Vernetzte Solarwärme im Wohnungsbau + Solarenergiedörfer liegen im Trend

9 Oktober 2018 Solare Wärmenetze Bei einer Umfrage des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, an der sich 131 Wohnungsbaugesellschaften beteiligten, erklärte jedes vierte Unternehmen, dass es eigene Wärmenetze betreibe. Ausdrücklich nicht erfasst waren dabei Netze, die von Contractoren wie beispielsweise Stadtwerken betrieben werden. Bislang ist dieser Bereich der Wärmeversorgung weitgehend statistische Grauzone. Simona Weisleder vom Ham burg Insti tut, das in diesem Bereich mit dem GdW koo pe riert, findet das Umfrageergebnis deshalb sehr interessant: „Dass ein derart hoher Anteil der Wohnungsunternehmen eigene Netze betreibt, bestätigt unsere These, dass hier im Zuge der Wärmewende ein Feld zu beackern ist.“ Während sich der Fokus der Wohnungswirtschaft nach Weisleders Einschätzung bislang eher auf den Bereich der Gebäudedämmung gerichtet habe, sei die Erzeugung von Wärme mittels erneuerbarer Energien bislang noch zu wenig im Mittelpunkt, meint Weisleder. Ein vorhandenes Wärmenetz biete al - ler dings die beste Voraussetzung, um erneuerbare Energien, wie beispiels - weise Solarthermie, Erdwärme oder Holz, in vielfältigen Va ria tionen für die Wärmewende in Quar tie ren zu nutzen. Das zeigen etliche Beispiele. Sonne und Eis So betreibt eine Hamburger Wohnungsgenossenschaft, der Eisenbahnbauverein (EBV), seit 2014 im Quartier Roseggerstraße für 480 Wohnungen einen zentralen Eisspeicher mit Wärmepumpe, der von 600 Quadratmetern Solarthermiekollektoren regeneriert wird. Der Betontank mit 20 Metern Durchmesser fasst 1500 Kubikmeter Wasser und rettet trotz dieser relativ geringen Ausmaße große Mengen der Solar wärme vom Sommer in den Winter. Dies funktioniert, weil im Phasenübergang zwischen Eis und flüssi - gem Wasser bei Null Grad relativ große Mengen Energie gespeichert werden kön nen. Allerdings wird eine Wärmepumpe benötigt, um die bei null Grad gespeicherte „Wärme“ auf ein nutz - bares Temperaturniveau für die Raumheizung zu heben. Im Winter entzieht die Wärmepumpe dem Speicher die Energie und lässt dabei das Wasser im Speicher gefrieren. Im Sommerhalbjahr wird der Speicher dann durch die Kollektor anlage wieder aufgetaut und erwärmt. Die Heizkosten der Mieter konnten nach Darstellung von EBV-Vorstand Joachim Bode mit dem neuar - tigen System im Schnitt um 30 Prozent gesenkt werden. In den nächsten Jahren sollen nach diesem Vorbild weitere Quartiere mit Eisspeichersystemen ausgestattet werden. Ganz ohne großen Speicher kommen hingegen fünf neue Solarhäuser der HOWOGE Wohnungsbaugesell - schaft in Berlin-Adlershof aus (Foto oben), obwohl diese sich übers Jahr bilanziell zu 100 Prozent mit der Solarthermie vom eigenen Dach versorgen. Dafür mussten sogar nur eineinhalb Flach dächer mit Solarwärmekollek - toren bestückt werden. Die restlichen Dachflächen können für die Stromerzeugung aus Photovoltaik genutzt wer- Wärmenetze mit Solarthermie-Einspeisung sind eine interessante Energiewende- Option für städtische Quartiere, die bislang aber im Markt noch kaum angekommen ist. Vernetzte Solarwärme im Wohnungsbau Foto: Guido Bröer B Solare Wärmenetze den. Möglich wird dies, weil der Fernwärmeversorger BTB sein Netz gewissermaßen als Solarspeicher zur Verfü - gung stellt: Was die hoch effiziente Solarthermieanlage im Sommer an Mehr ertrag produziert, der in den Häusern selbst nicht gebraucht wird, das speist sie in die Fernwärme leitungen der BTB ein und erwirbt damit für die Mieter ein Energieguthaben. Im Winter steht der Hausgemeinschaft dafür die gleiche Menge Fernwärme ohne Berechnung zu. Im ersten Betriebsjahr der Anlage ist die Bilanz aufgegangen: Die Sonne lieferte mehr Wärme als die Häuser verbraucht haben. Andreas Reinholz, der das Modell als Projektentwickler der BTB zu verantworten hat, freut sich, dass dabei das Temperaturniveau der Solaranlage fast immer hoch genug war, um in den heißeren Vorlauf des Wärmenetzes einzuspeisen. Die Option einer Rücklaufeinspeisung, die bei Netzbetreibern nicht so beliebt ist, musste kaum genutzt werden. Neue Geschäftsmodelle Reinholz lässt durchblicken, dass an diesem im Sinne des Klimaschutzes vorbildlichen Deal zwischen der BTB und dem Wohnungsunternehmen für den Wärme netz betrei ber nicht wirklich viel zu verdienen sei. Allerdings sei es aus Sicht der Fernwärmebranche wichtig, auch in hocheffizienten Neubauquartieren im Geschäft zu bleiben, indem man solche flexiblen Angebote mache. „Die Musik für die Wärmewende spielt allerdings im Altbau“, sagt er. Und auch dort würden großflächige Solaranlagen im Sommer Überschüsse erwirt schaf - ten, die bei attraktiven Verrechnungsmodellen – die es heute in Deutschland allerdings noch nicht gibt – an das Netz abgege ben werden könnten. Bei einem neuen Quartierskonzept der eG Wohnen in Cottbus wird zwar künftig auch Solarwärme an Nachbargebäude weitergegeben, allerdings will man dort mit Verrechnung nichts zu tun haben. Die Schlagworte des vom Energieexperten Timo Leukefeld entwickelten Energiekonzeptes heißen „Flat - rate-Miete“ und „vernetzte Autarkie“. Die beiden fast fertiggestellten Sonnenhäuser mit jeweils sieben Wohnungen sollen sich nicht nur zu 60 bis 70 Prozent selbst mit Strom und Wärme versorgen; sie werden darüber hinaus ihre unvermeidlichen sommerlichen Solarwärmeüberschüsse jeweils an einen benachbarten Platten bau aus DDR-Zeiten abgeben. In den ansonsten mit Fernwär me versorgten Altbauten werden nur kleine Pufferspeicher installiert. Leukefeld geht davon aus, dass die Überschüsse der Solarhäuser ausrei - chen werden, um die Nachbargebäude in den Sommermonaten vollständig mitzuversorgen. „Indem wir den Nach - ba r gebäu den die Überschussenergie schenken, verdoppeln wir in den Solarhäuser den jährlichen Kollektor ertrag.“ Den Mieter im Sonnenhaus kostet diese Freizügigkeit nichts. Er zahlt in diesem Gebäude eine sogenannte Flatrate- Miete, in der Wärme und Strom bereits enthalten sind. Guido Bröer Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Die vernetzten Sonnenhäuser der eG Wohnen in Cottbus versorgen über kleine Wärmenetze im Sommer Bestandsgebäude in der Nachbarschaft mit. Foto: eG Wohnen 11 Solare Wärmenetze Oktober 2018 Als 2012 in Büsingen das erste deutsche Solar-Bioenergiedorf an den Start ging, bei dem die Holzkessel im Sommer abgestellt bleiben und die Wärme ausschließlich von der Sonne kommt, da sorgte dies nicht nur in Fachkreisen für Furore. Auch viele Delegationen aus Kommunen reisten teils über weite Strecken an den Hochrhein, um sich das Büsinger Wärmenetz erklären zu lassen. Doch bis die ersten Nachahmer in die Gänge kamen, dauerte es vier Jahre. Erst 2016 erhöhte sich die Anzahl der deutschen Solar-Bioenergiedörfer je nach Zählweise auf zwei bis drei. Die rheinland-pfäl zischen Nachbargemeinden Neuerkirch und Külz hatten sich mit ihrem Wärme netz zum siamesi - schen Zwillingsdorf verbunden – mit der Solar-Heizzentrale als Herz. Anfang 2017 stieß dann das fränkische Hallerndorf zum kleinen Kreis der Solarenergiedörfer. Erst 2018 ist der Club stark gewachsen: Gleich fünf neue Dorf-Solarheizungen nehmen im laufenden Jahr den Betrieb auf. Breklum im hohen Norden und Randegg ganz im Süden haben ihre Einweihungsfeiern schon hinter sich. In Liggeringen am Bodensee, Mengsberg in Hessen und Ellern im Hunsrück laufen die letzten Vorbereitungen zur vollständigen Inbetriebnahme von Wärmenetz und Solar- Heizzentrale in diesem Jahr. Alle diese fünf Projekte folgen der gleichen Grundidee: Im Som mer bleibt der Holzkessel für einige Monate ausgeschaltet. Dann über nimmt die Sonne die Restwärmeversorgung des Dorfes. Das spart einerseits Brennstoff, was sich mithilfe von Fördermitteln des Bundes auch für den heute noch relativ günstigen Energieträger Holz schon nach einigen Jahren rechnet. Andererseits wird damit der ineffiziente Teillastbetrieb der Kesselanlagen im Sommer vermieden. Das spart Wartungskosten und erhöht die Lebensdauer. 20 Prozent Solarbeitrag Der prognostizierte Beitrag zur jährlich verbrauchten Wärmemenge liegt in den neuen Solardörfern typischerweise bei knapp 20 Prozent. Diese Größenordnung ergibt sich fast automatisch, wenn das Solarfeld für eine Volldeckung im Sommer ausgelegt wird. Wollte man größere Solaranteile erreichen – wie es in Dänemark bereits häufig der Fall ist –, so müsste man deutlich größere Spei cher bauen oder in Kauf nehmen, dass die Kollektoren sich im Sommer mit unter abschalten und die Energie verloren geht. Beides würde die Kosten pro Kilowattstunde Solarwärme verteuern. Unterschiede im Detail So ähnlich sich die Solardorfprojekte auf den ersten Blick sind, so unterscheiden sie sich doch im Detail. Das fängt schon mit der Betreibergesellschaft an. In Mengsberg und Breklum haben sich lokale Bürgerenergiegenossenschaften gebildet, um das Netz zu betreiben. Wer angeschlossen werden möchte, wird Genosse und trägt mit seiner Einlage zum Stamm kapital des Unternehmens bei. Die Gegenleistung ist Wärme zum dauerhaft günstigen Preis. Und vielleicht gibt es sogar eine kleine Dividende am Jahresende. Der Auf - wand für Wartung der Anlagen, Abrechnung der Wärme und Betreuung der Mitglieder, dem sich die Genossenschaften hier über die Bauphase hinaus stellen müssen, ist allerdings erheblich. In den Gemeinden Ellern und Liggerin- Fünf neue Solar-Bioenergiedörfer nehmen 2018 in Deutschland den Regelbetrieb auf. Foto: Stadtwerke Radolfzell. Solarenergiedörfer liegen im Trend In Liggeringen am Bodensee haben die Stadtwerke Radolfzell das Solarthermiefeld bereits aufgestellt. Solare Wärmenetze gen hat sich die Dorfgemeinschaft deshalb entschieden, Bau und Betrieb des Netzes von vornherein dem jeweiligen Versorgungsunternehmen der Kommune zu überlassen. In Randegg hingegen wird das Netz von der Solarcomplex AG betreiben (vgl. Energiekommune 7/2018), einer als Aktiengesell schaft organisierten regionalen Bürgerenergiefirma, die schon im ersten Solarenergiedorf Büsingen Pionierarbeit geleistet hat. Technische Varianten Der auffälligste technische Unterschied zwi schen den einzelnen Solarsystemen ist die Bauform der Kollek toren. Drei der Anlagen (Ellern, Randegg, Breklum) arbeiten mit Vakuumröhrenkollektoren, die nach dem Thermoskannenprinzip isoliert sind und so bei kühler Witterung eine höhere Effizienz erreichen. In Liggeringen und Mengsberg kom men hin - ge gen Großflächen-Flachkollektoren zum Einsatz, wie sie im Vorreiterland Dänemark üb lich sind. Diese sind in der Anschaffung güns tiger, ha ben aber einen geringeren Flächenertrag. Für Thomas Pauschinger vom Steinbeis- Forschungsinstitut Solites in Stuttgart hat jedes System seine Vor- und Nachteile; für die Wärme wende in Deutschlands Dörfern seien diese aber letzt lich nicht entscheidend. Er sieht inzwischen einen klaren Trend zur Sonne: „Es liegt auf der Hand, dass sich die Solarthermie in immer mehr Energie dör - fern als verlässlicher und wirtschaftli - cher Wärmeerzeuger durchsetzt, denn solche Anlagen sind eine zukunftssi - chere Investition und genießen bei den Bewohnern eine hohe Akzeptanz.“ Mit der heutigen Technik sei dabei noch mehr möglich, so Pauschinger: „Wir rechnen damit, dass die Solarthermie zukünftig nicht nur den Sommerbedarf solcher Wärmenetze deckt, sondern durch größere Speicher auch höhere Solaranteile erzielt.“ Guido Bröer Das Solarthermiefeld im hessischen Mengsberg arbeitet seit dem 1. August. Die beiden Speicher sind schon prall gefüllt mit Solarwärme. Die ersten Gebäude werden versorgt. Foto: Viessmann Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | ✆ +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH 15. Oktober 2018 in Erfurt Wärmenetze mit erneuerbarer Ener gie und Multifunktions-Wärmespeichern Der kostenfreie Workshop des Umwelt- und Energie mi - nis teriums Thüringen richtet sich an Versorger, Kommu - nen, Genossenschaften, Wohnungswirtschaft und Planer. Info: A. Kornmann, aline.kornmann@tmuen.thueringen.de 25. Oktober 2018 in Stuttgart Regenerative Wärmekonzepte Der Stadtwerkeverbund ASEW gibt seiner Veranstaltung den Untertitel „Wärmewende mitgestalten und dabei Geld verdienen“. Es geht dabei unter anderem um die Verbindung von Solarthermie und Techniken der Sektorenkopplung in Wärmenetzen. www.asew.de/waermekonzepte 7. bis 9. November 2018 in Dänemark Exkursion zu dänischen Wärmenetzen Das Kompetenzzentrum Wärmenetze Baden-Württem - berg bietet eine Tour nach Dänemark an. Die Veran stal - tung richtet sich an Vertreter von Kommunen und Stadtwerken. Dänische Kommunen und Energiegenos - senschaften sind weltweit führend bei der Entwicklung von (Solar-)Wärmenetzen und Sektorenkopplung. KEA, www.energiekompetenz-bw.de/ddd TERMINE ZU SOLAREN WÄRMENETZEN Oktober 2018

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:52+01:00Montag, 1. Oktober, 2018|

