Solarenergiedorf Mengsberg

7 April 2018 Donnerstagmorgen acht Uhr, Baubesprechung im Feuerwehrhaus von Mengsberg, wie jeden Donnerstag. Heute sind sie zu fünft. Ortsvorsteher Karlheinz Kurz, zugleich Vor stands sprecher der Bioenergiegenossenschaft Mengsberg eG, hat schon den Kaffee gekocht. Zusammen mit seinem Vorstandskollegen Thomas Theis diskutiert er mit den Projektleitern von drei Baufirmen. Seit Monaten wühlen sich die Bagger durch das 20 Kilometer nord östlich von Marburg gelegene 900-Einwohner-Dorf. „Durch das schlechte Wetter sind wir ziemlich in Verzug“, berichtet Kurz. 2300 Meter des rund 9 Kilometer langen Rohleitungsnetzes seien bereits verlegt worden. „Wir arbeiten in Bauabschnitten und jetzt haben wir angefangen, auch rückwärts zu bauen, von mehreren Enden her, um Zeit aufzuholen.“ Schon nach Ostern will die Bürgerenergiegenossenschaft die Wärmversorgung aufnehmen. Dann sollen die ersten Haushalte auf Fernwärme umgeschaltet werden. Das Schmuckstück Auf dem Hügel am Ortsrand steht bereits die neue Heizzentrale. „Unser Schmuckstück“ nennt sie Kurz. Und wer den architektonisch gefällig gestalteten Zweckbau betrachtet, ahnt nicht das große Kino, dass hier Anfang März zu besichtigen war. Mit Sondertransporten wurden nachts die beiden riesigen Pufferspeicher herangekarrt, die jetzt 17 Meter hoch hinter dem Gebäude aufragen. „Rückwärts mussten die Tieflader durchs Dorf und den Berg rauf, weil sie sonst nicht um die Kurven gekommen wären“, erzählt Kurz. An der Heiz zen trale angekommen verdienten sich dann die Kranfüh rer der beiden Mobilkräne Respekt. Ihr Job war es, die beiden jeweils 160 Kubik meter Wasser fassenden Stahlbehälter zu - nächst in die Senkrechte zu kippen und dann über das Dach der Heizzentrale hinweg zentimetergenau an den Aufstellort zu bugsieren. Das riskante Manöver bewältigten die Profis ohne Sichtkontakt und bei stür mi schem Seitenwind. Der ließ die tonnenschwe ren Stahltanks bedenklich pen deln, wie auf einem YouTube-Video des Hessi schen Rundfunks zu besich - tigen ist. Eine Kollision der Ungetüme mit dem Schornstein der Heizzentrale hätte fatale Folgen gehabt – auch weil die Außenhaut der bereits vor dem Transport im Werk dick mit Steinwolle gedämm ten Behälter empfindlich ist. Die Pufferspeicher zeigen dem kundigen Beobachter schon jetzt, dass in Mengsberg auch rein technisch etwas Besonderes entsteht. Die Gefäße werden gebraucht, damit der Haupt- Wärmeerzeuger, ein 1,1 Megawatt starker Holzhackschnitzelkessel im Sommer möglichst gar nicht anspringen muss – so wird ein uneffizienter Teillastbetrieb Sechs Jahre nach den ersten Überlegungen, drei Jahre nach Gründung der Energie- Genossenschaft und ein Jahr nach den Unterschrift unter den Bauvertrag läuft jetzt der Umbau Mengsbergs zum Solar-Bioenergiedorf auf Hochtouren. Erneuerbare Wärme für Mengsberg Foto: Guido Bröer Solare Wärmenetze D 8 Solare Wärmenetze vermieden. Mindestens vier Monate lang soll stattdessen eine Solarther mie - anlage allein das Dorf mit Wärme versorgen. Die Kollektorreihen sollen auf der frisch planierten Fläche neben dem Heizhaus errichtet werden, wo der Matsch bislang noch knöcheltief steht. Sobald das Wetter es zulässt, werde die Montage der Kollektoren beginnen, hofft Kurz. Wärmeüberschüsse, die die Sonne tagsüber liefert, werden dann in den Puffertanks gespeichert, um für die Abendstunden zur Verfügung zu ste - hen. Die Speicher sind groß genug dimensioniert, um im Sommer auch längere Schlechtwetterperioden überbrücken zu können. Im Gesamtjahr soll die Solaranlage 17 Prozent des Wärmebedarfs von Mengsberg liefern. Der Ortsteil von Neustadt wird auf diese Weise das erste Solarenergiedorf in Hessen werden. Und mit knapp 3000 Quadrat metern Kollektorfläche wird seine Anlage bis auf weiteres die größte in einem ländlichen Wärmenetz in Deutschland sein. Leistungsstärker sind nur die urbanen Anlagen in den Städten Senftenberg, Crailsheim, Friedrichsha - fen und Neckarsulm. Unser Dorf hat Zukunft Kein Wunder, dass die Mengsberger mächtig stolz auf ihr Werk sind. Begonnen hatte hier alles mit dem Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, an dem sich die Dorfgemeinschaft seit 2011 über die Regional- und Hessenmeisterschaft bis zum Bundessieger 2013 und zum Vize-Europameister 2014 hocharbeitete. Damals haben die Mengs berger erkannt, dass die Energiefrage neben vielen anderen Themen eine Schlüsselfrage für die ökologische und wirtschaftliche Zukunft ihres Dorfes ist. Als Dreh- und Angelpunkt der Dorferneuerung gilt dabei das Wärmenetz. Was in den Arbeitskreisen zur Vorbereitung der Wettbewerbe noch Theorie war, ist mittlerweile Praxis geworden. Und die macht viel Arbeit – ehrenamtliche Arbeit. Volker Helfenbein, Projektleiter des Heizungsbauunternehmens Viessmann, das viele Ideen für das Solar-Bioenergiedorf beisteuerte und jetzt als Generalunternehmer den Um - bau organisiert, zollt den Energiegenossen dafür Respekt: „Hochachtung von meiner Seite! Die Genossenschaft be - steht ja nicht nur aus dem Vorstand. Die Vorstandsmitglieder müssen immer wieder Entscheidungen treffen. Und diese Entscheidungen müssen sie auch immer wieder im Dorf rückkop peln und dabei alle Genossen einbin den. Das hat sehr viel mit Vertrau en zu tun.“ Nicht ohne Kümmerer Und so wird es auch an diesem Donnerstag sein. Nach der Baubesprechung am Morgen tagt abends in größerer Runde der Aufsichtsrat der Genossenschaft, durch den wiederum mit den Genossenschaftmitgliedern kommuniziert wird. „Seit einem Jahr geht das so“, sagt Kurz: „Morgens Baubespre chung, abends Aufsichtsrat – jede Woche.“ „Zum Glück haben wir hier Karlheinz Kurz, und zum Glück ist der schon Rentner“, betont sein Vorstandskollege Thomas Theis. Will heißen: Der Ortsvorsteher und Vorsitzende der Genossenschaft hält als primus inter pares die Truppe zusam men – nicht nur indem er morgens bei der Baubesprechung den Kaffee serviert. Auch Georg Stegemann, Leiter des Geschäftsbereiches Bioenergiedörfer und -systeme bei Viessmann, der die Mengsberger schon seit 2012 bei ihren Planungen begleitet, weiß genau, was er an Kurz hat: „Ohne einen solchen Kümmerer vor Ort, der über Jahre die Fäden zusammenhält, kann ich mir ein Energiedorfprojekt fast nicht vorstellen.“ Guido Bröer Zwei 17 Meter hohe Puffertanks sorgen dafür, dass Solarenergie auch in Schlechtwet - ter perioden zur Verfügung steht und im Sommer der Heizkessel nicht gebraucht wird. Nicht nur Wärme ist ein Thema in Mengsberg. Viele Dächer sind blau von Photovoltaik und auf dem Berg hinterm Dorf drehen sich Windräder. Die Inititial zün dung für die Mengsberger Energiewende kam mit dem Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Foto: Guido Bröer Foto: Guido Bröer April 2018 Solare Wärmenetze Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Stadtwerke Radolfzell geben Solarkollektorfeld in Auftrag Das Solarenergiedorf Liggeringen, Ortsteil von Radolfzell am Bodensee, macht Fortschritte. Noch in diesem Sommer sollen dort 1100 Quadratmeter Solarkollektoren installiert werden. Bereits seit Herbst 2017 lassen die Stadtwerke Radolfzell, die die Wärmeversorgung in Liggeringen künftig überneh - men wollen, unter dem Asphalt der Dorf straßen Fernwärmerohre verlegen. Jetzt hat der kommunale Energieversorger auch den Auftrag zum Bau des Kollektorfeldes erteilt. Nach einer Ausschreibung, an der sich fünf interessierte Solarthermieunternehmen beteiligt hatten, ging der Zuschlag nun an den österreichischen Projektierer SOLID, der bereits seit 1992 solarthermische Großanlagen plant, finanziert, installiert und betreibt. Das Konzept des Unternehmens, das selbst keine Kollektoren herstellt, fußt auf großflächigen Hochleistungsflachkollektoren mit zusammen 1100 Quadratmetern Brut - tokol lektor fläche. Angesichts der moderaten Tempera turen im dörflichen Wärmenetz von Liggeringen hätten sich die Flachkollektoren in diesem Fall als wirtschaftlichste Lösung erwiesen, heißt es von Seiten der Stadtwerke. Die Kollektoren sollen pro Jahr etwa 470000 Kilowattstunden Wärme liefern, was rund 20 Prozent des jährlichen Bedarfs entspricht. Während der Sommermonate sollen die neuen Holzkessel ganz abgeschaltet und der Wärmebedarf des Dorfes allein mit Solarthermie gedeckt werden. 90 von 260 Gebäuden in Liggeringen sollen bereits in diesem Jahr an das Netz angeschlossen und mit erneuerbarer Wärme versorgt werden. Das Solarkollektorfeld sei so ausgelegt, dass es erweitert werden könne, wenn weitere Nutzer hinzukommen und die Wärmenachfrage steige, betont Detlev Seidler, Deutschlandvertreter von SOLID. Er ist guter Dinge, die Solaranlage bereits in den kommenden Sommermonaten fertigstellen zu können. gb Stadtwerke Radolfzell, www.stadtwerke-radolfzell.de, SOLID GmbH, Detlev Seidler, Tel. 0174 9474292, www.solid.at Fünf neue Solarenergiedörfer 2018 Nach Informationen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Marktbereitungsprojektes „Solnet 4.0“ werden 2018 in Deutschland mindestens fünf solarunterstützte Wärmenetze mit jeweils 1000 bis 3000 Quadratmetern Kollektorfläche neu an den Start gehen. Aktuell sei vor allem im Marktsegment der Energiedörfer eine wachsende Dynamik zu erkennen, konsta tiert Projektkoordinator Thomas Pauschinger vom Steinbeis-Forschungsins - titut Solites. Um so mehr will das von Solarunternehmen kofinanzierte Pro jekt künftig auch städtische Fern wärme - betreiber und die Wohnungswirtschaft adressieren. Solites gGmbH, Thomas Pauschinger, info@solites.de In landschaftlich reizvoller Umgebung am Ortsrand des Dorfes Liggeringen sollen in den kommenden Monaten die Holzheizzentrale und das Solarkollektorfeld entstehen. Grafik: Stadtwerke Radolfzell 10 Solare Wärmenetze Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | ✆ +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH Solare Kraft-Wärme-Kopplung In der dänischen Stadt Brønderslev ist am 19. März ein neuartiges Heizkraftwerk eingeweiht worden, bei dem ein konzentrierendes Solarsystem sowohl Strom als auch Wärme erzeugt. Als Sonnenfänger kommen in dieser Anlage nicht typische Flach- oder Vakuumröhrenkollektoren zum Einsatz, wie sie in anderen solaren Wärmenetzen genutzt werden. Vielmehr handelt es sich um Parabolrinnenkollektoren des dänischen Herstellers Aalborg CSP, die nach dem gleichen Prinzip arbeiten wie große thermische Solarkraftwerke in Wüstengebieten. Die Sonnenstrahlen werden auf eine Glasröhre im Fokus des Parabolspiegels konzentriert, in der ein Thermo-Öl auf bis zu 330 Grad Celsius erhitzt wird. Anders als in den Wüstenkraftwerken liefern die in 40 Reihen á 125 Meter Länge arrangierten Kollektoren von Brønderslev allerdings nicht nur Strom, sondern Strom und Wärme oder wahlweise auch nur Wärme. Denn das Thermo-Öl gibt seine Energie über Wärmetauscher entweder direkt an das Wärmenetz ab oder zunächst an eine ORC-Turbine (Organic Ranckine Cycle), in der Strom erzeugt wird. Die ORC-Turbine soll immer dann zum Einsatz kommen, wenn ausreichend Sonne scheint und die Börsenstrompreise zugleich hoch sind. Ansonsten heizen die Kollektoren das Wärmenetz von Brønderslev mit einer Leistung von bis zu 16,6 Megawatt thermisch. Das tun sie im übrigen schon seit Ende 2016. Allerdings hat das Versorgungsunternehmen Brønderslev Forsyning A/S erst kürzlich den Biomassekessel und die ORC-Turbine fertiggestellt, so dass die Solarkollek - toren erst jetzt auch zur Stromerzeugung genutzt werden können. Die ORC-Turbine kann auch vom Biomasse-Kessel mit Wärme be schickt werden. Innovativ ist auch der Einsatz einer Wärmepumpe im Abgasstrang. Sie nutzt wie bei einer Brennwertheizung die Kondensation des im Rauchgas enthaltenen Wassers und führt sie dem Wärmenetz zu. Die Anlage in Brønderslev ist nach Angaben der Betreibergesellschaft die erste ihrer Art welt - weit. Sie löst ein Gaskraftwerk ab. gb Parabolrinnenkollektoren können in Brønderslev künftig wahlweise Strom oder Fernwärme erzeugen. 10. April 2018 in Wolpertshausen: 2. Fachkongress Nahwärme, WFG Schwäbisch Hall mbH, event.wfgsha.de 11. und 12. April 2018 in Graz/Österreich: 5th International Solar District Heating Conference. www.solar-district-heating.eu 9. Mai 2018 in Berlin: Ohne Solarthermie keine Energiewende. Lösungen für Gebäude und Quartiere. Im Rahmen der Berliner Energietage, www.energietage.de 15. und 16. Mai 2018 in Nürnberg: 12. Eurosolar-Konferenz „Stadtwerke mit erneuerbaren Energien”, Eurosolar e.V., stadtwerke-konferenz.eurosolar.de 17. bis 19. April 2018 in Frankfurt: 23. Int. Fachmesse und Kongress für Wärme, Kälte und KWK, AGFW, www.eneff-messe.de 23. Mai 2018 in Senftenberg: Infotag: Vorstellung der größten solarthermischen Anlage Deutschlands, AGFW, www.energieeffizienzverband.de TERMINE ZU SOLAREN WÄRMENETZEN Foto: Aalborg CSP April 2018

