe organisieren und anbieten. Für ein Wärmenetz gibt es gute Argumente, die zu Beginn dieses Dokuments dargelegt werden. 8. DIE BAUPHASE DER ANLAGE Wenn die Anschlussquote erreicht wurde und die vorläufigen Anschlussvereinbarungen in Verträge umgewandelt wurden, kann die Umsetzung des Wärmenetzes beginnen. Soll das Wärmenetz durch eine neue Genossenschaft betrieben werden, wird eine Satzung zur Gründung der Genossenschaft aufgesetzt. Die lokale Arbeitsgruppe wird dann oft durch einen gewählten Vorstand ersetzt. Nun muss die Ausschreibung für die Projektumsetzung veranlasst werden, eine Vergabe erfolgen und schließlich die Verlegung des Wärmenetzes und die Installation der Wärmeerzeuger statt finden. Außerdem müssen Termine für die Installation der Hausanschlussstationen an das Wärmenetz und die Deinstallation der Einzelheizungen angekündigt und individuell vereinbart werden. Diese Arbeiten müssen von Fachleuten durchgeführt werden. Es ist sehr wichtig, dass sowohl das Bauunternehmen als auch Vertreter der lokalen Arbeitsgruppe, der Kommune bzw. der Genossenschaft die Anwohner vor Ort kontinuierlich über anstehende neue Schritte und den Fortgang des Projekts 13 informieren. Denn insbesondere die Verlegung des Wärmenetzes kann zu Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs und des Gesellschaftslebens führen und sollte rechtzeitig erläutert und angekündigt werden. Oft gehen die Mitglieder der Arbeitsgruppe auch von Haus zu Haus, um direkt mit den Eigentümern zu sprechen und ihre Fragen zu beantworten. Bei der Gelegenheit wird den Hauseigentümern auch eine letzte Möglichkeit auf einen Anschluss mit verringertem Anschlusspreis gegeben. Siehe auch Factsheet 3.2 “Tendering and contracts” und Factsheet 4.1 “Supervision of construction and commissioning” in [8]. 14 LITERATUR [1] O. Miedaner, L. Deschaintre und E. Primoudi Tziggili, „Studie zur detaillierten Bewertung von solaren Wärmenetzkonzepten für drei typische Siedlungsgebiete,“ 2015. [Online]. Available: http://solar-district-heating.eu/de/en-gb/dokumente.aspx [2] C. Orlando, A. Reis und P. Thome, „Leitfaden Bürgernahwärmenetze im Rhein-Hunsrück- Kreis,“ Simmern, 2015. [3] SolnetBW, „Solare Wärmenetze für Baden-Württemberg - Grundlagen / Potenziale / Strategien,“ Stuttgart, 2015. [4] Hamburg Institut, „Planungs- und Genehmigungsleitfaden für Freiflächen-Solarthermie,“ Hamburg, 2016. [5] BMWi, „Informationsportal Erneuerbare Energien - Marktanreizprogramm,“ Februar 2018. [Online]. Available: http://www.erneuerbareenergien. de/EE/Navigation/DE/Foerderung/Marktanreizprogramm/marktanreizprogramm.html [6] Hamburg Institut, „Förder- und Finanzierungsleitfaden für Freiflächen-Solarthermie-Anlagen mit Wärmespeicher und Anbindung an Wärmenetze,“ Hamburg, 2016. [7] M. Berberich und D. Mangold, „Randbedingungen von Solarthermieanlagen für iKWKSysteme,“ EuroHeat&Power, pp. 16-19, 11 2017. [8] SDH-Projekte, „SDH Guidelines,“ 2018. [Online]. Available: http://solar-districtheating. eu/Documents/SDHGuidelines.aspx [9] A. Kornmann, „Bewertung bestehender und Entwicklung neuer Maßnahmen und Instrumente zur Förderung der regionalen Markteinführung von Nah- und Fernwärmesystemen mit erneuerbaren Energien unter besonderer Berücksichtigung der Solarthermie,“ Masterarbeit am Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik der Universität Stuttgart, Stuttgart, 2016. 15 ANHANG: BEISPIEL EINES NETZPLANS IN DER VORPLANUNG Bioenergiedorf-Konzepte wie im süddeutschen Ort Büsingen zielen auf die grundlegende Umstellung der Wärmeversorgung einer ganzen Ortschaft auf regenerative Energien ab. Das Projekt in Büsingen wurde durch den regionalen Energieversorger Solarcomplex AG umgesetzt und umfasst ein neu verlegtes Wärmenetz samt Heizwerk mit Erzeugungsanlagen. Durch das Wärmenetz werden über 100 Gebäude mit Wärme aus regenerativen Energiequellen versorgt. Da es in Büsingen keine Biogasanlage zur Abwärmenutzung gibt und auch Biomasse beschränkt verfügbar ist, wurde deutschlandweit erstmals eine solarthermische Großanlage als Wärmeerzeuger für ein Bioenergiedorf realisiert. Die Solaranlage deckt dabei den kompletten sommerlichen Wärmebedarf und ergänzt so ein Biomasseheizwerk auf ideale Weise. Dieses vorbildliche Konzept ist zukunftsweisend und auf neu entstehende Bioenergiedörfer übertragbar. SOLARE NAH- UND FERNWÄRME www.solare-fernwaerme.de Fallbeispiel Bioenergiedorf Büsingen Typ: Solares Wärmenetz für Dörfer und kleinere Städte System Anlagentyp Solares Wärmenetz für Dörfer und kleinere Städte Projektname Bioenergiedorf Büsingen Betreiber Solarcomplex AG Inbetriebnahme 2013 Wärmeabgabe Netz 3,5 GWh/a Solaranlage Einbindung Zentral Installation Freilandaufständerung Kollektortyp Vakuumröhrenkollektor Kollektorfl äche/Leistung 1.090 m² / 0,8 MWth Wärmespeicher Typ Pufferspeicher Volumen 100 m³ Solarthermie im Sommer, Biomasse im Winter Anlagendaten im Überblick Die Solarcomplex AG ist ein regionaler Energieversorger in Süddeutschland, der sich zum Ziel gesetzt hat die komplette Energieversorgung der Bodensee-Region bis 2030 auf erneuerbare Energien umzustellen. Im Zuge dessen werden ganze Dörfer in Baden Württemberg in sogenannte „Bioenergiedörfer“ umgewandelt. Hierzu wird in der Regel ein Nahwärmenetz verlegt. In allen Projekten werden die Einwohner bereits im frühen Stadium in die Projektplanung eingebunden, um eine hohe Beteiligung und Anzahl von Hausanschlüssen zu garantieren. Büsingen ist das siebte von Solarcomplex umgesetzte Bioenergiedorf mit der Besonderheit, dass es sich um eine deutsche Exklave handelt, in der das Zoll- und Wirtschaftsrecht der Schweiz gilt und nicht das Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG). Dadurch ist, wie bisher in vielen anderen Bioenergiedörfern umgesetzt, der stromgeführte Betrieb eines Biogas-BHKWs mit Abwärmenutzung nicht wirtschaftlich. Aus diesem Grund wurde in Büsingen ein Wärmenetz realisiert, das die Haushalte mit Wärme aus Biomasse und Solarthermie versorgt. Dabei ist die 1.090 m² große Solaranlage so ausgelegt, dass sie den Wärmebedarf im Sommer komplett deckt, wodurch ein unwirtschaftlicher Teillastbetrieb der Biomasse-Heizkessel vermieden wird. Ein solches Wärmenetz, bestehend aus einer Solarthemieanlage und Biomasse-Heizkesseln, wurde erstmals in einem deutschen Bioenergiedorf umgesetzt und gilt daher als „Best Practice“-Beispiel für weitere solche Konzepte. Hintergrund In Büsingen werden über 100 Abnehmer mit Wärme versorgt. Der Wärmebedarf liegt bei knapp 3,5 GWh/a. Das Wärmenetz ist für eine Vorlauftemperatur zwischen 80 und 75 °C und eine Rücklauftemperatur von ca. 50 °C ausgelegt. Die Wärme wird hauptsächlich aus Biomasse erzeugt. Des Weiteren liefert die Solarthermie einen Anteil von 13 % am jährlichen Wärmebedarf. Bereitgestellt wird die Solarenergie von einer 1.090 m² großen Kollektorfl äche, die größtenteils in Freilandaufstellung und zu einem Teil auf der Fassade der Heizzentrale realisiert ist. Dachmontiert sorgt eine eigene PV-Anlage für die Bereitstellung des Betriebsstroms. Anlagenkonzept ENERGIEKOMMUNE 6 km , 3,5 GWh/a Nahwärmeleitungen mit Netzpumpen in der Heizzentrale in Büsingen Einbau des Pufferspeichers per Kran NETZGRÖßE ZENTRAL FREILAND PUFFERSPEICHER 13 % SOLAR 87 % BIOMASSE Die Solarthermieanlage setzt sich aus zwei 500 m² großen Freilandkollektorfl ächen und einer 90 m² großen Kollektorfl äche auf der Fassade der Heizzentrale zusammen. Die Aufständerung der Vakuumröhrenkollektoren erfolgte auf einer einfachen, kostengünstigen Unterkonstruktion. Bei den gerammten Stahlprofi len kann dabei komplett auf ein Fundament und eine Versiegelung verzichtet werden. Die Wärmebereitstellung für das ungefähr 6 km lange Wärmenetz mit über 100 Hausanschlüssen, darunter auch größere Verbraucher wie eine Schule, ein Hotel und öffentliche Gebäude läuft zu 87 % über die Hackschnitzelheizkessel mit 900 und 450 kW Wärmeleistung und zu 13 % über die Solarthermieanlage. Mit einem Wärmeertrag von über 500 MWh pro Jahr sparen die Solarkollektoren ca. 800 Schüttraummeter Holzhackschnitzel jährlich ein. Die Projektkosten für die Heizzentrale mit Hackschnitzelheizung und Kollektorfeld sowie das Nahwärmenetz inkl. der Wärmeübergabestationen liegen bei rund 3,5 Mio. Euro. Die Finanzierung läuft zu drei Vierteln über ein KfW-Darlehen und zu rund einem Viertel über das Aktienkapital von Solarcomplex. Zusätzlich bezuschusste das Land Baden-Württemberg das Projekt aufgrund seines innovativen Charakters mit rund 100.000 €. Die Gemeinde Büsingen profi tiert zudem von einer Kaufkraftbindung vor Ort, da die Energiekosten nun in einer regionalen Kreislaufwirtschaft fl ießen. So belief sich der bisherige jährliche Heizölbedarf sich auf ca. 400.000 l, dies entspricht einem Energiekostenabfl uss von ca. 350.000 € pro Jahr bei heutigen Preisen. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren bedeutet das eine Bindung der Kaufkraft von 20 - 30 Millionen Euro. Die Anlage in Büsingen demonstriert den sinnvollen Einsatz von solarthermischen Anlagen in Kombination mit einem Biomassekessel bei Nahwärmeerschließungen in Energiedörfern. Da die sommerliche Wärmelast zu 100 % durch die Solarthermieanlage gedeckt wird, ergeben sich Synergieeffekte bezüglich des Betriebs der Heizkessel. Zum einen werden unwirtschaftliche Teillastbetriebszustände der Heizkessel vermieden und darüber hinaus aufgrund der Stillstandzeiten im Sommer, Zeiträume für Wartungsarbeiten geschaffen. Oft sind die Initiatoren eines solchen Bioenergiedorfs engagierte Bürger in Zusammenarbeit mit der Kommune, die den Wunsch nach einer nichtprofi torientierten, langfristig preisstabilen, erneuerbaren Energieversorgung hegen. Technische Komponenten Wirtschaftliche Daten Erfahrungen und Besonderheiten www.solare-fernwaerme.de Freilandaufgeständerte Vakuumröhrenkollektoren www.solare-fernwaerme.de Weitere Informationen Adresse: Herblingerstraße 21, 78266 Büsingen am Hochrhein Projektbeteiligte: solarcomplex AG Ekkehardstr. 10, 78224 Singen www.solarcomplex.de Ritter XL Solar GmbH Ettlinger Straße 30, 76307 Karlsbad www.ritter-xl-solar.com Solites – Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme Meitnerstr. 8, 70563 Stuttgart www.solites.de Kontakt: Bene Müller, solarcomplex AG Tel. 07731 8274-0 Email mueller@solarcomplex.de Weitere Informationen: www.bioenergiedorf-buesingen.de www.ritter-xl-solar.com www.solarcomplex.de Müller: Büsingen – das erste Bioenergiedorf mit großer Solarthermie, Präsentation 27.10.2014 in Erfurt, solarcomplex AG Bildnachweise Seite 1: Heizzentrale Büsingen, Quelle: Solites Seite 2: Piktogramme, Quelle: Solites Nahwärmeleitungen, Quelle: solarcomplex AG Einbau Pufferspeicher, Quelle: solarcomplex AG Seite 3: Kollektorfeld; Quelle: Solites

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Sonntag, 1. April, 2018|

Einbindung von Solarthermie in biomassebasierte Wärmenetze