Mitmach-Stadtwerk setzt auf Sonne

rank van Balens Gedanken eilen seinen Worten oft schon ein Stück voraus. So auch wenn er von der Entstehung des Wärmenetzes in seiner Heimatgemeinde Breklum erzählt. Was dort, in der knapp 2800 Einwohner großen nordfriesischen Ort - schaft gerade geschieht, darf bereits in mehrfa cher Hinsicht als revolutionär gelten und ist für Frank van Balen doch nur der Anfang. Der Wärmeenergie-Mix im Breklu - mer Ortskern, wo bislang hauptsächlich fossil geheizt wird, soll schon bis zum Jahresende auf 100 Prozent erneuer - bare Energien ungestellt werden. 9 Prozent vom Jahreswärmebedarf soll dann die Sonne liefern. Das schafft ein Feld von Vakuumröhrenkollektoren des Herstellers Ritter XL solar mit 652 Quadratmeter Kollektorfläche. Für mehr reicht die Fläche direkt im Ortszentrum nicht, auf der in Kürze die Anlage errichtet werden soll. Den Löwenanteil am Wärmeenergie- Mix steuern zwei hocheffiziente Blockheizkraft wer ke (BHKW) bei, die kombiniert Strom und Wärme erzeugen und deren Brennstoff aus der Erdgasleitung kommt. Die kleinere der beiden Anlagen mit 80 kW Leistung heizt bereits ein Breklumer Möbelhaus, das nun ans Netz angeschlossen wird. Das größere mit einer Leistung von 480 kW wird in einem Container untergebracht. CO2-neutral von Anfang an Beide BHKW sollen zwar mit fossilem Erdgas betrieben werden. Der Brenn - stoff wird aber vom TÜV als CO2-neutral zertifiziert, indem für jede entnommene Kilowattstunde ein Obolus an ein CO2- Sparprojekt ge zahlt wird. Verdient wird der Mehrpreis über die Stromerzeu - gung der BHKW, die ans öffentliche Netz geliefert wird und dabei eine Einspeisevergütung erzielt. Dass ein BHKW und Solar kollek - toren gemeinsam ein Wärmenetz versorgen, ist für ein deutsches Solar-Bioenergiedorf ein Novum. Diese Kombination galt bislang schlicht als nicht wirt schaftlich, da BHKW sich hierzu - lande meist über den Strom verkauf finanzieren und daher nach herr schen - der Lehre eine Einschränkung ihrer Laufzeit durch den Einsatz einer Solarthermieanlage ihre spezifische Wirt - schaft lichkeit mindert. In Breklum sieht man das anders. Zum einen, weil die Genossenschaft gebrauchte BHKW anschafft, die sich schnell amortisieren. Zum anderen, weil van Balen und seine Energiegenossen die BHKW nur als Übergangslösung brauchen. Auf Dauer will die Genossenschaft nämlich kein Erdgas verheizen, dessen CO2-Kompensation sie nur als Not lö - sung sieht. Stattdessen soll als Ergän - zung zur Solarthermie überschüssiger Windstrom aus dem benach bar ten Windpark zu Wärme gemacht werden. Heute werden die Rotoren des Brek - lumer Bürgerwindparks, an dem viele der neuen Wärmegenossen seit Jahren beteiligt sind, häufig abgeschaltet, weil die Leitungen zum Abtransport der Strommengen nicht ausreichen. Tech- In der Kommune Breklum im Kreis Nordfriesland baut eine Bürger-Energiegenossenschaft Schleswig-Holsteins größte Solarthermieanlage. Sie ist Herzstück eines neuen Wärmenetzes, das sich in den kommenden Jahren noch stark verändern und auch Windstrom aufnehmen soll. Solare Wärmenetze Mitmach-Stadtwerk setzt auf Sonne Oktober 2017 F Foto: Guido Bröer Solnet 4.0 nisch ist es zwar ein leichtes, den Strom zum Heizen zu verwenden. Allerdings, so erklärt van Balen, verhinderten dies die bundesdeutschen Energie- und Steuergesetze, die die Nutzung des „Abfallstroms“ mit so hohen Steuern und Abgaben belegen, dass Power to Heat unwirtschaftlich ist. „Wir können aber nicht auf die Politik warten, sondern müssen jetzt Netze aufbauen, wenn wir den Altbaubestand CO2-neutral versorgen wollen,“ sagt van Balen. „So schaffen wir die Option, dass wir irgendwann unseren eigenen Windpark anschließen können.“ Sprit + Wärme lokal produziert Schon heute denkt van Balen dafür über technische Möglichkeiten nach. Einen schnöden Elektrokessel zu verwenden, wie dies einige Stadtwerke bereits tun, um negative Börsenstrompreise zu nutzen, ist für ihn dabei nicht die erste Wahl. Eine Option könne stattdessen ein Elektrolyseur sein, mit dem aus Windstrom Wasserstoff für Breklumer Fahrzeuge erzeugt werden könnte und dessen 25-prozentiger Abwärmeanteil im Dorfnetz Verwendung finden würde. Und die Breklumer machen bei diesen ungewöhnlichen Ideen mit. Van Balen: „Wir sind in Nordfriesland! Da sind es die Leute nicht nur gewohnt, dass sie sich an Windparks beteiligen können. Es ist mittlerweile typisch für uns im Norden, dass die Leute mit ihrer Daseinsvorsorge Geld verdienen wollen.“ Für den ersten Bauabschnitt im Ortskern, für 30 Einfamilienhäuser und 12 institutionelle Abnehmer vom Kindergarten bis zum Rathaus, wurden bereits 3,8 Kilometer Wärmeleitung im Sommer verlegt. Jeder zahlt 1000 Euro Genossenschaftsanteil und 3500 Euro einmalige Anschlusskosten. Und schon im kommenden Jahr geht es weiter: Eine Wohnsiedlung mit 140 Einfamilienhäusern ist dann an der Reihe. Obwohl dazu noch nicht einmal eine Informationsveranstaltung stattgefunden hat, sind schon jetzt viele der Eigentümer der Genossenschaft beigetreten, die nun 150 Mitglieder zählt. Sie unterstützen damit die Idee vom „Mitmach- Stadtwerk“, in dem – wie im Genossenschaftsgesetz verankert – jeder das gleiche Stimmrecht hat. In fünf Jahren, so das Ziel von Frank van Balen, soll dann im Endausbau das Wärmenetz für die ganze Gemeinde zur Verfügung stehen. Mit der Zahl der Hausanschlüsse soll auch die Solarthermiefläche mitwachsen. Dass im Zuge des Netzaus - baus mindestens eine weitere sehr große Solarthermieanlage gebaut wird, ist für van Balen ausgemachte Sache. Wind- und Solarwärme Ebenso sicher ist er, dass irgend wann Windstrom seinen Weg ins Wärmenetz finden wird. „Uns ist wichtig“, sagt van Balen, „dass alles in der Region bleibt und dass wir Herr unserer eigenen Energieversor gung werden.“ Dass sich hier viele Privatleute auf nachbarschaftlicher Basis zu einem „Mitmach-Stadtwerk“ zusammen - schließen, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Breklum Profis am Werk sind. Van Balen als hauptamtlicher Geschäftsführer ist ebenso vom Fach wie einige seiner Mitstreiter. Eine professionelle Organisationsform sei bei einem Wärmenetz unbedingt geboten, betont van Balen, da neben der Erzeugung auch die Abnahme der Energie, samt deren Abrechnung zu orga nisie - ren sei: „Die Organisiation unseres Wind parks war viel weniger komplex als dieses Nahwärmenetz.“ Guido Bröer BürgerGemeindeWerke Breklum e.G., Borsbüller Ring 25, 25821 Breklum, Tel. 04671 9331240, www.bgw-breklum.net Ritter XL solar, www.ritter-xl-solar.com Frank van Balen, Geschäftsführer der BürgerGemeindeWerke Breklum eG ist der profes sio nelle Kümmerer, den auch ein „Mitmach -Stadtwerk“ braucht. Solare Wärmenetze Foto: Guido Bröer Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Solarthermie meets Fernwärme Das Interesse von Stadtwerken an der Solarthermienutzung in Wärmenetzen wächst. Dies zeigte der erste Status - work shop „Solarthermie in der Fernwärme“, zu dem das Bundeswirtschaftsministerium Ende September nach Dresden eingeladen hatte. Die 200 Teilnehmer waren zu zwei Dritteln Mitarbeiter von Stadtwerken und anderen Fernwärmeversorgern. Werner Lutsch, Geschäftsführer des Fernwärmever ban des AGFW bestätigt, dass das Interesse seiner Branche an der Solarwärme gewachsen sei: „Wir haben früher noch gewisse Berührungsängste gehabt, aber mittlerweile sind wir darüber hinweg.“ Das Interesse der Stadtwerke wächst aber auch deshalb, weil seit gut einem Jahr erste Solaranlagen in bestehende deutsche Fernwärmenetze einspeisen, die auf Wirtschaft lich - keit getrimmt sind. Allen voran die vor Jahresfrist eingeweihte deutschlandweit größte Solarthermieanlage der Stadtwerke Senftenberg. Das 8300 Quadratmeter große Kollektorfeld mit einer Leistung von bis zu 5 Megawatt hat im ersten Betriebsjahr mehr als 4 Gigawattstunden an das Fernwär - menetz abgegeben –mehr als vorausberechnet. Senftenbergs Stadtwerke-Geschäftsführer Detlef Mosch - ke freut dabei, dass die vom Hersteller Ritter XL gelie ferte Röhrenkollektoranlage zumeist auf einem Temperaturniveau von 90 Grad und mehr direkt in den Vorlauf einspeist. Die Wirtschaftlichkeit der ebenfalls seit einem Jahr betriebene Solaranlage am Chemnitzer Heizkraftwerk mit 2136 Quadratmetern Flachkollektoren profitiert hingegen von den relativ niedrigen Vorlauftemperaturen, mit denen ein Subnetz den Stadtteil Brühl versorgt. Bei 70 Grad können die Flachkollektoren – die hier vom österreichischen Hersteller Green - onetech stammen – wesentlich effizienter arbeiten als in üblichen Hochtemperaturnetzen. Obwohl auch die Flachkollektoren hier ohne Glycol als Frostschutzmittel betrieben werden, hat die Chemnitzer Anlage laut ihrem technischen Mentor, Thorsten Urbaneck von der TU Chemnitz, den ersten Winter problemlos überstanden. Jedoch wurden vorsichts - halber 6 Prozent ihres solaren Jahresertrages für ihre Behei - zung bei Minusgraden eingesetzt, während die Senften - berger Vakuumröhrenkollektoren nach Angaben des Her stel - lers lediglich 0,1 Prozent ihrer Jahres-Wärme erzeu gung für den Frostschutz aus dem Fernwärmenetz bezogen haben. Der nächste Quantensprung für die solare Fernwärmeversorgung in Deutschland kündigt sich in der Stadt Hennigsdorf an. Die dortigen Stadtwerke wollen die Fernwärme kurzfristig klimaneutral machen. Neben einem Biomasse-Heizwerk und bislang ungenutzter Abwärme aus dem örtlichen Elektrostahlwerk ist auch die Solarthermie ein Baustein. Eine zentrale Rolle soll ein Wärmespeicher mit 22.000 Kubikmeter Wasser spielen. Einerseits puffert er plötzliche Schwankungen von bis zu 50 MW aus der Abwärme des Stahlwerkes. Zugleich soll er aber auch Power-to-Heat-Windstrom aufnehmen und große Mengen Solarwärme. In Hennigsdorf sind 20000 Quadrat - meter Solarkollektoren geplant, die überwiegend auf einer ehemaligen Schlackehalde des Stahlwerkes stehen sollen. Beeindruckt von solchen Aussichten äußert sich Frank Heidrich vom Bundeswirtschaftsministerium: „Fernwärme und Solarthermie – hier kommt zusammen, was zusammen gehört.“ gb Solare Wärmenetze Foto: Guido Bröer Zahlreiche Solaranbieter aus der Initiative Solare Wärmenetze stellten beim 22. Dresdener Fernwärmesymposium aus. 5000 m2 Kollektoren für Mürzzuschlag in der Steiermark Eine der größten Solarthermieanlagen Österreichs wird jetzt in der Stadt Mürzzuschlag gebaut. Die Anlage wird im Contracting betrieben. Seit 35 Jahren werden große Teile der 8600-Einwohner- Stadt im Bundesland Steiermark mit Fernwärme versorgt. 50 Prozent der Energie kommen bislang aus Biomasse. Nun wird eine große Solarthermieanlage gebaut, um den erneuerbaren Anteil der Fernwärme weiter zu erhöhen und zugleich wertvollen Rohstoff Holz einzusparen. 10 Prozent des Jahreswärmebedarfs sollen künftig Flachkollektoren mit rund 5000 Quadratmetern Kollektorfläche beisteuern. Das Kollektorfeld entsteht auf einer Wiese am nördlichen Stadtrand. Dort baut aber nicht der örtliche Fernwärmeversorger, sondern das Unternehmen S.O.L.I.D. aus Graz, das seit 1992 auf große Solarthermieanlagen spezialisiert ist. Es wird die Anlage auf eigenes Risiko als Contractor betreiben. gb S.O.L.I.D. GmbH, Detlev Seidler, Vertriebsleiter Deutschland, Tel. 0174 9474292, d.seidler@solid.at, www.solid.at Projekt Solnet 4.0 ist gestartet Koordiniert vom Forschungsinstitut Solites und gefördert vom Bundeswirtschaftsministerium ist ein Projekt zur Marktbereitung für solare Wärmenetze gestartet. Bundesweit wollen die Projektpartner – neben Solites sind dies der Fernwärmeverband AGFW und das Hamburg-Institut sowie die Herausgeber der Energiekommune – über die Möglichkeiten solarthermisch unterstützter Fern- und Nahwärmenetze informieren und helfen, Markthemmnisse aus dem Weg zu räumen. Interessenten und mögliche Kooperationspartner sollten sich beim Projektleiter Thomas Pauschinger melden. gb Solites gGmbH, Thomas Pauschinger, Tel. 0211 6732000-40, www.solites.de WWW.SAVOSOLAR.DE SOLARTHERMIE FÜR BEWUSSTE UND NACHHALTIGE GEMEINDEN 11./12. April. 2017 in Graz/Österreich 5th International Solar District Heating Conference Die internationale Konferenz zur solaren Fernwärme nut - zung ist das Top-Event für alle Experten auf dem Gebiet der solaren Wärmenetze. In den vergangenen Jahren hat sich die Veranstaltung allerdings zunehmend für neue Zielgruppen geöffnet. Potenzielle Anwender aus Kommunen, Stadtwerken und Energiegenossenschaften sind hier willkommen und finden – bei moderaten Teilnahmegebühren – aktuellste Informationen zum Stand von Technik und Wirtschaftlichkeit. Wer Kontakte und Ansprechpartner sucht, ist hier richtig. Im April 2018 findet die Konferenz im österreichischen Graz statt. Konferenzssprache ist Englisch; ein Großteil der Teil - nehmer kommt allerdings erfahrungsgemäß aus den deutschsprachigen Ländern. http://solar-district-heating.eu Termin zum Thema solare Wärmenetze Solare Wärmenetze Auf der Mayerhoferwiese im Norden Mürzzuschlags entsteht eine Solarkollektoranlage (Computer-Visualisierung). Grafik: S.O.L.I.D. GmbH

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:52+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|

Solarwärme heizt Energiedörfer am Bodensee – Holz und Sonne als Energiequelle für Wärmenetz

Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 1 www.solare-waermenetze.de Solarwärme heizt Energiedörfer am Bodensee Holz und Sonne ergänzen sich als Energiequelle für Wärmenetze Als im Jahr 2012 in Büsingen die erste Solar- Bioenergie-Dorfwärmeversorgung Deutschlands an den Start ging, war das ein Sonderfall. Schon deshalb, weil das 1300-Einwohner-Dorf am Hochrhein eine deutsche Exklave in der Schweiz ist. Deshalb gilt hier nicht das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit seinen Einspeisevergütungen für Ökostrom. Zwar geht es beim Thema Energiedorf hauptsächlich um Wärme, nicht um Strom, doch war das EEG mit seiner Vergütung für den Strom aus Biogas entscheidend für die allermeisten von mehr als 100 Bioenergiedörfer in Deutschland, die – angefangen mit Jühnde bei Göttingen und Mauenheim nördlich des Bodensees – seit 2006 entstanden sind. Mauenheim war das Erstlingswerk der Solarcomplex AG aus Singen, einer Bürgerenergiegesellschaft, die sich bis dato auf den Betrieb von Photovoltaik- Gemeinschaftsanlagen und einer Wasserkraftanlage beschränkt hatte. Inzwischen betreibt das Unternehmen in der Region 16 Wärmenetze. In den meisten dieser Bioenergiedörfer fließt durch die neu verlegten Fernwärmerohre Abwärme aus einer Biogasanlage zu den Häusern. Die Wärme kostet in diesem Modell fast nichts, denn nach den Regeln des EEG finanziert schon allein der Stromverkauf die Biogasanlage. BÜSINGEN IST ANDERS In Büsingen schied hingegen Biogas als Option für Strom und Wärme aus, weil nach Schweizer Recht dafür kein Business Case in Sicht war. Der Solarcomplex-Vorstand setzte deshalb auf Holzhackschnitzel aus der Region. Das allein wäre nichts besonderes gewesen. Doch die Verbindung mit einer großen Solarthermie-Anlage, die war noch in keinem deutschen Bioenergiedorf ausprobiert worden. „Wir haben damals spitz gerechnet und die Kosten der Solarwärme für wettbewerbsfähig befunden“, berichtet Solarcomplex-Vorstand Bene Müller. Denn schon im Jahr 2012 habe sich angedeutet, dass der Preis für Holzschnitzel aufgrund der wachsenden Nachfrage weiter steigen würde. Jede Kilowattstunde, die übers Jahr aus Sonne statt Holz erzeugt werden kann, stabilisiert deshalb den Wärmepreis. „Den letzten Ausschlag für die Entscheidung gab dann für mich eine Exkursion nach Dänemark“, erinnert sich Müller. Denn dort boomten damals schon solare Wärmenetze für Städte und Dörfer. In Büsingen wurde direkt neben der damals neuen Heizzentrale ein Solarfeld mit etwas über 1000 Quadratmetern Kollektorfläche errichtet. Zum Einsatz kommen dort Vakuumröhrenkollektoren eines deutschen Herstellers, deren Parabol-Spiegel dafür sorgen, dass das Sonnenlicht auf der gesamten Kollektorfläche genutzt wird und dass in den Räumen zwischen den Röhren die Energie nicht verloren geht. In der Region westlich des Bodensees sind seit 2012 Bioenergiedörfer mit großen solarthermischen Anlagen entstanden; weitere sind in Bau oder Planung. Diese Projekte finden über die Region hinaus Nachahmung. Hier zeigt sich, dass solare Wärmenetze auch in ländlichen Regionen erfolgreich realisierbar sind. SOLARENERGIEDORF BÜSINGEN Büsingen war deutschlandweit das erste Solar-Energiedorf seiner Art. Inbetriebnahme: 2012 Hausanschlüsse: 105 Netzlänge: 5,8 km Inbetriebnahme Solarthermie: 2013 Kollektorfläche: 1090 m2 Kollektortyp: CPC-Vakuumröhrenkollektoren Jahresertrag: 565 MWh/a Solarer Deckungsanteil: 13,5 % Die Anlage in Büsingen wurde so kalkuliert, dass sie übers Jahr etwa 13 Prozent des Wärmebarfs deckt. Eine Simulationsrechnung im Vorfeld hatte dabei einen Kollektorertrag von 500 Kilowattstunden pro Jahr je Quadratmeter Kollektorfläche prognostiziert. In den ersten sechs Betriebsjahren wurde diese Ertragserwartung nach Angaben des Betreibers um drei Prozent übertroffen. „Wir werden damit für die deutsche Solarkollektorszene als Referenz interessant“, ist sich Müller bewusst. Und in der Tat lässt sich belegen, dass später errichtete solarunterstützte Dorf-Wärmenetze in bayerischen, rheinlandpfälzischen und schleswig-holsteinischen Kommunen, während Informationsfahrten der dortigen Verantwortlichen nach Büsingen den entscheidenden Impuls bekamen. SOLAR-NACHRÜSTUNG RANDEGG In der Bodensee-Region ging die Entwicklung weiter. So hat die Solarcomplex AG im August 2018 wenige Kilometer von der Exklave Büsingen entfernt, in der Kommune Randegg ein nächstes großes Solarkollektorfeld in Betrieb genommen. Hier sind es 2400 Quadratmeter Kollektorfläche, die rund 20 Prozent des jährlichen Wärmebedarfs im Netz decken sollen. Den Rest liefern ein 2 MW starker Holzhackschnitzelkessel, der bereits im Jahr 2009 zusammen mit dem Wärmenetz errichtet wurde sowie ein 700-kW-Pelletskessel, der bereits seit dem Jahr 2006 arbeitet. Im Randegger Wärmenetz gibt es eine Besonderheit auf der Nachfrageseite. Neben den rund 150 an das Wärmenetz angeschlossenen kommunalen und privaten Gebäuden, gilt es hier einen Großverbraucher zu versorgen: die Randegger Ottilien-Quelle GmbH. Der Getränkeabfüllbetrieb verbraucht große Wärmemengen für seine Flaschenwaschanlage. Und dies besonders im Sommer, weil der Verkauf von Mineralwasser und Limonade ein Saisongeschäft ist. Für die Wirtschaftlichkeit der neuen Solarthermieanlage, die jetzt neun Jahre nach dem Start der Wärmeversorgung im Dorf nachgerüstet wurde, ist das ein Glücksfall. Denn die Solarerträge liegen in den Sommermonaten um ein Vielfaches über denen des Winterhalbjahres. Die Anlage ist so ausgelegt worden, dass sie den Sommerbedarf von Abfüllbetrieb und kommunalem Netz in der Regel vollständig abdeckt. Dazu müssen die Kollektoren in der Lage sein, auch das relativ hohe Temperaturniveau von 95 Grad Celsius zu liefern, das in der Flaschenwaschanlage benötigt wird und das deutlich höher liegt als jene rund 70 Grad, die ansonsten im Wärmenetz im Sommer als Vorlauftemperatur benötigt werden. Aus diesem Grund entschieden sich die Verantwortlichen bei Solarcomplex auch in Randegg für Röhrenkollektoren, die aufgrund ihrer Vakuumisolierung bei hohen Temperaturen gegenüber typischen Flachkollektoren im Vorteil sind. In Randegg sorgen zwei Pufferspeicher mit einem Fassungsvermögen von je 100 Kubikmeter dafür, dass im Sommer eine Schlechtwetterperiode überbrückt werden kann, ohne dass die Holzkessel anspringen müssen. Dies verschafft der Betreiberfirma Solarcomplex auch einen Vorteil bei der Wartung. „Die Solaranlage gibt uns mehr Flexibilität bei der Jahresrevision der Kesselanlagen“, erklärt Eberhard Banholzer, Technik-Vorstand der Solarcomplex AG. Jährliche Wartungsarbeiten am Kessel könnten nun ganz entspannt in den Sommermonaten stattfinden, in denen die Solaranlage die Wärmeversorgung allein übernimmt. GERINGERE WARTUNGSKOSTEN Auch monetär ergebe sich daraus ein Vorteil, erläutert Banholzer: „Die Betriebskosten reduzieren sich durch die Solarthermie, weil der Kessel weniger gewartet werden muss. Hier machen sich die durch die Solarthermie vermiedenen Betriebsstunden bemerkbar. Während die von Singen aus fernüberwachte Anlage in der Heizperiode ein- bis zweimal pro Woche ein Kontrollbesuch abgestattet werde, reduziere sich die Frequenz im Sommer auf einmal pro Monat. Denn die Solarthermie habe kaum Betreuungsbedarf. Solche Argumente überzeugen auch kommunale Energieversorger in der Region. So werden die Stadtwerke Radolfzell im Ortsteil Liggeringen, sechs Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, voraussichtlich im Herbst 2018 eine autarke Dorfwärmeversorgung in Betrieb nehmen, die SOLARENERGIEDORF LIGGERINGEN Liggeringen wird eines der ersten Solarenergiedörfer sein, dessen Wärmenetz von einem kommunalen Energieversorger – den Stadtwerken Radolfzell – betrieben wird. Inbetriebnahme: 2018 Hausanschlüsse: 90 (erster Bauabschnitt) Netzlänge: 5 km Kollektorfläche: 1100 m² (erster Bauabschnitt) Kollektortyp: Hochtemperatur-Flachkollektoren Erwarteter Jahresertrag: 470 MWh/a Solarer Deckungsnteil: 20 % Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 1 Je höher der Solaranteil, desto größer müssen die Speicher sein. In Randegg wurden zwei Tanks mit je 100 m3 Volumen errichtet. Sonne und Holz als Energiequellen kombiniert. 90 von 260 Gebäuden in Liggeringen sollen noch 2018 an das Netz angeschlossen werden. Am Ortsrand entsteht die Heizzentrale, und unweit des Gebäudes werden Solarkollektoren mit einer Bruttokollektorfläche von 1100 Quadratmetern aufgestellt. In dieser Anlage kommen Flachkollektoren zum Einsatz. Das österreichische Unternehmen, dass die Solaranlage in Liggeringen schlüsselfertig errichtet, setzte sich in einem Ausschreibungsverfahren gegen vier Konkurrenten durch. Das zeigt, welch eine rege Konkurrenz inzwischen innerhalb des überschaubaren Kreises von spezialisierten Anbietern großer solarthermischer Anlagen herrscht. FLÄCHE FÜR KOLLEKTOREN Ein Knackpunkt im Laufe der vierjährigen Planungsphase war in Liggeringen die Frage des Standortes für Heizzentrale und Kollektorfeld. Liggeringen liegt inmitten eines Landschaftsschutzgebietes. Erforderlich für das Kollektorfeld im Endausbau sind 3600 Quadratmeter Landfläche. Die Fläche am Ortsrand, auf der die Anlagen jetzt errichtet werden, konnte erst nach langen Verhandlungen mit übergeordneten Planungsbehörden aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen werden. Insgesamt wurden 20 potenzielle Standorte geprüft. Technische und wirtschaftliche Eignung widersprachen sich dabei teils mit raumplanerischen Vorgaben aufgrund der umwelt- und landschaftsfachlichen Standortbedingungen. Der nun ausgewählte Standort hat als FFH-Gebiet und Vogelschutzgebiet eine mittlere bis hohe naturschutzfachliche Bedeutung. Die Rechtsgrundlage für den Bau der Solarthermieanlage schuf ein Bebauungsplanverfahren mit umfassenden Umweltberichten. Darüber hinaus wurde ein LandschaftsschutzgebietÄnderungsverfahren angestrengt, in dem die verwendete Fläche durch neue Landschaftsschutzgebiet- Flächen kompensiert wurde. Auch die Anwohner waren nicht sämtlich begeistert von den Solarthermie-Plänen. Viele sorgten sich wegen der Aussicht auf das Solarthermie-Feld. Und schließlich entstanden bei einigen Besitzern der Flächen, die für das Kollektorfeld in Frage kamen, auch überzogene Preisvorstellungen. All dies erlebte Hermann Leiz, der ehrenamtliche Ortsvorsteher von Liggeringen, als eine der schwierigsten Aufgaben in seiner Funktion. AUSGLEICHSMAßNAHMEN Auch in Randegg musste um die Fläche für das Kollektorfeld mit staatlichen Stellen intensiv diskutiert werden. Wenn sich die Beteiligten einig sind, geht es zum Schluss meist noch um so genannte Ausgleichsmaßnahmen. Das geringste Problem dürfte für die Stadtwerke Radolfzell die Auflage sein, den Pufferspeicher von Liggeringen mit Rankpflanzen zu begrünen und ein Gründach für die Heizzentrale zu planen. Demgegenüber ärgert sich Bene Müller über die behördliche Auflage, dass er das Kollektorfeld von Randegg aus Landschaftsschutzgründen hinter einer Hecke verstecken muss: „Die Argumentation, dass Solarkollektoren des Landschaftsbild verschandeln, kann ich nicht nachvollziehen. Wir sollten diese Anlage eigentlich stolz vorzeigen, eine große Schautafel davorstellen und damit werben. Ökologisch ist das Kollektorfeld eine Aufwertung der Fläche, die vorher als Maisacker genutzt wurde.“ Inzwischen scheinen sich am Bodensee einige Standards für ländliche Solar-Wärmenetze herauszukristalisieren: Rund 15 bis 20 Prozent solarer Deckungsgrad über das Jahr entspricht einer Vollversorgung durch Solarthermie im Sommer. Nach diesem Rezept werden die Anlagen nun langsam größer. In Schluchsee, ein Stück westlich im Schwarzwald gelegen, wo die Solarcomplex AG ihr nächste Solarwärmenetz plant, soll das Solarfeld bereits über 3000 Quadratmeter Kollektorfläche haben. Mittlerweile gibt es im Unternehmen einen klaren Vorstandsbeschluss, den Bene Müller so zusammenfasst: „In allen Wärmenetzprojekten, wo wir keine Abwärme – etwa aus einer Biogasanlage oder aus einem Industriebetrieb – einsetzen können, werden wir künftig Solarthermie einbinden.“ www.solare-waermenetze.de SOLARENERGIEDORF RANDEGG Das Randegger Wärmenetz wurde erst neun Jahre nach Inbetriebnahme solar nachgerüstet. Prägend ist ein gewerblicher Wärmeabnehmer mit hohem Sommerverbrauch. Inbetriebnahme: 2009 Hausanschlüsse:150 Netzlänge: 6,6 km Inbetriebnahme Solarthermie: 2018 Kollektorfläche: 2400 m² Kollektortyp: CPC-Vakuumröhrenkollektoren Erwarteter Jahresertrag: 1100 MWh/a Solarer Deckungsanteil: 20 % INFOBOX Vorteile für den Betreiber: • Zuverlässige und erprobte Technologie • Langfristig stabile Wärmegestehungskosten • Investitionssicherheit auch bei Verschärfung des Rechtsrahmens • Konkurrenzfähige Wärme in Bezug auf Primärenergiefaktor, CO2-Emissionen und erneuerbaren Anteil • Betriebliche Vorteile, insbesondere bei der Kombination mit Biomassekesseln (Reduzierung des Teillastbetriebs, flexible Kesselwartung) • Höchste Flächeneffizienz unter den Erneuerbaren • Hohe Akzeptanz in der Bevölkerung • Finanzielle Förderung durch Bundes- und Landesprogramme Gefördert durch: Infoblatt Solare Wärmenetze | Nr. 1 JEDES ENERGIEDORF BRAUCHT SEINE ENERGIETRÄGER www.solare-waermenetze.de IMPRESSUM Das Infoblatt Solare Wärmenetze ist eine Initiative im Rahmen von Solnet 4.0, einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Vorhaben zur Marktbereitung für solare Wärmenetze. Die Projektpartner sind das Steinbeis Forschungsinstitut Solites, der Fernwärmeverband AGFW, das Hamburg Institut sowie die Herausgeber der Zeitschrift Energiekommune. Herausgeber: Steinbeis Innovation gGmbH vertreten durch Steinbeis Forschungsinstitut Solites (www.solites.de) Redaktion: Carlo Winterscheid, Guido Bröer Text und Fotos: Guido Bröer Grafik (Seite 2): Stadtwerke Radolfzell Haftungsausschluss: Das dieser Publikation zugrundeliegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unter dem Förderkennzeichen 03EGB0002A gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieses Dokuments liegt bei den AutorInnen. Weder der Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. Energiekommune Im Energiedorf Randegg haben sich zwei Energieträger gefunden. Die Rede ist nicht von Sonne und Holz, sondern von den Menschen Clemens Fleischmann und Bene Müller. „Ohne Clemens hätten wir hier kein Wärmenetz“, sagt der Eine über den Anderen. „Ohne Bene hätten wir erst gar nicht die Ideen dazu entwickelt“, sagt der Andere über den Einen. Und ja, da sei im Laufe der Jahre zwischen ihnen nicht nur eine fruchtbare Zusammenarbeit entstanden, sondern auch eine Freundschaft. Beide sind erfolgreiche Unternehmer und beide sind Überzeugungstäter mit regionalem Fokus. Der eine führt mit seinem Bruder die Sprudelund Limonadenfabrik Randegger Ottilien-Quelle GmbH – seit 126 Jahren im Besitz der Familie Fleischmann. Der andere ist Vorstandsmitglied der Solarcomplex AG im 15 Kilometer entfernten Singen, die seit Beginn des Jahrtausends Erneuerbare-Energie-Anlagen plant, baut und betreibt. Den ersten gemeinsamen Schritt machten die beiden im Jahr 2005. Damals überzeugte Müller die Fleischmann-Brüder den gesamten Strombedarf des kurz zuvor grundlegend modernisierten Abfüllbetriebes aus einem Wasserkraftwerk zu beziehen, das die Solarcomplex AG soeben in Singen reaktiviert hatte. Für Clemens Fleischmann war das ein Wendepunkt: „Wir verfüllen ein Naturprodukt als Familienbetrieb, und das seit 126 Jahren. Aber mit der Entscheidung, erneuerbaren Strom aus der Region zu beziehen, fing bei uns das Nachdenken über ökologische Fragen als Grundlage unserer Zukunftsfähigkeit und Glaubwürdigkeit erst richtig an.“ Danach ging es Schritt auf Schritt. 2006 nahm das Unternehmen dann für den Warmwasserbedarf der Flaschenwaschanlage eine 700 kW starke Holzpelletsanlage in Betrieb. Gebaut und betrieben wurde sie von der Solarcomplex AG als Contractor. „Ironie des Konzepts war, dass wir hier einen Heizkessel hatten, der hauptsächlich im Sommer lief; das kommt sonst eher selten vor“, sagt Müller. Um den Kessel auch im Winter besser auslasten zu können, initiierten Müller und Fleischmann Bürgerversammlungen, und warben für ihre Idee eines Dorfwärmenetzes. „Überrascht hat uns der Zulauf in der Gemeinde“, erzählt Fleischmann. Als fast 150 Gebäudebesitzer angeschlossen werden wollten, ging es nicht mehr nur um die Auslastung des vorhandenen Kessels, sondern um den Bau einer neuen Heizzentrale mit 2 Megawatt Leistung. 2009 ging die Wärmeversorgung an den Start. „So ist bei uns immer eine Idee aus der anderen entstanden“, sagt der Unternehmer. „Es war eine organische Entwicklung.“ Der nächste große Schritt dieser Entwicklung ist die Solarisierung von Randegg.

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:52+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|