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|

Wärmedrehscheibe Hennigsdorf

7 Januar 2018 Solare Wärmenetze Wer wissen will, was es mit der Energiewende in Hennigsdorf auf sich hat und wie hier die Fernwärme solarisiert wird, der besucht am besten Thomas Bethke, den Chef der Hennigs dorfer Stadt - werke. Bethke arbeitet in einem lichten Büro im Technologiezentrum, einem schicken Glaskasten, „Blaues Wunder” genannt. Ab und zu rappelt vor dem Fenster die S-Bahn vorbei. Sonst ist es ruhig an diesem trüben Dezembernachmittag. Manche Mitarbeiter sind schon gegan gen, um sich auf die abend liche Weihnachtsfeier vorzubereiten. Der Chef nimmt sich vorher noch Zeit für das Gespräch mit der Energiekommune. Mit Presseleuten geht der hemdsär - me lige Mittfünfziger locker um, ist er doch mit einer Journa listin verheiratet. Er kennt das Spiel – und bestimmt es gern selbst. Schlich te Frage, simple Antwort – so läuft das nicht bei Bethke. Wer von ihm was wissen will, der muss ein bisschen Zeit mitbringen. Schließlich ist der Plan, wie das Hennigsdorfer Wärmenetz zur „Wärmedrehscheibe“ und damit zum ökologischen Vorreiter unter Deutschlands Fernwärmenetzen werden soll, nicht vom Himmel gefallen. Ebensowenig, wie der Be schluss der Stadtverordnetenversammlung, die vor Monaten grünes Licht für das Großvorhaben gegeben hat. „Ja, der Beschluss ist gefasst – wir müssen es nur noch machen“, sagt Bethke und be ginnt erstmal einen Exkurs zur Geschichte Hennigsdorfs. Keine gewöhnliche Kleinstadt Zu Kaisers Zeiten wurde in dem beschaulichen Dorf nordwestlich von Berlin innerhalb weniger Jahre ein Zentrum der deutschen Schwer- und Rüstungsindustrie aus dem märkischen Sand gestampft. Bis zum zweiten Weltkrieg wurden hier von AEG Lokomo - tiven gebaut und Stahl produziert. Nach verheerenden Bombardements kurz vor Kriegsende baute die DDR die nunmehr volks eige ne Schwerindustrie in Hennigsdorf wieder auf. Nur das Reservoir an Arbeitskräften, die zuvor täglich mit der S-Bahn aus der nahen Metropole herangerollt waren, das befand sich nun aus Perspektive der DDR-Kombinate auf der falschen Seite einer Mauer in Westberlin. In Hennigsdorf mussten also Wohnungen für Werktätige gebaut werden – schnell, preiswert, auf engem Raum. So entstanden hier seit den 1950er Jahren verdichtete, mehrgeschossige Wohnsiedlungen. Für die nach der Wende entwickelte Fernwärmestrategie der Stadt war diese Siedlungsstruktur eine günstige Voraussetzung. Die Stadtwärme Hennigsdorf GmbH übernahm als 100-prozentiger Eigenbetrieb der Kommune die Braunkohle- Heizwerke, die seit den 1960-er Jahren aufgebaut worden waren, und erweiterte Schritt für Schritt das Netz. „Durch Sanierung und Abbruch von Gebäuden haben wir seit der Wende 60 Prozent unserer Anschlussleistung verloren“, berichtet Bethke. „In Summe haben wir unsere Anschlussleistung allerdings verdreifacht.“ Heute sind in Hen- 100 Prozent erneuerbare Energie für das Fernwärmenetz einer Industriestadt. Geht das überhaupt? –Wenn, dann nur mit großem Gestaltungswillen und neuem Denken. Hennigsdorf will es vormachen. Wärmedrehscheibe Hennigsdorf Von den Dächern des Cohn’schen Viertels speisen schon seit 18 Jahren Solarkollektoren Energie ins Fernwärmenetz ein. Foto: Stadtwerke Hennigsdorf 8 Solare Wärmenetze nigsdorf 80 Prozent der Wohngebäude und 70 Prozent der Gewerbebetriebe ans Wärmenetz angeschlossen –Werte, die bundesweit ihresgleichen suchen. Dahinter steht eine konsequent umgesetzte städtebauliche Visi on. Auf der einen Seite sei es darum gegangen, die industriellen Kerne zu erhalten sowie neue Mittelständler anzuzie hen, auf der anderen Seite das Image der Industriestadt aufzupolieren und qualifizierten jungen Arbeitskräf ten eine gewisse Lebensqualität zu bieten, sagt Bethke: „Was anderswo unter dem ökologischen Aspekt diskutiert würde, ist für uns einfach Pragmatismus.“ Am Thema Energie kommt man dabei nicht vorbei, denn der Energieverbrauch ist in Hennigsdorf pro Kopf der 26000 Einwohner doppelt so hoch wie im Bundesdurch schnitt. Verantwortlich ist dafür der hohe Industrieanteil mit Großverbrauchern wie dem Elektrostahlwerk des Riva-Konzerns und dem Schienenfahrzeugbau von Bombardier. Im Wärmesektor wurde der CO2- Ausstoß bereits im Jahr 2009 schlag - artig halbiert: durch die Inbetrieb nah - me des Biomasse-Heizkraftwerks, das Hackschnitzel aus brandenburgischen Wäldern verwendet, und ein biomethan- betrie be nes Blockheizkraftwerk. Innerhalb der nächsten vier Jahre soll nun die Wärmeversorgung möglichst vollstän dig dekarbonisiert werden – Stichwort: „Wärmedrehscheibe“. „Ich muss den Kunden kennen” Wenn Thomas Bethke das Bild von der „Wärmedrehscheibe“ erklären soll, berichtet er aber nicht etwa von der künf - tigen Abwärmenutzung aus dem Stahlwerk, den geplanten großen Solaranlagen, den Power-to-Heat-Anlagen zur Nutzung überschüssigen Wind stroms und vom riesigen multifunktio na len Wärmespeicher, der all dies zu ei nem System verbinden soll. Statt des sen erzählt Bethke von dem Mehrfa milien - haus, in dem kürzlich der Trinkwasser- Wärmeverbrauch auf ein Vielfaches des Üblichen angestiegen sei. Da jeder Anschluss von den Stadtwerken fernüberwacht wird, habe man des Rätsels Lösung schnell gefunden: Ein frischgebackener Installateur-Meister habe sich in seiner Mietwohnung den Traum von einer privaten Badelandschaft erfüllt. Bethke will mit dem Beispiel sagen: „Ich muss meinen Kunden kennen und wie der sich entwickelt. Für jede einzelne Übergabestation muss ich das wissen, denn der Kontakt zum Kunden ist der Schlüs sel zur Wärmedrehscheibe.“ Und nochmal als Credo: „Wärmedreh schei - be heißt: messen, steuern, regeln.“ Denn wenn künftig insbesondere Solarwärme, womöglich Wind strom, aber auch die plötzlichen Abwärmeschübe des Stahlwerks als fluktuierende Energien ins Wärmenetz geholt werden sollten, dann komme es mehr denn je auf eine hohe Transparenz der Verbrauchsseite, Flexibilität der sonstigen Erzeugung und Speicher an, so Bethke: „Bei der Sonne kann ich keinen Knopf drücken wie bei meinen Heizwerken.“ Der Kontakt zu den einzelnen Kunden sei auch deshalb wichtig, um die Temperaturen im gesamten Netz zu drücken. Denn gerade die Solarkollektoren arbeiten dann effizienter: „Je mehr nichtfossile Energien im System sind, desto wichtiger ist es, die Vorlauf - tempe ratu ren zu senken.“ Womit wir zu guter Letzt doch noch beim Thema angekommen wä ren: Die Rolle der Sonne im künftigen Wärme - netz von Hennigsdorf. Geplant ist 2018 zunächst die Erneuerung der 18 Jahre alten Kollektorflächen (1000 m2) auf den Wohnhäusern des Cohn’schen Vier tels, deren Dachaufbau nicht mehr zeitgemäß ist. Danach kommt eine 3000-Quadratmeter-Kollektoranlage neben ei nem Biomasse-Heizwerk und schließ lich ist ab 2020 der Bau der 15000 Quadratmeter großen Solarthermieanlage am Stahlwerk geplant. „Die Flächen haben wir uns übrigens schon gesichert”, sagt Beth ke beiläufig. Für das obligatorische Pressefoto streift er schnell noch ein Jacket über’s karierte Hemd, und dann geht’s ab zur Weihnachtsfeier. Die Kolleginnen und Kollegen warten schon. Guido Bröer Thomas Bethke will die Fernwärme komplett auf Erneuerbare und Abwärme umstellen. Energiequellen der geplanten „Wärmedrehscheibe” sind u.a.: Abwärme Stahlwerk: Das Walz werk liefert schubweise bis zu 10 MW Abwärme, die in einem Multi funk - tionsspeicher gepuffert werden. Solarthermie: Eine Anlagen mit 15000 m2 Kollek tor fläche sowie weitere dezentrale Anlagen. Biomasseheizkraftwerk: Schon seit 2009 werden 50 % der Fernwärme aus Holzhack schnit zeln gewonnen. Biomethan-BHKW und -HKW: Kleine, flexible Einheiten decken den Spit - zenbedarf, dienen teils als Not - strom versorgung für Industriebe - triebe und sichern die Schwarzstart - fähigkeit des Stromnetzes. Regenerativstrom: Elektrokessel sollen überschüssigen Wind- oder Solarstrom bei geringem Börsen - preis als Wärme nutzbar machen. 100 % ERNEUERBAR Foto: Guido Bröer Solarthermie für Châteubriant In Châteubriant, einer 14000-Einwohner-Kommune im Bezirk Loire Atlantique im Westen Frankreichs, unterstützt jetzt eine Solaranlage das Fernwärmenetz. 200 Großflächenkollektoren des deutschen Herstellers KBB aus Berlin wurden noch im alten Jahr installiert und sollen mit steigendem Sonnenstand dafür sorgen, das der kommu - nale Betreiber möglichst viel Erdgas und Holz als Brennstoff einspart. Mindestens 900 Megawattstunden, so garantiert der Hersteller, sollen pro Jahr aus dem 2500 Quadratmeter großen Kollektorfeld gewonnen und genutzt werden. Eine Reihe von öffentlichen Gebäuden, wie das Kranken - haus, Schu len, das Rathaus, mehrere Sportstätten und das Schwimm bad, sind an das 9,5 Kilometer lange Wärmenetz angeschlossen. Die Investition von 1,5 Millionen Euro wird zu 30 Prozent von der Kommune selbst bezahlt. 70 Prozent För - derung kommt von der französischen Umwelt- und Energieagentur ADEME. Für die Fernwärmebezieher soll sich der Fernwärmepreis ab sofort um 5 Prozent verringern. gb KBB Kollektorbau GmbH, Anja Schmidt, a.schmidt@kbb-solar.com Solare Wärmenetze jetzt auf Twitter Nachrichten und Diskussionen zu solaren Wärmenetzen gibt es jetzt auch per Twitter unter @solnetz. Das Projekt Solnet 4.0, das mit Förderung des Bundeswirtschaftministeriums den Markt für solare Wärmenetze bereiten will, nutzt dafür seit Herbst 2017 auch einen Twitter-Kanal. Unter @solnetz be ziehungsweise „Solare Wärmenetze” zwit schert das Projektteam und freut sich über jeden neuen Follower und auf angeregte Debatten. gb 9 Solare Wärmenetze Januar 2018 200 Großflächenkollektoren auf einer Grünfläche in Châteubriant speisen jetzt Solarenergie ins Fernwärmenetz ein. 11./12. April 2018 in Graz/Österreich 5th International Solar District Heating Conference Die internationale Top-Veranstaltung zum Thema „solare Wärmenetze” findet in diesem Jahr in Graz statt. Für Forscher, Kollektorhersteller und Betreiber solarthermischer Großanlagen ist die Konferenz „Pflicht”. Aber auch Vertreter von Kommunen, Stadt wer - ken oder existierenden Bioenergie - dör fern, für die Solar ther mie eine mögliche Option zur Modernisierung ihrer Wärme ver sor gung ist, sind eingeladen, sich auf der Konferenz fundiertes Wissen zu verschaffen und Kontakt zu Experten und Anbieterun - ter nehmen aufzunehmen. Neben technischen Fragen der Auslegung und Netzeinbindung geht es zum Beispiel auch um Möglichkeiten der Flächen suche oder der Förderung. Exkursionen zu solaren Wärmenetzen verschaffen praktische Einblicke. Registrierung unter: www.solar-district-heating.eu. Bis 11. Februar 2018 gelten Early-Bird-Preise. TERMINE Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | 􀀉 +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH 15:29 Foto: ADEME Solare Wärmenetze Solares Nahwärmeprojekt in Attenkirchen wird stillgelegt Eine Pionieranlage der solaren Wärmeversorgung in der 2700-Einwohner-Gemeinde Attenkirchen soll nach 16 Betriebsjahren stillgelegt werden, weil die konventionellen Komponenten die Erwartungen nicht erfüllt haben. „Es gibt viele solche Anlagen, die gut funktionieren”, stellt Bürgermeister Martin Bormann am Telefon klar, „aber in unserer war von Anfang an der Wurm drin”. Zu oft hätten Bewohner der angeschlossenen zwei Dutzend Wohnhäuser in der Vergangenenheit in kalten Räumen sitzen oder kalt duschen müssen. Außerdem machten hohe Stromkosten für den Betrieb der Pumpen und Wärmepumpen die Anlage für die 2700-Einwohner-Gemeinde, der sie gehört, zu einem Zuschussgeschäft. Deshalb will der Gemeinderat jetzt einen Schluss strich ziehen, die Anlage still legen und die Hausbe - sitzer entschädigen. Mit hohem Anspruch war die Anlage, deren Herzstück ein 800 Quadratmeter großes Solardach und ein saisonaler Hybrid- Wärmespeicher ist, 2002 in Betrieb gegangen. Und im Prinzip, so Manfred Reuß, Gruppenleiter für Solarther mie und Geothermie im Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE), habe die Anlage die Erwartungen auch erfüllt. Immerhin 75 Prozent der in den Gebäuden übers Jahr verbrauchten Wärmeenergie seien von der Solaranlage gelie - fert worden. „In all den Jahren haben wir keine Störung an der Solaranlage gehabt”, sagt Reuß. Auch der einzigartige saiso - nale Speicher, bei dem ein unter irdischer Wassertank von einem Erdsondenfeld umgeben ist, habe gut funktioniert. Bei einem Vergleichstest verschiedenartiger saisonaler Solarspeicher habe die Attenkirchener Solaranlage sogar als die preiswerteste abgeschnitten, erklärt Reuß, und es schwingt ein bisschen Stolz mit, denn das ursprüngliche Konzept stammt von ihm und seinem ZAE-Team. Probleme habe es jedoch in Attenkirchen von Anfang an mit der konventionellen Fernwärmetechnik gegeben, erin - nert sich Reuß. Schon bei der Ausschreibung habe man nur auf’s Geld geschaut. Weil es gerade kein passendes Förderprogramm des Bundes gab, habe man an den falschen Stellen zu sparen versucht. Die Elektrowärmepumpen seien nicht die effizientesten und auch konventionelle Pumpen seien zu zahlreich eingeplant und zu groß dimensioniert worden. Von Anfang an hätten auch die Hausübergabestationen Ärger gemacht, die für klassische Hochtemperatur-Fernwärmenetze ausge legt und für das Niedertemperaturnetz von Atten - kirchen nicht geeignet seien. gb Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Foto: Savosolar Internationale Anerkennung für finnisches Solar-Fernwärmeprojekt Auli Haapiainen-Liikanen, Fernwärmemanagerin bei den Stadtwerken im finnischen Mikkeli, hat bei der Abschluss - feier des EU-Projektes „Celsius City” in Göte burg Ende November einen Ehrenpreis erhalten. Ein Jahr zuvor hatte Sie Ihren Chef überzeugt, auf einem Schulgelände eine 120 m2 große Solarthermie an lage zu bauen, die mit dem Fernwärmenetz verbunden ist. Die Großflächen-Kollek - toren wurden direkt in Mikkeli beim Hersteller Savosolar gefertigt. Aufgrund der guten Betriebsergebnisse soll die Anlage schon bald massiv erweitert werden. Savosolar mbH, Torsten Lütten, Tel. 040 5003497-0 torsten.luetten@savosolar.com AUSGEZEICHNETE ARBEIT