SDHp2m … from policy to market Regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für die Mobilisie-rung von Investitionen in erneuerbare Wärmenetze in europäischen Re-gionen und Ländern EINBINDUNG VON SOLARTHERMIE IN BIO-MASSEBASIERTE WÄRMENETZE Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovations-programm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). AutorInnen: Moritz Schubert, SOLID Carina Seidnitzer-Gallien, AEE INTEC Per Alex Sørensen, Planenergi Magdalena Berberich, Thomas Pauschinger, Solites Simona Weisleder, Hamburg Institut Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Kontakt: S.O.L.I.D. Gesellschaft für Solarinstallation und Design mbH Puchstrasse 85, A-8020 Graz Tel.: +43 316 292840 Email: office@solid.at AEE - Institut für Nachhaltige Technologien Feldgasse 19, A-8200 Gleisdorf Tel.: +43 3112 5886-0 Email: office@aee.at Stand: April 2018 Arbeitspaket: WP 4: Mobilization of projects and investments Task: 4.1-4.4 Deliverable: D4.5: Manuals with standardized (plug and play) organizational processes and technical solutions (2) Status: Öffentlich Copyright Titelbild: Nahwärme Eibiswald Projekt Website: www.solare-fernwaerme.de, www.solar-district-heating.eu/at Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die Auto-rInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. 1 INHALTSVERZEICHNIS 1. Einleitung ................................................................................................................................... 2 2. Gründe und Herausforderungen für eine Umsetzung ................................................................. 2 3. Rahmenbedingungen ................................................................................................................. 3 3.1. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen .............................................................. 3 3.2. Eigentumsverhältnisse und Finanzierung .............................................................................. 4 3.3. Flächenfindung ...................................................................................................................... 6 3.4. Öffentliche Akzeptanz und Einbindung der Akteure ............................................................... 9 3.5. Ttechnische Umsetzung der Anlage .................................................................................... 11 4. Empfehlungen .......................................................................................................................... 12 4.1. Bau der Anlage.................................................................................................................... 12 4.2. Weiterführende Hinweise: ................................................................................................... 13 5. Referenzen ............................................................................................................................... 14 Appendix 1: Beispiele realisierter Anlagen .................................................................................... 15 2 1. Einleitung Das Projekt SDHp2m (Solar District Heating … from policy to market) zielt auf einen Ausbau solarer Wärmenetze in neun europäischen Regionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien) ab. Die lokalen Randbedingungen für den Ausbau von Wärmenetzen mit Solarthermie unterscheiden sich von Region zu Region. Dennoch ließen sich folgende drei „Standardlösungen“ identifizieren, die in fast allen Regionen angewendet werden können. • Energiedörfer – Umsetzung von neuen solaren Wärmenetzen kombiniert mit Biomasse • Einbindung von Solarthermie in biomassebasierte Wärmenetze • Einbindung von Solarthermie in bestehende städtische Fernwärmesysteme Dieser Leitfaden beschreibt die Integration von Solarthermie-Großanlagen in bestehende Wär-menetze, die primär Biomasse als Brennstoff nutzen. Dabei sind die wesentlichen Herausforderungen nachfolgend kurz zusammengefasst. Bei Bio-masse-befeuerten Wärmenetzen entstehen im Sommer oft Schwierigkeiten im Teillast-Betrieb. Wenn nur ein Kessel installiert ist, entspricht die Sommerlast rund 10 % der Spitzenlast des Kessels. Daher wird der Biomassekessel, je nach Kesselkonfiguration des Heizwerkes, oft in den Sommer-monaten abgeschaltet und durch einen Ölkessel ersetzt. Ein kontinuierlicher Start-und-Stop-Vor-gang ist bei Biomasse-Industriekesseln nicht möglich. In anderen Heizwerken läuft der Biomas-sekessel bei Schwachlast, entsprechend der Sommerlast des Netzes, was in höheren Emissionen und niedriger Effizienz resultiert. Durch die Installation einer Solarthermieanlage zur Deckung großer Teile der Sommerlast, kann die Nutzung fossiler Energieträger in den Sommermonaten weitgehend vermieden werden. Dieser Leitfaden ist nicht als abgeschlossenes Dokument zu betrachten, sondern wird durch neue Erkenntnisse erweitert. Die dargestellten Herausforderungen fokussieren sich auf die spezifischen Rahmenbedingungen für Österreich und Deutschland. 2. GRÜNDE UND HERAUSFORDERUNGEN FÜR EINE UMSETZUNG Nachfolgend werden die wesentlichen Vorteile der Integration von Solarthermie-Großanlagen in Bio-massewärmenetzen angeführt: • Der Einsatz von Solarthermie-Großanlagen vermindert die Emissionen des Biomasseheiz-kessels während der Sommerzeit. • Kann der Ölkessel zur Deckung der Sommerlast durch eine Solarthermie-Großanlage ersetzt werden, so werden fossile Energieträger und die anfallenden Emissionen vermieden. • Solarthermie-Großanlagen können nahezu ohne Überwachung betrieben werden. Aus die-sem Grund steht das Personal für andere Aktivitäten zur Verfügung, z.B. für den Kundenser-vice, zur Reinigung des Biomasseheizkessels, zum Abbau von Urlaubstagen, etc. • Wird der Biomasseheizkessel über einen längeren Zeitraum abgeschaltet, so lässt sich die Lebensdauer desselben verlängern. 3 Trotzdem können ein paar Nachteile auftreten: • Ein Wärmespeicher von 50-300 l/m² Solarkollektor ist zu installieren, sofern er nicht bereits im System eingebunden ist. Die Integration des Speichers hat auch Vorteile für den Bio-masseheizkessel. Der Speicher kann die Winterproduktion des Biomasseheizkessels aus-gleichen, sodass sich die Verbrauchsspitzen in der Heizperiode leichter decken lassen. Dar-über hinaus kann die Lebensdauer des Heizkessels bei einer fixen Last verlängert werden. • Die Errichtung von Solarthermie-Großanlagen kann die Nachfrage nach Biomasse reduzie-ren. Auf lange Sicht ist Biomasse eine beschränkte Ressource, und steht in Konkurrenz zur Nachfrage im Transportsektor und für Hochtemperaturanwendungen in der Industrie. Alle zuvor genannten Vor- und Nachteile hängen von den Randbedingungen des jeweiligen Wär-menetzes ab. Es ist in einer frühen Projektphase eine grobe Machbarkeitsberechnung zur Abschät-zung der Wärmegestehungskosten von solarthermischen Großanlagen empfehlenswert. Diese sind mit jenen von bestehenden Biomassewärmenetzen zu vergleichen. Dazu können der Kostenvoran-schlag eines Solarthermieanbieters oder auch die Informationen aus dem Fact sheet 2.3 „Feasibility study“ [1] unterstützen. Eine Berechnung der Wärmegestehungskosten einer Solarthermie-Großan-lage kann auch mithilfe eines Online-Berechnungstools, entwickelt von Solites [2] oder mit dem Excel-Tool ScenoCalc Fernwärme, abgeschätzt werden. Bevor eine Solarthermie-Großanlage in einem Wärmenetz implementiert wird, müssen einige grund-legende Rahmenbedingungen bedacht werden. 3. RAHMENBEDINGUNGEN Wird Solarthermie als Erzeugungsoption in biomassebefeuerten Wärmenetzen in Betracht gezogen, ist es wichtig, die notwendigen Rahmenbedingungen zu erfassen und zu prüfen. Dabei spielen die regionale Verfügbarkeit, der Nachhaltigkeitsgedanke, die Zuverlässigkeit und die Preisstabilität eine große Rolle. Denn es braucht ein sorgfältiges und strukturiertes Vorgehen bei der Projektentwick-lung um Vorbehalten und Vorurteilen zu begegnen, Konflikte zu vermeiden und zu lösen. Die nachfolgenden Themenschwerpunkte haben sich hierbei als besonders relevant erwiesen: 1. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen 2. Eigentumsverhältnisse und Finanzierung 3. Flächenfindung 4. Öffentliche Akzeptanz und Einbindung der Akteure 5. Technische Umsetzung der Anlage 3.1. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen Solarthermie ist in Österreich und Deutschland fast ausschließlich auf Gebäudedächern im Einsatz – ganz überwiegend auf Ein- und Zweifamilienhäusern. Große Freiflächensolaranlagen, wie sie vor allem in Dänemark sehr verbreitet sind, haben in den beiden Ländern bisher nur einen sehr geringen Marktanteil. Durch die niedrigen Wärmegestehungskosten eignet sich diese Art der Wärmeerzeu-gung aus wirtschaftlicher Perspektive und ist attraktiv gegenüber fossilen Brennstoffen. Diese Po-tenziale können maßgeblich die Wärmewende zu erneuerbaren Energien unterstützen und eine wirt-schaftlich sowie sozial verträgliche Energieversorgung anbieten. 4 Anders als bei der Strom- und Gasversorgung sind in der leitungsgebundenen Wärmeversorgung die Erzeugung, die Verteilung und der Verbrauch lokal bzw. regional verortet. Somit ist die Wärmeversorgung vor allem eine lokale Aufgabe und auch im Verantwortungsbereich der Kommunen angesiedelt. Sie stehen vor der großen Herausforderung – im Einklang mit den na-tionalen und europäischen Klimaschutzzielen – die Wärmeversorgung bis spätestens 2050 klima-neutral zu gestalten. Zur kostengünstigen und großtechnischen Integration der Solarthermie bietet sich die Nutzung von Wärmenetz-Infrastrukturen in besonderem Maß an. Die erforderlichen großen Kollektorfelder wer-den hierbei auf Freiflächen installiert oder in Gebäudedachflächen integriert. Es kommen dabei beide Kollektorarten, Flachkollektoren und Vakuumröhrenkollektoren, in Frage. Die Kollektorfeldgrößen reichen von ca. 500 m² bis zu 150.000 m² – bei der derzeit größten realisierten Anlage in Silkeborg in Dänemark. Zahlreiche großflächige Solarthermie-Anlagen im Leistungsbereich bis 50 MWth werden inzwischen in Dänemark betrieben. Sie erzeugen Wärme zu wettbewerbsfähigen Gestehungskosten von unter 50 Euro je MWh und somit wesentlich kostengünstiger, als dies mit dezentralen Lösungen auf Ge-bäudedächern möglich ist. Wirtschaftliche und ökologische Konsequenzen Um die wirtschaftlichen Auswirkungen des Projekts zu berechnen, muss die Solarthermieanlage ausgelegt und wichtige Kennwerte bestimmt werden: • Investitions-, Betriebs- und Wartungskosten für Anschlussleitungen. • Investitions-, Betriebs- und Wartungskosten für die Solaranlage. Preise finden Sie in [3]. Häu-fig können auch direkte Angebote bei Herstellern eingeholt werden. • Wirkungsgradkennlinien für Solarkollektoren und Heizkurve des Wärmenetzes. • Jährliche Wärmeproduktion der Solarthermieanlage • Kostenersparnis gegenüber dem bestehenden Fernwärmesystem • Finanzierungsbedingungen Mit Hilfe der oben genannten Kennwerte können die Gesamtkosten für notwendige Investitionen bzw. Wärmegestehungskosten berechnet werden. Danach können die jährlichen Kosten mit den Kosten des bereits bestehenden Fernwärmesystems verglichen werden. 