Innovative Energiesysteme mit Solarthermie – Ausschreibung von innovativen KWK-Systemen im Rahmen des KWKG
Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 5 www.solare-waermenetze.de Die Herausforderungen an die Wärmenetze der Zukunft sind klar: hocheffizient und ein großer Anteil an erneuerbarer Wärme. Um diese Herausforderungen auch förderpolitisch zu adressieren, hat der Gesetzgeber bei der letzten Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungs- Gesetzes (KWKG) die Fördermöglichkeit für sogenannte „innovative KWK-Systeme“ (iKWK) eingeführt. Zusätzlich sollen innovative KWK-Systeme neben dem Anspruch an eine hohe Effizienz und die Integration erneuerbarer Energien gleichzeitig auch dem Anspruch der Sektorenkopplung gerecht werden. Diese Fördermöglichkeit ist für Solarthermieanlagen auf Grund der erzielbaren Förderquote besonders attraktiv. Denn durch die iKWKFörderung kann eine teils deutlich höhere Förderquote der Solarthermieanlage erzielt werden, als mit anderen Förderprogrammen, wie bspw. dem Marktanreizprogramm (MAP). Zusätzlich zur besseren Wirtschaftlichkeit der Solarthermieanlage kann sich auf Grund der unterschiedlichen Förderhöhen der Ausschreibungen eine höhere Rendite für die KWK-Anlagen ergeben. Ein iKWK-System besteht im Wesentlichen aus drei Anlagenkomponenten: einer KWK-Anlage, einem elektrischen Wärmeerzeuger (Powerto- Heat) und einem innovativen erneuerbaren Wärmeerzeuger. Dabei stellt die Verwendung einer Solarthermieanlage als innovativer erneuerbarer Wärmeerzeuger eine effektive Möglichkeit zur Realisierung eines iKWK-Systems dar. Als Technologien für die Power-to-Heat- Komponente kommen in der Regel E-Heizer in Form von Elektrodenkessel oder Elektrodurchlauferhitzern (Tauchsieder) in Frage. Um im Rahmen des KWKG als iKWK-System gefördert zu werden, müssen unterschiedliche Anforderungen an die einzelnen Komponenten berücksichtigt werden. Gerade bei Solarthermieanlagen sind diese Anforderungen schon in der ersten Planungs- und Dimensionierungsphase zu berücksichtigen. Tabelle 1 zeigt eine Zusammenfassung der wichtigsten Anforderungen an die oben genannten Komponenten. Die detaillierten Bestimmungen lassen sich im KWKG, der KWK-Ausschreibungsverordnung (KWKAusV) oder dem „Merkblatt für innovative KWK-Systeme“ des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nachlesen. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und Solarthermieanlagen ergänzen sich in Verbindung mit Fernwärmenetzen zu einem innovativen und zukunftsfähigen Wärmeerzeugungssystem. Innovative Energiesysteme mit Solarthermie Ausschreibung von innovativen KWK-Systemen im Rahmen des KWKG Quelle: Stadtwerke Ludwigsburg Abbildung 1: Schematische Darstellung eines iKWK-Systems mit dessen Komponenten, Quelle: AGFW FÖRDERUNG DURCH AUSSCHREIBUNG Gefördert werden iKWK-Systeme nach demselben Mechanismus wie auch die „nicht innovative“, klassische KWK über eine Förderung der eingespeisten Strommenge in Euro/kWhel. Auch was die Bestimmung der Förderhöhe angeht, sind die Bedingungen in dem betroffenen Leistungsbereich gleich. Für den Leistungsbereich größer 1 MWel bis einschließlich 10 MWel (bei klassischer KWK bis einschließlich 50 MWel) wird die Förderhöhe über ein Ausschreibungsverfahren bestimmt, dabei werden die Gebote in aufsteigender Reihenfolge bezuschlagt, bis die ausgeschriebene Leistungsmenge erreicht ist. Die Ausschreibung findet zwei Mal jährlich statt. Der Unterschied zwischen innovativer und klassischer KWK liegt in der maximalen Förderhöhe und Förderdauer. Während die klassische Ausschreibung bei 7 ct/kWhel begrenzt ist, gilt bei der iKWK-Ausschreibung eine maxima- Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 5 KWK-Anlage Innovativer erneuerbarer Wärmeerzeuger (bspw. Solarthermie) Power-to-Heat-Anlage 1. Muss eine elektrische Leistung größer als 1.000 kWel bis einschließlich 10.000 kWel haben 1. Muss jährlich mindestens 30 % der Referenzwärme bereitstellen (s. Abbildung 3) 1. Muss so ausgelegt sein, dass jederzeit mindestens 30 % der maximalen thermischen Leistung der KWK-Anlage bereit gestellt werden kann 2. Muss basierend auf der EU- Energieeffizienz richtlinie (EED) hocheffizient sein 2. Muss eine Jahresarbeitszahl größer 1,25 erreichen 2. Besitzt eine