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|

Solar-Nachrüstung in Randegg

7 Juli 2018 och wie ein Haus ist der orange Holzkessel, der das Dorf Ran - degg seit 9 Jahren mit klimaneutraler Wärme versorgt. In der Maschine wummert ein Feuer mit 2 Megawatt Leistung. Bene Müller schaut durch das Guckloch der Brennkammer und kontrolliert die lodernden Flam - men: „Das ist der Zustand, den wir künftig nicht mehr haben wollen, dass bei herrlichstem Sommerwetter der Kessel läuft“, sagt der Vorstand der Solarcomplex AG aus Singen. Müllers aktuelles Projekt ist die „Solarisierung“ des Wärmenetzes von Randegg. Spätestens im August soll es soweit sein. Dann sollen neue Solarwärmekollektoren den Holzkessel während der Sommermonate komplett arbeits - los machen. „Bislang verbrau chen wir hier etwa 6000 Schüttkubikmeter Holzbrennstoff pro Jahr“, berich tet Müller. „Diese Men ge wollen wir durch die Solaran lage um 20 Prozent reduzieren.“ Holz sei zwar als Brennstoff wesentlich günstiger als fossile Brennstoffe wie Gas oder Öl, so Müller, aber in Baden- Württemberg seien die Preise für Holzhackschnitzel aufgrund der Nachfrage in den vergangenen Jah ren deutlich gestiegen. Holz sei zwar klimaneu tral, aber eben auch eine begrenzte Ressource. Deshalb betrachtet es Müller nicht nur als Frage der öko lo gi schen, sondern auch der wirtschaft lichen Vernunft, ei - nen Teil des Brennstoffs durch Solarwärme zu ersetzen. Deren Kilowattstundenpreis sei heute konkurrenz fähig und er bleibe vor allem für Jahrzehnte stabil. Günstige Bedingungen In Randegg sind die Bedingungen für den Solarthermie-Einsatz tatsächlich besonders günstig. Denn hier wird im Sommer, dann wenn die Sonne viel Energie liefert, auch viel Wärme gebraucht. Zwar heizen die rund 150 Hausbesitzer, die sich an das Wärme - netz angeschlossen haben, hauptsächlich im Winter. Doch der Wärmebedarf des größten Abnehmers im Ort, des Getränke- Abfüllbetriebs Randegger Ottilienquelle verläuft genau gegenläufig. Ihr Mineralwasser und ihre Limonade verkauft die Familie Fleischmann, die die Mineralquelle seit 126 Jahren betreibt, besonders gut im Sommer. Deshalb läuft die Leergutwaschanlage, für die die meiste Energie benötigt wird, in den Sommermonaten auf Hochtouren. Für den Solarenergieeinsatz ist das ein Glücksfall. Und deshalb hatte das Solarcomplex-Team auch bereits in der Planungsphase für das Wärmenetz den Einsatz von Solarthermie in Erwägung gezogen – von der Investition hatte man jedoch zunächst Abstand genommen. „Vor 9 Jahren hatten wir einfach das Problembewusstsein noch nicht, dass Biomasse begrenzt sein könnte“, gibt Mül ler freimütig zu. Die Geschichte des Randegger Wärmenetzes reicht allerdings noch ein paar Jahre länger zurück und hat viel mit dem besonderen Draht zwischen Bene Müller und Clemens Fleischmann zu tun, einem der beiden Brüder, die In der Gemeinde Randegg rüstet die Solarcomplex AG zum zweiten Mal eines ihrer 16 Bioenergiedörfer mit Solarkollektoren aus. Weitere Solarwärmenetze sind geplant. Solar-Nachrüstung in Randegg Foto: Guido Bröer H Schon beim Start des Wärmenetzes in Randegg vor 9 Jahren fand Bene Müller die Idee eines Solarkollektorfeldes interessant. Jetzt wird es nachgerüstet. 8 Solare Wärmenetze sich die Geschäftsführung der Ottilienquelle teilen. Im Jahr 2005 überzeugte Müller den Unternehmer, seinen ge - sam ten Strom bedarf von einem Wasser - kraft werk zu beziehen, das Solar com - plex kurz zuvor reaktiviert hatte. Für Fleischmann war das ein Wendepunkt: „Wir verfüllen ein Naturpro - dukt als Familienbetrieb, und das seit 126 Jahren. Aber mit der Entscheidung, erneuer baren Strom aus der Region zu bezie hen, fing bei uns das Nachdenken über ökologische Fragen als Grundlage unserer Zukunftsfähigkeit und Glaubwürdigkeit erst an.“ 2006 nahm das Unternehmen dann für den Warmwasserbedarf der Flaschenwaschanlage eine 700 kW starke Holzpelletsanlage in Betrieb. Gebaut und betrieben wurde sie von der Solarcomplex AG als Contractor. „Ironie des Konzepts war, dass wir hier einen Heizkessel hatten, der hauptsächlich im Sommer lief; das kommt sonst eher selten vor“, sagt Müller. Um den Kessel auch im Winter besser auslasten zu können, initiierten Müller und Fleisch mann Bürgerversammlungen, und warben für ihre Idee eines Dorfwärmenetzes. Das Dorf macht mit „Überrascht hat uns der Zulauf in der Gemeinde“, erzählt Fleischmann. Als schließlich fast 150 Gebäude angeschlossen werden sollten, musste eine neue Heizzentrale mit einem größeren Kessel geplant werden. Das Netz und der 2-MW-Kessel gingen 2009 an den Start, und seitdem reifte das Projekt Solarwärme. „Es entstand immer eine Idee aus der anderen“, sagt Fleisch mann, „es war eine organische Entwicklung.“ Inzwischen steht das Solarfeld 500 Me ter von der Heizzentrale entfernt auf einer ehemaligen Ackerfläche. Mit sei - nen 2400 Quadratmetern Bruttokollektorfläche besetzt es etwa den Platz eines Fußballfeldes. Zwischen den Kollektoren werden sich mit der Zeit Gras und Wildblumen breit machen, die extensiv genutzt werden können. Zur Zeit sieht das Kollektor -Ensem - ble allerdings aus wie ein Werk des Künstlers Christo. Denn die Vakuumröhrenkollektoren der Marke Ritter XL sind noch mit reflektierenden Stoffbahnen abgedeckt, bis sie in Betrieb genommen werden. In Randegg werden Vakuumröhrenkollektoren eingesetzt, die teu - rer, aber bei hohen Temperaturen leistungsfähiger sind als Flachkollektoren. Der Grund ist das Temperaturniveau von 95 Grad, das für die Flaschen- Waschanlage benötigt wird, während das Wärmenetz des Dorfes mit geringeren Temperaturen auskommt. Damit die Heizkessel im Sommer wirklich nicht anspringen müssen, wird die Heizzentrale jetzt um zwei große Speichertanks ergänzt. Der Energie vor - rat in ihnen soll ausreichen, um einige Tage ohne Sonnenschein zu überbrücken. Anfang Juni kamen die jeweils 100 Kubikmeter großen Stahlbehälter über Nacht auf zwei Schwertransportern. Spektakulär bugsierten zwei Mobilkrä - ne die Ko losse an ihren Aufstellort. Wenn es nach Bene Müller geht, dann wird dieses Schauspiel künftig häufiger zu besichtigen sein. Denn nachdem das erste Solar-Bioener gie - dorf von Solarcomplex, Büsingen, bereits seit 2012 jährlich im Schnitt 3 Prozent mehr Ertrag bringt als vorab prognostiziert und nachdem Randegg bald solarisiert sein wird, steht schon das mit einer 3000-Quadratmeter-Solaranlage noch größere Netz in Schluchsee an. Es soll 2019 fertig werden. Mittlerweile hat der Solarcomplex-Vorstand einen Grundsatzbeschluss gefasst: Künf - tig soll jedes neue Wärme netz, bei dem keine Abwärme zu Verfügung steht – sei es aus einer Bio gas an lage oder einem Industriebetrieb – mit einer großen Solarthermieanlage ausgestattet werden. Guido Bröer Anlieferung der Speicher. In zwei Wassertanks mit jeweils 100 Kubikmetern Fassungsvermögen wird Sonnenwärme für trübe Tage eingelagert. Kein Energiedorf gäbe es ohne Macher. Mineralbrunnenbesitzer Clemens Fleischmann (links) und Bene Müller ziehen für die Energiewende in Randegg an einem Strang. Foto: Guido Bröer Foto: Clemens Fleischmann Juli 2018 Solare Wärmenetze Mit den schlüsselfertigen Solarwärme-Großanlagen von Arcon-Sunmark erzeugen Sie Ihre eigene Wärme und sparen damit nicht nur echtes Geld, sondern unterstützen aktiv den Umweltschutz. Als Marktführer mit über 25 Jahren Erfahrung in Großanlagen ist Arcon-Sunmark ein kompetenter Ansprechpartner rund um die Beratung, Installation und Betreuung individueller Solarthermie-Anlagen. Wir freuen uns auf Sie! www.arcon-sunmark.com JETZT UMSTEIGEN AUF UMWELTFREUNDLICHE UND GÜNSTIGE WÄRME Arcon-Sunmark GmbH Clermont-Ferrand-Allee 26e 93049 Regensburg info@arcon-sunmark.com Tel. 0941-64090804 Neu: www.solare-waermenetze.de Unter der neuen Adresse www.solare-waermenetze.de stellt das Steinbeis-Forschungsinstitut Solites jetzt im Internet Know-how und aktuelle Infos zu solaren Wärmenetzen bereit. Highlight ist ein neues Wissensportal. „Die Internetseite www.solare-fernwärme.de wurde schon vor neun Jahren für das EU-Projekt SDHtake-off zur Marktbereitung solarer Wärmenetze aufgebaut. Seitdem haben wir das Informationsangebot ständig erweitert“, sagt Laure Des - chaintre von Solites. Nun sei es an der Zeit gewesen, das mehrsprachige Portal in modernem Design und mit erweiterten Inhalten komplett neu aufzubauen. Die Seite läuft jetzt auch auf Smartphones optimal. Unter anderem findet sich auf der Website ein neues Wissensportal, das Zugriff auf Fachveröffentlichungen zum Thema verschaffen soll. Auch Ergebnisse aus dem Projekt „Solnet 4.0“, an dem die Energiekommune beteiligt ist, sollen dort künftig zu finden sein. „Responsive“ ist das Zauberwort. Die Website zu solaren Wärmenetzen läuft jetzt auf allen möglichen Endgeräten. Solarthermieprojekt gewinnt Ausschreibung für innovative KWK Bei der ersten Ausschreibung der Bundesnetzagentur für so genannte „innovative KWK-Systeme“ hat sich unter anderem ein Projekt der Stadtwerke Greifswald durchgesetzt, bei dem eine Solarthermieanlage eingebunden werden soll. Die Stadtwerke Greifswald sind mit einer kombinierten BHKW-Solarwärmeanlage angetreten, die an ihrem bestehenden KWK-Standort Jungfernwiese im Süden der Stadt ins Netz eingebunden werden soll. Zur Realisierung der Pläne haben sie nun vier Jahre Zeit. Vier der fünf erfolgreichen Gebote kamen von Stadtwerken (Greifswald, Bayreuth, Lippstadt, Bad Reichenhall). Alle fünf „innovativen KWK-Systeme“ bringen es zusammen auf 21 MW elektrische Leistung. Wer in der ersten Ausschreibungsrunde dieser Art erfolgreich war, kann nun mit einer erhöhten Förderung nach dem 2017 novellierten KWK-Gesetz (KWKG) planen. Bei einem „innovativen KWK-System“ müssen nach Definition des Gesetzes 30 Prozent der so genannten Referenzwärme des Systems aus erneuerbaren Energien stammen. So könnte beispielsweise eine Wärmepumpe eingebunden werden, eine Solarthermieanlage oder eine Geothermiequelle. Holzheizkessel können in diesem Sinne ausdrücklich nicht auf den 30-Prozent-Anteil angerechnet werden. Zusätzlich muss ein elektrischer Wärmeerzeuger vorhanden sein, der die elektrische Erzeugung beispielsweise eines Blockheizkraftwerkes bei Bedarf vom Netz nehmen und größtenteils in Wärme umwandeln kann. Die Ausschreibung für innovative KWK-Systeme kann für Betreiber attraktiv sein, weil der per Ausschreibung ermittelte Zuschlag auf den Strompreis hier für 45000 Vollbenutzungsstunden gezahlt wird, nicht nur für 30000 wie in den normalen KWK-Ausschreibungen. Außerdem liegt der zulässige Höchstwert für die Gebote bei 12 Cent pro Kilowattstunde, 5 Cent höher als in den normalen KWK-Ausschreibungen. In der ersten Runde lagen die Gebote zwischen 8,47 und 10,94 ct/kWh. 10 Solare Wärmenetze Solarthermie Anlagen Im Norden geht die Sonne auf! garantiert höchste Erträge stabile Wärmepreise schlüsselfertig oder im Contracting Jetzt anrufen und eine unserer über 15.000 m² großen Referenzanlagen in Dänemark besuchen! Savosolar Kühnehöfe 3 | 22761 Hamburg info@savosolar.de | ✆ +49 (0) 40 500 349 7-0 GmbH Verbraucher zahlen für Fernwärme aus erneuerbaren Energien freiwillig mehr Nach einer Umfrage des Fernwärme-Branchenverbandes AGFW sind Verbraucherhaushalte bereit, für Fernwärme zwischen 2,90 und 3,60 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr mehr auszugeben, wenn die Wärme aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Für die Studie wurden in Deutschland, Frankreich und Österreich Kommunalver treter, Energieversorger und pro Land jeweils rund 500 Privathaushalte befragt. In allen drei Zielgruppen und Ländern wurden die Präferenzen für vier verschiedene Heizungs typen abgefragt: Elektrische Wärmepumpe, Fern wärme mit fossilen Energien, Fernwärme mit er - neu erbaren Energien und Gasbrennwertheizung. Durchweg genießen Fernwärmesysteme nach Darstel - lung des Interessenverbandes AGFW bei den Befragten eine höhere Wertschätzung als Wärme pum pen und Gaskessel. Gegenüber der Gasheizung würden beispielsweise Ver braucher in Deutschland für die Heiz energie aus einer Wärmepumpe 1,30 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr mehr bezahlen wollen und für Fernwärme 4,20 Euro. Würde die Fernwärme aus erneuerbaren Energien gewonnen, so wäre die Zahlungsbereitschaft sogar noch deutlich höher: 7,10 Euro pro Quadratmeter über einer Gasheizung liegt die Zahlungsbereitschaft und somit 2,90 Euro höher als bei Fernwär - me auf fossiler Basis. Bezogen auf eine 120-Quadratmeter- Woh nung, die der Befragung zugrunde gelegt wurde, wür - den Deutsche also freiwillig 348 Euro pro Jahr mehr zahlen, wenn sie wüssten, dass ihre Fernwärme aus erneuerbaren statt fossilen Ressourcen stammen würde. In Frankreich und Österreich liegt diese Zahlungsbereitschaft sogar noch höher. Die Umfrage wurde im Rahmen des Projektes „SDHp2m - Solar District Heating – from policy to market“ von der Europäischen Union gefördert. Beim Kongress für Solare Wärmenetze in Graz sorgten die Ergebnisse im April für Erstaunen. Die meisten anwesenden Experten hätten offenbar nicht erwartet, dass sich Fernwärmekunden für die ökologische Qualität ihrer Wärmequelle überhaupt interessieren. gb Quelle: AGFW, Prokribus GmbH Juli 2018 6. September 2018 in Erfurt Fachforum regenerative Wärmeversorgung Solare Wärmenetze sind ein Schwerpunkt dieser Veran - staltung, die das regionale ThEEN-Netzwerk zusammen mit der Fachhochschule Nordhausen anbietet. Thüringer Erneuerbare Energie Netzwerk (ThEEN) e.V. www.theen-ev.de 9. bis 12. September 2018 in Hamburg 16th International Symposium on District Heating and Cooling Die Fachveranstaltung der Internationalen Energieagen - tur für den ganzen Fernwärmesektor. Die Rolle flexibler Wärmenetze für die Energiewende und Decarboni - sierung insgesamt spielt in den letzten Jahren eine zunehmende Rolle. District Heating and Cooling programme der Internationalen Energieagentur (IEA DHC) www.dhc2018.eu 18./19. September 2018 in Dresden 23. Dresdner Fernwärme-Kolloquium Das Event für Fernwärme-Experten in Deutschland. Auch hier sind solare Wärmenetze inzwischen ein Thema. AGFW, www.agfw.de/veranstaltungen TERMINE ZU SOLAREN WÄRMENETZEN MEHRZAHLUNGSBEREITSCHAFT FÜR WÄRME Einige Euro pro Quadratmeter würden Verbraucher freiwillig für andere Wärmequellen mehr zahlen als für Gas.