3.2. Eigentumsverhältnisse und Finanzierung Das Solarkollektorfeld kann durch den lokalen Fernwärmebetreiber oder einen externen Investor finanziert werden, wodurch diese Optionen auch für die Eigentumsverhältnisse eine hohe Relevanz haben. Diese Entscheidung beeinflusst die nachfolgenden Kommunikations- und Entscheidungs-prozesse maßgeblich und muss deshalb vor Beginn des Projekts geklärt sein. Die Frage der Eigentumsverhältnisse einer Solarthermie-Anlage hat sowohl für Investoren als auch für Verbraucher eine hohe Relevanz. Das Interesse der Investoren liegt vor allem in dem gewählten Geschäftsmodell und die damit verbundene Frage der Investitionssicherheit. Für Verbraucher sind die Höhe des Wärmepreises, das Vertrauen in das Versorgungsunternehmen sowie die Transpa-renz weit wichtigere Faktoren. Unabhängig von der Wahl des Investors, sind zur Stützung der nachhaltigen Kommunikation und Vertrauensbasis, die Verbraucher über das gewählte Eigentums-/Betreibermodell zu informieren 5 und die Wahl des Eigentümer-/Betreibermodells zu erläutern. Je nach Fall, muss ein Vertrag zwi-schen dem Wärmeversorger und dem externen Investor beziehungsweise dem Betreiber der So-larthermieanlage entworfen werden, in welchem Zuständigkeiten und Pflichten zu Betrieb und War-tung der Anlage sowie zur Wärmeversorgung klar definiert werden. Detaillierte Informationen zu den wesentlichen Teilbereichen sind in Fact sheet 2.5 [1] „Ownership and financing“ unter folgenden Punkten nachzulesen: • Utility as an owner (Wärmeversorger ist Eigentümer) • Private ownership of roof mounted collectors (Privateigentum von Hauseigentümern) • Private ownership and third-party financing (Privateigentum und Finanzierung durch Dritte) • Solar collectors in cooperative ownership (Gemeinschafts-/Genossenschaftseigentum) Vertragsentwurf Wärmeliefervertrag zwischen Wärmenetzbetreiber und Eigentümer/Betrei-ber der Solarthermieanlage Wenn eine Solarthermieanlage nicht im Eigentum des Wärmenetzbetreibers steht, sondern im Ei-gentum von Dritten, ist ein Vertrag zwischen den beiden Parteien zu schließen. In [1], Factsheet 2.5 “Ownership and financing” werden wichtige Punkte dazu genannt. 1. Inhalt des Vertrages • Regelt grundsätzlich die Wärmelieferung: • Eigentümer der Solaranlage, Betreiber des Wärmenetzes • Allgemeine Information zur Systemintegration der Solaranlage • Start der Wärmelieferung: normalerweise auf einen Zeitraum eingeschränkt oder mit einem spätmöglichen Startdatum beginnend • Dauer des Vertrages: regelt Beginn und Ende der solaren Wärmelieferung 2. Installation der Solaranlage, Eigentumsgrenzen • Wer ist für die Installation der Anlage verantwortlich? • Regelt im Detail die Liefergrenzen, und beschreibt die Zuständigkeiten des Wärmenetzbe-treibers. Zudem wird der Punkt der Wärmeübergabe (normalerweise Position und Integration des Wärmetauschers) beschrieben. • Notwendige Zertifikate • Wer zahlt den el. Strom für Pumpen und andere Geräte? • Wer ist für Betrieb und Wartung der Solaranlage zuständig? • Eigentum/Nutzungsrechte an Flächen, die Bezug zur Solaranlage haben (Technikraum, Dä-cher, Rohrleitungswege…) 3. Details zur Wärmelieferung und zum Betrieb der Solaranlage • Gibt es für den Eigentümer der Solaranlage ein Recht zur Wärmelieferung an den Wär-menetzbetreiber? Geforderte Vorlauftemperatur, Druck, Volumenstrom? Back-up verpflich-tend? • Regelungen bezüglich Netz-Rücklauftemperatur. • Risiken bezüglich Schäden an der Solaranlage, die durch ungünstige Betriebsführung ent-stehen 4. Wärmepreis für Solarenergie • Gleicher Preis während des gesamten Jahres oder Unterschied zwischen Sommer und Win-ter? • Preisreduktion, wenn Temperaturen niedriger sind als gefordert 6 • Solarwärmepreis an Konsumentenpreisindex angepasst? Oder an anderen Index? Welches Datum ist Referenzpunkt für den Start der Berechnung? 5. Messung und Verrechnung der Solarenergie • Wie und wo wird die Solarwärme gemessen? • Welche Anforderungen werden an die Messgeräte/Messdatenerfassung gestellt? Kalibrie-rung? • Wie wird verrechnet? Intervalle? Abschlagszahlungen? • Zahlungskonditionen und –fristen 6. Andere Vertragsklauseln • z.B. Auflösungsklauseln 7. Gerichtsstand • Regelt den Gerichtsstand bei Disputen 8. Anhänge zum Vertrag • Hydraulikschemata von Übergabestation, Solaranlage • Lagepläne, techn. Beschreibungen 3.3. Flächenfindung Große Solaranlagen haben relevante Auswirkungen auf die Raumnutzung und stellen demzufolge raumbedeutsame Vorhaben dar. Noch stärker als Windkraft- oder Fotovoltaik-Anlagen sind große Solarwärme-Anlagen an bestimmte Standort-Bedingungen geknüpft. Während Strom ohne erhebliche Verluste über große Entfernun-gen vom Erzeugungsort zum Verbraucher transportiert werden kann, ist die Transportfähigkeit von Wärmeenergie begrenzt – die hohen Kosten für den Bau und Betrieb der Wärmeleitung und höhere Energieverluste sprechen dafür, dass eine solarthermische Wärmeversorgung immer in der Nähe zu den Wärmeverbrauchern erfolgen muss. Also innerhalb weniger Kilometer zu Wärme-senken mit Wärmeverteilnetzen und den Verbrauchern. Deshalb müssen die möglichen Aufstellflächen in der Nähe der Wärmesenke schon in einer frühen Projektphase genau untersucht werden. Die Kollektoren können auf Dachflächen oder auf dem Bo-den platziert werden, wobei die Nutzung von Dachflächen mit höheren Kosten verbunden ist1 und die Dachflächen oftmals für Photovoltaik verwendet werden. Förderlich für die Entwicklung von Freiflächen sind Verfahren zum Flächenscreening, die ökologi-sche Aufwertung von Freiflächen sowie Beteiligungs- und Geschäftsmodelle für beteiligte Akteure (z.B. Landwirte). Eine Karte, die mögliche Flächen zum Aufstellen von Solarkollektoren und eine mögliche Anbindung an das Fernwärmeversorgungs- oder Rohrnetz zeigt, sollte Teil einer Mach-barkeitsstudie bzw. eines Wärmeversorgungskonzepts sein. 1 Siehe auch [1], Factsheet 2.3, Abbildungen 2.3.6 und 2.3.7 7 In einer ersten Analyse zeigt das Flächenscreening die Verfügbarkeit von Freiflächen im Vergleich zur Besiedelungsstruktur und Gebäudeflächen der Region. Parallel ist die Wärmebedarfsdichte des potenziellen Versorgungsgebietes zu analysieren und die Priorität von potenziellen Flächen für So-larthermie zu definieren. Eine Abschätzung der potenziellen Solarthermieflächen anhand des Flächenscreenings ist für das Wärmeversorgungsgebiet in Abbildung 2 für die Region Gleisdorf in Österreich illustriert. Detailinfor-mationen können im Fact sheet 3.1, 3.3 „Land availability for Solar Thermal Plants” [1] nachgelesen werden. 2013 lag der Fernwärmebedarf z.B. in Österreich bei 22430 GWh/a. Geht man mittelfristig von einem Anteil der Solarthermie an der Fernwärmeerzeugung von 15 % aus, so wäre der Beitrag der So-larthermie in diesem Bereich 3360 GWh/a. Hierfür wäre eine Kollektorfläche von 6,73 Mio. m² bzw. eine Leistung von 4,7 GW bis 2050 zu realisieren. Es resultiert ein erforderlicher jährlicher Neuzubau von rund 200.000 m² Kollektorfläche bzw. 140 MW pro Jahr. Solarthermie weist eine hohe Flächeneffizienz auf: Für die o.g. 6,73 Mio. m² Kollektorfläche ist bun-desweit verteilt eine Landfläche von lediglich 13,5 km² erforderlich. Das entspricht dem derzeitigen Flächenverbrauch in Österreich in einem Zeitraum von ca. drei Monaten [4]. Die Flächeneffizienz der Solarthermie ist gegenüber Energiepflanzen um rund den Faktor 50 höher. Abbildung 1: Flächenverteilung nach Nutzungskategorien (links), Wärmebedarfsdichte (rechts) am Beispiel der Region Gleisdorf in Österreich [6] Landschaftsklassen Wärmebedarfsdichte 8 Relevante Flächen zur Errichtung der Solarthermie-Anlage können gekauft oder gepachtet werden. Zu beachten ist, dass mehr als eine verfügbare Fläche für Solarthermie zur Auswahl steht, sodass der Preis nicht von einem Monopolisten bestimmt wird und die Solarthermie in einem biomassebe-feuerten Wärmesystem eine Alternative bietet. Die Solarthermie kann als zentrale Anlage direkt beim Biomasseheizwerk oder als dezentrale Anlage umgesetzt werden. Abbildung 3: Zentrale (links) und dezentrale (rechts) Einbindung der Solarthermie im biomassebefeuerten Wärmenetz. [1] Die Integration von Solarthermieanlagen auf Freiflächen kann zudem unterschiedliche Nutzungs- und Gestaltungsaspekte aufweisen: Abbildung 2: Potenzielle Solarthermieflächen für das Wärmeversorgungsgebiet Gleisdorf in Österreich [6] 9 • Optimierung der Landschaftsgestaltung durch Berücksichtigung bereits im Planungsprozess • Doppelnutzung durch Energieversorgungsoption und Landschaftsgestaltung in Gebieten mit hohem Verschmutzungs- oder Nässegrad Beispiele zur Landschaftsgestaltung und Doppelnutzung von Solarthermieanlagen illustrieren Abbil-dung 4 und Abbildung 5. 3.4. Öffentliche Akzeptanz und Einbindung der Akteure Unabhängig davon, ob die Solarthermische-Anlage Eigentum des bestehenden Wärmenetzversor-gers oder eines Dritten ist und von diesem finanziert wird, muss das Versorgungsunternehmen bereit sein, das Projekt durchzuführen, wenn die Bedingungen für die Teilnahme am Projekt erfüllt sind. Zum Beispiel, wenn der Wärme-Preis nicht höher wird als in der Referenzsituation (oder nicht mehr als X% höher). In diesem Fall muss das Preisberechnungsmodell von den Partnern bestätigt wer-den. Darüber hinaus müssen die lokalen Behörden hinter dem Projekt stehen und die notwendigen Pro-zesse unterstützen: • Ausarbeitung einer strategischen Energieplanung (oder Energieraumplanung) und eines Wärmeplans für die Stadt. In den europäischen Projekten Hotmaps (http://www.hotmaps-project.eu/) und Planheat (http://planheat.eu/) werden Werkzeuge für die Wärmeplanung ent-wickelt. • Kontaktaufnahme mit der Gemeinde, um Genehmigungen und fachkundige Unterstützung zu erhalten. • Das FW-Netz im Besitz eines kommunalen oder verbrauchereigenen Unternehmens zu hal-ten, damit der Zugang für Solare Fernwärme (SDH) öffentlich kontrolliert werden kann Als Grundlage für eine mögliche Umsetzung derartiger Projekte, stellt eine fundierte Machbarkeits-studie ein wichtiges Instrument dar. Diese kann nicht nur zeigen, dass ein Projekt realistisch um-setzbar wäre, sondern auch skeptische Akteure von den Möglichkeiten und damit verbundenen Vor-teilen überzeugen. Zu den wesentlichen Akteuren zählen die jeweiligen Heizwerks- und Wärmenetz- Abbildung 5: “Collector Island” (SUNMARK), Almere, Holland. [1], Fact sheet 2.2 Abbildung 4: Auf einem Hang (Schüco), Crailsheim, Germany (by Stadtwerke Crailsheim GMBH). [1], Fact sheet 2.2 10 betreiber, die Anrainer, Behörden und Finanzierungspartner. Um möglichst allen Betroffenen Ant-worten auf Ihre spezifischen Fragestellungen zu bieten, sollte eine Machbarkeitsstudie folgende Punkte behandeln: Für Investoren relevante Aspekte • Beschreibung verschiedener Wärmelösungen (Biomasse, Solar, Wärmepumpe, Abwärme, evtl. Geothermie) • Gründe für Integration von Solarthermie ins bestehende Wärmenetz • Flächenoptionen für die Solarthermieanlage • Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten der Anlage • Wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Referenzfall und Solarprojekt (Barwert, interner Zinsfuß, jährliche Kosten für Wärmekunden). Sensitivitätsanalyse/Szenarioanalyse • Umweltaspekte: (vermiedene) Emissionen in Boden, Wasser und Luft • Zeitplan • Diskussion möglicher Hindernisse bei der Projektumsetzung • Vertragsentwurf zwischen Wärmenetzbetreiber und externem Investor (z.B. bei Bürgerbetei-ligung oder anderem externen Investor) • Vertragsentwurf zwischen Wärmenetzbetreiber und Lieferant der Solaranlage (wenn Wär-menetzbetreiber investiert) • Entwurf eines neuen Wärmeliefervertrags für die Kunden • Im Fall einer Genossenschaft: Entwurf einer Mitgliedersatzung Für Kommunen relevante Aspekte • Wirtschaftliche Vorteile auf Gemeindeebene (z.B. lokale Wertschöpfung) • Konsequenzen für Arbeitsplätze in der Gemeinde • Umweltaspekte: (vermiedene) Emissionen in Boden, Wasser und Luft • Konsequenzen für die (Energie-) Raumplanung (Schutzgebiete, Anrainer) • soziale Verantwortung der Gemeinde Für Verbraucher relevante Aspekte • Wärmepreisstabilität • Versorgungssicherheit Sobald zwischen den Projektbeteiligten Einigung über die wesentlichen Punkte des Projektes herrscht, gilt es unter Berücksichtigung der Anliegen von Gemeinde und Bürger, v.a. der Anrainer, den Genehmigungsprozess zu starten. Normalerweise ist es nicht schwierig, öffentliche Akzeptanz für eine Solarthermie-Großanlage zu bekommen. Nichtsdestotrotz zeigt die Erfahrung aus Windenergie- und Biogasprojekte, dass der Investor proak-tiv um öffentliche Akzeptanz bemüht sein sollte. Falls es eine Energieplanung oder besser noch Energieraumplanung für die Gemeinde gibt, kann das eine große Hilfe zur Erlangung öffentlichen Interesses sein. Insofern die Bürger in diesen Planungsprozess eingebunden waren. Denn das Feh-len von Information und Einbeziehung kann Frustration, Verärgerung und Widerstand gegen das Projekt hervorrufen. Ein Beispiel zeigt die Erfahrungen von Energieprojekten auf der dänischen Insel Samsø die seit 1996 mit öffentlicher Wahrnehmung und Akzeptanz durchgeführt werden. Eine der Erfahrungen aus 11 diesen Projekten ist, dass sorgfältige Vorbereitung der ersten Schritte ein Muss ist. Im Projekt „Im-plement“, im Rahmen des EU Interreg-Programmes, beschreibt die Samsø Energieakademie den Implementierungsprozess in “A manual on citizen involvement” [5]. Das Handbuch beschreibt ein Biogasprojekt, aber ist auch für andere Projekte anwendbar. Die Schritte im Handbuch sind: • Ausarbeitung einer grundlegenden Studie inkl. Informationen über lokale Gepflogenheiten • Engagement von Personen, die lokale Begebenheiten und Gepflogenheiten kennen • Identifizierung der direkt involvierten Projektbeteiligten/-betroffenen • „was ist für mich drin?“ für die involvierten Projektbeteiligten/-betroffenen finden • Ziele für die Einbeziehung und eine Strategie zur Erreichung der Projektbeteiligten/-betroffe-nen • Einbeziehung der lokalen Behörden Der Prozess (muss von unten aufgerollt werden und von oben gesteuert werden): • Die Kommunikation muss klar und proaktiv sein. Kommunikationskanäle müssen definiert werden. • Ziele von Versammlungen müssen klar sein. Zur Vorbereitung sollten Schlüsselpersonen vorab kontaktiert werden und Szenarien bez. Verlauf der Versammlung sollten durchgedacht werden. • Zwischen den Versammlungen können Schlüsselpersonen kontaktiert werden, Arbeitsgrup-pen gebildet werden, Besichtigungen ähnlicher Projekte arrangiert werden. Diese Methode der Einbeziehung hat zu lokaler Identifikation bei verschiedenen Energieprojekten auf der Insel Samsø geführt. Dort war auch wichtig, dass es einen Masterplan für die Wende hin zu erneuerbaren Energien gibt und dass dieser Masterplan ausführlich diskutiert und von politischer Seite befürwortet wurde. 3.5. Ttechnische Umsetzung der Anlage Die Auswahl von Solarthermie als Erzeugungsoption muss ebenso erläutert werden wie das gene-relle Anlagendesign. Außerdem ist anzugeben, welcher jährliche Deckungsgrad durch die Solarther-mieanlage erreicht werden kann. Daraus lässt sich ableiten, ob es möglich ist, die existierenden Erzeugungsanalagen (z.B. Biomasse-, Öl-, Gaskessel) modulweise über längere Zeiträume im Som-mer auszuschalten und so den Einsatz von Biomasse und fossiler Brennstoffe zu reduzieren sowie einen ungünstigen Teillastbetrieb zu vermeiden. Auch sollte geprüft werden ob eine zentrale oder dezentrale Einbindung der Solarkollektoren zu bevorzugen ist. Das technische Konzept umfasst dabei die Dimensionierung der Solaranlage und eine Kostenschät-zung. Die Solaranlage kann entweder auf die Deckung der Sommerlast ausgelegt werden oder unter Einbindung eines Saisonalspeichers bis zu 50% der Jahreslast decken. Die Variante mit Saiso-nalspeicher ist momentan (2018) nur für Wärmenetze mit einem Wärmbedarf von über 15-20 GWh/a technisch und wirtschaftlich sinnvoll. 12 Abbildung 6: Blockschema eines Heizwerkes mit Solarthermie und Biomasse [1], Fact sheet 2.1 "Solar heat combined with other fuels". 4. EMPFEHLUNGEN 1. Die systematische Flächensuche und -entwicklung spielt eine Schlüsselrolle für solare Wär-menetzintegration. 2. Zu Beginn der Projektentwicklung sollte ein systematisches Flächenscreening anhand energie-wirtschaftlicher, politischer sowie rechtlicher Kriterien durchgeführt werden. 3. Möglichst frühzeitig sollte mit der umfassenden Behörden-, Bürger- und Stakeholder-Beteiligung begonnen werden. 4. Es sollte von vorneherein ein integriertes, ökologisches Nutzungskonzept verfolgt werden. 5. Das Umweltrecht dürfte in der Regel keine unüberwindbaren Hindernisse verursachen. 6. Der kombinierte Einsatz von verschiedenen Wärmeerzeugungstechnologien sollte im Rahmen der Machbarkeitsstudie genauer untersucht werden. Siehe auch [1], Fact sheet 2.1 “Solar heat combined with other fuels”. 7. Das technische Umsetzungskonzept (zentral/dezentral) sollte mit dem ökologischen Nutzungs-konzept im Einklang stehen 8. Eigentümerverhältnisse und Finanzierungsmöglichkeiten inklusive Bürgerbeteiligungsmodelle sind vor Umsetzung des Projektes zu berücksichtigen. 4.1. Bau der Anlage Wenn die notwendigen Genehmigungen eingeholt wurden, kann die Umsetzung des Projekts begin-nen. Dazu muss die Ausschreibung für die Projektumsetzung veranlasst werden, eine Vergabe und schließlich die Installation der Wärmeerzeuger erfolgen. Soll das Wärmenetz um neue Anschluss-nehmer erweitert werden, müssen Verträge mit den Neukunden geschlossen und Termine für die 13 Installation der Hausanschlussstationen an das Wärmenetz und die Deinstallation der Einzelheizun-gen angekündigt und individuell vereinbart werden. Diese Arbeiten müssen von Experten durchge-führt werden. Es ist jedoch sehr wichtig, die Anwohner vor Ort kontinuierlich über kommende Schritte und den Vorgang des Projekts informieren. Denn insbesondere eine eventuelle Verlegung neuer Wärmenetzstränge kann zu Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs führen und sollte rechtzeitig erläutert und angekündigt werden, um Ärger zu vermeiden. Siehe auch [1] Fact sheet 3.2 “Tendering and contracts” und Fact sheet 4.1 “Supervision of con-struction and commissioning”. 4.2. Weiterführende Hinweise: • Angaben zu Emissionen von Heizkesseln sind in [3] zu finden. • Mögliche Berechnungswerkzeuge für die Solarertragsberechnung sind • energyPRO (https://www.emd.dk/energypro/), • Polysun (http://www.velasolaris.com/english/home.html), • T*Sol (http://valentin.de/calculation/thermal/start/en), • TRNSYS (http://www.trnsys.com/) und weitere. • Richtlinien für ein detailliertes Design finden sich in [1], Kapitel 6, 7 und 8. Ein Beispiel für eine Berechnung der wirtschaftlichen Folgen für eine Solarthermische-Anlage, deren Inve-stition durch einen regionalen Versorger übernommen wurde und durch ihn betrieben wird, findet sich in Appendix 1. 14 5. REFERENZEN [1] Solar district heating guidelines Collection of fact sheets. http://solar-district-hea-ting.eu/Documents/SDHGuidelines.aspx [2] http://www.sdh-online.solites.de/Tool/2 [3] Technology Data Catalogue for Energy Plants. Danish Energy Agency and Energinet.dk. August 2016. Updated June 2017. https://ens.dk/en/our-services/projections-and-models/technology-data [4] http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/raumordnung/rp_flaecheninanspruchnahme/ [5] People and Biogas. A manual on citizen involvement. www.peopleandbiogas.com [6] EnergyCityConcepts – How spatial energy analysis enables sustainable future energy systems. AEE INTEC, Ingo Leusbrock, Franz Mauthner, Presentation February 2018. 15 APPENDIX 1: BEISPIELE REALISIERTER ANLAGEN 16

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Sonntag, 1. April, 2018|

Einbindung von Solarthermie in bestehende städtische Fernwärmesysteme

SDHp2m … from policy to market Regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für die Mobilisierung von Investitionen in erneuerbare Wärmenetze in europäischen Regionen und Ländern EINBINDUNG VON SOLARTHERMIE IN BESTEHENDE STÄDTISCHE FERNWÄRMESYSTEME Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovations-programm Horizon 2020 der Europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624) Dokumentinformationen: AutorInnen: Sebastian Grimm, Heiko Huther AGFW Per Alex Sørensen Planenergi Simona Weisleder Hamburg Institut Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Magdalena Berberich, Thomas Pauschinger Solites Kontakt: Sebastian Grimm AGFW-Projektgesellschaft für Rationalisierung, Information und Standardisierung mbH Stresemannallee 30 60596 Frankfurt/Main Tel.: +49 (0)69 6304-200 Email: s.grimm@agfw.de Stand: April 2018 Arbeitspaket: WP 4: Mobilization of projects and investments Task: 4.1-4.4 Deliverable: D4.5: Manuals with standardized (plug and play) organizational processes and technical solutions (3) Status: Öffentlich Projekt Website: www.solare-fernwaerme.de Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. 1 INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................................... 1 1. Einleitung ................................................................................................................................... 2 2. Zielsetzung ................................................................................................................................. 3 3. Rahmenbedingungen ................................................................................................................. 4 3.1. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen .............................................................. 4 3.2. Flächenfindung / Flächen-Screening ..................................................................................... 5 3.3. Rechtliche Grundlagen .......................................................................................................... 7 3.4. Öffentliche Akzeptanz und Akteursbeteiligung ....................................................................... 9 3.5. Kosten, Finanzierung und Förderung ................................................................................. 11 4. Empfehlungen: ......................................................................................................................... 14 4.1. Umsetzung und Ausblick ..................................................................................................... 14 4.2. Weiterführende Hinweise .................................................................................................... 15 Anhang 1: Big Solar Graz ............................................................................................................. 16 Anhang 2: Solarthermische Anlage Senftenberg ........................................................................... 22 Quellen ......................................................................................................................................... 