Solarenergiedorf Mengsberg

7 April 2018 Donnerstagmorgen acht Uhr, Baubesprechung im Feuerwehrhaus von Mengsberg, wie jeden Donnerstag. Heute sind sie zu fünft. Ortsvorsteher Karlheinz Kurz, zugleich Vor stands sprecher der Bioenergiegenossenschaft Mengsberg eG, hat schon den Kaffee gekocht. Zusammen mit seinem Vorstandskollegen Thomas Theis diskutiert er mit den Projektleitern von drei Baufirmen. Seit Monaten wühlen sich die Bagger durch das 20 Kilometer nord östlich von Marburg gelegene 900-Einwohner-Dorf. „Durch das schlechte Wetter sind wir ziemlich in Verzug“, berichtet Kurz. 2300 Meter des rund 9 Kilometer langen Rohleitungsnetzes seien bereits verlegt worden. „Wir arbeiten in Bauabschnitten und jetzt haben wir angefangen, auch rückwärts zu bauen, von mehreren Enden her, um Zeit aufzuholen.“ Schon nach Ostern will die Bürgerenergiegenossenschaft die Wärmversorgung aufnehmen. Dann sollen die ersten Haushalte auf Fernwärme umgeschaltet werden. Das Schmuckstück Auf dem Hügel am Ortsrand steht bereits die neue Heizzentrale. „Unser Schmuckstück“ nennt sie Kurz. Und wer den architektonisch gefällig gestalteten Zweckbau betrachtet, ahnt nicht das große Kino, dass hier Anfang März zu besichtigen war. Mit Sondertransporten wurden nachts die beiden riesigen Pufferspeicher herangekarrt, die jetzt 17 Meter hoch hinter dem Gebäude aufragen. „Rückwärts mussten die Tieflader durchs Dorf und den Berg rauf, weil sie sonst nicht um die Kurven gekommen wären“, erzählt Kurz. An der Heiz zen trale angekommen verdienten sich dann die Kranfüh rer der beiden Mobilkräne Respekt. Ihr Job war es, die beiden jeweils 160 Kubik meter Wasser fassenden Stahlbehälter zu - nächst in die Senkrechte zu kippen und dann über das Dach der Heizzentrale hinweg zentimetergenau an den Aufstellort zu bugsieren. Das riskante Manöver bewältigten die Profis ohne Sichtkontakt und bei stür mi schem Seitenwind. Der ließ die tonnenschwe ren Stahltanks bedenklich pen deln, wie auf einem YouTube-Video des Hessi schen Rundfunks zu besich - tigen ist. Eine Kollision der Ungetüme mit dem Schornstein der Heizzentrale hätte fatale Folgen gehabt – auch weil die Außenhaut der bereits vor dem Transport im Werk dick mit Steinwolle gedämm ten Behälter empfindlich ist. Die Pufferspeicher zeigen dem kundigen Beobachter schon jetzt, dass in Mengsberg auch rein technisch etwas Besonderes entsteht. Die Gefäße werden gebraucht, damit der Haupt- Wärmeerzeuger, ein 1,1 Megawatt starker Holzhackschnitzelkessel im Sommer möglichst gar nicht anspringen muss – so wird ein uneffizienter Teillastbetrieb Sechs Jahre nach den ersten Überlegungen, drei Jahre nach Gründung der Energie- Genossenschaft und ein Jahr nach den Unterschrift unter den Bauvertrag läuft jetzt der Umbau Mengsbergs zum Solar-Bioenergiedorf auf Hochtouren. Erneuerbare Wärme für Mengsberg Foto: Guido Bröer Solare Wärmenetze D 8 Solare Wärmenetze vermieden. Mindestens vier Monate lang soll stattdessen eine Solarther mie - anlage allein das Dorf mit Wärme versorgen. Die Kollektorreihen sollen auf der frisch planierten Fläche neben dem Heizhaus errichtet werden, wo der Matsch bislang noch knöcheltief steht. Sobald das Wetter es zulässt, werde die Montage der Kollektoren beginnen, hofft Kurz. Wärmeüberschüsse, die die Sonne tagsüber liefert, werden dann in den Puffertanks gespeichert, um für die Abendstunden zur Verfügung zu ste - hen. Die Speicher sind groß genug dimensioniert, um im Sommer auch längere Schlechtwetterperioden überbrücken zu können. Im Gesamtjahr soll die Solaranlage 17 Prozent des Wärmebedarfs von Mengsberg liefern. Der Ortsteil von Neustadt wird auf diese Weise das erste Solarenergiedorf in Hessen werden. Und mit knapp 3000 Quadrat metern Kollektorfläche wird seine Anlage bis auf weiteres die größte in einem ländlichen Wärmenetz in Deutschland sein. Leistungsstärker sind nur die urbanen Anlagen in den Städten Senftenberg, Crailsheim, Friedrichsha - fen und Neckarsulm. Unser Dorf hat Zukunft Kein Wunder, dass die Mengsberger mächtig stolz auf ihr Werk sind. Begonnen hatte hier alles mit dem Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, an dem sich die Dorfgemeinschaft seit 2011 über die Regional- und Hessenmeisterschaft bis zum Bundessieger 2013 und zum Vize-Europameister 2014 hocharbeitete. Damals haben die Mengs berger erkannt, dass die Energiefrage neben vielen anderen Themen eine Schlüsselfrage für die ökologische und wirtschaftliche Zukunft ihres Dorfes ist. Als Dreh- und Angelpunkt der Dorferneuerung gilt dabei das Wärmenetz. Was in den Arbeitskreisen zur Vorbereitung der Wettbewerbe noch Theorie war, ist mittlerweile Praxis geworden. Und die macht viel Arbeit – ehrenamtliche Arbeit. Volker Helfenbein, Projektleiter des Heizungsbauunternehmens Viessmann, das viele Ideen für das Solar-Bioenergiedorf beisteuerte und jetzt als Generalunternehmer den Um - bau organisiert, zollt den Energiegenossen dafür Respekt: „Hochachtung von meiner Seite! Die Genossenschaft be - steht ja nicht nur aus dem Vorstand. Die Vorstandsmitglieder müssen immer wieder Entscheidungen treffen. Und diese Entscheidungen müssen sie auch immer wieder im Dorf rückkop peln und dabei alle Genossen einbin den. Das hat sehr viel mit Vertrau en zu tun.“ Nicht ohne Kümmerer Und so wird es auch an diesem Donnerstag sein. Nach der Baubesprechung am Morgen tagt abends in größerer Runde der Aufsichtsrat der Genossenschaft, durch den wiederum mit den Genossenschaftmitgliedern kommuniziert wird. „Seit einem Jahr geht das so“, sagt Kurz: „Morgens Baubespre chung, abends Aufsichtsrat – jede Woche.“ „Zum Glück haben wir hier Karlheinz Kurz, und zum Glück ist der schon Rentner“, betont sein Vorstandskollege Thomas Theis. Will heißen: Der Ortsvorsteher und Vorsitzende der Genossenschaft hält als primus inter pares die Truppe zusam men – nicht nur indem er morgens bei der Baubesprechung den Kaffee serviert. Auch Georg Stegemann, Leiter des Geschäftsbereiches Bioenergiedörfer und -systeme bei Viessmann, der die Mengsberger schon seit 2012 bei ihren Planungen begleitet, weiß genau, was er an Kurz hat: „Ohne einen solchen Kümmerer vor Ort, der über Jahre die Fäden zusammenhält, kann ich mir ein Energiedorfprojekt fast nicht vorstellen.“ Guido Bröer Zwei 17 Meter hohe Puffertanks sorgen dafür, dass Solarenergie auch in Schlechtwet - ter perioden zur Verfügung steht und im Sommer der Heizkessel nicht gebraucht wird. Nicht nur Wärme ist ein Thema in Mengsberg. Viele Dächer sind blau von Photovoltaik und auf dem Berg hinterm Dorf drehen sich Windräder. Die Inititial zün dung für die Mengsberger Energiewende kam mit dem Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Foto: Guido Bröer Foto: Guido Bröer April 2018 Solare Wärmenetze Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Stadtwerke Radolfzell geben Solarkollektorfeld in Auftrag Das Solarenergiedorf Liggeringen, Ortsteil von Radolfzell am Bodensee, macht Fortschritte. Noch in diesem Sommer sollen dort 1100 Quadratmeter Solarkollektoren installiert werden. Bereits seit Herbst 2017 lassen die Stadtwerke Radolfzell, die die Wärmeversorgung in Liggeringen künftig überneh - men wollen, unter dem Asphalt der Dorf straßen Fernwärmerohre verlegen. Jetzt hat der kommunale Energieversorger auch den Auftrag zum Bau des Kollektorfeldes erteilt. Nach einer Ausschreibung, an der sich fünf interessierte Solarthermieunternehmen beteiligt hatten, ging der Zuschlag nun an den österreichischen Projektierer SOLID, der bereits seit 1992 solarthermische Großanlagen plant, finanziert, installiert und betreibt. Das Konzept des Unternehmens, das selbst keine Kollektoren herstellt, fußt auf großflächigen Hochleistungsflachkollektoren mit zusammen 1100 Quadratmetern Brut - tokol lektor fläche. Angesichts der moderaten Tempera turen im dörflichen Wärmenetz von Liggeringen hätten sich die Flachkollektoren in diesem Fall als wirtschaftlichste Lösung erwiesen, heißt es von Seiten der Stadtwerke. Die Kollektoren sollen pro Jahr etwa 470000 Kilowattstunden Wärme liefern, was rund 20 Prozent des jährlichen Bedarfs entspricht. Während der Sommermonate sollen die neuen Holzkessel ganz abgeschaltet und der Wärmebedarf des Dorfes allein mit Solarthermie gedeckt werden. 90 von 260 Gebäuden in Liggeringen sollen bereits in diesem Jahr an das Netz angeschlossen und mit erneuerbarer Wärme versorgt werden. Das Solarkollektorfeld sei so ausgelegt, dass es erweitert werden könne, wenn weitere Nutzer hinzukommen und die Wärmenachfrage steige, betont Detlev Seidler, Deutschlandvertreter von SOLID. Er ist guter Dinge, die Solaranlage bereits in den kommenden Sommermonaten fertigstellen zu können. gb Stadtwerke Radolfzell, www.stadtwerke-radolfzell.de, SOLID GmbH, Detlev Seidler, Tel. 0174 9474292, www.solid.at Fünf neue Solarenergiedörfer 2018 Nach Informationen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Marktbereitungsprojektes „Solnet 4.0“ werden 2018 in Deutschland mindestens fünf solarunterstützte Wärmenetze mit jeweils 1000 bis 3000 Quadratmetern Kollektorfläche neu an den Start gehen. Aktuell sei vor allem im Marktsegment der Energiedörfer eine wachsende Dynamik zu erkennen, konsta tiert Projektkoordinator Thomas Pauschinger vom Steinbeis-Forschungsins - titut Solites. Um so mehr will das von Solarunternehmen kofinanzierte Pro jekt künftig auch städtische Fern wärme - betreiber und die Wohnungswirtschaft adressieren. Solites gGmbH, Thomas Pauschinger, info@solites.de In landschaftlich reizvoller Umgebung am Ortsrand des Dorfes Liggeringen sollen in den kommenden Monaten die Holzheizzentrale und das Solarkollektorfeld entstehen. Grafik: Stadtwerke Radolfzell 10 Solare Wärmenetze Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | ✆ +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH Solare Kraft-Wärme-Kopplung In der dänischen Stadt Brønderslev ist am 19. März ein neuartiges Heizkraftwerk eingeweiht worden, bei dem ein konzentrierendes Solarsystem sowohl Strom als auch Wärme erzeugt. Als Sonnenfänger kommen in dieser Anlage nicht typische Flach- oder Vakuumröhrenkollektoren zum Einsatz, wie sie in anderen solaren Wärmenetzen genutzt werden. Vielmehr handelt es sich um Parabolrinnenkollektoren des dänischen Herstellers Aalborg CSP, die nach dem gleichen Prinzip arbeiten wie große thermische Solarkraftwerke in Wüstengebieten. Die Sonnenstrahlen werden auf eine Glasröhre im Fokus des Parabolspiegels konzentriert, in der ein Thermo-Öl auf bis zu 330 Grad Celsius erhitzt wird. Anders als in den Wüstenkraftwerken liefern die in 40 Reihen á 125 Meter Länge arrangierten Kollektoren von Brønderslev allerdings nicht nur Strom, sondern Strom und Wärme oder wahlweise auch nur Wärme. Denn das Thermo-Öl gibt seine Energie über Wärmetauscher entweder direkt an das Wärmenetz ab oder zunächst an eine ORC-Turbine (Organic Ranckine Cycle), in der Strom erzeugt wird. Die ORC-Turbine soll immer dann zum Einsatz kommen, wenn ausreichend Sonne scheint und die Börsenstrompreise zugleich hoch sind. Ansonsten heizen die Kollektoren das Wärmenetz von Brønderslev mit einer Leistung von bis zu 16,6 Megawatt thermisch. Das tun sie im übrigen schon seit Ende 2016. Allerdings hat das Versorgungsunternehmen Brønderslev Forsyning A/S erst kürzlich den Biomassekessel und die ORC-Turbine fertiggestellt, so dass die Solarkollek - toren erst jetzt auch zur Stromerzeugung genutzt werden können. Die ORC-Turbine kann auch vom Biomasse-Kessel mit Wärme be schickt werden. Innovativ ist auch der Einsatz einer Wärmepumpe im Abgasstrang. Sie nutzt wie bei einer Brennwertheizung die Kondensation des im Rauchgas enthaltenen Wassers und führt sie dem Wärmenetz zu. Die Anlage in Brønderslev ist nach Angaben der Betreibergesellschaft die erste ihrer Art welt - weit. Sie löst ein Gaskraftwerk ab. gb Parabolrinnenkollektoren können in Brønderslev künftig wahlweise Strom oder Fernwärme erzeugen. 10. April 2018 in Wolpertshausen: 2. Fachkongress Nahwärme, WFG Schwäbisch Hall mbH, event.wfgsha.de 11. und 12. April 2018 in Graz/Österreich: 5th International Solar District Heating Conference. www.solar-district-heating.eu 9. Mai 2018 in Berlin: Ohne Solarthermie keine Energiewende. Lösungen für Gebäude und Quartiere. Im Rahmen der Berliner Energietage, www.energietage.de 15. und 16. Mai 2018 in Nürnberg: 12. Eurosolar-Konferenz „Stadtwerke mit erneuerbaren Energien”, Eurosolar e.V., stadtwerke-konferenz.eurosolar.de 17. bis 19. April 2018 in Frankfurt: 23. Int. Fachmesse und Kongress für Wärme, Kälte und KWK, AGFW, www.eneff-messe.de 23. Mai 2018 in Senftenberg: Infotag: Vorstellung der größten solarthermischen Anlage Deutschlands, AGFW, www.energieeffizienzverband.de TERMINE ZU SOLAREN WÄRMENETZEN Foto: Aalborg CSP April 2018

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|

Wärmedrehscheibe Hennigsdorf

7 Januar 2018 Solare Wärmenetze Wer wissen will, was es mit der Energiewende in Hennigsdorf auf sich hat und wie hier die Fernwärme solarisiert wird, der besucht am besten Thomas Bethke, den Chef der Hennigs dorfer Stadt - werke. Bethke arbeitet in einem lichten Büro im Technologiezentrum, einem schicken Glaskasten, „Blaues Wunder” genannt. Ab und zu rappelt vor dem Fenster die S-Bahn vorbei. Sonst ist es ruhig an diesem trüben Dezembernachmittag. Manche Mitarbeiter sind schon gegan gen, um sich auf die abend liche Weihnachtsfeier vorzubereiten. Der Chef nimmt sich vorher noch Zeit für das Gespräch mit der Energiekommune. Mit Presseleuten geht der hemdsär - me lige Mittfünfziger locker um, ist er doch mit einer Journa listin verheiratet. Er kennt das Spiel – und bestimmt es gern selbst. Schlich te Frage, simple Antwort – so läuft das nicht bei Bethke. Wer von ihm was wissen will, der muss ein bisschen Zeit mitbringen. Schließlich ist der Plan, wie das Hennigsdorfer Wärmenetz zur „Wärmedrehscheibe“ und damit zum ökologischen Vorreiter unter Deutschlands Fernwärmenetzen werden soll, nicht vom Himmel gefallen. Ebensowenig, wie der Be schluss der Stadtverordnetenversammlung, die vor Monaten grünes Licht für das Großvorhaben gegeben hat. „Ja, der Beschluss ist gefasst – wir müssen es nur noch machen“, sagt Bethke und be ginnt erstmal einen Exkurs zur Geschichte Hennigsdorfs. Keine gewöhnliche Kleinstadt Zu Kaisers Zeiten wurde in dem beschaulichen Dorf nordwestlich von Berlin innerhalb weniger Jahre ein Zentrum der deutschen Schwer- und Rüstungsindustrie aus dem märkischen Sand gestampft. Bis zum zweiten Weltkrieg wurden hier von AEG Lokomo - tiven gebaut und Stahl produziert. Nach verheerenden Bombardements kurz vor Kriegsende baute die DDR die nunmehr volks eige ne Schwerindustrie in Hennigsdorf wieder auf. Nur das Reservoir an Arbeitskräften, die zuvor täglich mit der S-Bahn aus der nahen Metropole herangerollt waren, das befand sich nun aus Perspektive der DDR-Kombinate auf der falschen Seite einer Mauer in Westberlin. In Hennigsdorf mussten also Wohnungen für Werktätige gebaut werden – schnell, preiswert, auf engem Raum. So entstanden hier seit den 1950er Jahren verdichtete, mehrgeschossige Wohnsiedlungen. Für die nach der Wende entwickelte Fernwärmestrategie der Stadt war diese Siedlungsstruktur eine günstige Voraussetzung. Die Stadtwärme Hennigsdorf GmbH übernahm als 100-prozentiger Eigenbetrieb der Kommune die Braunkohle- Heizwerke, die seit den 1960-er Jahren aufgebaut worden waren, und erweiterte Schritt für Schritt das Netz. „Durch Sanierung und Abbruch von Gebäuden haben wir seit der Wende 60 Prozent unserer Anschlussleistung verloren“, berichtet Bethke. „In Summe haben wir unsere Anschlussleistung allerdings verdreifacht.“ Heute sind in Hen- 100 Prozent erneuerbare Energie für das Fernwärmenetz einer Industriestadt. Geht das überhaupt? –Wenn, dann nur mit großem Gestaltungswillen und neuem Denken. Hennigsdorf will es vormachen. Wärmedrehscheibe Hennigsdorf Von den Dächern des Cohn’schen Viertels speisen schon seit 18 Jahren Solarkollektoren Energie ins Fernwärmenetz ein. Foto: Stadtwerke Hennigsdorf 8 Solare Wärmenetze nigsdorf 80 Prozent der Wohngebäude und 70 Prozent der Gewerbebetriebe ans Wärmenetz angeschlossen –Werte, die bundesweit ihresgleichen suchen. Dahinter steht eine konsequent umgesetzte städtebauliche Visi on. Auf der einen Seite sei es darum gegangen, die industriellen Kerne zu erhalten sowie neue Mittelständler anzuzie hen, auf der anderen Seite das Image der Industriestadt aufzupolieren und qualifizierten jungen Arbeitskräf ten eine gewisse Lebensqualität zu bieten, sagt Bethke: „Was anderswo unter dem ökologischen Aspekt diskutiert würde, ist für uns einfach Pragmatismus.“ Am Thema Energie kommt man dabei nicht vorbei, denn der Energieverbrauch ist in Hennigsdorf pro Kopf der 26000 Einwohner doppelt so hoch wie im Bundesdurch schnitt. Verantwortlich ist dafür der hohe Industrieanteil mit Großverbrauchern wie dem Elektrostahlwerk des Riva-Konzerns und dem Schienenfahrzeugbau von Bombardier. Im Wärmesektor wurde der CO2- Ausstoß bereits im Jahr 2009 schlag - artig halbiert: durch die Inbetrieb nah - me des Biomasse-Heizkraftwerks, das Hackschnitzel aus brandenburgischen Wäldern verwendet, und ein biomethan- betrie be nes Blockheizkraftwerk. Innerhalb der nächsten vier Jahre soll nun die Wärmeversorgung möglichst vollstän dig dekarbonisiert werden – Stichwort: „Wärmedrehscheibe“. „Ich muss den Kunden kennen” Wenn Thomas Bethke das Bild von der „Wärmedrehscheibe“ erklären soll, berichtet er aber nicht etwa von der künf - tigen Abwärmenutzung aus dem Stahlwerk, den geplanten großen Solaranlagen, den Power-to-Heat-Anlagen zur Nutzung überschüssigen Wind stroms und vom riesigen multifunktio na len Wärmespeicher, der all dies zu ei nem System verbinden soll. Statt des sen erzählt Bethke von dem Mehrfa milien - haus, in dem kürzlich der Trinkwasser- Wärmeverbrauch auf ein Vielfaches des Üblichen angestiegen sei. Da jeder Anschluss von den Stadtwerken fernüberwacht wird, habe man des Rätsels Lösung schnell gefunden: Ein frischgebackener Installateur-Meister habe sich in seiner Mietwohnung den Traum von einer privaten Badelandschaft erfüllt. Bethke will mit dem Beispiel sagen: „Ich muss meinen Kunden kennen und wie der sich entwickelt. Für jede einzelne Übergabestation muss ich das wissen, denn der Kontakt zum Kunden ist der Schlüs sel zur Wärmedrehscheibe.“ Und nochmal als Credo: „Wärmedreh schei - be heißt: messen, steuern, regeln.“ Denn wenn künftig insbesondere Solarwärme, womöglich Wind strom, aber auch die plötzlichen Abwärmeschübe des Stahlwerks als fluktuierende Energien ins Wärmenetz geholt werden sollten, dann komme es mehr denn je auf eine hohe Transparenz der Verbrauchsseite, Flexibilität der sonstigen Erzeugung und Speicher an, so Bethke: „Bei der Sonne kann ich keinen Knopf drücken wie bei meinen Heizwerken.“ Der Kontakt zu den einzelnen Kunden sei auch deshalb wichtig, um die Temperaturen im gesamten Netz zu drücken. Denn gerade die Solarkollektoren arbeiten dann effizienter: „Je mehr nichtfossile Energien im System sind, desto wichtiger ist es, die Vorlauf - tempe ratu ren zu senken.“ Womit wir zu guter Letzt doch noch beim Thema angekommen wä ren: Die Rolle der Sonne im künftigen Wärme - netz von Hennigsdorf. Geplant ist 2018 zunächst die Erneuerung der 18 Jahre alten Kollektorflächen (1000 m2) auf den Wohnhäusern des Cohn’schen Vier tels, deren Dachaufbau nicht mehr zeitgemäß ist. Danach kommt eine 3000-Quadratmeter-Kollektoranlage neben ei nem Biomasse-Heizwerk und schließ lich ist ab 2020 der Bau der 15000 Quadratmeter großen Solarthermieanlage am Stahlwerk geplant. „Die Flächen haben wir uns übrigens schon gesichert”, sagt Beth ke beiläufig. Für das obligatorische Pressefoto streift er schnell noch ein Jacket über’s karierte Hemd, und dann geht’s ab zur Weihnachtsfeier. Die Kolleginnen und Kollegen warten schon. Guido Bröer Thomas Bethke will die Fernwärme komplett auf Erneuerbare und Abwärme umstellen. Energiequellen der geplanten „Wärmedrehscheibe” sind u.a.: Abwärme Stahlwerk: Das Walz werk liefert schubweise bis zu 10 MW Abwärme, die in einem Multi funk - tionsspeicher gepuffert werden. Solarthermie: Eine Anlagen mit 15000 m2 Kollek tor fläche sowie weitere dezentrale Anlagen. Biomasseheizkraftwerk: Schon seit 2009 werden 50 % der Fernwärme aus Holzhack schnit zeln gewonnen. Biomethan-BHKW und -HKW: Kleine, flexible Einheiten decken den Spit - zenbedarf, dienen teils als Not - strom versorgung für Industriebe - triebe und sichern die Schwarzstart - fähigkeit des Stromnetzes. Regenerativstrom: Elektrokessel sollen überschüssigen Wind- oder Solarstrom bei geringem Börsen - preis als Wärme nutzbar machen. 100 % ERNEUERBAR Foto: Guido Bröer Solarthermie für Châteubriant In Châteubriant, einer 14000-Einwohner-Kommune im Bezirk Loire Atlantique im Westen Frankreichs, unterstützt jetzt eine Solaranlage das Fernwärmenetz. 200 Großflächenkollektoren des deutschen Herstellers KBB aus Berlin wurden noch im alten Jahr installiert und sollen mit steigendem Sonnenstand dafür sorgen, das der kommu - nale Betreiber möglichst viel Erdgas und Holz als Brennstoff einspart. Mindestens 900 Megawattstunden, so garantiert der Hersteller, sollen pro Jahr aus dem 2500 Quadratmeter großen Kollektorfeld gewonnen und genutzt werden. Eine Reihe von öffentlichen Gebäuden, wie das Kranken - haus, Schu len, das Rathaus, mehrere Sportstätten und das Schwimm bad, sind an das 9,5 Kilometer lange Wärmenetz angeschlossen. Die Investition von 1,5 Millionen Euro wird zu 30 Prozent von der Kommune selbst bezahlt. 70 Prozent För - derung kommt von der französischen Umwelt- und Energieagentur ADEME. Für die Fernwärmebezieher soll sich der Fernwärmepreis ab sofort um 5 Prozent verringern. gb KBB Kollektorbau GmbH, Anja Schmidt, a.schmidt@kbb-solar.com Solare Wärmenetze jetzt auf Twitter Nachrichten und Diskussionen zu solaren Wärmenetzen gibt es jetzt auch per Twitter unter @solnetz. Das Projekt Solnet 4.0, das mit Förderung des Bundeswirtschaftministeriums den Markt für solare Wärmenetze bereiten will, nutzt dafür seit Herbst 2017 auch einen Twitter-Kanal. Unter @solnetz be ziehungsweise „Solare Wärmenetze” zwit schert das Projektteam und freut sich über jeden neuen Follower und auf angeregte Debatten. gb 9 Solare Wärmenetze Januar 2018 200 Großflächenkollektoren auf einer Grünfläche in Châteubriant speisen jetzt Solarenergie ins Fernwärmenetz ein. 11./12. April 2018 in Graz/Österreich 5th International Solar District Heating Conference Die internationale Top-Veranstaltung zum Thema „solare Wärmenetze” findet in diesem Jahr in Graz statt. Für Forscher, Kollektorhersteller und Betreiber solarthermischer Großanlagen ist die Konferenz „Pflicht”. Aber auch Vertreter von Kommunen, Stadt wer - ken oder existierenden Bioenergie - dör fern, für die Solar ther mie eine mögliche Option zur Modernisierung ihrer Wärme ver sor gung ist, sind eingeladen, sich auf der Konferenz fundiertes Wissen zu verschaffen und Kontakt zu Experten und Anbieterun - ter nehmen aufzunehmen. Neben technischen Fragen der Auslegung und Netzeinbindung geht es zum Beispiel auch um Möglichkeiten der Flächen suche oder der Förderung. Exkursionen zu solaren Wärmenetzen verschaffen praktische Einblicke. Registrierung unter: www.solar-district-heating.eu. Bis 11. Februar 2018 gelten Early-Bird-Preise. TERMINE Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | 􀀉 +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH 15:29 Foto: ADEME Solare Wärmenetze Solares Nahwärmeprojekt in Attenkirchen wird stillgelegt Eine Pionieranlage der solaren Wärmeversorgung in der 2700-Einwohner-Gemeinde Attenkirchen soll nach 16 Betriebsjahren stillgelegt werden, weil die konventionellen Komponenten die Erwartungen nicht erfüllt haben. „Es gibt viele solche Anlagen, die gut funktionieren”, stellt Bürgermeister Martin Bormann am Telefon klar, „aber in unserer war von Anfang an der Wurm drin”. Zu oft hätten Bewohner der angeschlossenen zwei Dutzend Wohnhäuser in der Vergangenenheit in kalten Räumen sitzen oder kalt duschen müssen. Außerdem machten hohe Stromkosten für den Betrieb der Pumpen und Wärmepumpen die Anlage für die 2700-Einwohner-Gemeinde, der sie gehört, zu einem Zuschussgeschäft. Deshalb will der Gemeinderat jetzt einen Schluss strich ziehen, die Anlage still legen und die Hausbe - sitzer entschädigen. Mit hohem Anspruch war die Anlage, deren Herzstück ein 800 Quadratmeter großes Solardach und ein saisonaler Hybrid- Wärmespeicher ist, 2002 in Betrieb gegangen. Und im Prinzip, so Manfred Reuß, Gruppenleiter für Solarther mie und Geothermie im Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE), habe die Anlage die Erwartungen auch erfüllt. Immerhin 75 Prozent der in den Gebäuden übers Jahr verbrauchten Wärmeenergie seien von der Solaranlage gelie - fert worden. „In all den Jahren haben wir keine Störung an der Solaranlage gehabt”, sagt Reuß. Auch der einzigartige saiso - nale Speicher, bei dem ein unter irdischer Wassertank von einem Erdsondenfeld umgeben ist, habe gut funktioniert. Bei einem Vergleichstest verschiedenartiger saisonaler Solarspeicher habe die Attenkirchener Solaranlage sogar als die preiswerteste abgeschnitten, erklärt Reuß, und es schwingt ein bisschen Stolz mit, denn das ursprüngliche Konzept stammt von ihm und seinem ZAE-Team. Probleme habe es jedoch in Attenkirchen von Anfang an mit der konventionellen Fernwärmetechnik gegeben, erin - nert sich Reuß. Schon bei der Ausschreibung habe man nur auf’s Geld geschaut. Weil es gerade kein passendes Förderprogramm des Bundes gab, habe man an den falschen Stellen zu sparen versucht. Die Elektrowärmepumpen seien nicht die effizientesten und auch konventionelle Pumpen seien zu zahlreich eingeplant und zu groß dimensioniert worden. Von Anfang an hätten auch die Hausübergabestationen Ärger gemacht, die für klassische Hochtemperatur-Fernwärmenetze ausge legt und für das Niedertemperaturnetz von Atten - kirchen nicht geeignet seien. gb Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Foto: Savosolar Internationale Anerkennung für finnisches Solar-Fernwärmeprojekt Auli Haapiainen-Liikanen, Fernwärmemanagerin bei den Stadtwerken im finnischen Mikkeli, hat bei der Abschluss - feier des EU-Projektes „Celsius City” in Göte burg Ende November einen Ehrenpreis erhalten. Ein Jahr zuvor hatte Sie Ihren Chef überzeugt, auf einem Schulgelände eine 120 m2 große Solarthermie an lage zu bauen, die mit dem Fernwärmenetz verbunden ist. Die Großflächen-Kollek - toren wurden direkt in Mikkeli beim Hersteller Savosolar gefertigt. Aufgrund der guten Betriebsergebnisse soll die Anlage schon bald massiv erweitert werden. Savosolar mbH, Torsten Lütten, Tel. 040 5003497-0 torsten.luetten@savosolar.com AUSGEZEICHNETE ARBEIT