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Mittwoch, 1. August, 2018|

Solare Nah- und Fernwärme in der Metropolregion Hamburg

1 SDHp2m … from policy to market Regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für die Mobilisierung von Investitionen in erneuerbare Wärmenetze in europäischen Regionen und Ländern Solare Nah- und Fernwärme in der Metropolregion Hamburg Regionalbericht über Maßnahmen zur Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen, Finanzierungs- und Fördermaßnahmen sowie der Marktbereitung Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). 2 Informationen: Herausgeber: Hamburg Institut mit Unterstützung des Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Kontakt: Hamburg Instiut - Simona Weisleder Paul-Nevermann-Platz 5, 22765 Hamburg Aktualisierung: April 2018 Deliverable: D3.3 und D4.3 Status: Öffentlich Projektwebseite: www.solar-district-heating.eu Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den Herausgebern. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die Herausgeber übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. 3 Inhalt Grußwort ................................................................................................................................................. 4 Was Hamburg antreibt ............................................................................................................................ 5 Klimaschutz mit solarer Nah- und Fernwärme ........................................................................................ 7 Wärmenetze als Plattformen .............................................................................................................. 8 Wirtschaftlichkeit ................................................................................................................................ 8 Versorgungskonzepte und Einbindung von Solarthermieanlagen in Wärmenetze ............................ 8 Wärmenetze in Quartieren und Städten ......................................................................................... 9 Wärmenetze in kleinen Städten ländlichen Regionen .................................................................... 9 Herausforderungen ............................................................................................................................. 9 Das Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market ................................................ 10 Alles beginnt mit einer Analyse der Ausgangssituation (WP 2) ............................................................ 11 Nationale Rahmenbedingungen ........................................................................................................ 11 Hamburger Rahmenbedingungen ..................................................................................................... 13 Regionale Experten: Akteursgruppen „solare Nah- und Fernwärme“ .................................................. 16 Aufgaben der Akteursgruppen .......................................................................................................... 16 Zusammensetzung der Akteursgruppen ........................................................................................... 16 Sitzungen, Exkursionen und Workshop mit der Akteursgruppen ..................................................... 17 Auf dem Weg zu mehr solarer Nah- und Fernwärme – Maßnahmen und Aktivitäten ......................... 21 Regulatorische Instrumente (WP 3) .................................................................................................. 21 Studie zur „Öffnung der Wärmenetze“ ......................................................................................... 22 Best Practice Guide „Multikodierte Flächen für SDH“ .................................................................. 23 Coaching ........................................................................................................................................ 26 Marktunterstützende Instrumente (WP4) ........................................................................................ 29 Studie „Solare Nachbarschaftsgewächshäuser“ ........................................................................... 29 Veranstaltungen, Workshops und Vorträge .................................................................................. 30 Ausblick in eine sonnige Zukunft ........................................................................................................... 32 4 Grußwort In der wachsenden Metropolregion Hamburg leben rund 5 Millionen Menschen, davon 1,8 Millionen in Hamburg selber. Sie ist Standort vieler international tätiger Unternehmen und hat mit dem Hamburger Hafen den zweitgrößten Hafen in Europa. In der Metropolregion Hamburg haben wichtige Akteure im Bereich der Erneuerbaren Energien ihren Geschäftssitz. Das Branchennetzwerk Cluster Erneuerbare Energien Hamburg unterstützt seit Herbst 2010 die Unternehmen im Bereich der Erneuerbaren Energien von Finanzsektor, Versicherungen über Hersteller von Windenergieanlagen bis hin zu Planungsbüro über alle Sektoren hinweg. Damit leistet das Cluster EEHH einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Für eine erfolgreiche Energiewende muss auch die Wärmewende gelingen. Bis 2030 müssen im Wärmemarkt einschneidende Umbrüche geschehen, um die Energieversorgung unserer Gesellschaft fit für die Zukunft zu machen. Die Nachfrage nach Raumwärme und Warmwasser sollten bis 2030 um ein Viertel gesenkt werden; die verbleibende Nachfrage aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Aktuell liegt der Anteil erneuerbarer Wärme lediglich bei 13 %. Um dieses Thema auch verstärkt im Cluster zu diskutieren, gibt es seit 2016 das Forum Wärme. Hier versuchen wir aktuelle Forschungs- und Projektaktivitäten in der Metropolregion aufzugreifen, darüber zu berichten und aktiv zu unterstützen. In diesem Sinne haben wir als sogenanntes „expert board“ auch sehr gerne das SDHp2m Projekt begleitet und beraten. Und von den Aktivitäten profitiert: z.B. durch Fachbeiträge des Hamburg Instituts bei unseren Sitzungen, durch Fach-Exkursionen nach Dänemark zu großflächigen Solarthermieanlagen oder auch durch die sehr gut besuchte internationale Veranstaltung „Erneuerbare Fernwärme in Großstädten“ 2017 in Hamburg. Wir werden auch mit Interesse die Ergebnisse des SDHp2m Projektes weiterverfolgen, auch und gerade von den internationalen Partnern. Sebastian Averdung Geschäftsführer der Averdung Ingenieurgesellschaft mbH für das Cluster Erneuerbare Energien Hamburg Mitglied der Lenkungsgruppe Forum Wärme 5 Was Hamburg antreibt Als eine der Modellregionen innerhalb des Projekts „SDH p2m – from policy to market“ hat sich Hamburg das Ziel gesetzt, die solare und erneuerbare Fernwärmeversorgung strukturell zu stärken und auszubauen. Die Förderung der solaren Fernwärme erfolgt innerhalb eines langfristig orientierten städtischen Konzepts zur Umsetzung der internationalen Klimaschutzziele. Dabei wird neben den Aktivitäten der Stadt auch die Metropolregion in den Blick genommen, insbesondere im Hinblick auf solare Wärmeprojekte. Mit dem im Dezember 2015 in Kraft getreten Hamburger Klimaplan verstärkt Hamburg seine langjährigen Anstrengungen für den Klimaschutz1. Er enthält zahlreiche neue Maßnahmen zur CO2-Minderung – und ein neues Ziel: Bis 2030 will Hamburg den CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 halbieren. Weiterhin will Hamburg bis 2020 zwei Millionen Tonnen CO2 vermeiden und bis 2050 die CO2-Emissionen um mindestens 80 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Mit dem neuen Klimaplan setzt sich Hamburg das Leitbild einer modernen Stadt der Zukunft, in der Klimaschutz und Klimaanpassung elementare Bestandteile des gesellschaftlichen Miteinanders sind. Im Klimaplan ist neben Zielen zum Ausbau der E-Mobilität und ÖPNV, Verdoppelung des Anteils des Radverkehrs, Klimaanpassungsmaßnahmen auch Ziele beschrieben, die den Gebäude und den Ausbau der Erneuerbaren Energien betreffen. Die Ziele des Klimaplans sind sehr ambitioniert. Für den Gebäudebereich bedeutet das: Wenn bis zum Jahr 2050 der komplette Häuserbestand saniert sein soll, müsste die Sanierungsrate auf etwa das dreifache steigen. Damit gehört die energetische Erneuerung der Stadt zu einer der großen Herausforderungen und das Thema Wärmewende ist in der Hamburg Politik angekommen. Die Bedeutung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung bei diesem Transformationsprozess hin zu Erneuerbaren Energien und damit einer klimaneutralen Wärmeversorgung ist erkannt. Die Sanierung des Gebäudebestands alleine wird nicht reichen, um die nötigen Klimaschutzziele zu erreichen. 1 http://www.hamburg.de/hamburger-klimaplan/ 6 Abbildung 1: Möglicher Zielkorridor zwischen Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien (Quelle: Quelle: BMWi : Sanierungsbedarf im Gebäudebestand; Dezember 2014) Die Freie und Hansestadt Hamburg hat in den letzten Jahren sehr intensiv an der Bereitstellung eines sogenannten Wärmekatasters2 gearbeitet. Mit dem Wärmekataster werden relevante Informationen zu der Wärmeversorgungs- und Wärmebedarfssituation in Hamburg zur Verfügung gestellt. Mit diesen zentral bereitgestellten Informationen soll ein Beitrag geleistet werden, die Umstellung auf eine effiziente Wärmeversorgung anzuregen und dadurch nachhaltig Ressourcen einzusparen. Damit befindet sich Hamburg auf einem guten Weg, der noch viele Herausforderungen in sich birgt, aber zu dessen Gelingen zahlreiche Akteure intensiv beitragen. 2 http://www.hamburg.de/energiewende/waermekataster/ 7 Klimaschutz mit solarer Nah- und Fernwärme Wärme aus Sonnenenergie - kurz Solarthermie - ist eine moderne Form der klimafreundlichen erneuerbaren Energien, die in den letzten Jahren immer stärker zum Einsatz kommt. Mit Hilfe der Sonnenenergie kann sowohl warmes Wasser als auch Heizwärme umweltfreundlich bereitgestellt werden. Neben stabilen Wärmegestehungskosten bietet der Einsatz der Solarthermie weitere Vorteile, zum Beispiel ist sie • erneuerbar, • emissionsfrei, • kostenstabil und • flächeneffizient. Solarkollektoren können als Aufdach- oder Freiflächenanlage installiert werden. Und neben der herkömmlichen Nutzung für die Warmwasserbereitung bzw. Heizungsunterstützung ist auch eine Anbindung großflächiger Solarthermieanlagen an ein Wärmenetz möglich. Dieser Ansatz ist in Dänemark bereits weit verbreitet und findet zunehmend auch in Deutschland Beachtung und Anwendung. Abbildung 2: Übersichtskarte der solaren Nah- und Fernwärme in Deutschland 2018 (Quelle: Solites). 8 Wärmenetze als Plattformen Generell bieten Wärmenetze als infrastrukturelles Element eine gute Möglichkeit über die Biomasse hinaus auch andere erneuerbare Energien wie Solarthermie, Geothermie, Umweltwärme oder auch industrielle Abwärme in die regionale Wärmeversorgung einzubinden. Als Plattformen stellen sie eine Schlüsseltechnologie zur Steigerung der Energieeffizienz und des Anteils erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung in Städten, Quartieren oder ländlichen Regionen dar. In Kombination mit zentralen Wärmespeichern lassen sich so auch fluktuierende Energieträger in der Wärmeversorgung verlässlich nutzen und die solaren Deckungsgrade steigern. Abbildung 3: Wärmenetz als Plattform zur Einbindung verschiedener Wärmeströme (Quelle: Hamburg Institut) Wirtschaftlichkeit Neben CO2-Einsparungen bietet eine Einbindung der Solarthermie in Wärmenetze auch den Vorteil der Kostenstabilität für die Wärmeversorgung vor Ort. Da insbesondere fixe Investitionskosten anfallen, sind die Wärmegestehungskosten ab dem ersten Betriebstag stabil. Und so stehen der hohen Kapitalintensität von Investitionen in Wärmenetze mit erneuerbaren Energien auch die Vorteile großer Planungssicherheit und stabiler Wärmegestehungskosten gegenüber. Versorgungskonzepte und Einbindung von Solarthermieanlagen in Wärmenetze Wärmenetz-Versorgungskonzepte können sich auf ländliche Regionen (Energiedörfer), größere Städte oder Stadtquartiere beziehen und unterscheiden sich von Fall zu Fall – je nach regionalen Rahmenbedingungen. Grundsätzlich kann bei der Integration von Solarthermie in 9 Wärmenetze jedoch zwischen einer zentralen und einer dezentralen Einbindung unterschieden werden. Während bei der zentralen Einbindung die Solarthermieanlage in der Nähe der Heizzentrale liegt und direkt dort in das System einspeist, kann bei einer dezentralen Einbindung die Solarthermieanlage auch an einer anderen Stelle im Wärmeversorgungssystem liegen. Dennoch gilt es, Wärmeverluste beim Transport der solaren Wärme zu vermeiden und für eine Installation von Solarkollektoren eigenen sich insbesondere Flächen in Verbrauchsnähe. Wärmenetze in Quartieren und Städten Zum einen begünstigen hohe Wärmebedarfsdichten in Städten einen wirtschaftlichen Einsatz von erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung. Da insbesondere die Wärmenetzverlegungskosten einen großen Einfluss auf die Wärmegestehungskosten haben, begünstigt zum anderen das Vorhandensein von Wärmenetzen niedrige Wärmegestehungskosten. Durch die Einbindung von großflächiger Solarthermie können zum Beispiel Brennstoff- und damit CO2-Einsparungen erzielt werden. Auch in Neubau- oder Sanierungsgebieten kann quartiersweise eine Wärmeversorgung über Wärmenetze mit erneuerbaren Energien wie der Solarthermie erfolgen. Ein hoher Gebäudestandard kann niedrige Netztemperaturen zulassen, was eine Einbindung der Solarthermie begünstigt. Werden auch saisonale Wärmespeicher integriert, können hohe solare Deckungsgrade erzielt werden. Wärmenetze in kleinen Städten ländlichen Regionen Auch in kleinen Städten und ländlichen Regionen kann sich eine Wärmeversorgung über solare Wärmenetze anbieten. Interessant ist dort oftmals die Kombination von Biomasseheizwerken und Solarthermieanlagen, so dass die Wärmeversorgung zu großen Teilen auf erneuerbaren Energien beruhen kann. Herausforderungen Während mit großflächigen Solarthermieanlagen bereits konkurrenzfähige Wärmegestehungskosten erzielt werden können, stellt die Verfügbarkeit von Flächen für die Installation der Solarkollektoren eine besondere Herausforderung dar. Im Gegensatz zur Nutzung Photovoltaikanlagen ist es von Vorteil, wenn die Solarkollektoren in der Nähe der zu versorgenden Wärmesenke installiert werden um Wärmeverluste über die Netze zu minimieren. 10 Das Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market Das Projekt SDHp2m (Solar District Heating … from policy to market) zielt auf einen Ausbau der solaren Wärmenetze in neun europäischen Regionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien). Konkret werden regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für erneuerbare Wärmenetze entwickelt und implementiert. Essentieller Teil des Projekts ist nicht eine investive Förderung sondern eine inhaltliche Unterstützung regionaler Akteure. Dazu arbeiten in den neun europäischen Regionen 15 internationale Projektpartner aus den Bereichen Politik, Markt und Forschung zusammen. Abbildung 4: Deckblatt des SDH Projektfaltblatts 11 Alles beginnt mit einer Analyse der Ausgangssituation (WP 2) Nationale Rahmenbedingungen Im November 2016 verabschiedete die Bundesregierung den Klimaschutzplan 2050. Damit ist Deutschland eines der ersten Länder, die die im Pariser Abkommen geforderte Klimaschutzlangfriststrategie erstellt und bei der UN vorgelegt haben. Deutschlands Langfristziel ist es, bis zum Jahr 2050 weitgehend treibhausgasneutral zu werden. Die Energiewende in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte – wenn man nur den Strombereich betrachtet. Hier liegt der aktuelle Anteil der Erneuerbaren Energien bei rund 35%. Der Wärmebereich rückt langsam in den Fokus – noch liegt hier der Anteil bei nur 13%. Fernwärmenetze sind als Infrastruktur zur kostengünstigen und flexiblen Integration von Erneuerbaren Energien in das Energiesystem gut geeignet. Der Transformationsprozess dieser Infrastruktur ist eine der großen Herausforderungen für die Wärmewende in den nächsten Jahrzehnten. Es gibt mehr als 1.500 Fernwärmenetze in Deutschland. In nur etwa 40 großen Netzen findet 85% des Absatzes statt. Das heißt vor allem die großen städtischen Netze sollten in den Fokus genommen werden. Der rechtliche Rahmen zur Integration der Erneuerbaren Energien in die Fernwärme ist in Deutschland noch unterentwickelt. Aufgrund mangelnder Besteuerung fossiler Brennstoffe haben diese einen hohen Kostenvorteil gegenüber erneuerbaren Energien, die in der Regel mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden sind. Ein ordnungsrechtlicher Rahmen zur Förderung Erneuerbarer Fernwärme ist nur rudimentär vorhanden. Es bestehen auf Bundesebene keine Verpflichtungen zum Einsatz von Erneuerbaren Energien im Gebäudebestand. Eine entsprechende Verpflichtung im Neubau ist auf einen 10%-Anteil begrenzt, der zudem auch durch den Einsatz von Effizienztechnologien ersatzweise erbracht werden kann. Fernwärmenetzbetreiber sind weder direkt noch indirekt veranlasst, einen Mindestanteil an erneuerbaren Energien in ihre Systeme zu integrieren. Das Förderungsrecht ist zudem stark auf die konventionelle Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf Basis fossiler Brennstoffe ausgerichtet. Für viele Versorger bietet die Förderung dieser Anlagen nach wie vor die besten Bedingungen, so dass Investitionen weiterhin verstärkt eher entsprechende Anlagen als in die erneuerbare Fernwärme-Erzeugung fließen. Durch die letzte Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes und die Einführung von Ausschreibungen von „innovativer KWK“ wurden jedoch auch Erneuerbare Energien förderungsfähig, wodurch neue Impulse erwartet werden. Das deutsche Planungsrecht bietet ausreichende Möglichkeiten, um solarthermische Großanlagen umzusetzen. Verbesserungen sind jedoch insbesondere auf der Ebene der 12 Landesplanungsgesetze wünschenswert, um eine hinreichende Flächenkulisse für quantitativ relevante Erzeugungsbeiträge bereitstellen zu können. Ebenso existiert in Deutschland noch keine rechtlich verbindliche kommunale Wärmeplanung, so dass auch in den meisten Kommunen bislang keine entsprechenden konzeptionellen Überlegungen oder planerische Festsetzungen getroffen wurden. Die Fördersituation in Deutschland ist zur Zeit sehr komfortabel. Verschiedene Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW) bieten lukrative Zuschüsse an (u.a. KfW 273, 432)3. Die nationale Klimaschutzinitiative NKI fördert mit Klimaschutzkonzepten und Klimaschutzteilkonzepten die Erstellung von Konzepten4. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat unlängst ein Förderprogramm aufgelegt, was erstmalig einen systemischen Ansatz zur Wärmewende fördern soll: Wärmenetze 4.05. http://www.bafa.de/DE/Energie/Energieeffizienz/Waermenetze/waermenetze_node.html Für die Planung und die Umsetzung von Wärmenetzen und Produktionsanlagen für erneuerbare Wärme existieren in den Bundesländern verschiedene Arten der Förderung. Die Förderprogramme der Länder werden in vielen Fällen teilweise durch Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Auf kommunaler Ebene oder von den Stadtwerken können auch weitere Fördermittel bereitstehen. Bei der Betrachtung der Förderungen ist zu beachten, dass eine Förderung des Bundes (z.B. KfW Erneuerbare Energien – Premium) den Landesförderungen vorausgeht. Des Weiteren sind bei jedem spezifischen Projekt die genauen Förderbedingungen und die Beihilfegrenzen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) zu beachten. 3 www.kfw.de 4 www.klimaschutz.de 5 http://www.bafa.de/DE/Energie/Energieeffizienz/Waermenetze/waermenetze_node.html 13 Hamburger Rahmenbedingungen Die Metropolregion Hamburg ist eine von elf Europäischen Metropolregionen in Deutschland. Sie umfasst ungefähr 1.000 Städte und Gemeinden in 19 Landkreisen. Ihr Gebiet erstreckt sich über die Freie und Hansestadt Hamburg, sowie die umliegenden Bundesländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. In der Metropolregion leben ungefähr 5 Mio. Menschen, davon ungefähr 1,8 Mio. in Hamburg. Sie beheimatet viele international tätige Unternehmen und hat mit dem Hamburger Hafen den zweitgrößten Hafen in Europa. Neben vielen anderen Branchen sind auch wichtige Akteure im Bereich der Erneuerbaren Energien in der Metropolregion ansässig. Abbildung 5: Kreise der Länder Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern in der Metropolregion Hamburg (Quelle: Metropolregion Hamburg). In der Fernwärmeversorgung der Metropolregion Hamburg gibt es ein breites Spektrum an verschiedenen Wärmenetzen. Das bedeutendste Netz ist das innerstädtische Fernwärmenetz des Vattenfall Konzerns in Hamburg, welches eines der größten in Europa ist. Neben weiteren kleineren Wärmenetzen in Hamburg gibt es auch in zahlreichen Kommunen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern Nah- und Fernwärmenetze. In der Freien und Hansestadt Hamburg wird 20% des Wärmebedarfs durch Fernwärme gedeckt. Hiervon werden 80% über das Netz das Fernwärmenetz der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH geliefert. Die Freie und Hansestadt Hamburg ist mit 25,1% an dieser 14 Gesellschaft beteiligt. Aufgrund eines Volksentscheids vom 22.9.2013 soll das Fernwärmenetz im Jahr 2019 wieder vollständig von der Stadt zurückgekauft werden. Hier werden zur Zeit intensiv Wege zur Transformation des Hamburger Fernwärmenetzes hin zu Erneuerbaren Energien diskutiert. In der Metropolregion außerhalb der Stadtgrenzen Hamburgs bestehen Dutzende örtliche Fern- und Nahwärmenetze, die zum größten Teil von den örtlichen Stadtwerken oder der Hansewerk Natur GmbH betrieben werden. Die Nutzung solarthermischer Anlagen, ist in der Metropolregion Hamburg noch weniger weit entwickelt als in anderen Regionen Deutschlands. Die installierte Kollektorfläche pro Einwohner liegt in allen zur Metropolregion gehörigen Bundesländern unterhalb des Bundesdurchschnitts. In Bezug auf solare Wärmenetze, hebt sich Hamburg vom Rest der Metropolregion ab. So befinden sich viele bisher existierende oder in Planung befindlichen solaren Wärmenetze – teilweise von internationaler Bedeutung – in Hamburg. Mit der Solarsiedlung Bramfeld befindet sich beispielsweise eines der ersten deutschen solaren Nahwärmenetze in Hamburg. Es wurde im Jahr 1996 gebaut und hat eine Kollektorfläche von 3.000 m2, die auf den Dachflächen installiert wurde. Des Weiteren sind folgende innovativen Projekte zu nennen:  Energiebunker Wilhelmsburg http://www.iba-hamburg.de/projekte/energiebunker/projekt/energiebunker.html  Mietergenossenschaft Gartenstadt Farmsen https://www.mgf-farmsen.de  Großwohnsiedlung Mümmelmannsberg (im Bau) https://www.saga-gwg.de/das-unternehmen/pressebereich/downloads/sagagwg_broschuere_mummelmannsberg-2020.pdf  EBV Harburg (mit Eisspeicher) (http://www.ebv-harburg.de/startseite/infofilme/)  Solare Wärmeversorgung HafenCity West 15 (http://www.hafencity.com/de/konzepte/saubere-waermeenergie-fuer-einen-neuen-stadtteil.html) Abbildung 6: Der 2013 fertiggestellte Energiebunker in Hamburg-Wilhelmsburg (Quelle: Hamburg Energie). 