25 [2] 1. EINLEITUNG Das Projekt SDHp2m (Solar District Heating … from policy to market) zielt auf einen Ausbau solarer Wärmenetze in neun europäischen Regionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien). Die lokalen Randbedingungen für den Ausbau von Wärmenetzen mit Solarthermie unterscheiden sich von Region zu Region. Dennoch ließen sich folgende drei „Standardlösungen“ identifizieren, die in fast allen Regionen angewendet werden können. • Energiedörfer – Umsetzung von neuen solaren Wärmenetzen kombiniert mit Biomasse • Einbindung von Solarthermie in biomassebasierte Wärmenetze • Einbindung von Solarthermie in bestehende städtische Fernwärmesysteme Dieser Leitfaden beschreibt, wie die Einbindung von Solarthermie in ein bestehendes städtisches Fernwärmesystem entwickelt und umgesetzt werden kann. Dabei treten insbesondere zwei wesentliche Herausforderungen auf. Zum einen wird die Sommerwärmelast in städtischen Fernwärmesystemen üblicherweise über KWK-Anlagen oder über Überschusswärmequellen, wie Müllverbrennung bereitgestellt und ist somit fest „besetzt“. Zum anderen sieht sich die großflächige Solarthermie, vor allem in den Städten, einer großen Konkurrenz um die raren urbanen Flächen gegenüber, die u.a. für den Wohnungsbau, Erholung und Gewerbebetriebe benötigt werden. Dennoch ist die Solarthermie ein wichtiger Baustein und sollte in bestehende städtische Fernwärmesysteme integriert werden, insbesondere da immer mehr Versorgungsunternehmen und Städte erkannt haben, dass ihre Wärmeversorgungssysteme von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energieträgern umgebaut werden müssen. Ergänzend zur Solarthermie ist aus technischer Sicht oft die Integration eines Wärmespeichers in das lokale Fernwärmesystem sinnvoll. Dieser Leitfaden ist nicht als abgeschlossenes Dokument zu betrachten, sondern wird durch neue Erkenntnisse erweitert. [3] 2. ZIELSETZUNG Gründe für die Integration von solarthermischer Wärme in ein bestehendes, städtisches Fernwärmesystem: • Vermeidung von Emissionen durch die Verdrängung fossiler Erzeuger in den Sommermonaten. • Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien zur Erreichung städtischer Klimaziele (und eines niedrigen CO2-Ausstoßes). • Gezielte Erhöhung der Übertragungskapazität an Engpässen, wo ohne zusätzliche (dezentrale) solarthermische Erzeuger nicht oder nur durch großen (finanziellen) Aufwand weitere Abnehmer angebunden werden könnten. • Ersatz von Erdgas in Systemen, in denen eine KWK-Produktion in der Sommerzeit nicht rentabel ist. Sofern der Wärmebedarf einer Stadt in den Sommermonaten ausreichend gedeckt ist, stellt die Integration solarthermischer Anlagen oft nicht die oberste Priorität dar. Diese Situation kann sich, beispielsweise durch neue Einspeisetarife für Strom aus KWK Anlagen, sehr grundlegend verändern. Ein Beispiel hierfür sind dänische Gas-KWK-Anlagen, deren Einspeisetarife für Strom, vor mehr als 10 Jahren, auf Marktpreise umgestellt wurden. Daraufhin hat sich die durchschnittliche Betriebsdauer von 4.000 auf 500 Stunden pro Jahr reduziert. Der damit verbundene Rückgang bereitgestellter Wärme aus diesen Anlagen wird dann durch den längeren und teureren Betrieb der Erdgaskessel ausgeglichen, wodurch die Einbindung solarthermischer Erzeuger deutlich attraktiver wurde. Viele Großstädte verfügen theoretisch über ausreichend überschüssige Wärme aus verschiedenen Quellen (Müllverbrennung, Raffinerien, Stahl- und Aluminiumindustrien usw.), welche den Wärmbedarf in den Sommermonaten, teilweise gar mit Überschuss, decken könnten. Durch entsprechend dimensionierte, saisonale Wärmespeicher kann dieser Wärmeüberschuss auch in Zeiten höheren Bedarfes transferiert werden. Solarthermie kann dann eine zusätzliche Quelle, zur Füllung des Wärmespeichers für die Wintermonate, darstellen, wodurch eine vollständige (oder größere) Abdeckung des Wärmebedarfs durch EE ermöglicht wird. Sowohl die Speicher, als auch die solarthermischen Anlagen müssen zu diesem Zweck ausreichend groß dimensioniert werden. Größere Dimensionen von Speicher und Erzeugung ermöglichen auch längere Übertragungsleitungen und niedrigere Wärmegestehungskosten. Bevor mit der Umsetzung einer solarthermisch gestützten Fernwärmeversorgung begonnen werden kann, müssen einige grundlegende Rahmenbedingungen bedacht werden. [4] 3. RAHMENBEDINGUNGEN Wird Solarthermie als Erzeugungsoption in Betracht gezogen, ist es wichtig, die notwendigen Rahmenbedingungen zu erfassen und zu prüfen. Denn es braucht ein sorgfältiges und strukturiertes Vorgehen bei der Projektentwicklung, um Vorbehalten und Vorurteilen zu begegnen, Konflikte zu vermeiden und zu lösen. Die nachfolgenden Themenschwerpunkte haben sich hierbei als besonders relevant erwiesen: 1. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen 2. Flächenfindung 3. Rechtliche Grundlagen 4. Einbindung und Überzeugung der lokalen Akteure 5. Eigentumsverhältnisse 6. Kosten, Finanzierung und Förderung 3.1. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen Solarthermie ist in Deutschland bisher fast ausschließlich auf Gebäudedächern im Einsatz – ganz überwiegend auf Ein- und Zweifamilienhäusern. Große Freiflächensolaranlagen, wie sie vor allem in Dänemark sehr verbreitet sind, haben in Deutschland bisher nur einen sehr geringen Marktanteil. Dies kann sich aber ändern, denn durch die geringen Wärmegestehungskosten ist diese Art der Wärmeerzeugung bereits heute wirtschaftlich attraktiv gegenüber fossilen Brennstoffen. Hier liegen große Potenziale für die notwendige Wärmewende zu erneuerbaren Energien und zu einer wirtschaftlichen und sozial verträglichen Energieversorgung. Anders als bei der Strom- und Gasversorgung sind in der leitungsgebundenen Wärmeversorgung die Erzeugung, die Verteilung und der Verbrauch lokal bzw. regional verortet. Somit ist die Wärmeversorgung vor allem eine lokale Aufgabe und auch im Verantwortungsbereich der Kommunen angesiedelt. Sie stehen vor der großen Herausforderung – im Einklang mit den nationalen und europäischen Klimaschutzzielen – die Wärmeversorgung bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Zur kostengünstigen und großtechnischen Integration der Solarthermie bietet sich die Nutzung von Wärmenetz-Infrastrukturen in besonderem Maß an. Die erforderlichen großen Kollektorfelder werden hierbei auf Freiflächen installiert oder in Gebäudedachflächen integriert. Es kommen dabei beide Kollektorarten, Flachkollektoren und Vakuumröhrenkollektoren, in Frage. Die Kollektorfeldgrößen reichen von ca. 500 m² bis zu 150.000 m² – bei der derzeit größten realisierten Anlage in Silkeborg in Dänemark. Zahlreiche großflächige Solarthermie-Anlagen im Leistungsbereich bis 50 MWth werden inzwischen im Nachbarland Dänemark betrieben – aber auch in Deutschland gibt es bereits gute Beispiele. Sie erzeugen Wärme zu wettbewerbsfähigen Gestehungskosten von unter 50 Euro je MWh und somit wesentlich kostengünstiger, als dies mit dezentralen Lösungen auf Gebäudedächern möglich ist. [5] Energiegewinnung hat Raumbedarf – ob man nun an Kohle, Wind, Fotovoltaik, Leitungen oder Biomasse denkt. Vergleicht man allerdings den Flächenbedarf von Solarthermie mit der Bioenergie, so benötigt beispielsweise Mais zur Produktion einer kWh Energie eine Fläche, die 40 bis 50fach größer ist. [2] Wirtschaftliche und ökologische Konsequenzen Um die wirtschaftlichen Auswirkungen des Projekts zu berechnen, müssen die Solarthermieanlage ausgelegt und wichtige Kennwerte bestimmt werden: • Investitions-, Betriebs- und Wartungskosten für Anschlussleitungen. • Investitions-, Betriebs- und Wartungskosten für die Solarkollektoren. Preise können aus [3] entnommen werden. Häufig können auch direkte Angebote bei Herstellern eingeholt werden. • Wirkungsgradkennlinien für Solarkollektoren und Lastkurve des Wärmenetzes. • Jährliche Wärmeproduktion der Solarthermieanlage • Kostenersparnis gegenüber dem bestehenden Fernwärmesystem • Finanzierungsbedingungen Mit Hilfe dieser Kennwerte können die Gesamtkosten für notwendige Investitionen, Wärmegestehungskosten und die Wirkungsgrade berechnet werden. Danach können die jährlichen Kosten für die Beheizung eines Standardhauses berechnet und mit den Kosten des bereits bestehenden Fernwärmesystems verglichen werden. 3.2. Flächenfindung / Flächen-Screening Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass große Solarthermie-Anlagen in einem erheblichen Maße Flächen in Anspruch nehmen und einen entsprechenden Eindruck im Stadt- und Landschaftsbild hinterlassen. Gerade in Stadtnähe ist die Flächenkonkurrenz enorm. Insofern besteht ein Spannungsfeld zwischen den Zielen des Klimaschutzes und des sparsamen und sorgsamen Umgangs mit der Ressource Fläche. Dies ist von vorneherein bei der Standortsuche zu bedenken – durch geeignete Planung und Kommunikation lassen sich viele Konflikte vermeiden oder minimieren. Um die geeigneten Freiflächen zu identifizieren, sollte ein Flächenscreening unter energiewirtschaftlichen, rechtlichen und auch akzeptanzbezogenen Kriterien vorgenommen werden. Abbildung 1: Jährlicher Energieertrag in KWh/m² [6] Energiewirtschaftliche Kriterien Eine großflächige solarthermische Anlage kann heute schon wirtschaftlich realisiert werden, wenn einige Parameter eingehend betrachtet werden: • Entfernung zum Fernwärmenetz • Geografische Lage, Ausrichtung (z.B. Hangflächen) • Sinnvolle hydraulische Einbindung in das Fernwärmenetz • Bei mehreren vorhandenen Wärmenetzen: Zuvor Auswahl des energiewirtschaftlich am besten für die Integration von Solarthermie geeigneten Netzes (z.B. Kombination mit Holzhackschnitzel-Kessel) • Bodenpreis Akzeptanzbezogene Kriterien Große Anlagen erzeugen viel Energie aber auch oft – vermeidbare – Konfliktsituationen. Wenn diese vorher untersucht und beachtet werden, kann die Akzeptanz erhöht werden. • Konfliktpotenzial Anwohner: Wie ist die Entfernung und Ausrichtung zur nächsten Wohn-bebauung oder Erholungsgebieten? • Konfliktpotenzial Gewerbe: Gibt es eine direkte Flächenkonkurrenz zu anderen gewerblichen Nutzungen? • Konfliktpotenzial Naturschutz: Wie ist der ökologische Wert der Flächen? • Bestehen ökologische Aufwertungspotenziale und Ausgleichsmöglichkeiten? • Konfliktpotenzial Landwirtschaft: Kann eine bestehende landwirtschaftliche Nutzung fortgesetzt werden, ggf. auf Ausweichflächen? Verfahrensbezogene Kriterien • Wo wird ohnehin gerade geplant? • An welche Planvorhaben kann ein Solarthermieprojekt „angedockt“ werden? Rechtliche Kriterien: • Gibt es bestehendes Planrecht, z.B. ungenutzte Festsetzungen in Flächennutzungs- und Bebauungs-Plänen für PV-Flächen oder ungenutzte Gewerbe- und Industriegebiete in der Kommune? • Wo kann Planrecht geschaffen werden? • Wo gibt es rechtliche Ausschlussgründe für einzelne Flächen? • Wo verfügt der Projektträger über Flächen in seinem Eigentum? In aller Regel aus ökologischer Sicht unproblematische Flächen: • Vorbelastete Konversionsflächen aus militärischer, gewerblicher oder ehemals wohnungs-baulicher Nutzung mit hohem Versiegelungsgrad • Flächen entlang großer Verkehrswege (z.B. Autobahnen, Schienenwege) • Intensiv bewirtschaftete Ackerflächen • Deponien und Halden [7] 3.3. Rechtliche Grundlagen In Dänemark haben die meisten Anlagen bisher eine Größe von ca. 5.000-10.000 m2 Kollektorfläche. Der gesamte Platzbedarf der Anlage ist zwei bis drei Mal größer. Die Rolle des Planungsrechts besteht darin, die Flächennutzung planerisch zu ordnen und zu steuern. Bezogen auf große solarthermische Anlagen heißt dies, dass die gemeindliche und die übergeordnete Planung die Aufgabe hat, entsprechend geeignete Flächen zu identifizieren und zu sichern. Was bei der Planung z.B. von Windkraftanlagen mittlerweile Standard ist, findet für die Solarthermie bisher jedoch noch nicht statt. 