Jahresarbeitszahl von höchstens 1 3. Darf keine Kohle als Brennstoff verwenden 3. Muss fabrikneu sein 3. Muss nicht fabrikneu sein 4. Muss neu sein oder modernisiert werden ANFORDERUNGEN AN: Abbildung 2: Ergebnisse der ersten Ausschreibungsrunden, Quelle: AGFW, Datenbasis Bundesnetzagentur Tabelle 1: Anforderungen an das innovative KWK-System le Förderhöhe von 12 ct/kWhel. Außerdem liegt die maximale Förderdauer bei iKWKSystemen bei 45.000 Vollbenutzungsstunden, während klassische KWK-Anlagen nur 30.000 Vollbenutzungsstunden gefördert werden. Dadurch wird den deutlich komplexeren Anforderungen und höheren Kosten der Systeme Rechnung getragen. Es werden pro Kalenderjahr bis zu 3.500 Vollbenutzungsstunden gefördert, bei geringerer jährlicher Betriebsdauer jedoch höchstens über 30 Jahre. ERGEBNISSE DER ERSTEN AUSSCHREIBUNGSRUNDEN Bisher gab es vier Ausschreibungen: Juni 2018, Dezember 2018, Juni 2019 und Dezember 2019. Im Vergleich zur Ausschreibung der klassischen KWK, welche seit Ausschreibungsbeginn zunächst in jeder Runde überzeichnet war, wurde die ausgeschriebene Leistungsmenge bei der iKWK zunächst in keiner Runde erreicht. Geändert hat sich dieses Verhältnis erst mit der letzten Ausschreibung im Dezember 2019. Dort war erstmals die iKWK-Ausschreibung zu fast 100 % überzeichnet, während die klassische KWK-Ausschreibung rund 30 % unterzeichnet blieb. Trotz der deutlichen Überzeichnung der letzten Ausschreibung, unterscheidet sich der durchschnittliche mengengewichtete Zuschlagswert nur geringfügig von den vorherigen Ausschreibungen. Tabelle 2 zeigt die in 2019 bezuschlagten iKWK-Projekte. Eine Auflistung aller bezuschlagten iKWK-Projekte befindet sich auf der Homepage der Bundesnetzagentur (BNetzA). Betrachtet man die einzelnen Projekte, über die schon mehr bekannt wurde – vorwiegend aus den ersten drei Ausschreibungsrunden – wird deutlich, dass der überwiegende Teil der Projekte auf die Verwendung von Großwärmepumpen und Umweltwärme als innovative erneuerbare Wärmeerzeuger setzt. Lediglich eines der bezuschlagten Projekte errichtet das iKWK-System mit Hilfe einer großen Solarthermieanlage als innovativen erneuerbaren Wärmeerzeuger: die Stadtwerke Greifswald (bezuschlagt im Juni 2018). HERAUSFORDERUNG FÜR DIE SOLARTHERMIE Die Gründe für das zögerliche Interesse bei der Verwendung von Solarthermie liegen zum einen in der allgemeinen Flächendiskussion, da Solarthermieanlagen, um die entsprechende Wärmemenge liefern zu können, im Vergleich zu Konkurrenztechnologien einen deutlich höheren Platzbedarf haben. Diese Flächen müssen in der Nähe von Wärmenetzen gefunden werden und zusätzlich kostengünstig zur Verfügung stehen. Dies stellt sich gerade in Ballungsgebieten als große Herausforderung dar. Zum anderen erhöhen die in der KWKAusV festgelegten Pönalen die Zurückhaltung. Die Pönale nach § 19 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KWKAusV wird erhoben, sobald in einem Kalenderjahr der Anteil der innovativen erneuerbaren Wärme an der Referenzwärme weniger als 30 % beträgt. Für jeden Prozentpunkt der Unterschreitung wird für je 300 Vollbenutzungsstunden in diesem Kalenderjahr die Zuschlagszahlung auf null verringert. Beträgt bspw. der Anteil der innovativen erneuerbaren Wärme in einem Kalenderjahr nur 27 %, so entfällt in diesem Jahr der Zuschlag für 900 Vollbenutzungsstunden. Diese Pönale betrifft entsprechend alle verwendeten Technologien, jedoch wird die Solarthermie auf Grund der naturgemäß jährlich schwankenden Solarerträge stärker benachteiligt. Bei anderen innovativen erneuerbaren Wärmeerzeugern wie bspw. Geothermieanlagen sind die jährlichen Schwankungen des Ertrages deutlich geringer. Die Konsequenz dessen ist, bei der Auslegung der Solarthermieanlage eine gezielte Überdimensionierung vorzunehmen, um sicherzustellen, dass der 30%-Anteil der innovativen erneuerbaren Wärme an der Referenzwärme auch in jedem Kalenderjahr eingehalten werden kann. Dadurch rückt zum einen die Flächenproblematik noch stärker in den Fokus, zum anderen nimmt der ökonomische Vorteil ab. Anlagenhersteller gehen hierbei von einer nöwww. solare-waermenetze.de BESTIMMUNG DER REFERENZWÄRME Die Referenzwärme ist nach der KWKAusV „die Summe aus der Nutzwärme, die die KWKAnlage eines innovativen KWK-Systems