16 Regionale Experten: Akteursgruppen „solare Nah- und Fernwärme“ Aufgaben der Akteursgruppen Im Projekt SDHp2m ist es vorgesehen, dass jede teilnehmende Region Akteursgruppen rund um das Thema „Solare Nah- und Fernwärme“ einbindet. In Hamburg wurden zwei relevante Akteursgruppen zu Beginn der Projektlaufzeit Anfang 2016 identifiziert und dann kontinuierlich beteiligt. Aufgabe der Akteursgruppen ist es, die regionalen Projektpartner, konkret das Hamburg Institut bei der Durchführung des EU-Projekts SDHp2m zu beraten. Grundsätzliches Ziel des Projekts SDHp2m ist eine Umsetzung von marktunterstützenden Maßnahmen um Investitionen in Projekte zu Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien anzuregen. Doch auch unabhängig von der Notwendigkeit einer praxisnahen Beratung zur Umsetzung von Maßnahmen vor Ort bietet eine thematische Akteursgruppe eine sehr gute Möglichkeit für einen perspektivreichen Fachaustausch. Zum Beispiel in den folgenden Bereichen kann eine Akteursgruppe Unterstützung leisten:  Analyse der Ausgangssituation in Bezug auf die Rahmenbedingungen für Solarthermie in Wärmenetzen  Mitwirkung bei der Entwicklung einer Strategie und eines Aktionsplanes  Empfehlung/Initiierung konkreter Maßnahmen mit dem Ziel, die Nutzung der Solarthermie in Wärmenetzen zu forcieren,  Stellungnahme zu Projekten und Vorhaben  Unterstützung bei der Veröffentlichung der Projektergebnisse Zusammensetzung der Akteursgruppen  AG Klimaschutz und Energie der Metropolregion Hamburg6 Die Metropolregion Hamburg ist eine von elf europäischen Metropolregionen in Deutschland. Die Kooperation umfasst den Stadtstaat Hamburg sowie Teile der Bundesländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Innerhalb der Organisation existiert bereits eine gut organisierte Expertengruppe für Klimaschutz und Energie. Die Gruppe besteht aus Fachkräften aus Kreisen, Ministerien und Gemeinden der Region. Sie trifft sich vierteljährlich und wird durch Dr. Graham Butt, Leiter der Abteilung Energie im Ministerium 6 http://metropolregion.hamburg.de/ 17 für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung des Landes Mecklenburg-Vorpommern geleitet. Die Arbeitsgruppe hat eine ständige Vertretung, die von einer Mitarbeiterin der Metropolregion (zunächst Jenny Lorenz, jetzt Lan Janet Krause) geleitet wird. Die Gruppe hat gleich zu Beginn des EU-Projektes beschlossen, mit dem SDHp2m-Projekt zusammenzuarbeiten und als lokaler Beirat (sogenanntes „local advisory board“) zu fungieren.  AG Wärme des Cluster für EE Hamburg7 Das EEHH-Netzwerk "Erneuerbare Energien Hamburg" (oder "Cluster") wurde gegründet, um die Zusammenarbeit im Energiesektor der Region Hamburg zu stärken und zu fördern. Es bündelt die vielfältigen Kompetenzen von Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Institutionen. Es bietet auch eine Plattform für den Dialog zwischen den Interessengruppen und fördert Schnittstellen zu anderen Sektoren, wie der Logistik. Das Cluster verwaltet drei Foren, die sich das ganze Jahr über regelmäßig treffen, um Erfahrungen auszutauschen und sich zu bestimmten Themen zu vernetzen. Im Jahr 2016 wurde eine Arbeitsgruppe für Erneuerbare Wärme gegründet. Ziel der AG ist es, Erneuerbare Energien im Wärmesektor zu fördern, Wissen über neue Entwicklungen in der Branche auszutauschen und Ideen zu diskutieren und Partnerschaften für gemeinsame Projekte unter seinen Mitgliedern zu bilden. Das Forum steht allen EEHH-Mitgliedsunternehmen offen und besteht aus ca. 30 Mitglieder. Den Vorsitz führt Sebastian Averdung (Geschäftsführer der Averdung Ingenieure GmbH). Mitglieder des Forums sind Netz-Betreiber und Planer, Energiegenossenschaften und -initiativen, Stadtplaner, Wärmeplaner, Verwaltungen, Verbände, politische Entscheidungsträger. Das SDH-Projekt wurde von Anfang an in das Forum eingeführt. Das Forum erklärte sich auch bereit, als Expertenausschuss (sogenanntes „expert board“ für das SDH-Projekt zu fungieren. Sitzungen, Exkursionen und Workshop mit der Akteursgruppen Insgesamt sollen in der Projektlaufzeit 5 Sitzungen den Akteursgruppen abgehalten werden und das Projekt in den Phasen der Vorbereitung und der Umsetzung begleiten. Diese werden durch den regionalen Projektpartner organisiert und vorbereitet. Das Hamburg Institut hat bisher mit beiden Akteursgruppen je vier Sitzungen durchgeführt. Besonders gut besucht und sehr bereichernd für die beiden Akteursgruppen waren zwei Exkursionen, die das Hamburg Institut im Rahmen des SDHp2m Projektes durchgeführt hat. 7 http://www.erneuerbare-energien-hamburg.de/de/erneuerbare-waerme.html 18 Am 13. April 2016 wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Arcon-Sunmark eine Akteursgruppen-Tour nach Gram in Dänemark organisiert, mit Fokus auf großflächige solarthermische Solaranlagen im Kontext von Naturschutz und Umweltschutz. Die Zielgruppe war aus den Akteursgruppen lokale Verwaltung, Planer, Wärmeversorger, NGOs (Naturschutz, Umweltschutz). 17 Teilnehmer/innen folgten der Einladung des Hamburger Instituts und bekamen einen intensiven Einblick in den Betrieb der Solarthermieanlage und des Großspeichers. Neben Präsentationen des Betreibers und von Arcon-Sunmark konnten der Projektentwickler und ein Experte für Natur- und Umweltschutz über ihre Erfahrungen berichten. Abbildung 7: Exkursion der Akteursgruppen nach Dänemark 2016 (Quelle: Hamburg Institut). Am 13. Juni 2017 besuchte eine Delegation der Arbeitsgruppe Klimaschutz und Energie der Hamburger Metropolregion zwei SDH-Projekte in Dänemark. Als Beratungsgremium für die Hamburger Region im Rahmen des SDHp2m-Projekts soll die Arbeitsgruppe den Weg für SDH-Projekte in der Region weiter ebnen. In der Metropolregion Hamburg mit 5 Millionen Einwohner/innen gibt es zwar zahlreiche Wärmenetze - aber bisher nur wenige gespeist mit erneuerbaren Energien. 25 Teilnehmer/innen folgten der Einladung des SDH-Partners Hamburg-Institut, um erneuerbare Fernwärme-Projekte in Gram und Vojens zu besuchen. Die Gruppe bestand vor allem aus Fachleuten aus den Ministerien, Bezirken, Gemeinden und einigen Projektentwicklern, die sich alle aus erster Hand über SDH-Anlagen und saisonale Wärmespeicher informieren wollten. 19 Abbildung 8: Exkursion der AG Klimaschutz und Energie der Metropolregion Hamburg 2017 (Quelle: Hamburg Institut). Ein sehr gelungenes Experiment war ein Workshop im März 2018 zu Thema „Multikodierung für SDH“ - zum Spannungsfeld von Freiflächen-Solarthermie, Naturschutz und Landwirtschaft - mit den Akteursgruppen und ergänzenden Expert/innen. Die großen Herausforderungen bei der Realisierung von solarthermischen Freilandanlagen sind die Flächenknappheit und die Konkurrenz verschiedener Nutzungsansprüche im Umfeld von Dörfern und Städten. Bereits heute manifestiert sich dies in Konflikten um Flächen zwischen Landwirtschaft, Naturschutz, Energieerzeugung und Siedlungsentwicklung. Eine Möglichkeit zum Umgang mit dieser Flächenkonkurrenz besteht darin, Flächen gleichzeitig für mehrere Nutzungsarten zu verwenden. Insbesondere stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, Flächen so zu nutzen, dass eine landwirtschaftliche Teilnutzung möglich bleibt und gleichzeitig Wärme erzeugt werden kann. Auch die Frage nach der Vereinbarkeit von Energieerzeugung und Naturschutz ist dabei ein wichtiges Thema. Genauso drängt sich die Frage auf, ob und unter welchen Bedingungen für einzelne Flächen ein Konsens zwischen Landwirten, Naturschützern und Energieerzeugern bei der Planung und Bewirtschaftung entsprechender Flächen erzielt werden kann. Diese und weitere Fragen wurden im Rahmen dieses Workshops sehr konstruktiv erörtert. Es zeichnete sich eine große Bereitschaft ab, miteinander weiter im Gespräch zu bleiben, gemeinsam Projekte anzustoßen und den integrativen Gedanken dieses Workshops fortzusetzen. 20 Abbildung 9: Workshop zu „Multikodierung von Flächen für SDH“ in Hamburg 2018 (Quelle: Hamburg Institut). 21 Auf dem Weg zu mehr solarer Nah- und Fernwärme – Maßnahmen und Aktivitäten Regulatorische Instrumente (WP 3) In Hamburg ist eine wichtige – und bislang in vielen Fällen auch praktisch genutzte – Regelung die Möglichkeit, energetische Festsetzungen im Rahmen von Bebauungsplänen zu treffen. Auf dieser Grundlage wurde eine Reihe von Verordnungen erlassen, mit denen für bestimmte Neubaugebiete ein Anschluss- und Benutzungsgebot an Wärmenetze und für diese ein Mindestanteil Erneuerbarer Energien festgeschrieben wird. In den drei Flächenländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern ist die einzige gesetzliche Regelung für die Fernwärme die Möglichkeit eines Anschluss- und Benutzungszwangs. Damit überlässt das jeweilige Land den Kommunen die Möglichkeit, die Bewohner eines mit Fernwärme erschlossenen Gebiets zum Anschluss und zur Nutzung der Fernwärme zu verpflichten. In keinem der Länder der Metropolregion Hamburg gibt es in der Landesgesetzgebung eine generelle Verpflichtung zur Integration bestimmter Mindestanteile erneuerbarer Energien in Wärmenetze. Erneuerbare-Energien-Wärmegesetze wie im Land Baden-Württemberg, mit denen eine Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien bei größeren Renovierungen oder beim Heizungsaustausch vorgesehen wird, existieren in der Metropolregion auf Landesebene nicht. Das Land Schleswig-Holstein setzt derzeit ein Energiewende- und Klimaschutzgesetz um. Das im Jahr 2017 verabschiedete Klima- und Energiewendegesetz sieht u.a. eine größere Transparenz der Wärmenetzbetreiber vor. In Zukunft sollen sie angeben müssen, zu welchen Anteilen die Fernwärme aus erneuerbaren Energieträgern stammt und welchen Primärenergiefaktor die gelieferte Wärme hat. Zudem sieht das Gesetz eine Verpflichtung der Netzbetreiber und Energielieferanten zur Datenbereitstellung an Kommunen vor, womit diesen die Erarbeitung von Wärmeplänen erleichtert werden soll. In Niedersachsen befindet sich ein Klimaschutzgesetz in der Planung. Über die genauen Inhalte gibt es noch keine Informationen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es kein entsprechendes Vorhaben. Durch die bundesweite Förderung aus dem Marktanreizprogramm (MAP), sowie die regionalen Förderungen, ergeben sich lukrative Finanzierungen für Solarthermie-Anlagen und damit verbundene Wärmenetze. Zur Umsetzung von Solarthermie-Anlagen ist bisher immer noch starke Überzeugungsarbeit im Einzelfall zu leisten. Bisher konnten daher nur einzelne Referenzprojekte realisiert werden. Gut für die Solarthermie ist die generell positive Einstellung der Bürgerinnen und Bürger zu erneuerbaren Energieträgern. 22 Durch den Rückkauf des Fernwärmenetzes im Jahr 2019 vom Vattenfall Konzern ergeben sich auch im innerstädtischen Fernwärmenetz in Hamburg zusätzliche neue Möglichkeiten der Einflussnahme auf den Energiemix. Hemmend für die Entwicklung der Solarthermie in Fernwärmenetzen sind die fehlenden politischen Anreize für eine erneuerbare Wärmegewinnung. So sind die entsprechenden Vorschriften bisher nicht an die Fernwärmenetze, sondern an die Gebäude gebunden. Des Weiteren ist die Flächenfindung bei Freiflächen-Solarthermieanlagen in vielen Projekten ein großes Problem. Im Rahmen des SDHp2m Projektes wurden zwei wichtige Aspekte vertiefend verfolgt:  Mit der Kurzstudie „Öffnung der Wärmenetze“ werden die rechtlichen Grundlagen zur Beförderung der Integration erneuerbarer Wärme von unterschiedlichen Erzeugern in Wärmenetze untersucht. (noch in Arbeit)  Mit dem Best Practice Guide: „Multikodierte Flächen für SDH“ soll eine breit gefächerte Übersicht über Möglichkeiten der Doppelnutzung von Flächen für SDH gegeben werden. (noch in Arbeit) Studie zur „Öffnung der Wärmenetze“ Anlass für die Untersuchung ist die teilweise mangelnde Bereitschaft von Wärmenetzbetreibern, erneuerbare Wärme oder Abwärme von Dritten in ihr Netz zu angemessenen Konditionen zu integrieren und die vom Hamburger Senat seit vielen Jahren verfolgte Absicht, die Wärmenetze für Dritte zu öffnen. Bislang sind diese Bemühungen jedoch nicht in regulatorische Aktivitäten gemündet. Aktuell gibt es in Hamburg zwei Versorger, die mit innovativen Geschäftsmodellen darauf abzielen, ihre Wärmenetze für die Einspeisung auch von kleineren Quellen Dritter, insbesondere Solarthermie, zu öffnen. Der Betreiber des mit Abstand größten Fernwärmenetzes bietet bislang keine entsprechenden Modelle, verhandelt jedoch im Einzelfall mit großen Produzenten bilateral über die Abnahme von Wärme. In der Untersuchung werden verschiedene regulatorische Modelle und Ansätze darauf untersucht, inwieweit sie zur besseren Integration von Erneuerbaren Energien in die Fernwärme beitragen könnten und welche rechtlichen Rahmenbedingungen ggf. zu ändern wären, um erfolgversprechende Ansätze in die Praxis umzusetzen. Auch im ursprünglichen Kommissionvorschlag zur Novellierung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie waren Elemente zur Öffnung der Wärmenetze erkennbar. 23 Konzeptionell lassen sich „Single Buyer“-Modelle von „Drittzugangsmodellen“ unterscheiden. In „Single Buyer“-Modellen, wie sie z.B. von Hamburg Energie und Hansewerk Natur in Hamburg sowie von Fortum in Stockholm betrieben werden, definiert der Wärmenetzbetreiber transparente Bedingungen für Dritte zum Ankauf von Wärme. Demgegenüber wird in Modellen zum Drittzugang, wie sie zeitweise insbesondere in Schweden diskutiert wurden, über regulatorische Bestimmungen ein Netzzugang für Dritte geschaffen. Die Durchleitung von Wärme durch dritte Wärmeproduzenten zum Endkunden, wofür der Netzbetreiber ein Netzentgelt enthält. Dieses Modell orientiert sich an den Regelungen des EnWG für die Bereiche Strom und Gas. Externe Wärmeerzeuger können dann analog zur Situation auf dem Strommarkt einen diskriminierungsfreien Zugang zu Wärmenetzen einklagen. Beide Modelle bieten im Einzelnen Chancen und Risiken, die in der Untersuchung näher beleuchtet werden. Best Practice Guide „Multikodierte Flächen für SDH“ Solar District Heating ist eine einfache, bewährte und kostengünstige Möglichkeit, Erneuerbare Energien in Fernwärmesysteme zu integrieren, wenn große Flächen zur Verfügung stehen und sogenannte einfache „Plug-and-Play-Lösungen“ realisiert werden können. Dieser Ansatz ist in Dänemark sehr erfolgreich. Abbildung 10: Plug&Play-Lösungen wie in Silkeborg in Dänemark 2017 realisiert (Quelle: Arcon-Sumark). 24 Die Übertragung dieses Ansatzes auf andere mitteleuropäische Länder ist bisher nur in wenigen Fällen gelungen. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die Flächenknappheit vor allem in urbanen Regionen ein großes Hindernis für die Umsetzung von SDH darstellt. Um diese Barrieren zu überwinden, werden politische Instrumente benötigt, um die Nutzung von städtischen Gebieten für SDH zu erleichtern - im besten Fall für einfache, große und kosteneffiziente Lösungen. Gleichzeitig erscheint es notwendig, Instrumente zu finden, die SDH auf Gebieten mit zusätzlichen Nutzungen ermöglichen - parallel und auf der gleichen Ebene mit SDH. Wir müssen unsere Perspektive und unser Verständnis der monovalenten Landnutzung neu überdenken, und wir müssen multikodierte Gebiete entwickeln. Diese Lösungen könnten auf den ersten Blick komplizierter, experimenteller und vielleicht teurer sein, aber die Transformation des Wärmesektors insbesondere in den städtischen Regionen könnte nur in Kooperationsmodellen mit anderen Landnutzungen erfolgreich sein. Die Entwicklung von SDH-Projekten scheitert oft an Platzmangel. In dicht besiedelten urbanen Areas wird Raum für viele andere konkurrierende Zwecke wie Wohnen, Verkehrsinfrastruktur, Industrie und Handel, Naturschutz oder - in den ländlicheren Gebieten - für die Landwirtschaft benötigt. Die SDH-Landflächenentwicklung und die doppelte Nutzung von Gebieten für SDH und andere Zwecke werden bisher im nationalen oder regionalen Planungsrecht oder anderen politischen Instrumenten kaum berücksichtigt. Beispiele aus verschiedenen Regionen der EU zeigen, dass Lösungen für die SDH-Landentwicklung und für die parallele Landnutzung durch SDH und andere Zwecke gefunden werden können und uns motivieren. Kategorien für multikodierte Bereiche für SDH sind:  große Dachflächen  große Infrastruktureinrichtungen  belastete oder kontaminierte Gelände oder Industriegebiete  Gebiete entlang Verkehrswegen  landwirtschaftliche Produktion  Naturschutz- und Wasserschutzgebiete Der Best-Practice-Guide soll ermutigen integrativer und kreativer über das Thema Doppelnutzung nachzudenken. 25 26 Coaching Coaching-Aktivität des Hamburg Instituts im 2017 in Thüringen Thüringen hat im Verlauf des Jahres 2017 den Entwurf für eine Integriertes Klima- und Energiestrategie sowie eines Landes-Klimaschutzgesetzes erarbeitet. Beide Dokumente sollen im Jahr 2018 von der Landesregierung bzw. dem Landtag beschlossen werden. Die Integrierte Klima- und Energiestrategie zielt darauf ab, die Klimaschutzziele des Landes in den einzelnen Sektoren zu operationalisieren. Unter anderem sieht der Entwurf des Landes-Klimaschutzgesetzes vor, eine Landes-Wärmestrategie zu entwickeln, mit welcher der Rahmen für eine Verminderung des Wärmebedarfs sowie einer verstärkten Nutzung von Erneuerbarer Wärme in Thüringen gesetzt werden soll, insbesondere in Bezug auf die Fernwärme. Im Rahmen des SDH-Projektes wurde das Hamburg Institut um ein Coaching zu der Frage gebeten, wie die gesetzlich vorgesehene Landeswärmestrategie ausgestaltet werden könnte, um die angestrebte Transformation des Wärmesektors möglichst effektiv zu unterstützen. In diesem Coaching-Prozess wird u.a. abgestimmt, welche Schritte bereits in der aktuell zu beschließenden Integriertes Klima- und Energiestrategie operativ umgesetzt werden sollten und welche Schritte lediglich prozedural verankert werden sollten und in den Folgejahren umzusetzen sind. Coaching-Aktivität des Hamburg Instituts im April 2017 in Graz/Österreich Im Rahmen eines internationalen Seminars „Fernwärme der Zukunft“ und des 3. Treffen der lokalen Stakeholder Advisory Group in Graz im April 2017 konnte Simona Weisleder vom Hamburg Institut einen Vortrage zum Thema Flächenbereitstellung für große thermische Solaranlagen halten. Die wichtigste Aufgabe dieser Gruppe ist die Unterstützung der Landesverwaltung beim Verfassen von politischen Empfehlungen in den Bereichen, wo das Land Steiermark Möglichkeiten hat, den Einsatz von solarthermischen Anlagen für die Fernwärme zu beeinflussen. Das sind: Kommunikation, rechtliche Fragen, Förderungen und Technik (im Rahmen von F&E-Fragestellungen) 27 Abbildung 11: Coaching in Graz April 2017 (Quelle: AEE INTEC). 28 Abbildung 12: Coaching in der lokalen Stakeholder Advisory Group in Graz April 2017 (Quelle: Skalicki). Coaching-Aktivität des Hamburg Instituts im Januar 2018 in Thüringen Am 25. Januar hielt Simona Weisleder vom Hamburg Institut zwei Coaching-Vorträge im Rahmen des Workshops zu Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten von Wärmenetzen mit Erneuerbaren Energien im Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz in Erfurt. Coaching Schwerpunkt war die Wirtschaftlichkeit von solarer Fernwärmeerzeugung und Projektfinanzierung für große Freiflächenanlagen. Abbildung 13: Coaching in Erfurt Januar 2018 (Quelle: Aline Kornmann/ Thüringen). 29 Marktunterstützende Instrumente (WP4) Studie „Solare Nachbarschaftsgewächshäuser“ Das Konzept „Solare Nachbarschaftsgewächshäuser“ integriert große Freiflächen-Solarkollektoren in ein multifunktionales Konzept, das aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen aufgreift. Die Gewächshäuser bieten einen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Mehrwert für die Anwohnerinnen und Anwohner und können so Akzeptanz für die Errichtung von großflächigen solarthermischen Anlagen schaffen. Die Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser schaffen einen Ort der Begegnung, einen Ort für den Anbau gesunder und regionaler Lebensmittel und einen Ort für die Produktion sauberer und erneuerbarer Wärme. Dazu werden die solarthermischen Anlagen in einem integrierten Konzept mit Gewächshäusern zur gemeinschaftlichen Bewirtschaftung verwirklicht. Damit bilden die Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser mehrere aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen ab und bieten eine neuartige Lösung für einen nachhaltigen städtischen Lebensstil. Das Konzept adressiert wesentliche menschliche Bedürfnisse nach gesunden und regionalen Lebensmitteln, nach einem warmen Zuhause und einem gemeinschaftlichen Zusammenleben. Zudem können niedrigschwellige Arbeitsplätze in peripheren Stadtrandlagen geschaffen werden. Abbildung 14: Solare Nachbarschaftsgewächshäuser (Quelle: Hamburg Institut). In der Studie wurden technische, wirtschaftliche und rechtliche Machbarkeit des Konzepts untersucht und zwei mögliche Standorte in Hamburg näher betrachtet. 30 Veranstaltungen, Workshops und Vorträge Konferenz "Erneuerbare Fernwärme in Großstädten" im April 2017 Am 3.April fand in Hamburg eine Fachkonferenz mit rund 170 Expert/innen zu Erneuerbaren Energien in großstädtischen Fernwärmesystemen statt, die das Hamburg Institut in Kooperation mit dem AGFW durchgeführt hat. Strategien und reale Beispiele aus internationalen und nationalen Vorreiterstädten haben gezeigt, wie die Transformation der urbanen Wärmeversorgung in Richtung Erneuerbarer Energien gelingt und welche Rolle die Fernwärme dabei spielen kann. Abbildung 15: Internationale Fachtagung 2017 in Hamburg (Quelle: Hamburg Institut). Workshop für Kapitalgeber „Finanzierung von großen Freiflächen-Solarthermieanlagen und Wärmenetzen“ im September 2016 Am 16.September fand in Kaltenkirchen bei Hamburg ein SDH Workshop in Kooperation mit dem MELUR, der IB.SH und dem Hamburg Institut mit über 40 Expert/innen zum Thema „Finanzierung von großen Freiflächen-Solarthermieanlagen und Wärmenetzen“ statt. Die Veranstaltung richtete sich gezielt an Kapitalgeber und hatte das Ziel, das Thema Solarthermie und deren Integration in bestehende und neu zu bauende Wärmenetze zu beleuchten sowie zuverlässige Lösungen für die Risikobewertung und damit der stabilen Finanzierung zu erörtern. 31 Abbildung 16: Referenten und Moderatorin des Workshops in Kaltenkirchen 2016 (Quelle: Hamburg Institut). Das Hamburg Institut hat bei zahlreichen Veranstaltungen national und internationale über das Projekt SDHp2m berichtet. 32 Ausblick in eine sonnige Zukunft Nach der umfangreichen und vielfältigen Arbeit die innerhalb des SDHp2m Projekts in der Metropolregion Hamburg geleistet wurde, schauen wir als Hamburg Institut sehr positiv in die Umsetzung der angeschobenen Projektideen. Das Themen Wärmewende und der Einsatz von großflächigen Solarthermieanlagen sind definitiv angekommen. Für die Metropolregion und speziell für die stetig wachsende Stadt Hamburg, ist das Thema der Flächenverfügbarkeit das entscheidende. Hier sieht sich die Freiflächensolarthermie in Konkurrenz zu einem sehr angespannten Wohnungsmarkt, der umfangreiche Wohnungsbautätigkeiten nach sich zieht, der wiederum zu einem enormen Druck auf wertvollen Flächen für Naturschutz, Landwirtschaft und Landschaft führt. Deswegen halten wir als Hamburg Institut den Ansatz der Mulitkodierung von Flächen für zielführend und auch auf andere Region in Deutschland und Europa für übertragbar. Wichtig sind die regulatorisch nötigen Anpassungen, um SDH wirklich zum Durchbruch zu verhelfen. Hier gehen einzelne Bundesländer, wie z.B. Thüringen im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit gutem Beispiel voran.