3.3.1. Raumordnungs- und Landesplanungsrecht Große Solaranlagen haben relevante Auswirkungen auf die Raumnutzung und stellen demzufolge raumbedeutsame Vorhaben dar. Noch stärker als Windkraft- oder Fotovoltaik-Anlagen sind große Solarwärme-Anlagen an bestimmte Standort-Bedingungen geknüpft. Während Strom ohne erhebliche Verluste über große Entfernungen vom Erzeugungsort zum Verbraucher transportiert werden kann, ist die Transportfähigkeit von Wärmeenergie begrenzt – die hohen Kosten für den Bau und Betrieb der Wärmeleitung und höhere Energieverluste sprechen dafür, dass eine solarthermische Wärmeversorgung immer in der Nähe zu den Wärmeverbrauchern erfolgen muss. Also innerhalb weniger Kilometer zu Wärmesenken mit Wärmeverteilnetzen und den Verbrauchern. Aus diesen natürlichen und wirtschaftlichen Randbedingungen folgt ein besonderer Planungsbedarf. In der Umgebung von Städten und größeren Gemeinden ist die Flächenkonkurrenz besonders groß. Solarthermie zur Einbindung in Wärmenetze ist daher auf eine vorausschauende Flächensicherung für solarthermische Anlagen sowie für Transportleitungen zu bestehenden oder neuen Wärmenetzen angewiesen. Das Raumordnungsgesetz des Bundes und die Landes-Planungsgesetze enthalten keine gesonderten Vorgaben für Freiflächen-Solaranlagen. Bei den allgemeinen Vorgaben zur Konkretisierung von Raumordnungsplänen findet man einige Präzisierungen: • Die Versorgung u.a. mit Infrastrukturen der Daseinsvorsorge ist zu gewährleisten • Räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau erneuerbarer Energien geschaffen werden • Sichere Standorte und Trassen für Infrastruktur sind festzulegen, wozu auch Versorgungsinfrastruktur zählt In der Planungspraxis finden sich bisher noch kaum Anwendungsbeispiele. Das dürfte sich aber in absehbarer Zeit ändern und damit der Bedarf an einer strategischen räumlichen Flächensicherung insbesondere am Rande von Ballungsräumen steigen. 3.3.2. Flächennutzungsplan Das Baugesetzbuch ist das wichtigste Gesetz des Bauplanungsrechts. Es regelt die Zulässigkeit von Vorhaben aus städtebaulicher Sicht und definiert in erster Linie übergeordnete Ziele und Grenzen für eine strukturierte Bebauung. Das BauGB formuliert dabei die stadtplanerischen Instrumente, die den Gemeinden für die Umsetzung ihrer städtebaulichen Ziele zur Verfügung stehen. [8] Mit Festsetzungen im Flächennutzungsplan schaffen die Gemeinden zwar kein unmittelbares Bau-recht, sie binden sich aber für die weitere inhaltliche Ausgestaltung der Bebauungspläne. Dort sind folgende Darstellungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 b) BauGB möglich: • Bauflächen für die Nutzung von Solarenergie zur Wärmeversorgung, • Flächen für die leitungsgebundene Wärmeversorgung oder • Flächen für die Energieerzeugung aus Solarthermie. Mit Hilfe des Flächennutzungsplans kann die Gemeinde somit die Sicherung geeigneter Flächen für solarthermische Freiflächen-Anlagen betreiben und damit die Voraussetzungen für eine langfristig orientierte Investitions- und Standortplanung schaffen. 3.3.3. Kommunale Wärmeplanung Die Wärmewende ist zu wesentlichen Teilen eine planerische Aufgabe, die nur auf kommunaler Ebene bewältigt werden kann. Im geltenden Planungsrecht spiegelt sich dies jedoch noch nicht wieder. Der Umbau der Wärmeversorgung wird durch die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz ganz wesentlich als Aufgabe der Gebäudeeigentümer gesehen. In nur wenigen deutschen Kommunen gibt es bisher auf freiwilliger Basis einen strukturierten Prozess, in dem Strategien zum Ausbau Erneuerbarer Wärmeversorgungsnetze mit hierauf abgestimmten Strategien zur energetischen Gebäudesanierung entwickelt werden. Eine kommunale Wärmeplanung eröffnet weitreichende Möglichkeiten, Interessen und Maßnahmen zu koordinieren sowie Wärmeerzeugung und Bedarfsdichten konzeptionell abzustimmen. Ziel eines solchen Planungsprozesses ist die Identifikation und Umsetzung der lokal jeweils günstigsten Strategie für die langfristige Wärmeversorgung der Kommunen. In aller Regel gibt es weder in Landes- und Regionalplänen noch in einem Flächennutzungsplan bestehende Festsetzungen für Flächen zur Nutzung von Solarthermie. Auch ohne solche Festset-zungen können jedoch Projekte in den Kommunen geplant und entwickelt werden. Die baurechtliche Zulässigkeit von entsprechenden Anlagen richtet sich nach den Vorschriften des BauGB. Grundsätzlich kommen hierfür verschiedene Wege in Betracht: • Flächen im unbeplanten Außenbereich • Flächen in bestehenden Industrie- und Gewerbegebieten • Flächen in Gebieten, für die ein neuer Bebauungsplan geschaffen wird Will eine Gemeinde die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Solarthermie-Anlage sichern, die im Außenbereich als selbständige Anlage errichtet werden soll, empfiehlt sich eine entsprechende Gebietsfestsetzung im Rahmen der kommunalen Bebauungspläne. Gebiete zur Nutzung von Sonnenenergie im Flächennutzungsplan und im Bebauungsplan können als Sondergebiete mit entsprechender Zweckbestimmung festgesetzt werden. Im Rahmen der Erstellung von Bebauungsplänen haben die Kommunen die Möglichkeit, auch energetische Festsetzungen zu treffen. Auf diese Weise kann die Kommune die Nutzung der Solarthermie in Wärmenetzen begünstigen. [9] Festsetzungen können sich beispielsweise auf Versorgungsflächen, einschließlich Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Nutzung, Verteilung oder Speicherung von Strom, Wärme und Kälte aus Erneuerbaren Energien beziehen. Außerdem könnten Festsetzungen bezogen werden auf Gebiete, in denen bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Wärme aus Erneuerbaren Energien getroffen werden müssen. Im Vergleich zu Anlagen im Außenbereich dürfte die Zulassung großer solarthermischer Anlagen in baulich entwickelten Gebieten auf höhere Akzeptanz stoßen. Hierfür kommen insbesondere Konversions- oder Flächen in bestehenden Industrie- und Gewerbegebieten in Frage, die lange nicht für anderweitige Zwecke vermarktet werden konnten. Die erforderlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren zur Steuerung und Zulassung großer Freiflächen-Solarthermie-Anlagen können mit den vorhandenen gesetzlichen Instrumentarien ohne Probleme bewältigt werden. 3.4. Öffentliche Akzeptanz und Akteursbeteiligung Im Juni 2017 wurden in Deutschland 490 potentielle Endverbraucher zum Thema „häusliche-Wärmeversorgung“ befragt. Detailliertere Ergebnisse sind zeitnah auf der Projektseite verfügbar. Auf Grundlage der Antworten können Rückschlüsse auf die Wahrnehmung einzelner Versorgungsalternativen (siehe Abbildung 2) und der zugehörigen Zahlungsbereitschaft (im Vergleich zu einer gasgebundenen Versorgung, Abbildung 3) gezogen werden. Weitere Details zur Mehrzahlungsbereitschaft von Privathaushalten, Gemeinden und Energieversorgern aus Deutschland, Österreich und Frankreich finden sich in der „Executive Summary“[11]. Abbildung 2: Einschätzung verschiedener Wärmeversorgungsalternativen durch potentielle Endverbraucher [10] Abbildung 3: Zahlungsbereitschaft der Endverbraucher Ein hypothetisches Szenario ist, das in Ballungsräumen bis 2030 ein starker Ausbau von Fernwärme stattfindet, der die Einbindung eines hohen Anteils erneuerbarer Energien ermöglicht. Dies wurde von den Befragten als äußerst wünschenswert, jedoch nur bedingt realistisch eingestuft (siehe Abbildung 4). Abbildung 4: Darstellung für wie wünschenswert und wahrscheinlich Endverbraucher das hypothetische Szenario halten. Als Grundlage für eine mögliche Umsetzung derartiger Projekte, stellt eine fundierte Machbarkeitsstudie ein wichtiges Instrument dar. Diese kann nicht nur zeigen, dass ein Projekt realistisch umsetzbar wäre, sondern auch skeptische Akteure von den Möglichkeiten und damit verbundenen Vorteilen überzeugen. Um möglichst allen Betroffenen Antworten auf Ihre spezifischen Fragestellungen zu bieten, sollte eine Machbarkeitsstudie folgende Punkte behandeln: Für Energieversorger • Beschreibung möglicher Wärmeversorgungsvarianten • Gründe für die Integration von Solarthermie in das bestehende Fernwärmesystem • Flächenoptionen für die Solarthermieanlage • Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten der Solarthermieanlage • Wirtschaftliche Kennwerte aus Referenzprojekten • Umweltfolgen (Emissionen in Boden, Wasser und Luft), CO2-Einsparungen • Zeitplan [11] • Diskussion möglicher Hindernisse bei der Projektrealisierung Für Kommunen • Konsequenzen für Arbeitsplätze in der Gemeinde • Umweltfolgen (Emissionen) • Konsequenzen für die kommunale Planung • soziale Aspekte Für Verbraucher • Wärmepreise mit und ohne Solarthermie • Versorgungssicherheit 3.5. Kosten, Finanzierung und Förderung Für die Entscheidung, ob ein solches Projekt der großflächigen Solarthermie umgesetzt wird sind natürlich auch die Kosten ausschlaggebend. In Deutschland zeigen die Erfahrungen, dass für große Anlagen, Wärmegestehungskosten von 50 €/MWh möglich sind – berücksichtigt man die z.Zt. recht attraktiven Fördermittel, so sind 30 €/MWh erreichbar. Investitionen in Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und Speicher bzw. in Wärmenetze sind grundsätzlich kapitalintensive Projekte. Betrachtet man aber die Kosten für Brennstoff, Wartung- und Betrieb, so zeigen sich deutliche Kostenvorteile und Planungssicherheiten gegenüber fossil betriebenen Anlagen. Die Kostenstruktur einer großflächigen Solaranlage unterscheidet sich grundlegend von herkömmlichen Heizanlagen(siehe Abbildung 5): • Bei einem Öl- oder Gaskessel sind die Kapitalkosten in die Anlage verhältnismäßig gering. Jedoch muss im Betrieb ein Vielfaches der Anfangsinvestition für den Kauf von Brennstoffen aufgewendet werden. • Im Fall der solaren Wärmeerzeugung fallen die wesentlichen Kosten bei der Anschaffung an; hingegen sind die operativen Kosten in der Betriebsphase sehr gering. Brennstoffe werden nicht benötigt. [12] Abbildung 5:Vergleich der Kosten bei fossilen Brennern und Solarthermie. (Quelle: solites) Ziel eines Finanzierungskonzeptes ist eine langfristige Kostensicherheit, die zu stabilen Preisen für die Wärmekunden führen. Da für Solarthermie keine Rohstoffkosten anfallen, entsteht eine bisher im Wärmebereich nicht bekannte Stabilität des Wirtschaftsplans. Die wesentlichen Kosten-Komponenten einer Investition in Solarthermie sind: • Kollektoren (Flach- oder Vakuumröhrenkollektoren) • Anlagentechnik • Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik (MSR) • Übergabestation zum Netz • Wärmespeicher • Planung und Genehmigung Die operativen Kosten bestehen im Wesentlichen aus: • Versicherung • Abrechnung und sonstige Verwaltung • Laufende technische Wartung • Pflege des Geländes • Strombedarf für Pumpen Jedes Projekt bedarf der genauen Einzelfall-Betrachtung, aber auf Grund von Erfahrungswerten können folgende Werte aus Tabelle 1 als Richtschnur zur Kalkulation angenommen werden: Tabelle 1: Kapital-bezogene Kosten: Kollektoren Kostenkurve oder Angebot Speicher Kostenkurve oder Angebot [13] Hydraulik Ca. 7% bezogen auf die Hauptkomponenten Gebäude Ca. 5% bezogen auf die Hauptkomponenten Mess- und Regelungstechnik Ca. 3% bezogen auf die Hauptkomponenten Planung Ca. 5% bezogen auf die Hauptkomponenten bei dezentralen Anlagen, 10% bei zentralen Anlagen Die Kapitalkosten stellen einen wesentlichen Anteil der Gesamtkosten dar. Hingegen spielen die Betriebskosten eine eher untergeordnete Rolle. Müssen jedoch berücksichtigt werden. Auf Basis der Untersuchungen zu den laufenden Kosten lassen sich Richtwerte für die jährliche Instandsetzung und die Wartungskosten ermitteln – siehe Tabelle 2. Tabelle 2: Übersicht der Randbedingungen für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung [4] Nutzungsdauer (in Jahren) Jährliche Instandhaltungskosten (in % der Inv.