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|

Solar-Nachrüstung in Randegg

7 Juli 2018 och wie ein Haus ist der orange Holzkessel, der das Dorf Ran - degg seit 9 Jahren mit klimaneutraler Wärme versorgt. In der Maschine wummert ein Feuer mit 2 Megawatt Leistung. Bene Müller schaut durch das Guckloch der Brennkammer und kontrolliert die lodernden Flam - men: „Das ist der Zustand, den wir künftig nicht mehr haben wollen, dass bei herrlichstem Sommerwetter der Kessel läuft“, sagt der Vorstand der Solarcomplex AG aus Singen. Müllers aktuelles Projekt ist die „Solarisierung“ des Wärmenetzes von Randegg. Spätestens im August soll es soweit sein. Dann sollen neue Solarwärmekollektoren den Holzkessel während der Sommermonate komplett arbeits - los machen. „Bislang verbrau chen wir hier etwa 6000 Schüttkubikmeter Holzbrennstoff pro Jahr“, berich tet Müller. „Diese Men ge wollen wir durch die Solaran lage um 20 Prozent reduzieren.“ Holz sei zwar als Brennstoff wesentlich günstiger als fossile Brennstoffe wie Gas oder Öl, so Müller, aber in Baden- Württemberg seien die Preise für Holzhackschnitzel aufgrund der Nachfrage in den vergangenen Jah ren deutlich gestiegen. Holz sei zwar klimaneu tral, aber eben auch eine begrenzte Ressource. Deshalb betrachtet es Müller nicht nur als Frage der öko lo gi schen, sondern auch der wirtschaft lichen Vernunft, ei - nen Teil des Brennstoffs durch Solarwärme zu ersetzen. Deren Kilowattstundenpreis sei heute konkurrenz fähig und er bleibe vor allem für Jahrzehnte stabil. Günstige Bedingungen In Randegg sind die Bedingungen für den Solarthermie-Einsatz tatsächlich besonders günstig. Denn hier wird im Sommer, dann wenn die Sonne viel Energie liefert, auch viel Wärme gebraucht. Zwar heizen die rund 150 Hausbesitzer, die sich an das Wärme - netz angeschlossen haben, hauptsächlich im Winter. Doch der Wärmebedarf des größten Abnehmers im Ort, des Getränke- Abfüllbetriebs Randegger Ottilienquelle verläuft genau gegenläufig. Ihr Mineralwasser und ihre Limonade verkauft die Familie Fleischmann, die die Mineralquelle seit 126 Jahren betreibt, besonders gut im Sommer. Deshalb läuft die Leergutwaschanlage, für die die meiste Energie benötigt wird, in den Sommermonaten auf Hochtouren. Für den Solarenergieeinsatz ist das ein Glücksfall. Und deshalb hatte das Solarcomplex-Team auch bereits in der Planungsphase für das Wärmenetz den Einsatz von Solarthermie in Erwägung gezogen – von der Investition hatte man jedoch zunächst Abstand genommen. „Vor 9 Jahren hatten wir einfach das Problembewusstsein noch nicht, dass Biomasse begrenzt sein könnte“, gibt Mül ler freimütig zu. Die Geschichte des Randegger Wärmenetzes reicht allerdings noch ein paar Jahre länger zurück und hat viel mit dem besonderen Draht zwischen Bene Müller und Clemens Fleischmann zu tun, einem der beiden Brüder, die In der Gemeinde Randegg rüstet die Solarcomplex AG zum zweiten Mal eines ihrer 16 Bioenergiedörfer mit Solarkollektoren aus. Weitere Solarwärmenetze sind geplant. Solar-Nachrüstung in Randegg Foto: Guido Bröer H Schon beim Start des Wärmenetzes in Randegg vor 9 Jahren fand Bene Müller die Idee eines Solarkollektorfeldes interessant. Jetzt wird es nachgerüstet. 8 Solare Wärmenetze sich die Geschäftsführung der Ottilienquelle teilen. Im Jahr 2005 überzeugte Müller den Unternehmer, seinen ge - sam ten Strom bedarf von einem Wasser - kraft werk zu beziehen, das Solar com - plex kurz zuvor reaktiviert hatte. Für Fleischmann war das ein Wendepunkt: „Wir verfüllen ein Naturpro - dukt als Familienbetrieb, und das seit 126 Jahren. Aber mit der Entscheidung, erneuer baren Strom aus der Region zu bezie hen, fing bei uns das Nachdenken über ökologische Fragen als Grundlage unserer Zukunftsfähigkeit und Glaubwürdigkeit erst an.“ 2006 nahm das Unternehmen dann für den Warmwasserbedarf der Flaschenwaschanlage eine 700 kW starke Holzpelletsanlage in Betrieb. Gebaut und betrieben wurde sie von der Solarcomplex AG als Contractor. „Ironie des Konzepts war, dass wir hier einen Heizkessel hatten, der hauptsächlich im Sommer lief; das kommt sonst eher selten vor“, sagt Müller. Um den Kessel auch im Winter besser auslasten zu können, initiierten Müller und Fleisch mann Bürgerversammlungen, und warben für ihre Idee eines Dorfwärmenetzes. Das Dorf macht mit „Überrascht hat uns der Zulauf in der Gemeinde“, erzählt Fleischmann. Als schließlich fast 150 Gebäude angeschlossen werden sollten, musste eine neue Heizzentrale mit einem größeren Kessel geplant werden. Das Netz und der 2-MW-Kessel gingen 2009 an den Start, und seitdem reifte das Projekt Solarwärme. „Es entstand immer eine Idee aus der anderen“, sagt Fleisch mann, „es war eine organische Entwicklung.“ Inzwischen steht das Solarfeld 500 Me ter von der Heizzentrale entfernt auf einer ehemaligen Ackerfläche. Mit sei - nen 2400 Quadratmetern Bruttokollektorfläche besetzt es etwa den Platz eines Fußballfeldes. Zwischen den Kollektoren werden sich mit der Zeit Gras und Wildblumen breit machen, die extensiv genutzt werden können. Zur Zeit sieht das Kollektor -Ensem - ble allerdings aus wie ein Werk des Künstlers Christo. Denn die Vakuumröhrenkollektoren der Marke Ritter XL sind noch mit reflektierenden Stoffbahnen abgedeckt, bis sie in Betrieb genommen werden. In Randegg werden Vakuumröhrenkollektoren eingesetzt, die teu - rer, aber bei hohen Temperaturen leistungsfähiger sind als Flachkollektoren. Der Grund ist das Temperaturniveau von 95 Grad, das für die Flaschen- Waschanlage benötigt wird, während das Wärmenetz des Dorfes mit geringeren Temperaturen auskommt. Damit die Heizkessel im Sommer wirklich nicht anspringen müssen, wird die Heizzentrale jetzt um zwei große Speichertanks ergänzt. Der Energie vor - rat in ihnen soll ausreichen, um einige Tage ohne Sonnenschein zu überbrücken. Anfang Juni kamen die jeweils 100 Kubikmeter großen Stahlbehälter über Nacht auf zwei Schwertransportern. Spektakulär bugsierten zwei Mobilkrä - ne die Ko losse an ihren Aufstellort. Wenn es nach Bene Müller geht, dann wird dieses Schauspiel künftig häufiger zu besichtigen sein. Denn nachdem das erste Solar-Bioener gie - dorf von Solarcomplex, Büsingen, bereits seit 2012 jährlich im Schnitt 3 Prozent mehr Ertrag bringt als vorab prognostiziert und nachdem Randegg bald solarisiert sein wird, steht schon das mit einer 3000-Quadratmeter-Solaranlage noch größere Netz in Schluchsee an. Es soll 2019 fertig werden. Mittlerweile hat der Solarcomplex-Vorstand einen Grundsatzbeschluss gefasst: Künf - tig soll jedes neue Wärme netz, bei dem keine Abwärme zu Verfügung steht – sei es aus einer Bio gas an lage oder einem Industriebetrieb – mit einer großen Solarthermieanlage ausgestattet werden. Guido Bröer Anlieferung der Speicher. In zwei Wassertanks mit jeweils 100 Kubikmetern Fassungsvermögen wird Sonnenwärme für trübe Tage eingelagert. Kein Energiedorf gäbe es ohne Macher. Mineralbrunnenbesitzer Clemens Fleischmann (links) und Bene Müller ziehen für die Energiewende in Randegg an einem Strang. Foto: Guido Bröer Foto: Clemens Fleischmann Juli 2018 Solare Wärmenetze Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Neu: www.solare-waermenetze.de Unter der neuen Adresse www.solare-waermenetze.de stellt das Steinbeis-Forschungsinstitut Solites jetzt im Internet Know-how und aktuelle Infos zu solaren Wärmenetzen bereit. Highlight ist ein neues Wissensportal. „Die Internetseite www.solare-fernwärme.de wurde schon vor neun Jahren für das EU-Projekt SDHtake-off zur Marktbereitung solarer Wärmenetze aufgebaut. Seitdem haben wir das Informationsangebot ständig erweitert“, sagt Laure Des - chaintre von Solites. Nun sei es an der Zeit gewesen, das mehrsprachige Portal in modernem Design und mit erweiterten Inhalten komplett neu aufzubauen. Die Seite läuft jetzt auch auf Smartphones optimal. Unter anderem findet sich auf der Website ein neues Wissensportal, das Zugriff auf Fachveröffentlichungen zum Thema verschaffen soll. Auch Ergebnisse aus dem Projekt „Solnet 4.0“, an dem die Energiekommune beteiligt ist, sollen dort künftig zu finden sein. „Responsive“ ist das Zauberwort. Die Website zu solaren Wärmenetzen läuft jetzt auf allen möglichen Endgeräten. Solarthermieprojekt gewinnt Ausschreibung für innovative KWK Bei der ersten Ausschreibung der Bundesnetzagentur für so genannte „innovative KWK-Systeme“ hat sich unter anderem ein Projekt der Stadtwerke Greifswald durchgesetzt, bei dem eine Solarthermieanlage eingebunden werden soll. Die Stadtwerke Greifswald sind mit einer kombinierten BHKW-Solarwärmeanlage angetreten, die an ihrem bestehenden KWK-Standort Jungfernwiese im Süden der Stadt ins Netz eingebunden werden soll. Zur Realisierung der Pläne haben sie nun vier Jahre Zeit. Vier der fünf erfolgreichen Gebote kamen von Stadtwerken (Greifswald, Bayreuth, Lippstadt, Bad Reichenhall). Alle fünf „innovativen KWK-Systeme“ bringen es zusammen auf 21 MW elektrische Leistung. Wer in der ersten Ausschreibungsrunde dieser Art erfolgreich war, kann nun mit einer erhöhten Förderung nach dem 2017 novellierten KWK-Gesetz (KWKG) planen. Bei einem „innovativen KWK-System“ müssen nach Definition des Gesetzes 30 Prozent der so genannten Referenzwärme des Systems aus erneuerbaren Energien stammen. So könnte beispielsweise eine Wärmepumpe eingebunden werden, eine Solarthermieanlage oder eine Geothermiequelle. Holzheizkessel können in diesem Sinne ausdrücklich nicht auf den 30-Prozent-Anteil angerechnet werden. Zusätzlich muss ein elektrischer Wärmeerzeuger vorhanden sein, der die elektrische Erzeugung beispielsweise eines Blockheizkraftwerkes bei Bedarf vom Netz nehmen und größtenteils in Wärme umwandeln kann. Die Ausschreibung für innovative KWK-Systeme kann für Betreiber attraktiv sein, weil der per Ausschreibung ermittelte Zuschlag auf den Strompreis hier für 45000 Vollbenutzungsstunden gezahlt wird, nicht nur für 30000 wie in den normalen KWK-Ausschreibungen. Außerdem liegt der zulässige Höchstwert für die Gebote bei 12 Cent pro Kilowattstunde, 5 Cent höher als in den normalen KWK-Ausschreibungen. In der ersten Runde lagen die Gebote zwischen 8,47 und 10,94 ct/kWh. 10 Solare Wärmenetze Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | ✆ +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH Verbraucher zahlen für Fernwärme aus erneuerbaren Energien freiwillig mehr Nach einer Umfrage des Fernwärme-Branchenverbandes AGFW sind Verbraucherhaushalte bereit, für Fernwärme zwischen 2,90 und 3,60 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr mehr auszugeben, wenn die Wärme aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Für die Studie wurden in Deutschland, Frankreich und Österreich Kommunalver treter, Energieversorger und pro Land jeweils rund 500 Privathaushalte befragt. In allen drei Zielgruppen und Ländern wurden die Präferenzen für vier verschiedene Heizungs typen abgefragt: Elektrische Wärmepumpe, Fern wärme mit fossilen Energien, Fernwärme mit er - neu erbaren Energien und Gasbrennwertheizung. Durchweg genießen Fernwärmesysteme nach Darstel - lung des Interessenverbandes AGFW bei den Befragten eine höhere Wertschätzung als Wärme pum pen und Gaskessel. Gegenüber der Gasheizung würden beispielsweise Ver braucher in Deutschland für die Heiz energie aus einer Wärmepumpe 1,30 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr mehr bezahlen wollen und für Fernwärme 4,20 Euro. Würde die Fernwärme aus erneuerbaren Energien gewonnen, so wäre die Zahlungsbereitschaft sogar noch deutlich höher: 7,10 Euro pro Quadratmeter über einer Gasheizung liegt die Zahlungsbereitschaft und somit 2,90 Euro höher als bei Fernwär - me auf fossiler Basis. Bezogen auf eine 120-Quadratmeter- Woh nung, die der Befragung zugrunde gelegt wurde, wür - den Deutsche also freiwillig 348 Euro pro Jahr mehr zahlen, wenn sie wüssten, dass ihre Fernwärme aus erneuerbaren statt fossilen Ressourcen stammen würde. In Frankreich und Österreich liegt diese Zahlungsbereitschaft sogar noch höher. Die Umfrage wurde im Rahmen des Projektes „SDHp2m - Solar District Heating – from policy to market“ von der Europäischen Union gefördert. Beim Kongress für Solare Wärmenetze in Graz sorgten die Ergebnisse im April für Erstaunen. Die meisten anwesenden Experten hätten offenbar nicht erwartet, dass sich Fernwärmekunden für die ökologische Qualität ihrer Wärmequelle überhaupt interessieren. gb Quelle: AGFW, Prokribus GmbH Juli 2018 6. September 2018 in Erfurt Fachforum regenerative Wärmeversorgung Solare Wärmenetze sind ein Schwerpunkt dieser Veran - staltung, die das regionale ThEEN-Netzwerk zusammen mit der Fachhochschule Nordhausen anbietet. Thüringer Erneuerbare Energie Netzwerk (ThEEN) e.V. www.theen-ev.de 9. bis 12. September 2018 in Hamburg 16th International Symposium on District Heating and Cooling Die Fachveranstaltung der Internationalen Energieagen - tur für den ganzen Fernwärmesektor. Die Rolle flexibler Wärmenetze für die Energiewende und Decarboni - sierung insgesamt spielt in den letzten Jahren eine zunehmende Rolle. District Heating and Cooling programme der Internationalen Energieagentur (IEA DHC) www.dhc2018.eu 18./19. September 2018 in Dresden 23. Dresdner Fernwärme-Kolloquium Das Event für Fernwärme-Experten in Deutschland. Auch hier sind solare Wärmenetze inzwischen ein Thema. AGFW, www.agfw.de/veranstaltungen TERMINE ZU SOLAREN WÄRMENETZEN MEHRZAHLUNGSBEREITSCHAFT FÜR WÄRME Einige Euro pro Quadratmeter würden Verbraucher freiwillig für andere Wärmequellen mehr zahlen als für Gas.