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Freitag, 1. Juni, 2018|

Solare Nah- und Fernwärme in Thüringen

1 SDHp2m … from policy to market Regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für die Mobilisierung von Investitionen in erneuerbare Wärmenetze in europäischen Regionen und Ländern Solare Nah- und Fernwärme in Thüringen Regionalbericht über Maßnahmen zur Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen, Finanzierungs- und Fördermaßnahmen sowie der Marktbereitung Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). 2 Informationen: Herausgeber: Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Mit Unterstützung des Hamburg Instituts Kontakt: Beethovenstraße 3, 99096 Erfurt Aktualisierung: Mai 2018 Deliverable: D3.3 und D4.3 Status: Öffentlich Projektwebseite: www.solar-district-heating.eu Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. 3 Inhalt Vorwort ................................................................................................................................................... 5 Was Thüringen antreibt........................................................................................................................... 6 Klimaschutz mit solarer Nah- und Fernwärme ........................................................................................ 8 Wärmenetze als Plattformen .............................................................................................................. 9 Wirtschaftlichkeit ................................................................................................................................ 9 Versorgungskonzepte und Einbindung von Solarthermieanlagen in Wärmenetze ............................ 9 Wärmenetze in Quartieren und Städten ....................................................................................... 10 Wärmenetze in kleinen Städten und ländlichen Regionen ........................................................... 10 Herausforderungen ........................................................................................................................... 10 Das Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market ................................................ 11 Alles beginnt mit einer Analyse der Ausgangssituation ........................................................................ 12 Nationale Rahmenbedingungen ........................................................................................................ 12 Thüringer Rahmenbedingungen ........................................................................................................ 14 Regionale Experten: Die Akteursgruppe „solare Nah- und Fernwärme“ .............................................. 15 Aufgaben der Akteursgruppe ............................................................................................................ 15 Zusammensetzung der Akteursgruppe ............................................................................................. 15 Sitzungen und Fachexkursion der Akteursgruppe............................................................................. 16 Auf dem Weg zu mehr solarer Nah- und Fernwärme – Maßnahmen und Aktivitäten ........................ 18 Regulatorische Maßnahmen ............................................................................................................. 18 Thüringer Klimagesetz ................................................................................................................... 18 Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie .............................................................................. 20 Förderprogramme ......................................................................................................................... 21 Informations- und Fachveranstaltungen ....................................................................................... 23 Marktunterstützende Maßnahmen .................................................................................................. 25 Broschüre „Zukunft Sonne!“ ......................................................................................................... 25 Thüringer Abwärmekataster und Thüringer Solarrechner ............................................................ 26 Servicestelle Solar .......................................................................................................................... 27 Konferenzen .................................................................................................................................. 27 Netzwerktreffen ............................................................................................................................ 29 Ausblick in eine sonnige Zukunft ........................................................................................................... 30 Quellen und Links .................................................................................................................................. 31 4 5 Vorwort Nachdem die Klimaveränderungen international und national spürbar werden und unsere Umwelt bedrohen, ist zügiges Handeln unabdingbar. Thüringen leistet dazu gemäß dem Ansatz think global – act local seinen Beitrag. Während das Thema der Energiewende mittlerweile in aller Munde ist, werden bereits große Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor erzielt. Auch der Wärmesektor bietet als schlafender Riese große Potentiale für die Energiewende. Um diese und andere Potentiale zu heben, bedarf es einer gezielten Energie- und Klimapolitik auch auf Länderebene. So spielt im Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz, das eine Festschreibung von Reduktionskorridoren für die Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 vorsieht, das Thema der Wärmeversorgung eine große Rolle. Thüringen engagiert sich unter anderem im EU Horizon 2020-Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market, welches auf einen Ausbau der solaren Wärmenetze in neun europäischen Regionen zielt, für die Wärmewende. Im Projekt SDHp2m arbeiten in den neun europäischen Partnerregionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien) 15 internationale Projektpartner aus den Bereichen Politik, Markt und Forschung zusammen. Um einen solchen kontinuierlichen Prozess auch in anderen Regionen zu unterstützen, beteiligt sich Thüringen am Wissens- und Erfahrungsaustausch. So sind in dieser Broschüre die Aktivitäten Thüringens zur Unterstützung der solaren Nah- und Fernwärme vor Ort vorgestellt und Handlungsmöglichkeiten beschrieben, die auch in anderen Regionen Deutschlands – unter Berücksichtigung der jeweiligen Ausgangsbedingungen – Anwendung finden können. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Dr. habil. Martin Gude Abteilungsleiter Energie und Klima im Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz 6 Was Thüringen antreibt Die Folgen des Klimawandels, die international und national mittlerweile bereits spürbar werden, bedrohen unsere Umwelt. Um dem entgegenzuwirken, wurde auf internationaler Ebene in Paris im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft erstmals ein Klimaabkommen beschlossen, welches eine Minderung und letztlich eine Begrenzung der Treibhausgasemissionen ab der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts vorsieht. Um diese Ziele zu erreichen, ist es notwendig, dass die Vertragsstaaten Ihren jeweiligen Beitrag leisten. Die föderale Struktur Deutschlands ermöglicht es, dass auch auf Bundesländerebene richtungsweisende Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele umgesetzt werden. So wird derzeit zum Beispiel der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz, welches erstmals verbindliche Ziele für eine Treibhausgasminderung auch auf lokaler Ebene vorsieht, im Parlament beraten. So möchte Thüringen seinen Beitrag zum Erreichen der internationalen Klimaschutzziele leisten und in der Entwicklung der Energiewende ein Vorreiter sein. So sieht der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz die Festschreibung von Reduktionskorridoren für die Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 vor. Bis 2030 sollen – ausgehend vom Basisjahr 1990 – die Treibhausgase um 60 bis 70%, bis zum Jahr 2040 um 70 bis 80% und bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95% reduziert werden. Außerdem soll das Energieversorgungssystem bis zum Jahr 2040 bilanziell auf 100% erneuerbare Energien umgestellt werden. Im Rahmen der Erarbeitung einer Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie sowie einer darin verankerten Wärmestrategie sollen konkrete Maßnahmen entwickelt werden um diese Ziele erreichen zu können. Abbildung 1: Zielkorridore für die Treibhausgasemissionsminderung in Thüringen nach dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz - eigene Darstellung Konkret müssen – um die Klimaschutzziele erreichen zu können – die beiden Säulen der Energiewende berücksichtigt werden. Neben der Stromwende muss also auch eine Wärmewende fokussiert werden, da insbesondere im Wärmesektor große Treibhausgaseinsparpotentiale liegen. Um diese Potentiale zu heben, verfolgt Thüringen 7 eine Doppelstrategie. So soll nicht nur der Wärmebedarf gesenkt, sondern auch den Anteil der erneuerbaren Energien und der Einsatz effizienter Technologien für die Wärmeversorgung gesteigert werden. Mit Blick auf das bestehende Energieversorgungssystem ist in Thüringen die Ausgangssituation für eine regionale Energiewende aus verschiedenen Gründen vorteilhaft: • Es existieren keine Kohle- oder Kernkraftwerke • Öl und Erdgas werden zu fast 100 % importiert • Strom wird zu 50 % importiert • Die Versorgungsunternehmen sind überwiegend in öffentlicher Hand • Es gibt einen hohen Anteil an Wärmenetzen Mit 23,6% wies Thüringen bereits im Jahr 2010 laut dem Energiemonitoring für Thüringen aus dem Jahr 2013 einen deutlich höheren Anteil erneuerbarer Energien im Wärmebereich auf als der Bundesdurchschnitt. Mit 96,5% stellt die Biomasse dabei den größten Anteil. Wie jedoch das Energiemonitoring für Thüringen ebenfalls zeigte, sind die Potentiale der Biomasse für die Wärmeerzeugung in Thüringen bereits nahezu ausgeschöpft - jene der Solarthermie und der Geothermie zum Beispiel jedoch noch unzureichend genutzt. Abbildung 2: Thüringen – Quelle: http://www.city-cover.com/Thueringen/Karte/karte-thueringen.png Bereits im Jahr 2014 wurde daher in Thüringen die Solarthermie-Initiative gestartet, welche auf einen Ausbau der Solarthermie abzielt und im Rahmen derer unter Einbindung von Wissenschaftlern, Experten und Unternehmen die Möglichkeiten zur Übertragung und Nutzung bestehender Erfahrungen speziell unter Thüringer Bedingungen diskutiert wurden. Mit der Teilnahme am Vorhaben SDHp2m intensiviert das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) seine Arbeit für eine regionale Wärmewende und fokussiert den Ausbau von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien wie der Solarthermie. 8 Klimaschutz mit solarer Nah- und Fernwärme Wärme aus Sonnenenergie - kurz Solarthermie - ist eine moderne und etablierte Form der klimafreundlichen erneuerbaren Energien, die in den letzten Jahren immer stärker zum Einsatz kommt. Mit Hilfe der Sonnenenergie kann sowohl warmes Wasser als auch Heizwärme umweltfreundlich bereitgestellt werden. Neben stabilen Wärmegestehungskosten bietet der Einsatz der Solarthermie weitere Vorteile, zum Beispiel ist sie • erneuerbar, • emissionsfrei und • flächeneffizient. Solarkollektoren können als Aufdach- oder Freiflächenanlagen installiert werden. Und neben der herkömmlichen Nutzung für die Warmwasserbereitung bzw. Heizungsunterstützung ist auch eine Anbindung großflächiger Solarthermieanlagen an ein Wärmenetz möglich. Dieser Ansatz ist z.B. in Dänemark bereits weit verbreitet und findet zunehmend auch in Deutschland Beachtung und Anwendung. Abbildung 3: Übersichtskarte der solaren Nah- und Fernwärme in Deutschland – Quelle: Solites 9 Wärmenetze als Plattformen Generell bieten Wärmenetze als infrastrukturelles Element eine gute Möglichkeit über die Biomasse hinaus auch andere erneuerbare Energien wie Solarthermie, Geothermie, Umweltwärme oder auch industrielle Abwärme in die regionale Wärmeversorgung einzubinden. Als Plattformen stellen sie eine Schlüsseltechnologie zur Steigerung der Energieeffizienz und des Anteils erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung in Städten, Quartieren oder ländlichen Regionen dar. In Kombination mit zentralen Wärmespeichern lassen sich so auch fluktuierende Energieträger in der Wärmeversorgung verlässlich nutzen und z.B. die solaren Deckungsgrade steigern. Abbildung 4: Wärmenetze als Plattforum zur Einbindung verschiedener Wärmeströme - Quelle: Hamburg Institut Wirtschaftlichkeit Neben CO2-Einsparungen bietet eine Einbindung der Solarthermie in Wärmenetze auch den Vorteil der Kostenstabilität für die Wärmeversorgung vor Ort. Da insbesondere fixe Investitionskosten anfallen, sind die Wärmegestehungskosten ab dem ersten Betriebstag stabil. Und so stehen der hohen Kapitalintensität von Investitionen in Wärmenetze mit erneuerbaren Energien auch die Vorteile großer Planungssicherheit und stabiler Wärmegestehungskosten gegenüber. Versorgungskonzepte und Einbindung von Solarthermieanlagen in Wärmenetze Wärmenetz-Versorgungskonzepte können sich auf ländliche Regionen (Energiedörfer), größere Städte oder Stadtquartiere beziehen und unterscheiden sich von Fall zu Fall – je 10 nach regionalen Rahmenbedingungen. Grundsätzlich kann bei der Integration von Solarthermie in Wärmenetze jedoch zwischen einer zentralen und einer dezentralen Einbindung unterschieden werden. Während bei der zentralen Einbindung die Solarthermieanlage in der Nähe der Heizzentrale liegt und direkt dort in das System einspeist, kann bei einer dezentralen Einbindung die Solarthermieanlage auch an einer anderen Stelle im Wärmeversorgungssystem liegen. Dennoch gilt es, Wärmeverluste beim Transport der solaren Wärme zu vermeiden und für eine Installation von Solarkollektoren eigenen sich so insbesondere Flächen in Verbrauchsnähe. Wärmenetze in Quartieren und Städten Zum einen begünstigen hohe Wärmebedarfsdichten in Städten einen wirtschaftlichen Einsatz von erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung. Da insbesondere die Wärmenetzverlegungskosten einen großen Einfluss auf die Wärmegestehungskosten haben, begünstigt zum anderen das Vorhandensein von Wärmenetzen niedrige Wärmegestehungskosten. Durch die Einbindung großflächiger Solarthermie können zum Beispiel Brennstoff- und damit CO2-Einsparungen erzielt werden. Auch in Neubau- oder Sanierungsgebieten kann quartiersweise eine Wärmeversorgung über Wärmenetze mit erneuerbaren Energien wie der Solarthermie erfolgen. Ein hoher Gebäudestandard kann niedrige Netztemperaturen zulassen, was wiederum eine Einbindung der Solarthermie begünstigt. Werden auch saisonale Wärmespeicher integriert, können hohe solare Deckungsgrade erzielt werden. Wärmenetze in kleinen Städten und ländlichen Regionen Auch in kleinen Städten und ländlichen Regionen kann sich eine Wärmeversorgung über solare Wärmenetze anbieten. Interessant ist dort oftmals die Kombination von Biomasseheizwerken und Solarthermieanlagen, so dass die Wärmeversorgung zu sehr großen Teilen auf erneuerbaren Energien beruhen kann. Herausforderungen Während mit großflächigen Solarthermieanlagen bereits konkurrenzfähige Wärmegestehungskosten erzielt werden können, stellt die Verfügbarkeit von Flächen für die Installation der Solarkollektoren eine besondere Herausforderung dar. Anders als bei der Nutzung von Photovoltaik ist es für die Nutzung von Solarthermie von Vorteil, wenn die Solarkollektoren in der Nähe der zu versorgenden Wärmesenke installiert werden um Wärmeverluste über die Netze zu minimieren. 11 Das Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market Das EU Horizon 2020-Projekt SDHp2m (Solar District Heating … from policy to market) zielt auf einen Ausbau der solaren Wärmenetze in neun europäischen Regionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien). Konkret werden in den Projektregionen regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für erneuerbare Wärmenetze entwickelt und implementiert. Essentieller Teil des Projekts ist keine investive Förderung sondern eine Unterstützung regionaler Akteure bei der Umsetzung von Projekten. Dazu arbeiten in den neun europäischen Regionen 15 internationale Projektpartner aus den Bereichen Politik, Markt und Forschung zusammen. Abbildung 5: Deckblatt des Projektfaltblatts – abrufbar unter http://solar-district-heating.eu/Portals/3/SDH-Leaflet_2016_D.pdf 12 Alles beginnt mit einer Analyse der Ausgangssituation Nationale Rahmenbedingungen Die Bundesrepublik Deutschland hat über 82,5 Millionen Einwohner/innen und besteht aus 16 Bundesländern. Im November 2016 verabschiedete die Bundesregierung den Klimaschutzplan 2050. Damit ist Deutschland eines der ersten Länder, die die im Pariser Abkommen geforderte Klimaschutzlangfriststrategie erstellt und bei der UN vorgelegt haben. Deutschlands Langfristziel ist es, bis zum Jahr 2050 weitgehend treibhausgasneutral zu werden. Die Energiewende in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte – wenn man nur den Strombereich betrachtet. Hier liegt der aktuelle Anteil der Erneuerbaren Energien bei rund 35%. Der Wärmebereich rückt langsam in den Fokus – noch liegt hier der Anteil bei nur 13%. Fernwärmenetze sind als Infrastrukturelement zur kostengünstigen und flexiblen Integration von Erneuerbaren Energien in das Energiesystem gut geeignet. Der Transformationsprozess dieser Infrastruktur ist eine der großen Herausforderungen für die Wärmewende in den nächsten Jahrzehnten. Es gibt mehr als 1.500 Fernwärmenetze in Deutschland. In nur etwa 40 großen Netzen findet 85% des Absatzes statt. Das heißt vor allem die großen städtischen Netze sollten in den Fokus genommen werden. Doch auch Nahwärmenetze, z.B. in ländlichen Regionen bieten eine gute Möglichkeit den Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmeversorgung zu steigern. Der rechtliche Rahmen zur Integration der Erneuerbaren Energien in die Fernwärme ist in Deutschland noch unterentwickelt. Aufgrund mangelnder Besteuerung fossiler Brennstoffe haben diese einen hohen Kostenvorteil gegenüber erneuerbaren Energien, die in der Regel mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden sind. Ein ordnungsrechtlicher Rahmen zur Förderung Erneuerbarer Fernwärme ist nur rudimentär vorhanden. Es bestehen auf Bundesebene keine Verpflichtungen zum Einsatz von Erneuerbaren Energien im Gebäudebestand. Eine entsprechende Verpflichtung im Neubau ist auf einen 10%-Anteil begrenzt, der zudem auch durch den Einsatz von Effizienztechnologien ersatzweise erbracht werden kann. Fernwärmenetzbetreiber sind weder direkt noch indirekt veranlasst, einen Mindestanteil an erneuerbaren Energien in ihre Systeme zu integrieren. Das Förderungsrecht ist zudem stark auf die konventionelle Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf Basis fossiler Brennstoffe ausgerichtet. Für viele Versorger bietet die Förderung dieser Anlagen nach wie vor die besten Bedingungen, so dass Investitionen weiterhin verstärkt eher entsprechende Anlagen als in die erneuerbare Fernwärme-Erzeugung fließen. Durch die letzte Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungs- 13 Gesetzes und die Einführung von Ausschreibungen von „innovativer KWK“ wurden jedoch auch Erneuerbare Energien förderungsfähig, wodurch neue Impulse erwartet werden. Das deutsche Planungsrecht bietet ausreichende Möglichkeiten, um solarthermische Großanlagen umzusetzen. Verbesserungen sind jedoch insbesondere auf der Ebene der Landesplanungsgesetze wünschenswert, um eine hinreichende Flächenkulisse für quantitativ relevante Erzeugungsbeiträge bereitstellen zu können. Ebenso existiert in Deutschland noch keine rechtlich verbindliche kommunale Wärmeplanung, so dass auch in den meisten Kommunen bislang keine entsprechenden konzeptionellen Überlegungen oder planerische Festsetzungen getroffen wurden. Die Fördersituation in Deutschland ist zurzeit sehr komfortabel. Verschiedene Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bieten lukrative Zuschüsse an (u.a. KfW 273, 432). www.kfw.de Die nationale Klimaschutzinitiative NKI fördert mit Klimaschutzkonzepten und Klimaschutzteilkonzepten die Erstellung von Konzepten. www.klimaschutz.de Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat unlängst ein Förderprogramm aufgelegt, was erstmalig einen systemischen Ansatz zur Wärmewende fördern soll: Wärmenetze 4.0. http://www.bafa.de/DE/Energie/Energieeffizienz/Waermenetze/waermenetze_node.html Für die Planung und die Umsetzung von Wärmenetzen und Produktionsanlagen für erneuerbare Wärme existieren in den Bundesländern verschiedene Arten der Förderung. Die Förderprogramme der Länder werden in vielen Fällen teilweise durch Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Auf kommunaler Ebene der von den Stadtwerken können auch weitere Fördermittel bereitstehen. Bei der Betrachtung der Förderungen ist zu beachten, dass eine Förderung des Bundes (z.B. KfW Erneuerbare Energien – Premium) den Landesförderungen vorausgeht. Des Weiteren sind bei jedem spezifischen Projekt die genauen Förderbedingungen und die Beihilfegrenzen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) zu beachten. 14 Thüringer Rahmenbedingungen Zu Beginn des Projekts SDHp2m wurden, wie auch für alle anderen Projektregionen, die Grundlagen für einen Einsatz von Solarthermie in Wärmenetzen in Thüringen untersucht. Laut dem Gebäudereport Thüringen aus dem Jahr 2012 und dem Energiemonitoring für Thüringen aus dem Jahr 2013 existieren viele die solare Nah- und Fernwärme begünstigende Rahmenbedingungen, u.a. die folgenden: • Die Siedlungsstruktur Thüringens ist von ländlichen Regionen geprägt • Ein- und Zweifamilienhäuser nehmen etwa 60% und Mehrfamilienhäuser etwa 40% der Wohnfläche in Thüringen ein o Ein- und Zweifamilienhäuser werden überwiegend mit Gas beheizt, wobei ca. 75% der Heizkessel vor dem Jahr 2000 eingebaut wurden o Ca. 50% der Fläche in den Mehrfamilienhäusern wird fernwärmebeheizt • Im Jahr 2012 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Fernwärme ca. 14% • Im Jahr 2010 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmeversorgung bereits 23,6%, wovon Biomasse mit 96,5% den Hauptanteil stellte • Die regionalen Potentiale der Biomasse sind nahezu ausgeschöpft • In Thüringen bestehen große, bisher ungenutzte Potentiale für einen Einsatz von Solarthermie und Geothermie Diese Betrachtungen zeigen, dass die Rahmenbedingungen für einen Einsatz erneuerbarer Energien in Wärmenetzen sowohl in ländlichen Regionen als auch in Städten vielversprechend sind. So wurde auch bereits im Jahr 2014 die Thüringer Solarthermie-Initiative gegründet, deren Ziel ein verstärkter Ausbau der Solarthermie auch in Wärmenetzen in Thüringen ist. Aktuell ist in Thüringen eine Solarthermieanlage, die in ein Fernwärmenetz einspeist, in Betrieb. Die Vakuumröhrenkollektoren der Pilotanlage sind mit einer Kollektorfläche von 99m² auf dem Dach eines Betriebsgebäude der Stadtwerke Jena installiert und speisen die Wärme direkt in das Fernwärmenetz ein. Abgesehen von diesen ersten Betriebserfahrungen werden in Thüringen verschiedene Machbarkeitsstudien, die auch das Thema Solarthermie in Wärmenetzen berücksichtigen, erarbeitet. Darüber hinaus sind weitere Projekte in der Konzeption. Im Folgenden werden die Aktivitäten des TMUEN beschrieben, die zum einen auf eine Unterstützung der laufenden Aktivitäten zu Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien in Thüringen und letztlich auf eine Intensivierung des Ausbaus der solaren Nah- und Fernwärme abzielen. 