mit 3.000 Vollbenutzungsstunden bereitstellen kann, und der von dem gleichen innovativen KWK-System innerhalb eines Kalenderjahres bereitgestellten innovativen erneuerbaren Wärme“ (§ 2 Nr. 16 KWKAusV). Bieter Elektr. Nettoleistung der KWK-Anlage JUNI 2019 Heizkraftwerk Halle-Trotha GmbH 6.000 kW BTB Blockheizkraftwerks- Träger- und Betreibergesellschaft mbH Berlin 8.000 kW Stadtwerke Rosenheim GmbH & Co. KG 4.457 kW Stadtwerke Heidelberg Umwelt GmbH 2.037 kW Stadtwerke Bietigheim-Bissingen GmbH 1.999 kW DEZEMBER 2019 Urbana Energiedienste GmbH 4.600 kW Stadtwerke Rosenheim GmbH & Co. KG 4.457 kW Stadtwerke Rosenheim GmbH & Co. KG 4.457 kW Stadtwerke Lemgo GmbH 4.900 kW STADTWERKE STEIN GmbH & Co. KG 2.000 kW Tabelle 2 Übersicht der bezuschlagten iKWK-Projekte in 2019 [Quelle: Bundesnetzagentur und Marktstammdatenregister] Abbildung 3: Definiton der Referenzwärme Gefördert durch: www.solare-waermenetze.de IMPRESSUM Das Infoblatt Solare Wärmenetze ist eine Initiative im Rahmen von Solnet 4.0, einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Vorhaben zur Marktbereitung für solare Wärmenetze. Die Projektpartner sind das Steinbeis Forschungsinstitut Solites, der Fernwärmeverband AGFW, das Hamburg Institut sowie die Herausgeber der Zeitschrift Energiekommune. Herausgeber: AGFW-Projektgesellschaft für Rationalisierung, Information und Standardisierung mbH Redaktion: Tobias Roth, Kibriye Sercan-Çalışmaz Veröffentlichung: März 2020 Haftungsausschluss: Das dieser Publikation zugrundeliegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unter dem Förderkennzeichen 03EGB0002A gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieses Dokuments liegt bei den AutorInnen. Weder der Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. Energiekommune tigen Überdimensionierung von ca. 10 % aus. Die Einführung einer rollierenden Betrachtung der Erträge bspw. über 5 Jahre wäre an dieser Stelle sinnvoller, sodass die Jahre mit weniger Solarertrag ausgeglichen werden durch die Jahre mit höherem Solarertrag. Die definierte Bestimmung der Referenzwärme in der KWKAusV führt bei der Projektplanung noch zu einer anderen Herausforderung, die frühzeitig berücksichtigt werden muss. Durch die definierte, festgeschriebene Berechnung der Referenzwärme mit 3.000 Vollbenutzungsstunden der KWK-Anlage pro Kalenderjahr existiert bisher keine Regelung für eine unterjährige Inbetriebnahme des Systems. Der Anteil erneuerbarer Wärme ist also unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme des iKWK-Systems. Auch bei einer unterjährigen Inbetriebnahme bspw. im September muss die Solarthermieanlage die gleiche Mindestwärmemenge zur Erfüllung des Anteils (30 %) an der Referenzwärme erreichen wie bei einer Inbetriebnahme im Februar. Da der höchste Wärmeertrag einer Solarthermie in den Sommermonaten auftritt, kann diese Voraussetzung selbst bei einer deutlichen Überdimensionierung in der Regel nicht erfüllt werden, wodurch die entsprechende Pönale erhoben wird. Die Empfehlung ist bis zu einer Gesetzanpassung so zu planen, dass die Inbetriebnahme zu Beginn eines Kalenderjahres erfolgen kann. BEISPIELE FÜR iKWK-SYSTEME MIT SOLARTHERMISCHEM WÄRMEERZEUGER Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft zwei unterschiedliche iKWK-Systeme, die sich durch die elektrische Leistung der KWKAnlage unterscheiden. Auf Grundlage der Referenzwärme und weiterer anlagentypischer Kennwerte können weitere Charakteristika für die Komponenten Solarthermieanlage und elektrischer Wärmeerzeuger errechnet werden. iKWK-System 1 iKWK-System 2 KWK-Anlage 5 MWel / 5 MWth 2 MWel / 2 MWth Anteil der KWK-Wärme an der Referenzwärme 15.000 MWh/a 6.000 MWh/a Referenzwärme 21.428 MWh/a 8.571 MWh/a Mindestanteil erneuerbarer Wärme 6.428 MWh/a 2.571 MWh/a Solaranlage1 7597 kWp 3039 kWp Kollektorfläche1 12.273 m2 4.909 m2 Aufstellfläche1 35.065 m2 14.026 m2 Elektrischer Wärmeerzeuger 1,5 MWth 0,6 MWth Förderung bei 10,25 ct/kWhel 2 1.793.750 €/a 717.500 €/a 1 u.a. abhängig von der verwendeten Kollektortechnologie und dem Standort. Hier: Beispielhafter Vakuumröhrenkollektor mit einem jährlichen spez. Wärmeertrag von 550 kWh/m2 Aperturfläche 2 mittlere Förderhöhe der letzten Ausschreibungsrunde Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 5