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|

Solare Nah- und Fernwärme in Thüringen

1 SDHp2m … from policy to market Regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für die Mobilisierung von Investitionen in erneuerbare Wärmenetze in europäischen Regionen und Ländern Solare Nah- und Fernwärme in Thüringen Regionalbericht über Maßnahmen zur Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen, Finanzierungs- und Fördermaßnahmen sowie der Marktbereitung Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). 2 Informationen: Herausgeber: Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Mit Unterstützung des Hamburg Instituts Kontakt: Beethovenstraße 3, 99096 Erfurt Aktualisierung: Mai 2018 Deliverable: D3.3 und D4.3 Status: Öffentlich Projektwebseite: www.solar-district-heating.eu Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. 3 Inhalt Vorwort ................................................................................................................................................... 5 Was Thüringen antreibt........................................................................................................................... 6 Klimaschutz mit solarer Nah- und Fernwärme ........................................................................................ 8 Wärmenetze als Plattformen .............................................................................................................. 9 Wirtschaftlichkeit ................................................................................................................................ 9 Versorgungskonzepte und Einbindung von Solarthermieanlagen in Wärmenetze ............................ 9 Wärmenetze in Quartieren und Städten ....................................................................................... 10 Wärmenetze in kleinen Städten und ländlichen Regionen ........................................................... 10 Herausforderungen ........................................................................................................................... 10 Das Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market ................................................ 11 Alles beginnt mit einer Analyse der Ausgangssituation ........................................................................ 12 Nationale Rahmenbedingungen ........................................................................................................ 12 Thüringer Rahmenbedingungen ........................................................................................................ 14 Regionale Experten: Die Akteursgruppe „solare Nah- und Fernwärme“ .............................................. 15 Aufgaben der Akteursgruppe ............................................................................................................ 15 Zusammensetzung der Akteursgruppe ............................................................................................. 15 Sitzungen und Fachexkursion der Akteursgruppe............................................................................. 16 Auf dem Weg zu mehr solarer Nah- und Fernwärme – Maßnahmen und Aktivitäten ........................ 18 Regulatorische Maßnahmen ............................................................................................................. 18 Thüringer Klimagesetz ................................................................................................................... 18 Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie .............................................................................. 20 Förderprogramme ......................................................................................................................... 21 Informations- und Fachveranstaltungen ....................................................................................... 23 Marktunterstützende Maßnahmen .................................................................................................. 25 Broschüre „Zukunft Sonne!“ ......................................................................................................... 25 Thüringer Abwärmekataster und Thüringer Solarrechner ............................................................ 26 Servicestelle Solar .......................................................................................................................... 27 Konferenzen .................................................................................................................................. 27 Netzwerktreffen ............................................................................................................................ 29 Ausblick in eine sonnige Zukunft ........................................................................................................... 30 Quellen und Links .................................................................................................................................. 31 4 5 Vorwort Nachdem die Klimaveränderungen international und national spürbar werden und unsere Umwelt bedrohen, ist zügiges Handeln unabdingbar. Thüringen leistet dazu gemäß dem Ansatz think global – act local seinen Beitrag. Während das Thema der Energiewende mittlerweile in aller Munde ist, werden bereits große Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor erzielt. Auch der Wärmesektor bietet als schlafender Riese große Potentiale für die Energiewende. Um diese und andere Potentiale zu heben, bedarf es einer gezielten Energie- und Klimapolitik auch auf Länderebene. So spielt im Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz, das eine Festschreibung von Reduktionskorridoren für die Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 vorsieht, das Thema der Wärmeversorgung eine große Rolle. Thüringen engagiert sich unter anderem im EU Horizon 2020-Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market, welches auf einen Ausbau der solaren Wärmenetze in neun europäischen Regionen zielt, für die Wärmewende. Im Projekt SDHp2m arbeiten in den neun europäischen Partnerregionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien) 15 internationale Projektpartner aus den Bereichen Politik, Markt und Forschung zusammen. Um einen solchen kontinuierlichen Prozess auch in anderen Regionen zu unterstützen, beteiligt sich Thüringen am Wissens- und Erfahrungsaustausch. So sind in dieser Broschüre die Aktivitäten Thüringens zur Unterstützung der solaren Nah- und Fernwärme vor Ort vorgestellt und Handlungsmöglichkeiten beschrieben, die auch in anderen Regionen Deutschlands – unter Berücksichtigung der jeweiligen Ausgangsbedingungen – Anwendung finden können. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Dr. habil. Martin Gude Abteilungsleiter Energie und Klima im Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz 6 Was Thüringen antreibt Die Folgen des Klimawandels, die international und national mittlerweile bereits spürbar werden, bedrohen unsere Umwelt. Um dem entgegenzuwirken, wurde auf internationaler Ebene in Paris im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft erstmals ein Klimaabkommen beschlossen, welches eine Minderung und letztlich eine Begrenzung der Treibhausgasemissionen ab der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts vorsieht. Um diese Ziele zu erreichen, ist es notwendig, dass die Vertragsstaaten Ihren jeweiligen Beitrag leisten. Die föderale Struktur Deutschlands ermöglicht es, dass auch auf Bundesländerebene richtungsweisende Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele umgesetzt werden. So wird derzeit zum Beispiel der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz, welches erstmals verbindliche Ziele für eine Treibhausgasminderung auch auf lokaler Ebene vorsieht, im Parlament beraten. So möchte Thüringen seinen Beitrag zum Erreichen der internationalen Klimaschutzziele leisten und in der Entwicklung der Energiewende ein Vorreiter sein. So sieht der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz die Festschreibung von Reduktionskorridoren für die Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 vor. Bis 2030 sollen – ausgehend vom Basisjahr 1990 – die Treibhausgase um 60 bis 70%, bis zum Jahr 2040 um 70 bis 80% und bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95% reduziert werden. Außerdem soll das Energieversorgungssystem bis zum Jahr 2040 bilanziell auf 100% erneuerbare Energien umgestellt werden. Im Rahmen der Erarbeitung einer Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie sowie einer darin verankerten Wärmestrategie sollen konkrete Maßnahmen entwickelt werden um diese Ziele erreichen zu können. Abbildung 1: Zielkorridore für die Treibhausgasemissionsminderung in Thüringen nach dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz - eigene Darstellung Konkret müssen – um die Klimaschutzziele erreichen zu können – die beiden Säulen der Energiewende berücksichtigt werden. Neben der Stromwende muss also auch eine Wärmewende fokussiert werden, da insbesondere im Wärmesektor große Treibhausgaseinsparpotentiale liegen. Um diese Potentiale zu heben, verfolgt Thüringen 7 eine Doppelstrategie. So soll nicht nur der Wärmebedarf gesenkt, sondern auch den Anteil der erneuerbaren Energien und der Einsatz effizienter Technologien für die Wärmeversorgung gesteigert werden. Mit Blick auf das bestehende Energieversorgungssystem ist in Thüringen die Ausgangssituation für eine regionale Energiewende aus verschiedenen Gründen vorteilhaft: • Es existieren keine Kohle- oder Kernkraftwerke • Öl und Erdgas werden zu fast 100 % importiert • Strom wird zu 50 % importiert • Die Versorgungsunternehmen sind überwiegend in öffentlicher Hand • Es gibt einen hohen Anteil an Wärmenetzen Mit 23,6% wies Thüringen bereits im Jahr 2010 laut dem Energiemonitoring für Thüringen aus dem Jahr 2013 einen deutlich höheren Anteil erneuerbarer Energien im Wärmebereich auf als der Bundesdurchschnitt. Mit 96,5% stellt die Biomasse dabei den größten Anteil. Wie jedoch das Energiemonitoring für Thüringen ebenfalls zeigte, sind die Potentiale der Biomasse für die Wärmeerzeugung in Thüringen bereits nahezu ausgeschöpft - jene der Solarthermie und der Geothermie zum Beispiel jedoch noch unzureichend genutzt. Abbildung 2: Thüringen – Quelle: http://www.city-cover.com/Thueringen/Karte/karte-thueringen.png Bereits im Jahr 2014 wurde daher in Thüringen die Solarthermie-Initiative gestartet, welche auf einen Ausbau der Solarthermie abzielt und im Rahmen derer unter Einbindung von Wissenschaftlern, Experten und Unternehmen die Möglichkeiten zur Übertragung und Nutzung bestehender Erfahrungen speziell unter Thüringer Bedingungen diskutiert wurden. Mit der Teilnahme am Vorhaben SDHp2m intensiviert das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) seine Arbeit für eine regionale Wärmewende und fokussiert den Ausbau von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien wie der Solarthermie. 8 Klimaschutz mit solarer Nah- und Fernwärme Wärme aus Sonnenenergie - kurz Solarthermie - ist eine moderne und etablierte Form der klimafreundlichen erneuerbaren Energien, die in den letzten Jahren immer stärker zum Einsatz kommt. Mit Hilfe der Sonnenenergie kann sowohl warmes Wasser als auch Heizwärme umweltfreundlich bereitgestellt werden. Neben stabilen Wärmegestehungskosten bietet der Einsatz der Solarthermie weitere Vorteile, zum Beispiel ist sie • erneuerbar, • emissionsfrei und • flächeneffizient. Solarkollektoren können als Aufdach- oder Freiflächenanlagen installiert werden. Und neben der herkömmlichen Nutzung für die Warmwasserbereitung bzw. Heizungsunterstützung ist auch eine Anbindung großflächiger Solarthermieanlagen an ein Wärmenetz möglich. Dieser Ansatz ist z.B. in Dänemark bereits weit verbreitet und findet zunehmend auch in Deutschland Beachtung und Anwendung. Abbildung 3: Übersichtskarte der solaren Nah- und Fernwärme in Deutschland – Quelle: Solites 9 Wärmenetze als Plattformen Generell bieten Wärmenetze als infrastrukturelles Element eine gute Möglichkeit über die Biomasse hinaus auch andere erneuerbare Energien wie Solarthermie, Geothermie, Umweltwärme oder auch industrielle Abwärme in die regionale Wärmeversorgung einzubinden. Als Plattformen stellen sie eine Schlüsseltechnologie zur Steigerung der Energieeffizienz und des Anteils erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung in Städten, Quartieren oder ländlichen Regionen dar. In Kombination mit zentralen Wärmespeichern lassen sich so auch fluktuierende Energieträger in der Wärmeversorgung verlässlich nutzen und z.B. die solaren Deckungsgrade steigern. Abbildung 4: Wärmenetze als Plattforum zur Einbindung verschiedener Wärmeströme - Quelle: Hamburg Institut Wirtschaftlichkeit Neben CO2-Einsparungen bietet eine Einbindung der Solarthermie in Wärmenetze auch den Vorteil der Kostenstabilität für die Wärmeversorgung vor Ort. Da insbesondere fixe Investitionskosten anfallen, sind die Wärmegestehungskosten ab dem ersten Betriebstag stabil. Und so stehen der hohen Kapitalintensität von Investitionen in Wärmenetze mit erneuerbaren Energien auch die Vorteile großer Planungssicherheit und stabiler Wärmegestehungskosten gegenüber. Versorgungskonzepte und Einbindung von Solarthermieanlagen in Wärmenetze Wärmenetz-Versorgungskonzepte können sich auf ländliche Regionen (Energiedörfer), größere Städte oder Stadtquartiere beziehen und unterscheiden sich von Fall zu Fall – je 10 nach regionalen Rahmenbedingungen. Grundsätzlich kann bei der Integration von Solarthermie in Wärmenetze jedoch zwischen einer zentralen und einer dezentralen Einbindung unterschieden werden. Während bei der zentralen Einbindung die Solarthermieanlage in der Nähe der Heizzentrale liegt und direkt dort in das System einspeist, kann bei einer dezentralen Einbindung die Solarthermieanlage auch an einer anderen Stelle im Wärmeversorgungssystem liegen. Dennoch gilt es, Wärmeverluste beim Transport der solaren Wärme zu vermeiden und für eine Installation von Solarkollektoren eigenen sich so insbesondere Flächen in Verbrauchsnähe. Wärmenetze in Quartieren und Städten Zum einen begünstigen hohe Wärmebedarfsdichten in Städten einen wirtschaftlichen Einsatz von erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung. Da insbesondere die Wärmenetzverlegungskosten einen großen Einfluss auf die Wärmegestehungskosten haben, begünstigt zum anderen das Vorhandensein von Wärmenetzen niedrige Wärmegestehungskosten. Durch die Einbindung großflächiger Solarthermie können zum Beispiel Brennstoff- und damit CO2-Einsparungen erzielt werden. Auch in Neubau- oder Sanierungsgebieten kann quartiersweise eine Wärmeversorgung über Wärmenetze mit erneuerbaren Energien wie der Solarthermie erfolgen. Ein hoher Gebäudestandard kann niedrige Netztemperaturen zulassen, was wiederum eine Einbindung der Solarthermie begünstigt. Werden auch saisonale Wärmespeicher integriert, können hohe solare Deckungsgrade erzielt werden. Wärmenetze in kleinen Städten und ländlichen Regionen Auch in kleinen Städten und ländlichen Regionen kann sich eine Wärmeversorgung über solare Wärmenetze anbieten. Interessant ist dort oftmals die Kombination von Biomasseheizwerken und Solarthermieanlagen, so dass die Wärmeversorgung zu sehr großen Teilen auf erneuerbaren Energien beruhen kann. Herausforderungen Während mit großflächigen Solarthermieanlagen bereits konkurrenzfähige Wärmegestehungskosten erzielt werden können, stellt die Verfügbarkeit von Flächen für die Installation der Solarkollektoren eine besondere Herausforderung dar. Anders als bei der Nutzung von Photovoltaik ist es für die Nutzung von Solarthermie von Vorteil, wenn die Solarkollektoren in der Nähe der zu versorgenden Wärmesenke installiert werden um Wärmeverluste über die Netze zu minimieren. 