15 Regionale Experten: Die Akteursgruppe „solare Nah- und Fernwärme“ Im Projekt SDHp2m ist es vorgesehen, dass jede teilnehmende Region eine Akteursgruppe „Solare Nah- und Fernwärme“ ins Leben ruft. Auch in Thüringen wurde diese Akteursgruppe zu Beginn der Projektlaufzeit im Jahr 2016 gegründet. Aufgaben der Akteursgruppe Aufgabe der Akteursgruppen ist es, die jeweiligen regionalen Projektpartner, konkret das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz bei der Durchführung des EU-Projekts SDHp2m zu unterstützen und zu beraten. Grundsätzliches Ziel des Projekts SDHp2m ist eine Umsetzung von marktunterstützenden Maßnahmen um Investitionen in Projekte zu Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien anzuregen, sodass eine praxisnahe Beratung durch Experten sehr hilfreich ist. Doch auch unabhängig von der Notwendigkeit einer praxisnahen Beratung zur Umsetzung von unterstützenden Maßnahmen vor Ort bietet die Einrichtung einer Akteursgruppe eine sehr gute Möglichkeit für einen perspektivreichen Fachaustausch. Zum Beispiel kann eine Akteursgruppe in den folgenden Bereichen Unterstützung leisten: • Analyse der Ausgangssituation in Bezug auf die Rahmenbedingungen für Solarthermie in Wärmenetzen • Mitwirkung bei der Entwicklung einer Strategie und eines thematischen Aktionsplanes • Empfehlung/Initiierung konkreter Maßnahmen mit dem Ziel, die Nutzung der Solarthermie in Wärmenetzen zu forcieren, • Stellungnahme zu Projekten und Vorhaben • Unterstützung bei der Veröffentlichung der Projektergebnisse Zusammensetzung der Akteursgruppe Thüringens Akteursgruppe zum Thema solare Nah- und Fernwärme umfasst ca. 15 Mitglieder und setzt sich aus regionalen Experten und Entscheidungsträgern zusammen. Repräsentiert sind regionale Vertreter aus Forschungseinrichtungen, von Energieversorgern, Energiegenossenschaften und aus der Wohnungswirtschaft, sowie Planer und Vertreter von Kommunen, des VKU, der IHK, ThEEN e.V. und der ThEGA. Um eine faire und transparente Besetzung der Akteursgruppe zu gewährleisten, wurde eine Bekanntmachung über die 16 Konstituierung der Akteursgruppe auf der Webseite des TMUEN veröffentlicht sowie ein Rundschreiben an alle relevanten Akteure gesandt. Sitzungen und Fachexkursion der Akteursgruppe Insgesamt sollen in der Projektlaufzeit 5 Sitzungen der Akteursgruppe abgehalten werden und das Projekt in den Phasen der Vorbereitung und der Umsetzung begleiten. Diese werden durch den regionalen Projektpartner organisiert und vorbereitet. Bisher fanden drei Sitzungen und eine Fachexkursion der Thüringer SDHp2m-Akteursgruppe statt. In der ersten konstituierenden Sitzung im April 2016 wurde eine inhaltliche Einführung zur solaren Nah- und Fernwärme gegeben und das Projekt SDHp2m vorgestellt. Auch Aufgaben, Zusammensetzung und Arbeitsweise der Akteursgruppe wurden besprochen und in einer Geschäftsordnung festgehalten. Zudem wurden die geplanten Aktivitäten des TMUEN im Rahmen des Projekts SDHp2m erläutert. Um auch den Mitgliedern der Akteursgruppe die Möglichkeit zur fachlichen Fortbildung anzubieten, wurde die zweite Sitzung der Akteursgruppe im März 2017 mit einer Fachexkursion kombiniert. In Zusammenarbeit mit der ThEGA konnte eine Fachexkursion zu derzeit in Deutschland größten in Betrieb befindlichen Solarthermieanlage nach Senftenberg angeboten werden. Dort gaben Anlagenbetreiber und Kollektorhersteller Einblicke in die Entstehungsgeschichte und die Betriebserfahrungen der im Jahr 2016 in Betrieb genommenen Anlage. Auch das Solarkollektorfeld konnte von den Exkursionsteilnehmern besichtigt werden. Im zweiten Teil der Veranstaltung widmete sich die zweite Sitzung der regionalen Akteuresgruppe den strategischen Fragen zur SDHp2m-Projektumsetzung. So wurden bisherige Projektergebnisse vorgestellt und weitere mögliche Aktivitäten des TMUEN diskutiert. Auch positiv bewertet wurde die Kombination der dritten Sitzung der Akteursgruppe mit einem Fachworkshop zu „Förder-und Finanzierungsmöglichkeiten von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien“ im Januar 2018, bei dem auch zwei Coaching-Vorträge durch das Hamburg Institut gehalten wurden. So sollen auch die folgenden Sitzungen der Akteursgruppe mit Veranstaltungen zum Thema der solaren Nah- und Fernwärme kombiniert werden um einen Fachbezug der Projektarbeit zu gewährleisten. Die letzte Sitzung der regionalen Akteursgruppe im Winter 2018 soll sich insbesondere der Frage widmen, wie nach Projektende die Aktivitäten zur Unterstützung der solaren Nah- und Fernwärme auf Landesebene gestaltet werden können. 17 Abbildung 6a,b und c: Exkursion und 2. Sitzung der regionalen Akteursgruppe Thüringen 18 Auf dem Weg zu mehr solarer Nah- und Fernwärme – Maßnahmen und Aktivitäten Regulatorische Maßnahmen Neben der Umsetzung marktunterstützenden Maßnahmen, die weiter unten in diesem Dokument erläutert werden, verfolgt Thüringen auch verschiedene Aktivitäten um verbesserte Rahmenbedingungen für einen Einsatz erneuerbarer Energien im Wärmeversorgungssystem zu etablieren. Diese werden im Folgenden beschrieben. Thüringer Klimagesetz Im Jahr 2017 wurde vom TMUEN ein Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz erarbeitet, welcher von der Landesregierung diskutiert, positiv bewertet und im Januar 2018 dem Landtag für eine weitere Diskussion und Beschlussfindung übergeben wurde. Der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz, welcher seit Februar 2018 im Landtag in den Fachausschüssen beraten wird, könnte einen essentiellen Teil der Thüringer Energie- und Klimapolitik hinsichtlich der Themen erneuerbare Energien und auch solare Nah- und Fernwärme bilden. Der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz beinhaltet, u.a. die folgenden Eckpunkte: • Reduktionskorridore für den Ausstoß von Treibhausgasen um 80 bis 95% bis 2050 im Vergleich zu den Emissionen im Jahr 1990 • Umstellung des Energieversorgungssystems auf bilanziell 100% erneuerbare Energien bis 2040 • Vorbildfunktion der öffentlichen Verwaltung, insbesondere im Hinblick auf die Klimaneutralität der Landesregierung bis 2030 • Entwicklung regionaler Klimakonzepte, Wärmeanalysen oder Wärmekonzepte in Kommunen • Entwicklung von Versorgungskonzepten durch regionale Versorger • Umsetzung eines klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 • Etablierung von Klimaanpassungsmaßnahmen Das Klimagesetz zielt unter anderem auf die Treibhausgaseinsparpotentiale des Wärmesektors ab. Diese Potentiale können jedoch nur in Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren gehoben werden: Laut dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz können 19 Kommunen daher Wärmeanalysen anstellen und Wärmeversorgungskonzepte erarbeiten. Kommunen und Landkreise können ihre Klimaschutzkonzepte aktualisieren oder derartige Konzepte neu entwickeln, welche wiederum Aspekte der nachhaltigen Wärmeversorgung vor Ort berücksichtigen können. Diese Klimaschutzkonzepte sollten beschreiben, wie die Emissionen von Treibhausgasen reduziert und die Anteile der erneuerbaren Energien an der Energiebereitstellung gesteigert werden können. Darüber hinaus sollten Wärmeanalysen für Kommunen auf der einen Seite eine Analyse existierender Wärmesenken und auf der anderen Seite eine Analyse möglicher Wärmequellen beinhalten. Wärmekonzepte sollten Maßnahmen zur Reduzierung des Wärmebedarfs und zur Steigerung des Einsatzes erneuerbarer Energien beinhalten. In diesem Zusammenhang ist mit einer Umsetzung von Klimaschutzprojekten zu rechnen. Abbildung 7: Zielkorridore für die Treibhausgasemissionsminderung in Thüringen nach dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz - eigene Darstellung Darüber hinaus sollen regionale Energieversorger laut dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz künftig Versorgungskonzepte entwickeln um das Ziel der Umgestaltung des Thüringer Energieversorgungssystems hin zu bilanziell 100% erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2040 erreichen zu können. Die Versorgungskonzepte, welche mindestens alle zehn Jahre aktualisiert werden müssen, sollen unter anderem auch konkrete Schritte zur Umsetzung der genannten Maßnahmen beschreiben. Betreiber von Wärmenetzen sollen laut dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz künftig Produktinformationen, wie dem eingesetzten Anteil der erneuerbaren Energien und den Umweltwirkungen (CO2-Emissionen und Primärenergiefaktor), für Verbraucher zugängig machen und veröffentlichen. Gebäudeeigentümer sollen künftig unter Berücksichtigung Ihrer ökonomischen Möglichkeiten sicherstellen, dass 25% des spezifischen Wärmebedarfs bis 2030 durch erneuerbare Energien gedeckt werden um die angestrebte Klimaneutralität im Gebäudebestand erreichen zu können. Dieser Zielwert kann über einen Anschluss an ein 20 Wärmenetz, welches mehr als 25% der Wärme über erneuerbare Energien bereitstellt, sichergestellt werden. Diese verschiedenen Aktivitäten sollen nicht nur zu Energieeinsparungen sondern auch zu einer Etablierung effizienter Technologien und erneuerbarer Energien im Wärmeversorgungssystem führen. Während der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz konkrete Klimaschutzziele festschreibt, werden keine konkreten Maßnahmen oder Schritte zur Umsetzung von Maßnahmen beschrieben. Aus diesem Grund ist im Gesetzentwurf die Erarbeitung der Integrierten Energie- und Klimastrategie verankert, welche in Anlehnung an den Gesetzentwurf konkrete Maßnahmen für Thüringen beinhalten soll. Ein Entwurf der Integrierten Energie- und Klimastrategie wurde im Jahr 2017 in Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren und Experten sowie der breiten Öffentlichkeit erarbeitet. Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie Unter Einbindung regionaler Akteure und der Öffentlichkeit wurde im Jahr 2017 der Entwurf einer Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie (IEKS), welche konkrete Maßnahmen für die erfolgreiche Umsetzung der im Klimagesetz gesteckten Klimaschutzziele beinhalten soll, erarbeitet. In einem mehrstufigen Prozess, konkret in zwei Workshop-Reihen mit Experten, weiteren Zielgruppenworkshops und unter Einbeziehung regionaler Akteure über den Online-Dialog und über den Klimapavillon wurde ein erster Entwurf der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie erarbeitet. Abbildung 8: Entwicklungsprozess zum Entwurf der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie Thüringen - eigene Darstellung 21 Inhaltlich wird auch das Thema Wärmenetze mit erneuerbaren Energien im Entwurf der IEKS berücksichtig. Im Handlungsfeld „Energieversorgung“ sind neun Maßnahmen aufgeführt, welche einen Ausbau der solaren Nah- und Fernwärme direkt und indirekt unterstützen und so auch der Umsetzung der im Klimagesetz gesteckten Emissionsminderungsziele dienlich sein können. • Erstellung von Konzepten zur CO2-neutralen Wärmeversorgung für öffentliche Wärmenetze und transparente Produktinformationen der Wärmeversorgung • Unterstützung des Ausbaus von lokalen Wärmenetzen auf Basis erneuerbarer Energien • Koordinierungsstelle und Dialogforum Energiewende • Pilotprojekt zur Umstellung von vorhandenen heißen Wärmenetzen auf kalte Netze • Strategieentwicklung zur Aufrechterhaltung der Systemstabilität des Energiesystems durch die Integration von Flexibilitätsoptionen inklusive Sektorenkopplung • Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten zur Entwicklung von Erneuerbaren-Energien-Projekten, Energieeffizienzprojekten, Kraft-Wärme-Kopplungsprojekten und Projekten zur Nutzung von Abwärme • Entwicklung eines innovativen Pilotprojekts zur Einbindung von Geothermie in hybride Energieanlagen • Fortführung und Weiterentwicklung von Programmen zur Förderung der Solarenergienutzung vor Ort • Bereitstellung landeseigener Flächen zur Nutzung erneuerbarer Energien Förderprogramme Derzeit sind in Thüringen drei für die solare Nah- und Fernwärme direkt oder indirekt relevante Förderprogramme, welche aktuelle Bundesförderprogramme ergänzen, vorhanden. Die Förderprogramme Green Invest, Solar Invest und Klima Invest des TMUEN zielen auf unterschiedliche inhaltliche Aspekte der nachhaltigen Wärmeversorgung und dabei auch auf unterschiedliche Zielgruppen ab: • Im Rahmen des Thüringer Förderprogramms Green Invest können modellhafte Vorhaben zur Reduzierung von energiebedingten CO2-Emissionen unter Anwendung neuer Energie- und Energieeinspartechnologien mit Multiplikatoreneffekt in Unternehmen gefördert werden. Auch Studien, soweit sie Voraussetzung für die Durchführung bzw. den Nachweis des Erfolges des Demonstrationsvorhabens sind, sind im Rahmen des Programms förderbar. Ziel ist eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieerzeugung und -nutzung in Thüringen. 22 • Im Rahmen des Thüringer Förderprogramms Solar Invest können unter anderem Neu- bzw. Erweiterungsinvestitionen in saisonale solarthermische Energiespeichersysteme gefördert werden. Ziel ist die Unterstützung neuer Energieerzeugungs- und Verbrauchskonzepte und damit eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieerzeugung und - nutzung in Thüringen. Besondere Fördersätze gelten für Bürgerenergiegenossenschaften. • Im Rahmen des Thüringer Förderprogramms Klima Invest können Städte und Gemeinden Thüringens eine Förderung für regionale Klimaschutzaktivitäten erhalten. Eine Festbetragsförderung ermöglicht zunächst den Einstieg in Aktivitäten zum Klimaschutz, zum Beispiel im Rahmen einer Erstberatung. Darauf aufbauend können etwa Klimaschutzkonzepte oder Wärmeanalysen und -konzepte gefördert werden. Abbildung 9: Faltblätter zu den Thüringer Förderprogrammen Solar Invest, Green Invest und Klima Invest 23 Informations- und Fachveranstaltungen Im Rahmen des SDHp2m-Projekts werden verschiedene Informationsveranstaltungen für die Thüringer Akteure organisiert. Neben verschiedenen Fachworkshops werden auch Fachexkursionen angeboten. Ein Workshop, der sich an Vertreter von Stadtwerken, Genossenschaften, des Wohnungsbaus richtete und zu dem auch die Vertreter der regionalen Akteursgruppe eingeladen waren, widmete sich zum Beispiel den „Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien“. Im Januar 2018 konnten sich etwa 30 Teilnehmer über die ökonomischen Aspekte der Wärmeversorgung über ein Wärmenetz mit erneuerbaren Energien informieren. Zum Thema Wirtschaftlichkeit der solaren Fernwärmeerzeugung und der Projektfinanzierung für große Freiflächenanlagen wurden zwei Coaching-Beiträge durch das Hamburg Institut beigesteuert. Über die aktuellen und relevanten Förderprogramme des Landes und des Bundes informierte die Thüringer Aufbaubank. Auch eine Übersicht über die Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten des künftig verfügbaren Thüringer Solarrechners wurde von der Thüringer Energie- und GreenTech Agentur ThEGA vorgestellt. Eine thematische Aufbauveranstaltung zu technischen und organisatorisches Aspekten der Wärmeversorgung über Wärmenetze mit erneuerbaren Energien ist für Sommer 2018 geplant. Es ist vorgesehen, den Teilnehmern an Hand der Vorstellung von Praxisbeispielen und Erfahrungsberichten und auch mit internationalen Coaching-Beiträgen mögliche Wege zur Umsetzung von Projekten aufzuzeigen. Abbildung 10a und b: Workshop zu Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien am 25.01.2018 im TMUEN Für Thüringer Akteure werden neben verschiedenen Fachworkshops auch unterschiedliche Fachexkursionen angeboten. So wurde auch Vertretern von Stadtwerken, Genossenschaften, des Wohnungsbaus und weitere Interessenten im März 2017 eine Teilnahme an der Fachexkursion der regionalen Akteursgruppe zur derzeit in Deutschland größten in Betrieb befindlichen Solarthermieanlage nach Senftenberg angeboten. 24 Für Akteure aus dem Bereich der städtischen Fernwärme wurde in Zusammenarbeit mit dem AGFW im Herbst 2017 eine Fachexkursion zu den Stadtwerken Chemnitz angeboten, bei der über die Besichtigung der Wärmeversorgungskomponenten hinaus auch Fachvorträge angeboten wurden. Den Teilnehmern konnte so ein intensiver Einblick z.B. in die Entstehungsgeschichte der Anlage, das Anlagenkonzept und das Betriebsverhalten gewährt werden. Abbildung 11: Fachexkursion nach Chemnitz Mit Blick auf die ländlichen Regionen Thüringens wurde Thüringer Akteuren für März 2018 eine Fachexkursion in das nahe gelegene bayrische Hallerndorf angeboten. Das dortige Wärmeversorgungssystem beruht auf einem Nahwärmenetz, das zu 100% mit erneuerbaren Energien – konkret aus Biomasse und Solarthermie – versorgt wird. Im weiteren Projektverlauf sind zielgruppenspezifische Informationsveranstaltungen und Exkursionen, z.B. für Vertreter von Genossenschaften und des Wohnungsbaus geplant. Auch sollen der solaren Nah- und Fernwärme verwandte Themen, z.B. Wärmespeicher, verstärkt berücksichtigt werden um ein breites Fachwissen rund um das Thema der solaren Nah- und Fernwärme zu generieren. 25 Marktunterstützende Maßnahmen Neben der Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für einen Einsatz von erneuerbaren Energien im Wärmeversorgungssystem, die weiter oben in diesem Dokument erläutert wurden, verfolgt Thüringen auch Aktivitäten zur Unterstützung von regionalen Akteuren einer möglichen Projektumsetzung. Diese werden im Folgenden beschrieben. Broschüre „Zukunft Sonne!“ Bereits im Energiemonitoring für Thüringen wurde festgestellt, dass der vergleichsweise hohe Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmebereitstellung für Thüringen fast ausschließlich durch Biomasse aufgebracht wird. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Potentiale zur Erzeugung von Wärme aus Biomasse und Reststoffen im Land weitgehend ausgeschöpft sind, jene der Solarthermie jedoch unzureichend genutzt werden. Darauf aufbauend wurde mit lokalen Akteuren (Wissenschaftler, Experten, Stadtwerke) der Einsatz von Solarthermie in Bestandsnetzen, in größeren Bestandsgebäuden und für Insellösungen mit neuen Wärmenetzen diskutiert und gemeinschaftlich der Fragen-Antworten-Katalog entworfen. Auch wurden drei konkrete Fallstudien für die Nutzung von Solarthermie für die Wärmeversorgung über Wärmenetze erarbeitet. Abbildung 12: Deckblatt der Broschüre "Zukunft Sonne!" Grundsätzlich liegen auf Akteursseite in Thüringen erste Erfahrungen mit solarunterstützten Wärmenetzen vor. Zusätzlich sollen potentielle Akteure, die eventuell noch auf unkonkretes Wissen in diesem Bereich zurückgreifen, unterstützt werden. Aus diesem Grund erfolgte im 26 Rahmen des SDHp2m-Projekts eine Drucklegung und Veröffentlichung des Handouts „Zukunft Sonne!“, welche sowohl den Fragen-Antworten-Katalog als auch die drei erarbeiten Fallstudien enthält. Dieses Handout für Kommunen, das sich im Fragen-Antworten-Katalog „Solarthermie und Fernwärme“ mit den technischen, ökonomischen und rechtlichen Aspekten der Einbindung von Solarthermie in Wärmenetze befasst, soll potentielle Akteure befähigen selbst aktiv zu werden und verschiedene Einbindungsvarianten von solarthermischen Anlagen in Wärmenetze auszuwerten und zu vergleichen. Die drei Fallstudien schaffen schließlich einen Übergang von den theoretischen zu den praktischen Fragestellungen in Bezug auf die solare Nah- und Fernwärme. Das Handout ist nicht nur für Kommunen geeignet, sondern auch für andere potentielle Akteure wie Energieversorger, Wärmenetzbetreiber oder Genossenschaften und stellt insgesamt eine grundlegende Akzeptanz- bzw. Informationsmaßnahme dar. Um darüber hinaus die Thüringer Akteure bei der Planung und Umsetzung von Wärmenetzprojekten zu unterstützen, wurden und werden verschiedene Tools, wie das Thüringer Abwärmekataster und der Thüringer Solarrechner entwickelt. Thüringer Abwärmekataster und Thüringer Solarrechner Bereits im Jahr 2017 wurde das Thüringer Abwärmekataster, welches eine verstärkte Nutzung von Abwärme über Wärmenetze fokussiert, als webbasierte Anwendungssoftware entwickelt und zur Nutzung bereitgestellt. Im Sommer 2018 soll nun auch der Solarrechner, ebenfalls als webbasierte Anwendungssoftware, welche für alle vom Anwender ausgewählten und potentiellen geeigneten Dächer und Freiflächen im Freistaat die konkreten Strom- oder Wärmeerträge sowie die Wirtschaftlichkeit der PV- bzw. der Solarthermie-Anlagen berechnet, veröffentlicht werden. Grundlage für die Berechnung der Solarerträge bilden die Daten der jeweils jüngsten Laserscanbefliegung Thüringens im Auftrag des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation. Der Solarrechner dient der Initialisierung einer verstärkten Eigenerzeugung von Solarstrom und –wärme. Potentielle Nutzergruppen für die Bewertung von Dachflächen sind private Gebäudeeigentümer ebenso wie Unternehmen und die öffentliche Hand. Die Freiflächenberechnung ist in erster Linie für Planungs- und Projektierungsunternehmen, Stadtwerke, Bürgerenergiegenossenschaften, Betreiber von Gewerbegebieten und andere Unternehmen mit geeigneten nicht betriebsnotwendigen Flächen konzipiert. Die Webanwendung wird voraussichtlich Ende Mai 2018 nutzungsfähig sein. Gegenwärtig laufen die automatisierte wie auch die manuelle Prüfung der ins Web eingestellten Beta- 27 Version des Solarrechners. Zudem wird ein Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit bezüglich des Rechners vorbereitet. Servicestelle Solar In Umsetzung seiner langfristigen Strategie zur Initialisierung einer verstärkten Eigenerzeugung sowie zum Ausbau der Nutzung von Solarstrom und –wärme generell richtet das TMUEN in der Thüringer Energie- und GreenTech Agentur ThEGA ab sofort eine neue Servicestelle Solar ein, die ihr Portfolio in den nächsten Monaten kontinuierlich ausbauen wird. Dieses zusätzliche Serviceangebot ist ein weiterer Schritt bei der Ausgestaltung eines integrierten Systems von Initiierung, Beratung und Förderung im Freistaat, welches in den nächsten Monaten mit dem Solarrechner, einem innovativen Webportal, eine weitere Vervollkommnung erfahren wird. Es richtet sich an potentielle Nutzergruppen wie private Gebäudeeigentümer, Bürgerenergiegenossenschaften, Betreiber von Gewerbegebieten und andere Unternehmen, Kommunen etc. Die Servicestelle Solar deckt die Themenbereiche Photovoltaik und Solarthermie umfassend ab. Sie bietet Beratung, zeigt Potenziale und Nutzungsmöglichkeiten auf und nutzt themenübergreifend die gesamte Kompetenz der ThEGA und der Thüringer erneuerbare Energien-Netzwerke bei der Erstbewertung und Begleitung von Projekten in die Realisierungsphase. Das Angebot der Servicestelle umfasst unter anderem: • praxisorientierte Beratung zu Handlungsmöglichkeiten für Bürger und Kommunen • fachliche Unterstützung für Stadt- und Gemeinderäte • Beratung von Unternehmen, Handwerks- und Gewerbebetrieben • Initiale Hilfestellung bei der Potentialermittlung von Dach- und Freiflächen • Fördermittelberatung • Information zu Bürgerbeteiligungsmodellen Konferenzen Das Thema der solaren Nah- und Fernwärme wurde bisher bei verschiedenen Fachveranstaltungen, Netzwerktreffen und Konferenzen berücksichtigt. So fand sowohl bei der 6. als auch bei der 7. Thüringer Erneuerbare Energien und Klimakonferenz „Thüringen Erneuer!bar“ mit jeweils etwa 300 Teilnehmern das Thema Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien Berücksichtigung. Konkret wurde im Jahr 2016 das Thema „Solare Nah- und Fernwärme“ mit einer Reihe an Praxisbeispielen und Fallstudien vorgestellt und diskutiert. Im Jahr 2018 wurden unter dem Titel „Sauber und bezahlbar: So gelingt die Wärmewende“ unter anderem Hürden und mögliche 28 Lösungsstrategien für die Umsetzung einer Wärmewende behandelt. Insbesondere die Frage nach Flächen für große Solarthermieanlagen sowie nach konkreten Schritten bei der Umsetzung von Solarthermieprojekten wurden vorgestellt und diskutiert. Abbildung 13a und b: Fachveranstaltung und Informationstisch zum Thema "Sauber und bezahlbar: so gelingt die Wärmewende" im Rahmen der 7. Erneuerbaren Energien und Klimakonferenz in Weimar Auch im Rahmen des ThEGA-Forums, das eine wichtige regelmäßige Fachveranstaltung für Thüringer Akteure darstellt, wurde im Jahr 2017 das Thema der „Wärmenetze von morgen“ behandelt. Unter anderem wurden Wärmenetze als Plattformtechnologien für die Einbindung verschiedener erneuerbarer Energieträger, technische Details zu Wärmenetztemperaturen aber auch ein Praxisbeispiel und ein regionales Betreiberkonzept vorgestellt und mit den Teilnehmern diskutiert. Abbildung 14: Fachveranstaltung zum Thema "Wärmenetze von morgen" im Rahmen des 6. ThEGA-Forums in Weimar 29 Netzwerktreffen Um auch die Netzwerkarbeit der regionalen Akteure zu unterstützen, sind verschiedene Netzwerktreffen im Rahmen des Projekts SDHp2m geplant. Für April 2018 wurde in Zusammenarbeit mit dem AGFW Thüringer Akteuren die gemeinsame Anreise zur 23. Internationalen Fachmesse und Kongress für Wärme, Kälte und KWK, bei welcher im Forum Industrie-Innovationen das Thema Solare Wärmenetze präsentiert wurde, angeboten. Für die gemeinsame Anreise war ein Fachaustausch mit Unterstützung durch die ThEGA vorgesehen. Auch sollte der aktuelle Arbeitsstand zum Thüringer Solarrechner und die Servicestelle Solar vorgestellt werden. Um einen umfassenden und inhaltlich breit angelegten Erfahrungs- und Fachaustausch zu unterstützen, ist auch für Herbst 2018 ein ähnliches Netzwerktreffen mit gemeinsamer Anreise zum 23. Dresdner Fernwärme-Kolloquium des AGFW geplant. Abbildung 15: Einladung zum SDHp2m-Netzwerkevent im April 2018 30 Ausblick in eine sonnige Zukunft Neben den Aktivitäten zum Thüringer Klimagesetz, der Integrierten Energie- und Klimastrategie, laufenden Fachveranstaltungen und Unterstützungsleitungen für regionale Akteure durch die ThEGA soll auch künftig eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für einen Einsatz der solaren Nah- und Fernwärme in Thüringen erfolgen. Unter anderem befindet sich ein Förderprogramm des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL), welches auf einen Ausbau von Wärmenetze mit erneuerbaren Energien im ländlichen Raum abzielt, in der Entwicklung. Zudem ist die Erarbeitung eines Online-Handouts zum Thema Finanzierung und Förderung von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien für Thüringen vorgesehen. Dieses soll eine aktuelle und regionale Ergänzung zu den für Baden-Württemberg existierenden Leitfäden, die auch umfassend die allgemeinen und national gültigen Rahmenbedingungen beschreiben, darstellen. In Ergänzung sowohl zum Thüringer Abwärmekataster als auch zum Thüringer Solarrechner wird derzeit ein methodisches System zur wärmeenergetischen Analyse von quartiersbezogenen Stadtstrukturen und softwaregestützter Wärmeanalyse in kleinen und mittleren Gemeinden entwickelt. Auf diese Weise soll das vielfältige und engmaschige Unterstützungsangebot für Wärmeanalysen, Wärmekonzepte und letztlich Projektumsetzungen zum Thema solare Nah- und Fernwärme weiter ausgebaut werden. Um einen solchen kontinuierlichen Prozess auch in anderen Regionen zu befördern, möchte sich Thüringen gern an einem Wissens- und Erfahrungsaustausch beteiligen. So können Sie uns oder die Kollegen der ThEGA bei Fragen gern kontaktieren. 31 Quellen und Links Hermelink et al. (2012). Potentiale nutzen. Effizienz schaffen. Der Gebäudereport Thüringen. Wesselak et al. (2013). Energiemonitoring für Thüringen. Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz: www.tmuen.de Thüringer Energie- und GreenTech Agentur ThEGA: www.thega.de Thüringer Aufbaubank: www.aufbaubank.de SDHp2m-Projektwebseite: www.solar-district-heating.eu Broschüre „Zukunft Sonne!“: http://solar-district-heating.eu/Portals/3/Th%C3%BCringen/Brosch%C3%BCre%20Zukunft%20Sonne.pdf Thüringer Abwärmekataster: https://www.thega.de/projekte/abwaerme/abwaermekataster/