-Kosten) Jährliche Wartungskosten (in % der Inv.-Kosten) Vakuumröhrenkollektoren 25 0,50% 0,50% Flachkollektoren 25 0,50% 0,50% WärmespeicherII 40 1,00% 0,25% SolarnetzIII 40 1,00% 0,00% AnlagentechnikIII 15 1,50% 0,75% GebäudeIII 50 1,00% 1,00% MSR-TechnikIII 20 1,50% 1,00% Die niedrigen Betriebs- und der Wegfall der Brennstoffkosten bedeuten: langfristige Kalkulierbarkeit, Planungssicherheit und Stabilität der Wärmegestehungskosten. Für eine erste Einschätzung der Wirtschaftlichkeit bei anzunehmender Dimensionierung steht ein hilfreiches, kostenloses Instrument unter: http://www.sdh-online.solites.de/ zur Verfügung. Die wesentlichen Voraussetzungen für günstige Wärmegestehungskosten sind: • Eine ausreichende Anlagengröße (>1.000 m² Kollektorfläche) • Einfache Anlagentechnik (z.B. Freilandaufstellung) • Solare Deckungsanteile an der Gesamt-Wärmeerzeugung bis 20% (d.h. Auslegung an der sommerlichen Wärmelast) • Möglichst niedrige Temperaturen im nachgelagerten Wärmenetz [14] Finanzierung Die Finanzierung kann über die Hausbanken und/oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erfolgen. In Deutschland stehen z.Zt. attraktive Förderangebote zur Verfügung. Das wichtigste Programm bietet die KfW mit dem 271/272 Premium. Hier sind Förderquoten je nach Unternehmensart und –größe von bis zu 45-65% möglich. Aber auch das Förderprogramm Wärmenetze 4.0 des BMWi fördert vorbereitende Studien und Modellvorhaben zu Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien mit bis zu 50%. (http://www.bafa.de/DE/Energie/Energieeffizienz/Waermenetze/waermenetze_node.html) Eine wichtige Quelle, um sich einen aktuellen Überblick über Fördermöglichkeiten zu verschaffen, ist die Förderdatenbank des Bundes: http://foerderdatenbank.de/ Weitere interessante Wege der Finanzierung und Beteiligung der Bürger/innen bei der Umsetzung von Solarthermie-Projekten werden in der Steiermark begangen mit dem Invest-Angebot der Firma SOLID: https://solid.at/invest/ In Dänemark hingegen werden sehr viele Anlagen durch Energie-Genossenschaften umgesetzt, die damit ihre eigene Wärmeversorgung betreiben. 4. EMPFEHLUNGEN: 1. Die systematische Flächensuche und -entwicklung spielt eine Schlüsselrolle für solare Fernwärme. 2. Zu Beginn der Projektentwicklung sollte ein systematisches Flächenscreening anhand energiewirtschaftlicher, politischer sowie rechtlicher Kriterien durchgeführt werden. 3. Möglichst frühzeitig sollte mit der umfassenden Behörden-, Bürger- und Stakeholder-Beteiligung begonnen werden. 4. Es sollte von vorneherein ein integriertes, ökologisches Nutzungskonzept verfolgt werden. 5. Das Landesplanungsrecht sollte von den zuständigen Planungsträgern genutzt werden, um eine geregelte Steuerung und Sicherung geeigneter Flächen für große solarthermische Anlagen zu gewährleisten. Die Regionalpläne sollten entsprechend fortentwickelt werden. 6. Eine planungsrechtliche Festsetzung durch die Gemeinden sollte mindestens auf Ebene des Flächennutzungsplans durchgeführt werden, möglichst auch in einem Bebauungsplan. 7. Das Umweltrecht dürfte in der Regel keine unüberwindbaren Hindernisse verursachen. 8. Perspektivisch ist die Einführung verbindlicher Instrumente der kommunalen Wärmeplanung sinnvoll. Auf freiwilliger Basis kann und sollte dieses Instrument von den Gemeinden bereits heute genutzt werden, um die Weichen für ihre Kommune in Richtung einer wirtschaftlichen und klimaverträglichen Wärmeversorgung zu stellen. 4.1. Umsetzung und Ausblick Wenn die notwendigen Genehmigungen eingeholt wurden, kann die Umsetzung des Projekts beginnen. Dazu muss die Ausschreibung für die Projektumsetzung veranlasst werden, eine Vergabe und schließlich die Installation der Wärmeerzeuger erfolgen. Soll das Wärmenetz um neue Anschlussnehmer erweitert werden, müssen Verträge mit den Neukunden geschlossen und Termine für die Installation der Hausanschlussstationen an das Wärmenetz und die Deinstallation der Einzelheizungen angekündigt und individuell vereinbart werden. Diese Arbeiten sind von Experten durchzuführen. Es ist jedoch sehr wichtig, die Anwohner vor Ort kontinuierlich über kommende Schritte und den Vorgang des Projekts informieren. Denn insbesondere eine eventuelle Verlegung [15] neuer Wärmenetzstränge kann zu Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs führen und sollte rechtzeitig erläutert und angekündigt werden, um Ärger zu vermeiden. 4.2. Weiterführende Hinweise • Angaben zu Emissionen von Heizkesseln sind in [5] und [6] zu finden. • Mögliche Berechnungswerkzeuge für die Solarertragsberechnung sind • energyPRO (https://www.emd.dk/energypro/), • Polysun (http://www.velasolaris.com/english/home.html), • T*Sol (http://valentin.de/calculation/thermal/start/en), • TRNSYS (http://www.trnsys.com/) und weitere. • Richtlinien für ein detailliertes Design finden sich in [6], Kapitel 6, 7 und 8. Ein Beispiel für eine Berechnung der Wirtschaftlichkeit einer solarthermischen Anlage, deren Investition durch einen regionalen Versorger übernommen wurde und die durch ihn betrieben wird, findet sich in Anhang 1 und Anhang 2. [16] ANHANG 1: BIG SOLAR GRAZ 1 Zusammenfassung Über nunmehr Jahrzehnte ist die Fernwärme in Graz gewachsen und stellt inzwischen 39% (rund 1.000 GWh in 2013) des städtischen Wärmebedarfs zur Verfügung. Zukünftig ist ein intensiver Ausbau des städtischen Fernwärmenetzes in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vorgesehen. Die Aufbringung der Energie für die Fernwärme wird derzeit zu einem großen Teil durch Abwärme aus fossil betriebenen Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) gewährleistet. Die Betreiber dieser Kraftwerke haben im Mai 2014 deren Schließung verlautbart. Die modernen Gas- und Dampf (GuD) Kombikraftwerke können aufgrund der Situation am europäischen Elektrizitätsmarkt zeitweise nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden, während das noch in Betrieb befindliche Kohlekraftwerk bereits seine technische Lebensdauer überschritten hat. Mit Ende des Liefervertrages soll der betreffende Kraftwerkspark 2020 außer Betrieb gehen. Nicht weniger als 80% der Energieaufbringung für die Grazer Fernwärme werden dadurch zu ersetzen sein. Die Stadt Graz hat aus diesem Grund 2014 gemeinsam mit den wichtigsten lokalen Energieversorgern ein Projektteam gegründet, welches sich dieser Herausforderung gestellt hat. In einer Reihe von Workshops mit Beiträgen von über 200 Experten entstand unter anderem ein Großsolaranlagenkonzept als vielversprechende Möglichkeit. Zu diesem Zweck wurde neben der Evaluation passender Flächen für Solarfelder und Speicher und der technischen Optimierung mittels Simulationsrechnungen vor allem auch eine wirtschaftliche Detailanalyse durchgeführt. Als Baseline wird die Produktion der Wärme durch gewöhnliche Gaskessel verwendet, welche die derzeit günstigste und realistischste Alternative darstellt. Die Analysen ergeben ein wirtschaftlich konkurrenzfähiges Solarsystem mit einer Größe von 450.000 m² Kollektorfläche, was einer solaren Deckung von ca. 20 % der derzeitigen Grazer Fernwärme bedeuten würde. Diese Ergebnisse weisen auf ein sehr hohes Umsetzungspotential des Konzepts hin. 2 Hintergrund und Problemstellung Erneuerbare Energien bilden einen zentralen Baustein der nachhaltigen Energieversorgung von Städten. Traditionelle Versorgungstechnologien und Strukturen unterliegen heute massiven Herausforderungen, die zu erheblichen Veränderungen im Aufkommen der Speicherung und Verteilung von Energie führen. Aus diesen Spannungsfeldern ergeben sich nun neue, wirtschaftlich attraktive und technologisch innovative Möglichkeiten für Solarthermie in Städten Europas und darüber hinaus. Das Fernwärmenetz der Stadt Graz liefert 1.050 GWh Wärme pro Jahr an 54.000 Haushalte. 80% der Energieversorgung basieren auf zwei großen, mit fossilen Energieträgern betriebenen KWK-Anlagen von der Fa. Verbund/ATP in Werndorf-Mellach. Aufgrund zahlreicher Preisschwankungen am europäischen Elektrizitätsmarkt ist es dem Betreiber nicht mehr möglich, das 2011 errichtete Gas- und Dampfkraftwerk wirtschaftlich zu führen. Zusätzlich hat die kohlebetriebene KWK Anlage ihre geplante Lebensdauer bereits überschritten. Aus diesem Grund hat das Unternehmen Verbund in einer Presseaussendung am 14. Mai 2014 bekannt gegeben, den gesamten Standort stillzulegen. Des Weiteren endet der Wärmeliefervertrag zwischen Verbund und der Energie Steiermark im Jahr 2020. Die Wärmeversorger der Region und die Stadt Graz selbst sind auf der Suche nach alternativen Möglichkeiten die Fernwärmeversorgung auch nach dem Jahr 2020 sicherzustellen. Das Ziel ist, leistbare langlebige, unabhängige und erneuerbare Energien zu integrieren. Mit mehr als 15.000 m² Solarkollektorfläche ist Graz bereits heute eine der Pionierstädte für solarthermische Lösungen im Fernwärmebereich. 3 Ergebnisse der technischen Studie [17] Zur Beurteilung der Rahmenbedingungen im Fernwärmenetz für eine Integration neuer Komponenten wurden das Last- und Temperaturprofil des Fernwärmenetzes untersucht. Das Last- und Temperaturprofil wurde in Klassen zur besseren Einschätzung der Anforderungen an das Konzept und dessen Komponenten geteilt. Das Temperaturregime ist in weiterer Folge wesentlich für die mögliche Auswahl von Wärmepumpen zur Unterstützung des Systems und bedingt die Effizienz der Solarkollektoren. Beide Profile, das der Last und das der Temperatur, sind die Grundlage für die Dimensionierung der einzelnen Komponenten des Konzepts. Mit der Analyse der Temperatur- und Lastverläufe war eine Vordimensionierung der Komponenten möglich, welche als Rahmenbedingungen für die folgenden, detaillierteren Simulationsrechnungen dienten. Die Vordimensionierungen der Komponenten wurde auf eine Kollektorfläche von 50.000 m² – 1 Mio. m², ein Speichervolumen von 200.000 m³ – 2 Mio. m³ und Absorptionswärmepumpen von 50 MW – 150 MW ausgelegt. Das Konzept sieht einen maximalen solaren Deckungsanteil vor, bei welchem der Preis für die Wärme mit jenem konventioneller Gasboiler wirtschaftlich konkurrenzfähig ist. Um das ökonomisch-technisch optimale Szenario zu identifizieren wurden die einzelnen Komponenten daher innerhalb festgelegter Bandbreiten simuliert. Absorptionswärmepumpen spielen eine Schlüsselrolle bei der Optimierung der Solaranlage. Sie ermöglichen es den saisonalen Wärmespeicher effizienter zu entleeren, wodurch sich die Solarerträge erhöhen und die benötigte Speichergröße reduziert wird. Dies verringert die Kosten des Gesamtsystems und verbessert die Netto-Leistung der Anlage. Zur ersten Abschätzung des Potenzials für den Solaranteil wurde das Lastprofil des Grazer Fernwärmenetzes in einen Nieder- und einen Hochtemperaturbereich aufgeteilt. Der niedrigere Temperaturbereich kann aus der Solaranlage und dem Speicher abgedeckt werden. Höhere Temperaturen werden kaskadisch1 durch Nachheizsysteme abgedeckt. Grundsätzlich könnten unter derzeitigen Rahmenbedingungen so ca. 55% des Wärmebedarfs durch das BIG Solar Konzept bereitgestellt werden. Effektiv könnten somit 33% der Grazer Fernwärme durch Solarenergie, und weitere 22% durch ein Nachheizsystem mit Wärmepumpen abgedeckt werden. Detailliertere Simulationsrechnungen wurden in Folge bis zu einem solaren Deckungsanteil von 30% durchgeführt. Ein Großteil der Ergebnisse der Machbarkeitsstudie basiert auf der Simulation der gesamten Anlage. Besonders herausfordernd war die Schnittstelle zwischen dem Fernwärmenetz und der Solaranlage selbst. Messdaten aus dem Fernwärmenetz von 2014 wurden als Basis für alle Berechnungen herangezogen. 