11 Das Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market Das EU Horizon 2020-Projekt SDHp2m (Solar District Heating … from policy to market) zielt auf einen Ausbau der solaren Wärmenetze in neun europäischen Regionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien). Konkret werden in den Projektregionen regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für erneuerbare Wärmenetze entwickelt und implementiert. Essentieller Teil des Projekts ist keine investive Förderung sondern eine Unterstützung regionaler Akteure bei der Umsetzung von Projekten. Dazu arbeiten in den neun europäischen Regionen 15 internationale Projektpartner aus den Bereichen Politik, Markt und Forschung zusammen. Abbildung 5: Deckblatt des Projektfaltblatts – abrufbar unter http://solar-district-heating.eu/Portals/3/SDH-Leaflet_2016_D.pdf 12 Alles beginnt mit einer Analyse der Ausgangssituation Nationale Rahmenbedingungen Die Bundesrepublik Deutschland hat über 82,5 Millionen Einwohner/innen und besteht aus 16 Bundesländern. Im November 2016 verabschiedete die Bundesregierung den Klimaschutzplan 2050. Damit ist Deutschland eines der ersten Länder, die die im Pariser Abkommen geforderte Klimaschutzlangfriststrategie erstellt und bei der UN vorgelegt haben. Deutschlands Langfristziel ist es, bis zum Jahr 2050 weitgehend treibhausgasneutral zu werden. Die Energiewende in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte – wenn man nur den Strombereich betrachtet. Hier liegt der aktuelle Anteil der Erneuerbaren Energien bei rund 35%. Der Wärmebereich rückt langsam in den Fokus – noch liegt hier der Anteil bei nur 13%. Fernwärmenetze sind als Infrastrukturelement zur kostengünstigen und flexiblen Integration von Erneuerbaren Energien in das Energiesystem gut geeignet. Der Transformationsprozess dieser Infrastruktur ist eine der großen Herausforderungen für die Wärmewende in den nächsten Jahrzehnten. Es gibt mehr als 1.500 Fernwärmenetze in Deutschland. In nur etwa 40 großen Netzen findet 85% des Absatzes statt. Das heißt vor allem die großen städtischen Netze sollten in den Fokus genommen werden. Doch auch Nahwärmenetze, z.B. in ländlichen Regionen bieten eine gute Möglichkeit den Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmeversorgung zu steigern. Der rechtliche Rahmen zur Integration der Erneuerbaren Energien in die Fernwärme ist in Deutschland noch unterentwickelt. Aufgrund mangelnder Besteuerung fossiler Brennstoffe haben diese einen hohen Kostenvorteil gegenüber erneuerbaren Energien, die in der Regel mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden sind. Ein ordnungsrechtlicher Rahmen zur Förderung Erneuerbarer Fernwärme ist nur rudimentär vorhanden. Es bestehen auf Bundesebene keine Verpflichtungen zum Einsatz von Erneuerbaren Energien im Gebäudebestand. Eine entsprechende Verpflichtung im Neubau ist auf einen 10%-Anteil begrenzt, der zudem auch durch den Einsatz von Effizienztechnologien ersatzweise erbracht werden kann. Fernwärmenetzbetreiber sind weder direkt noch indirekt veranlasst, einen Mindestanteil an erneuerbaren Energien in ihre Systeme zu integrieren. Das Förderungsrecht ist zudem stark auf die konventionelle Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf Basis fossiler Brennstoffe ausgerichtet. Für viele Versorger bietet die Förderung dieser Anlagen nach wie vor die besten Bedingungen, so dass Investitionen weiterhin verstärkt eher entsprechende Anlagen als in die erneuerbare Fernwärme-Erzeugung fließen. Durch die letzte Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungs- 13 Gesetzes und die Einführung von Ausschreibungen von „innovativer KWK“ wurden jedoch auch Erneuerbare Energien förderungsfähig, wodurch neue Impulse erwartet werden. Das deutsche Planungsrecht bietet ausreichende Möglichkeiten, um solarthermische Großanlagen umzusetzen. Verbesserungen sind jedoch insbesondere auf der Ebene der Landesplanungsgesetze wünschenswert, um eine hinreichende Flächenkulisse für quantitativ relevante Erzeugungsbeiträge bereitstellen zu können. Ebenso existiert in Deutschland noch keine rechtlich verbindliche kommunale Wärmeplanung, so dass auch in den meisten Kommunen bislang keine entsprechenden konzeptionellen Überlegungen oder planerische Festsetzungen getroffen wurden. Die Fördersituation in Deutschland ist zurzeit sehr komfortabel. Verschiedene Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bieten lukrative Zuschüsse an (u.a. KfW 273, 432). www.kfw.de Die nationale Klimaschutzinitiative NKI fördert mit Klimaschutzkonzepten und Klimaschutzteilkonzepten die Erstellung von Konzepten. www.klimaschutz.de Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat unlängst ein Förderprogramm aufgelegt, was erstmalig einen systemischen Ansatz zur Wärmewende fördern soll: Wärmenetze 4.0. http://www.bafa.de/DE/Energie/Energieeffizienz/Waermenetze/waermenetze_node.html Für die Planung und die Umsetzung von Wärmenetzen und Produktionsanlagen für erneuerbare Wärme existieren in den Bundesländern verschiedene Arten der Förderung. Die Förderprogramme der Länder werden in vielen Fällen teilweise durch Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Auf kommunaler Ebene der von den Stadtwerken können auch weitere Fördermittel bereitstehen. Bei der Betrachtung der Förderungen ist zu beachten, dass eine Förderung des Bundes (z.B. KfW Erneuerbare Energien – Premium) den Landesförderungen vorausgeht. Des Weiteren sind bei jedem spezifischen Projekt die genauen Förderbedingungen und die Beihilfegrenzen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) zu beachten. 14 Thüringer Rahmenbedingungen Zu Beginn des Projekts SDHp2m wurden, wie auch für alle anderen Projektregionen, die Grundlagen für einen Einsatz von Solarthermie in Wärmenetzen in Thüringen untersucht. Laut dem Gebäudereport Thüringen aus dem Jahr 2012 und dem Energiemonitoring für Thüringen aus dem Jahr 2013 existieren viele die solare Nah- und Fernwärme begünstigende Rahmenbedingungen, u.a. die folgenden: • Die Siedlungsstruktur Thüringens ist von ländlichen Regionen geprägt • Ein- und Zweifamilienhäuser nehmen etwa 60% und Mehrfamilienhäuser etwa 40% der Wohnfläche in Thüringen ein o Ein- und Zweifamilienhäuser werden überwiegend mit Gas beheizt, wobei ca. 75% der Heizkessel vor dem Jahr 2000 eingebaut wurden o Ca. 50% der Fläche in den Mehrfamilienhäusern wird fernwärmebeheizt • Im Jahr 2012 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Fernwärme ca. 14% • Im Jahr 2010 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmeversorgung bereits 23,6%, wovon Biomasse mit 96,5% den Hauptanteil stellte • Die regionalen Potentiale der Biomasse sind nahezu ausgeschöpft • In Thüringen bestehen große, bisher ungenutzte Potentiale für einen Einsatz von Solarthermie und Geothermie Diese Betrachtungen zeigen, dass die Rahmenbedingungen für einen Einsatz erneuerbarer Energien in Wärmenetzen sowohl in ländlichen Regionen als auch in Städten vielversprechend sind. So wurde auch bereits im Jahr 2014 die Thüringer Solarthermie-Initiative gegründet, deren Ziel ein verstärkter Ausbau der Solarthermie auch in Wärmenetzen in Thüringen ist. Aktuell ist in Thüringen eine Solarthermieanlage, die in ein Fernwärmenetz einspeist, in Betrieb. Die Vakuumröhrenkollektoren der Pilotanlage sind mit einer Kollektorfläche von 99m² auf dem Dach eines Betriebsgebäude der Stadtwerke Jena installiert und speisen die Wärme direkt in das Fernwärmenetz ein. Abgesehen von diesen ersten Betriebserfahrungen werden in Thüringen verschiedene Machbarkeitsstudien, die auch das Thema Solarthermie in Wärmenetzen berücksichtigen, erarbeitet. Darüber hinaus sind weitere Projekte in der Konzeption. Im Folgenden werden die Aktivitäten des TMUEN beschrieben, die zum einen auf eine Unterstützung der laufenden Aktivitäten zu Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien in Thüringen und letztlich auf eine Intensivierung des Ausbaus der solaren Nah- und Fernwärme abzielen. 15 Regionale Experten: Die Akteursgruppe „solare Nah- und Fernwärme“ Im Projekt SDHp2m ist es vorgesehen, dass jede teilnehmende Region eine Akteursgruppe „Solare Nah- und Fernwärme“ ins Leben ruft. Auch in Thüringen wurde diese Akteursgruppe zu Beginn der Projektlaufzeit im Jahr 2016 gegründet. Aufgaben der Akteursgruppe Aufgabe der Akteursgruppen ist es, die jeweiligen regionalen Projektpartner, konkret das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz bei der Durchführung des EU-Projekts SDHp2m zu unterstützen und zu beraten. Grundsätzliches Ziel des Projekts SDHp2m ist eine Umsetzung von marktunterstützenden Maßnahmen um Investitionen in Projekte zu Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien anzuregen, sodass eine praxisnahe Beratung durch Experten sehr hilfreich ist. Doch auch unabhängig von der Notwendigkeit einer praxisnahen Beratung zur Umsetzung von unterstützenden Maßnahmen vor Ort bietet die Einrichtung einer Akteursgruppe eine sehr gute Möglichkeit für einen perspektivreichen Fachaustausch. Zum Beispiel kann eine Akteursgruppe in den folgenden Bereichen Unterstützung leisten: • Analyse der Ausgangssituation in Bezug auf die Rahmenbedingungen für Solarthermie in Wärmenetzen • Mitwirkung bei der Entwicklung einer Strategie und eines thematischen Aktionsplanes • Empfehlung/Initiierung konkreter Maßnahmen mit dem Ziel, die Nutzung der Solarthermie in Wärmenetzen zu forcieren, • Stellungnahme zu Projekten und Vorhaben • Unterstützung bei der Veröffentlichung der Projektergebnisse Zusammensetzung der Akteursgruppe Thüringens Akteursgruppe zum Thema solare Nah- und Fernwärme umfasst ca. 15 Mitglieder und setzt sich aus regionalen Experten und Entscheidungsträgern zusammen. Repräsentiert sind regionale Vertreter aus Forschungseinrichtungen, von Energieversorgern, Energiegenossenschaften und aus der Wohnungswirtschaft, sowie Planer und Vertreter von Kommunen, des VKU, der IHK, ThEEN e.V. und der ThEGA. Um eine faire und transparente Besetzung der Akteursgruppe zu gewährleisten, wurde eine Bekanntmachung über die 16 Konstituierung der Akteursgruppe auf der Webseite des TMUEN veröffentlicht sowie ein Rundschreiben an alle relevanten Akteure gesandt. Sitzungen und Fachexkursion der Akteursgruppe Insgesamt sollen in der Projektlaufzeit 5 Sitzungen der Akteursgruppe abgehalten werden und das Projekt in den Phasen der Vorbereitung und der Umsetzung begleiten. Diese werden durch den regionalen Projektpartner organisiert und vorbereitet. Bisher fanden drei Sitzungen und eine Fachexkursion der Thüringer SDHp2m-Akteursgruppe statt. In der ersten konstituierenden Sitzung im April 2016 wurde eine inhaltliche Einführung zur solaren Nah- und Fernwärme gegeben und das Projekt SDHp2m vorgestellt. Auch Aufgaben, Zusammensetzung und Arbeitsweise der Akteursgruppe wurden besprochen und in einer Geschäftsordnung festgehalten. Zudem wurden die geplanten Aktivitäten des TMUEN im Rahmen des Projekts SDHp2m erläutert. Um auch den Mitgliedern der Akteursgruppe die Möglichkeit zur fachlichen Fortbildung anzubieten, wurde die zweite Sitzung der Akteursgruppe im März 2017 mit einer Fachexkursion kombiniert. In Zusammenarbeit mit der ThEGA konnte eine Fachexkursion zu derzeit in Deutschland größten in Betrieb befindlichen Solarthermieanlage nach Senftenberg angeboten werden. Dort gaben Anlagenbetreiber und Kollektorhersteller Einblicke in die Entstehungsgeschichte und die Betriebserfahrungen der im Jahr 2016 in Betrieb genommenen Anlage. Auch das Solarkollektorfeld konnte von den Exkursionsteilnehmern besichtigt werden. Im zweiten Teil der Veranstaltung widmete sich die zweite Sitzung der regionalen Akteuresgruppe den strategischen Fragen zur SDHp2m-Projektumsetzung. So wurden bisherige Projektergebnisse vorgestellt und weitere mögliche Aktivitäten des TMUEN diskutiert. Auch positiv bewertet wurde die Kombination der dritten Sitzung der Akteursgruppe mit einem Fachworkshop zu „Förder-und Finanzierungsmöglichkeiten von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien“ im Januar 2018, bei dem auch zwei Coaching-Vorträge durch das Hamburg Institut gehalten wurden. So sollen auch die folgenden Sitzungen der Akteursgruppe mit Veranstaltungen zum Thema der solaren Nah- und Fernwärme kombiniert werden um einen Fachbezug der Projektarbeit zu gewährleisten. Die letzte Sitzung der regionalen Akteursgruppe im Winter 2018 soll sich insbesondere der Frage widmen, wie nach Projektende die Aktivitäten zur Unterstützung der solaren Nah- und Fernwärme auf Landesebene gestaltet werden können. 17 Abbildung 6a,b und c: Exkursion und 2. Sitzung der regionalen Akteursgruppe Thüringen 18 Auf dem Weg zu mehr solarer Nah- und Fernwärme – Maßnahmen und Aktivitäten Regulatorische Maßnahmen Neben der Umsetzung marktunterstützenden Maßnahmen, die weiter unten in diesem Dokument erläutert werden, verfolgt Thüringen auch verschiedene Aktivitäten um verbesserte Rahmenbedingungen für einen Einsatz erneuerbarer Energien im Wärmeversorgungssystem zu etablieren. Diese werden im Folgenden beschrieben. Thüringer Klimagesetz Im Jahr 2017 wurde vom TMUEN ein Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz erarbeitet, welcher von der Landesregierung diskutiert, positiv bewertet und im Januar 2018 dem Landtag für eine weitere Diskussion und Beschlussfindung übergeben wurde. Der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz, welcher seit Februar 2018 im Landtag in den Fachausschüssen beraten wird, könnte einen essentiellen Teil der Thüringer Energie- und Klimapolitik hinsichtlich der Themen erneuerbare Energien und auch solare Nah- und Fernwärme bilden. Der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz beinhaltet, u.a. die folgenden Eckpunkte: • Reduktionskorridore für den Ausstoß von Treibhausgasen um 80 bis 95% bis 2050 im Vergleich zu den Emissionen im Jahr 1990 • Umstellung des Energieversorgungssystems auf bilanziell 100% erneuerbare Energien bis 2040 • Vorbildfunktion der öffentlichen Verwaltung, insbesondere im Hinblick auf die Klimaneutralität der Landesregierung bis 2030 • Entwicklung regionaler Klimakonzepte, Wärmeanalysen oder Wärmekonzepte in Kommunen • Entwicklung von Versorgungskonzepten durch regionale Versorger • Umsetzung eines klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 • Etablierung von Klimaanpassungsmaßnahmen Das Klimagesetz zielt unter anderem auf die Treibhausgaseinsparpotentiale des Wärmesektors ab. Diese Potentiale können jedoch nur in Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren gehoben werden: Laut dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz können 19 Kommunen daher Wärmeanalysen anstellen und Wärmeversorgungskonzepte erarbeiten. Kommunen und Landkreise können ihre Klimaschutzkonzepte aktualisieren oder derartige Konzepte neu entwickeln, welche wiederum Aspekte der nachhaltigen Wärmeversorgung vor Ort berücksichtigen können. Diese Klimaschutzkonzepte sollten beschreiben, wie die Emissionen von Treibhausgasen reduziert und die Anteile der erneuerbaren Energien an der Energiebereitstellung gesteigert werden können. Darüber hinaus sollten Wärmeanalysen für Kommunen auf der einen Seite eine Analyse existierender Wärmesenken und auf der anderen Seite eine Analyse möglicher Wärmequellen beinhalten. Wärmekonzepte sollten Maßnahmen zur Reduzierung des Wärmebedarfs und zur Steigerung des Einsatzes erneuerbarer Energien beinhalten. In diesem Zusammenhang ist mit einer Umsetzung von Klimaschutzprojekten zu rechnen. Abbildung 7: Zielkorridore für die Treibhausgasemissionsminderung in Thüringen nach dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz - eigene Darstellung Darüber hinaus sollen regionale Energieversorger laut dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz künftig Versorgungskonzepte entwickeln um das Ziel der Umgestaltung des Thüringer Energieversorgungssystems hin zu bilanziell 100% erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2040 erreichen zu können. Die Versorgungskonzepte, welche mindestens alle zehn Jahre aktualisiert werden müssen, sollen unter anderem auch konkrete Schritte zur Umsetzung der genannten Maßnahmen beschreiben. Betreiber von Wärmenetzen sollen laut dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz künftig Produktinformationen, wie dem eingesetzten Anteil der erneuerbaren Energien und den Umweltwirkungen (CO2-Emissionen und Primärenergiefaktor), für Verbraucher zugängig machen und veröffentlichen. Gebäudeeigentümer sollen künftig unter Berücksichtigung Ihrer ökonomischen Möglichkeiten sicherstellen, dass 25% des spezifischen Wärmebedarfs bis 2030 durch erneuerbare Energien gedeckt werden um die angestrebte Klimaneutralität im Gebäudebestand erreichen zu können. Dieser Zielwert kann über einen Anschluss an ein 20 Wärmenetz, welches mehr als 25% der Wärme über erneuerbare Energien bereitstellt, sichergestellt werden. Diese verschiedenen Aktivitäten sollen nicht nur zu Energieeinsparungen sondern auch zu einer Etablierung effizienter Technologien und erneuerbarer Energien im Wärmeversorgungssystem führen. Während der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz konkrete Klimaschutzziele festschreibt, werden keine konkreten Maßnahmen oder Schritte zur Umsetzung von Maßnahmen beschrieben. Aus diesem Grund ist im Gesetzentwurf die Erarbeitung der Integrierten Energie- und Klimastrategie verankert, welche in Anlehnung an den Gesetzentwurf konkrete Maßnahmen für Thüringen beinhalten soll. Ein Entwurf der Integrierten Energie- und Klimastrategie wurde im Jahr 2017 in Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren und Experten sowie der breiten Öffentlichkeit erarbeitet. Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie Unter Einbindung regionaler Akteure und der Öffentlichkeit wurde im Jahr 2017 der Entwurf einer Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie (IEKS), welche konkrete Maßnahmen für die erfolgreiche Umsetzung der im Klimagesetz gesteckten Klimaschutzziele beinhalten soll, erarbeitet. In einem mehrstufigen Prozess, konkret in zwei Workshop-Reihen mit Experten, weiteren Zielgruppenworkshops und unter Einbeziehung regionaler Akteure über den Online-Dialog und über den Klimapavillon wurde ein erster Entwurf der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie erarbeitet. Abbildung 8: Entwicklungsprozess zum Entwurf der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie Thüringen - eigene Darstellung 21 Inhaltlich wird auch das Thema Wärmenetze mit erneuerbaren Energien im Entwurf der IEKS berücksichtig. Im Handlungsfeld „Energieversorgung“ sind neun Maßnahmen aufgeführt, welche einen Ausbau der solaren Nah- und Fernwärme direkt und indirekt unterstützen und so auch der Umsetzung der im Klimagesetz gesteckten Emissionsminderungsziele dienlich sein können. • Erstellung von Konzepten zur CO2-neutralen Wärmeversorgung für öffentliche Wärmenetze und transparente Produktinformationen der Wärmeversorgung • Unterstützung des Ausbaus von lokalen Wärmenetzen auf Basis erneuerbarer Energien • Koordinierungsstelle und Dialogforum Energiewende • Pilotprojekt zur Umstellung von vorhandenen heißen Wärmenetzen auf kalte Netze • Strategieentwicklung zur Aufrechterhaltung der Systemstabilität des Energiesystems durch die Integration von Flexibilitätsoptionen inklusive Sektorenkopplung • Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten zur Entwicklung von Erneuerbaren-Energien-Projekten, Energieeffizienzprojekten, Kraft-Wärme-Kopplungsprojekten und Projekten zur Nutzung von Abwärme • Entwicklung eines innovativen Pilotprojekts zur Einbindung von Geothermie in hybride Energieanlagen • Fortführung und Weiterentwicklung von Programmen zur Förderung der Solarenergienutzung vor Ort • Bereitstellung landeseigener Flächen zur Nutzung erneuerbarer Energien Förderprogramme Derzeit sind in Thüringen drei für die solare Nah- und Fernwärme direkt oder indirekt relevante Förderprogramme, welche aktuelle Bundesförderprogramme ergänzen, vorhanden. Die Förderprogramme Green Invest, Solar Invest und Klima Invest des TMUEN zielen auf unterschiedliche inhaltliche Aspekte der nachhaltigen Wärmeversorgung und dabei auch auf unterschiedliche Zielgruppen ab: • Im Rahmen des Thüringer Förderprogramms Green Invest können modellhafte Vorhaben zur Reduzierung von energiebedingten CO2-Emissionen unter Anwendung neuer Energie- und Energieeinspartechnologien mit Multiplikatoreneffekt in Unternehmen gefördert werden. Auch Studien, soweit sie Voraussetzung für die Durchführung bzw. den Nachweis des Erfolges des Demonstrationsvorhabens sind, sind im Rahmen des Programms förderbar. Ziel ist eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieerzeugung und -nutzung in Thüringen. 22 • Im Rahmen des Thüringer Förderprogramms Solar Invest können unter anderem Neu- bzw. Erweiterungsinvestitionen in saisonale solarthermische Energiespeichersysteme gefördert werden. Ziel ist die Unterstützung neuer Energieerzeugungs- und Verbrauchskonzepte und damit eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieerzeugung und - nutzung in Thüringen. Besondere Fördersätze gelten für Bürgerenergiegenossenschaften. • Im Rahmen des Thüringer Förderprogramms Klima Invest können Städte und Gemeinden Thüringens eine Förderung für regionale Klimaschutzaktivitäten erhalten. Eine Festbetragsförderung ermöglicht zunächst den Einstieg in Aktivitäten zum Klimaschutz, zum Beispiel im Rahmen einer Erstberatung. Darauf aufbauend können etwa Klimaschutzkonzepte oder Wärmeanalysen und -konzepte gefördert werden. Abbildung 9: Faltblätter zu den Thüringer Förderprogrammen Solar Invest, Green Invest und Klima Invest 23 Informations- und Fachveranstaltungen Im Rahmen des SDHp2m-Projekts werden verschiedene Informationsveranstaltungen für die Thüringer Akteure organisiert. Neben verschiedenen Fachworkshops werden auch Fachexkursionen angeboten. Ein Workshop, der sich an Vertreter von Stadtwerken, Genossenschaften, des Wohnungsbaus richtete und zu dem auch die Vertreter der regionalen Akteursgruppe eingeladen waren, widmete sich zum Beispiel den „Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien“. Im Januar 2018 konnten sich etwa 30 Teilnehmer über die ökonomischen Aspekte der Wärmeversorgung über ein Wärmenetz mit erneuerbaren Energien informieren. Zum Thema Wirtschaftlichkeit der solaren Fernwärmeerzeugung und der Projektfinanzierung für große Freiflächenanlagen wurden zwei Coaching-Beiträge durch das Hamburg Institut beigesteuert. Über die aktuellen und relevanten Förderprogramme des Landes und des Bundes informierte die Thüringer Aufbaubank. Auch eine Übersicht über die Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten des künftig verfügbaren Thüringer Solarrechners wurde von der Thüringer Energie- und GreenTech Agentur ThEGA vorgestellt. Eine thematische Aufbauveranstaltung zu technischen und organisatorisches Aspekten der Wärmeversorgung über Wärmenetze mit erneuerbaren Energien ist für Sommer 2018 geplant. Es ist vorgesehen, den Teilnehmern an Hand der Vorstellung von Praxisbeispielen und Erfahrungsberichten und auch mit internationalen Coaching-Beiträgen mögliche Wege zur Umsetzung von Projekten aufzuzeigen. Abbildung 10a und b: Workshop zu Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien am 25.01.2018 im TMUEN Für Thüringer Akteure werden neben verschiedenen Fachworkshops auch unterschiedliche Fachexkursionen angeboten. So wurde auch Vertretern von Stadtwerken, Genossenschaften, des Wohnungsbaus und weitere Interessenten im März 2017 eine Teilnahme an der Fachexkursion der regionalen Akteursgruppe zur derzeit in Deutschland größten in Betrieb befindlichen Solarthermieanlage nach Senftenberg angeboten. 24 Für Akteure aus dem Bereich der städtischen Fernwärme wurde in Zusammenarbeit mit dem AGFW im Herbst 2017 eine Fachexkursion zu den Stadtwerken Chemnitz angeboten, bei der über die Besichtigung der Wärmeversorgungskomponenten hinaus auch Fachvorträge angeboten wurden. Den Teilnehmern konnte so ein intensiver Einblick z.B. in die Entstehungsgeschichte der Anlage, das Anlagenkonzept und das Betriebsverhalten gewährt werden. Abbildung 11: Fachexkursion nach Chemnitz Mit Blick auf die ländlichen Regionen Thüringens wurde Thüringer Akteuren für März 2018 eine Fachexkursion in das nahe gelegene bayrische Hallerndorf angeboten. Das dortige Wärmeversorgungssystem beruht auf einem Nahwärmenetz, das zu 100% mit erneuerbaren Energien – konkret aus Biomasse und Solarthermie – versorgt wird. Im weiteren Projektverlauf sind zielgruppenspezifische Informationsveranstaltungen und Exkursionen, z.B. für Vertreter von Genossenschaften und des Wohnungsbaus geplant. Auch sollen der solaren Nah- und Fernwärme verwandte Themen, z.B. Wärmespeicher, verstärkt berücksichtigt werden um ein breites Fachwissen rund um das Thema der solaren Nah- und Fernwärme zu generieren. 25 Marktunterstützende Maßnahmen Neben der Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für einen Einsatz von erneuerbaren Energien im Wärmeversorgungssystem, die weiter oben in diesem Dokument erläutert wurden, verfolgt Thüringen auch Aktivitäten zur Unterstützung von regionalen Akteuren einer möglichen Projektumsetzung. Diese werden im Folgenden beschrieben. Broschüre „Zukunft Sonne!“ Bereits im Energiemonitoring für Thüringen wurde festgestellt, dass der vergleichsweise hohe Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmebereitstellung für Thüringen fast ausschließlich durch Biomasse aufgebracht wird. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Potentiale zur Erzeugung von Wärme aus Biomasse und Reststoffen im Land weitgehend ausgeschöpft sind, jene der Solarthermie jedoch unzureichend genutzt werden. Darauf aufbauend wurde mit lokalen Akteuren (Wissenschaftler, Experten, Stadtwerke) der Einsatz von Solarthermie in Bestandsnetzen, in größeren Bestandsgebäuden und für Insellösungen mit neuen Wärmenetzen diskutiert und gemeinschaftlich der Fragen-Antworten-Katalog entworfen. Auch wurden drei konkrete Fallstudien für die Nutzung von Solarthermie für die Wärmeversorgung über Wärmenetze erarbeitet. Abbildung 12: Deckblatt der Broschüre "Zukunft Sonne!" Grundsätzlich liegen auf Akteursseite in Thüringen erste Erfahrungen mit solarunterstützten Wärmenetzen vor. Zusätzlich sollen potentielle Akteure, die eventuell noch auf unkonkretes Wissen in diesem Bereich zurückgreifen, unterstützt werden. Aus diesem Grund erfolgte im 26 Rahmen des SDHp2m-Projekts eine Drucklegung und Veröffentlichung des Handouts „Zukunft Sonne!“, welche sowohl den Fragen-Antworten-Katalog als auch die drei erarbeiten Fallstudien enthält. Dieses Handout für Kommunen, das sich im Fragen-Antworten-Katalog „Solarthermie und Fernwärme“ mit den technischen, ökonomischen und rechtlichen Aspekten der Einbindung von Solarthermie in Wärmenetze befasst, soll potentielle Akteure befähigen selbst aktiv zu werden und verschiedene Einbindungsvarianten von solarthermischen Anlagen in Wärmenetze auszuwerten und zu vergleichen. Die drei Fallstudien schaffen schließlich einen Übergang von den theoretischen zu den praktischen Fragestellungen in Bezug auf die solare Nah- und Fernwärme. Das Handout ist nicht nur für Kommunen geeignet, sondern auch für andere potentielle Akteure wie Energieversorger, Wärmenetzbetreiber oder Genossenschaften und stellt insgesamt eine grundlegende Akzeptanz- bzw. Informationsmaßnahme dar. Um darüber hinaus die Thüringer Akteure bei der Planung und Umsetzung von Wärmenetzprojekten zu unterstützen, wurden und werden verschiedene Tools, wie das Thüringer Abwärmekataster und der Thüringer Solarrechner entwickelt. Thüringer Abwärmekataster und Thüringer Solarrechner Bereits im Jahr 2017 wurde das Thüringer Abwärmekataster, welches eine verstärkte Nutzung von Abwärme über Wärmenetze fokussiert, als webbasierte Anwendungssoftware entwickelt und zur Nutzung bereitgestellt. Im Sommer 2018 soll nun auch der Solarrechner, ebenfalls als webbasierte Anwendungssoftware, welche für alle vom Anwender ausgewählten und potentiellen geeigneten Dächer und Freiflächen im Freistaat die konkreten Strom- oder Wärmeerträge sowie die Wirtschaftlichkeit der PV- bzw. der Solarthermie-Anlagen berechnet, veröffentlicht werden. Grundlage für die Berechnung der Solarerträge bilden die Daten der jeweils jüngsten Laserscanbefliegung Thüringens im Auftrag des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation. Der Solarrechner dient der Initialisierung einer verstärkten Eigenerzeugung von Solarstrom und –wärme. Potentielle Nutzergruppen für die Bewertung von Dachflächen sind private Gebäudeeigentümer ebenso wie Unternehmen und die öffentliche Hand. Die Freiflächenberechnung ist in erster Linie für Planungs- und Projektierungsunternehmen, Stadtwerke, Bürgerenergiegenossenschaften, Betreiber von Gewerbegebieten und andere Unternehmen mit geeigneten nicht betriebsnotwendigen Flächen konzipiert. Die Webanwendung wird voraussichtlich Ende Mai 2018 nutzungsfähig sein. Gegenwärtig laufen die automatisierte wie auch die manuelle Prüfung der ins Web eingestellten Beta- 27 Version des Solarrechners. Zudem wird ein Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit bezüglich des Rechners vorbereitet. Servicestelle Solar In Umsetzung seiner langfristigen Strategie zur Initialisierung einer verstärkten Eigenerzeugung sowie zum Ausbau der Nutzung von Solarstrom und –wärme generell richtet das TMUEN in der Thüringer Energie- und GreenTech Agentur ThEGA ab sofort eine neue Servicestelle Solar ein, die ihr Portfolio in den nächsten Monaten kontinuierlich ausbauen wird. Dieses zusätzliche Serviceangebot ist ein weiterer Schritt bei der Ausgestaltung eines integrierten Systems von Initiierung, Beratung und Förderung im Freistaat, welches in den nächsten Monaten mit dem Solarrechner, einem innovativen Webportal, eine weitere Vervollkommnung erfahren wird. Es richtet sich an potentielle Nutzergruppen wie private Gebäudeeigentümer, Bürgerenergiegenossenschaften, Betreiber von Gewerbegebieten und andere Unternehmen, Kommunen etc. Die Servicestelle Solar deckt die Themenbereiche Photovoltaik und Solarthermie umfassend ab. Sie bietet Beratung, zeigt Potenziale und Nutzungsmöglichkeiten auf und nutzt themenübergreifend die gesamte Kompetenz der ThEGA und der Thüringer erneuerbare Energien-Netzwerke bei der Erstbewertung und Begleitung von Projekten in die Realisierungsphase. Das Angebot der Servicestelle umfasst unter anderem: • praxisorientierte Beratung zu Handlungsmöglichkeiten für Bürger und Kommunen • fachliche Unterstützung für Stadt- und Gemeinderäte • Beratung von Unternehmen, Handwerks- und Gewerbebetrieben • Initiale Hilfestellung bei der Potentialermittlung von Dach- und Freiflächen • Fördermittelberatung • Information zu Bürgerbeteiligungsmodellen Konferenzen Das Thema der solaren Nah- und Fernwärme wurde bisher bei verschiedenen Fachveranstaltungen, Netzwerktreffen und Konferenzen berücksichtigt. So fand sowohl bei der 6. als auch bei der 7. Thüringer Erneuerbare Energien und Klimakonferenz „Thüringen Erneuer!bar“ mit jeweils etwa 300 Teilnehmern das Thema Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien Berücksichtigung. Konkret wurde im Jahr 2016 das Thema „Solare Nah- und Fernwärme“ mit einer Reihe an Praxisbeispielen und Fallstudien vorgestellt und diskutiert. Im Jahr 2018 wurden unter dem Titel „Sauber und bezahlbar: So gelingt die Wärmewende“ unter anderem Hürden und mögliche 28 Lösungsstrategien für die Umsetzung einer Wärmewende behandelt. Insbesondere die Frage nach Flächen für große Solarthermieanlagen sowie nach konkreten Schritten bei der Umsetzung von Solarthermieprojekten wurden vorgestellt und diskutiert. Abbildung 13a und b: Fachveranstaltung und Informationstisch zum Thema "Sauber und bezahlbar: so gelingt die Wärmewende" im Rahmen der 7. Erneuerbaren Energien und Klimakonferenz in Weimar Auch im Rahmen des ThEGA-Forums, das eine wichtige regelmäßige Fachveranstaltung für Thüringer Akteure darstellt, wurde im Jahr 2017 das Thema der „Wärmenetze von morgen“ behandelt. Unter anderem wurden Wärmenetze als Plattformtechnologien für die Einbindung verschiedener erneuerbarer Energieträger, technische Details zu Wärmenetztemperaturen aber auch ein Praxisbeispiel und ein regionales Betreiberkonzept vorgestellt und mit den Teilnehmern diskutiert. Abbildung 14: Fachveranstaltung zum Thema "Wärmenetze von morgen" im Rahmen des 6. ThEGA-Forums in Weimar 29 Netzwerktreffen Um auch die Netzwerkarbeit der regionalen Akteure zu unterstützen, sind verschiedene Netzwerktreffen im Rahmen des Projekts SDHp2m geplant. Für April 2018 wurde in Zusammenarbeit mit dem AGFW Thüringer Akteuren die gemeinsame Anreise zur 23. Internationalen Fachmesse und Kongress für Wärme, Kälte und KWK, bei welcher im Forum Industrie-Innovationen das Thema Solare Wärmenetze präsentiert wurde, angeboten. Für die gemeinsame Anreise war ein Fachaustausch mit Unterstützung durch die ThEGA vorgesehen. Auch sollte der aktuelle Arbeitsstand zum Thüringer Solarrechner und die Servicestelle Solar vorgestellt werden. Um einen umfassenden und inhaltlich breit angelegten Erfahrungs- und Fachaustausch zu unterstützen, ist auch für Herbst 2018 ein ähnliches Netzwerktreffen mit gemeinsamer Anreise zum 23. Dresdner Fernwärme-Kolloquium des AGFW geplant. Abbildung 15: Einladung zum SDHp2m-Netzwerkevent im April 2018 30 Ausblick in eine sonnige Zukunft Neben den Aktivitäten zum Thüringer Klimagesetz, der Integrierten Energie- und Klimastrategie, laufenden Fachveranstaltungen und Unterstützungsleitungen für regionale Akteure durch die ThEGA soll auch künftig eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für einen Einsatz der solaren Nah- und Fernwärme in Thüringen erfolgen. Unter anderem befindet sich ein Förderprogramm des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL), welches auf einen Ausbau von Wärmenetze mit erneuerbaren Energien im ländlichen Raum abzielt, in der Entwicklung. Zudem ist die Erarbeitung eines Online-Handouts zum Thema Finanzierung und Förderung von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien für Thüringen vorgesehen. Dieses soll eine aktuelle und regionale Ergänzung zu den für Baden-Württemberg existierenden Leitfäden, die auch umfassend die allgemeinen und national gültigen Rahmenbedingungen beschreiben, darstellen. In Ergänzung sowohl zum Thüringer Abwärmekataster als auch zum Thüringer Solarrechner wird derzeit ein methodisches System zur wärmeenergetischen Analyse von quartiersbezogenen Stadtstrukturen und softwaregestützter Wärmeanalyse in kleinen und mittleren Gemeinden entwickelt. Auf diese Weise soll das vielfältige und engmaschige Unterstützungsangebot für Wärmeanalysen, Wärmekonzepte und letztlich Projektumsetzungen zum Thema solare Nah- und Fernwärme weiter ausgebaut werden. Um einen solchen kontinuierlichen Prozess auch in anderen Regionen zu befördern, möchte sich Thüringen gern an einem Wissens- und Erfahrungsaustausch beteiligen. So können Sie uns oder die Kollegen der ThEGA bei Fragen gern kontaktieren. 31 Quellen und Links Hermelink et al. (2012). Potentiale nutzen. Effizienz schaffen. Der Gebäudereport Thüringen. Wesselak et al. (2013). Energiemonitoring für Thüringen. Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz: www.tmuen.de Thüringer Energie- und GreenTech Agentur ThEGA: www.thega.de Thüringer Aufbaubank: www.aufbaubank.de SDHp2m-Projektwebseite: www.solar-district-heating.eu Broschüre „Zukunft Sonne!“: http://solar-district-heating.eu/Portals/3/Th%C3%BCringen/Brosch%C3%BCre%20Zukunft%20Sonne.pdf Thüringer Abwärmekataster: https://www.thega.de/projekte/abwaerme/abwaermekataster/

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Freitag, 1. Juni, 2018|
Nach oben