1 stufenweises Erhitzen des Wärmeträgermediums: das von Solaranlage/Speicher/Wärmepumpen auf 85-90°C erhitzte Wasser wird von Nachheizsystemen (Feuerungsanlagen) auf Zieltemperatur gebracht [18] Zur Analyse des technisch-ökonomischen Optimums wurde eine Parameterstudie durchgeführt. Das zentrale Ergebnis zeigt den niedrigsten Wärmepreis innerhalb des Systems mit 450.000 m² Kollektorfläche, einem Saisonalspeicher mit 1.800.000 m³ und Absorptionswärmepumpen mit einer Gesamtleistung von 96 MW bei einem solaren Deckungsanteil von 23% im Fernwärmenetz Graz. Bei diesen Dimensionen liegt folglich das wirtschaftlich-technische Optimum der Anlage. Die folgende Abbildung zeigt dieses Optimum anhand eines Systemschemas. Die derzeitigen Berechnungen zeigen auch, dass konkurrenzfähige Preise mit abgeänderten Dimensionen möglich sind. Das Projekt ist hinsichtlich der Rahmenbedingungen somit flexibler als ursprünglich angenommen. Berücksichtigt man die vorherrschenden Bedingungen in Graz -wie die verfügbaren Flächen- so kann ein Kollektorfeld wirtschaftlich zwischen 150.000 m² und 650.00 m² Fläche einnehmen. Folglich sind die Rahmenbedingungen vor Ort neben den Systembegrenzungen errechnet in der Simulation die ausschlaggebenden Faktoren für die Realisierung der Anlage. Abbildung 6: Lastprofil der Grazer Fernwärme aufgeteilt nach dem Temperaturbedarf über ein Jahr Abbildung 7: Konzept Big Solar Graz – Schema des wirtschaftlichen und technischen Optimums [19] Als Beispiel wurde der Flächenbedarf genauer untersucht. Für 450.000 m² Kollektorfläche sind ausreichend Leerflächen im Umland des Netzes vorhanden. Ca. 300.000 m² Kollektoren könnten rechtlich und mit Rücksicht auf ökologische Bedingungen im Wasserschongebiet errichtet werden (die Solaranlage gefährdet das Gebiet nicht). Weiteres benötigtes Land kann zu marktüblichen Preisen für die landwirtschaftliche Nutzung erworben werden. Der Flächenbedarf des Speichers darf bei maximal 9,9 ha liegen. Sollte dieser Wert überschritten werden, kann das Projekt nur mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung realisiert werden. Grundsätzlich wird eine sehr kompakte Anordnung sämtlicher Komponenten angestrebt und Kollektorfelder sowie Speicher möglichst nahe an der Fernwärmeleitung zur optimalen Systemnutzung aufgestellt. 4 Ergebnisse der wirtschaftlichen Studie Wie bereits oben erwähnt, ist das System mit 450.000 m² Solarkollektorfläche wirtschaftlich optimal dimensioniert. Die gesamten Investitionskosten wurden auf 189 Mio. EUR geschätzt. Anhand der Investitionskosten und der Finanzierung wurde eine gesamtwirtschaftliche Analyse durchgeführt, die sich auf 30 Jahre bezieht. In dieser gesamtwirtschaftlichen Rechnung wurde mittels eines internen Berechnungstools die wirtschaftliche Machbarkeit des Konzeptes geprüft und bewertet. Auf Basis zahlreicher Einflussfaktoren wurden unter anderem die jährlichen Betriebskosten des Solarsystems, die Wärmeerlöse, Fremd- und Eigenkapitalzinsen errechnet, sowie auch der Netto-Cashflow, der Return on Investment (ROI), und der Net Present Value (NPV) ermittelt. Bei einem Wärmepreis von 35€/MWh mit einer jährlichen Preissteigerungsrate von 1,5% lässt sich ein ROI von 15,5 Jahre ableiten. Die Ergebnisse zeigen, dass das BIG Solar Graz Konzept aus technischer und wirtschaftlicher Sicht erfolgreich umsetzbar ist. Selbst bei Schwankungen bezüglich der Größe des Kollektorfeldes von 150.000 m² bis zu 650.000 m² (inklusive der Größenadaptierung des Speichers und der Absorptionswärmepumpen) ist das Projekt wirtschaftlich realisierbar. Abbildung 8:Ökonomische Kalkulation von verschieden großen Kollektorflächen (links) und Speichergrößen (oben); grüne Felder bedeutet niedrige Wärmegestehungskosten [20] 5 Fazit und Ausblick Das große Solarsystem birgt Vorteile für den Versorger und die Fernwärmekunden: • Wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit (trotz hoher Netztemperaturen in Graz) • Systemlösung für jederzeit verfügbare Wärme • Versorgungssicherheit • klimafreundliche Wärmeversorgung, keine Feinstaubbelastung (in Graz sehr wichtig) • Langfristige Preisstabilität • Refinanzierungskosten sind kalkulierbar, da sie unabhängig von der Entwicklung der Preise für fossile Energieträger sind Die Fernwärmeversorger und Partnerunternehmen entschieden sich für den Bau des BIG Solar-Systems und verhandelten Ende 2017 über die benötigte Landfläche von rund 100 ha. Darüber hinaus wird das Systemkonzept weiterentwickelt und die Strategie für Betrieb, Kontrolle und Sicherheitsaspekte ausgearbeitet. Auch die Vorbereitung von Genehmigungen und administrativen Verfahren wird fortgesetzt. [21] 22 ANHANG 2: SOLARTHERMISCHE ANLAGE SENFTENBERG 1. Motivation Die 25.000 Einwohner Stadt Senftenberg galt einst aufgrund ihrer großen Braunkohlevorkommen als Energiezentrum Brandenburgs. Die Bedeutung der Braunkohle nahm über die Jahre immer weiter ab und 1999 stellte der letzte Tagebaubetrieb der Region seinen Betrieb ein. Die Energiestrategie des Landes Brandenburg sieht vor, bis 2030 den CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um 72% zu senken und den Anteil Erneuerbarer-Energien (EE) am Primärenergieverbrauch auf 32% zu steigern. Da der Wärmebedarf der Kommune den größten Anteil am Gesamtenergieverbrauch ausmacht, rückt im Leitbild „Energetische Zukunft Senftenberg 2030“ der Wärmesektor in den Fokus. Kernthema im Bereich Wärme des entwickelten Energiekonzepts, das kommunalen und regionalen Akteuren die Identifikation von Energieeinsparpotenzialen erleichtern soll, ist eine Solarthermieanlage [7]. Obwohl sich in Deutschland das Finden geeigneter Flächen und der Nachweis der Wirtschaftlichkeit häufig größere Herausforderungen darstellen [8], konnten diese in Senftenberg gelöst werden. Das rund 33 km lange, 10.000 Haushalte versorgende Fernwärmenetz (Jahresbedarf von rund 110 GWh bei einer Mindestlast von ca. 3,8 MW) wird deshalb seit 2016 auch durch die bis dahin größte Solarthermieanlage Deutschlands gespeist. 2. Auslegung, Vorgehen, Umsetzung Für die Solaranlage in Senftenberg wurde ein 8.300 m² großes Kollektorfeld aus 1.680 Röhrenkollektoren errichtet. Dieses liefert mit den durchschnittlichen 1.700 Sonnenstunden im Jahr 4GWh (≈4% des Jahresbedarfs) bei einer maximalen Leistung von 4,5 MW. Im Juli und August wird tagsüber (6h) sogar ein Überschuss (bis zu 20%) erzielt, weshalb die Solaranlage zu diesen Zeiten die alleinige Versorgung des Netzes übernehmen kann. Aufgrund der Wärmespeicherkapazität der gut 2.000 m³ Netzinhalt ist hierfür kein zusätzlicher Speicher notwendig. Das asymmetrisch verrohrte Kollektorfeld wurde streng graduell und exakt mathematisch dimensioniert und ist selbstbefüllend, -entlüftend und -abgleichend (siehe Abbildung 7). [8], [9] Abbildung 9: Momentaufnahme der Temperaturen im Kollektorfeld am 24.08.2016 [10] 23 Der Ringschluss zweier Netzzweige zur Anbindung ermöglicht es der Solaranlage aus der Mitte heraus in zwei Richtungen einzuspeisen und durch einen zusätzlichen, schaltbaren Bypass am Kraftwerk in Schwachlastzeiten das ganze Netz zu versorgen. Bei hohen Lasten oder in Zeiten niedriger Solareinstrahlung kann die Solarenergie auch zur Anhebung des Rücklaufes eingesetzt werden. 3. Ertrag Die im August 2016 in Betrieb genommene Anlage erreichte zu Beginn einen Tagesgewinn von bis zu 30 MWh und nach 14 Tagen schon 10% des garantierten Jahresertrags. In Abbildung 7 sind für den 01.06.2017 relevante Kennwerte eingetragen, die auf eine gute Performance an diesem Tag schließen lassen (Einspeisung von bis zu knapp 5 MW und insgesamt ca. 37 MWh kumuliert). Abbildung 10: Bester Tag im ersten Betriebsjahr 01.06.2017 [10] Doch auch unter nicht ganz so idealen Bedingungen, wie sie am 04.09.2016 eintraten (wolkig und am späten Vormittag Regen) erreicht die Solaranlage knapp 8h lang ihre Solltemperatur (3h VL, 5h RL Einspeisung) und erntete gute 8 MWh (siehe Abbildung 8). [8] 24 Abbildung 11: Tageswerte des 04.09.2016 [10] 4. Ziele Die bis dato sehr guten Erfahrungen beruhen auch auf einer guten Zusammenarbeit zwischen Bürgern und Kommune, die auch weiterhin sichergestellt werden soll. Die ins Leben gerufene Arbeitsgruppe „Energie“ strebt, innerhalb der vorhandenen Strukturen eine Vernetzung und größtmögliche Transparenz, sowie eine frühe Beteiligung der Bürger Senftenbergs, an. [7] 25 QUELLEN [1] Wissenschaftliche Begleitforschung zur Erarbeitung einer Energieeffizienz-Strategie Gebäude, Prognos/ifeu- Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH/IWU – Institut für Wohnen und Umwelt. Berlin/Heidelberg/Darmstadt, 2015 [2] Solar district heating guidelines – Collection of fact sheets, August 2012. http://solar-district-heating.eu/Portals/0/Factsheets/SDH-WP3-D31-D32_August2012.pdf [3] Technology Data Catalogue for Energy Plants. Danish Energy Agency and Energinet.dk. August 2016. Updated June 2017. https://ens.dk/en/our-services/projections-and-models/technology-data [4] SolnetBW, Solare Wärmenetze für Dabden-Württemberg. Grundlagen | Potenziale | Strategie, Juni 2015. http://solar-district-heating.eu/Portals/21/150701_SolnetBW_web.pdf [5] Technology Data for Energy Plants. Danish Energy Agency and Energinet.dk. May 2012. Updated 2015. https://ens.dk/en/our-services/projections-and-models/technology-data [6] Solar district heating guidelines Collection of fact sheets. http://solar-district-heating.eu/Documents/SDHGuidelines.aspx [7] Website der Agentur für Erneuerbare Energien unter Trägerschaft des Vereins Information und Kommunikation für Erneuerbare Energien e.V. http://www.kommunal-erneuerbar.de/de/energie-kommunen/energie-kommunen/senftenberg.html, zuletzt geprüft am 11.03.2018. [8] Die solarthermische Anlage Senftenberg R_Meisner 01.02.2016 [9] TRIALOG: PUBLISHERS Verlagsgesellschaft, http://www.transforming-cities.de/solarthermie-anlage-senftenberg/ zuletzt geprüft am 11.03.2018 [10] Senftenberg – Ergebnisse des ersten Betriebsjahres R_Meisner 2017 [11] Profeta et al., Präferenzen und Mehrzahlungsbereitschaften für Fernwärme aus erneuerbaren Energien in Deutschland, Frankreich und Österreich, in: Fernwärme + KWK – durch Forschung fit für die Zukunft, AGFW| Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.V., Frankfurt April 2018

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Sonntag, 1. April, 2018|
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