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Freitag, 1. Juni, 2018|

Instrumente zur Marktförderung – Fallstudie Solare Gewächshäuser in Hamburg

Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert Thema: Fallstudie – Solare Nachbarschaftsgewächshäuser in Hamburg, Deutschland Beschreibung: Die Fallstudie bewertet die technische, wirtschaftliche und rechtliche Machbarkeit des Konzepts "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser" im Kontext der Metropolregion Hamburg. Außerdem werden zwei potenzielle Standorte in der Stadt Hamburg untersucht. Datum: 15.11.2018 Autoren: Simona Weisleder, Christian Maaß und Gerrit Fuß, Hamburg Institut Dokument Download: www.solar-district-heating.eu/en/knowledge-database/ Zusammenfassung Region: Metropolregion Hamburg Beteiligte Partner: • Wärmeverbraucher (Mieter, Wohnungsbaugesellschaften, Gewerbe- und Industrieunternehmen) • Nachbarschaften, lokale Klimaschutz- und Garteninitiativen und soziale Einrichtungen • Wärmeversorger und DH-Unternehmen (z. B. lokale Energieunternehmen, Auftragnehmer ...) • Solarthermieanlagen Hersteller, Gewächshaus- oder Gartenbaubetriebe • Stadt Hamburg Kurze Beschreibung der Maßnahme: Fallstudie "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser" Freiflächen-Solarthermieanlagen erzeugen kostengünstige erneuerbare Fernwärme. Die Umsetzung scheitert jedoch häufig an der Bereitstellung geeigneter Flächen. „Solare Nachbarschaftsgewächshäuser“ ist ein vom Hamburger Institut entwickeltes Konzept - sie ermöglichen eine multifunktionale Nutzung städtischer Freiräume: für Solarthermie und Urban Gardening. Sie versorgen Nachbarschaften mit erneuerbarer Wärme und gesundem Essen, fördern den Aufbau von Gemeinschaften und die öffentliche Akzeptanz der Technologie. Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert Ausgangssituation Freiflächen-Solarthermieanlagen sind eine besonders kostengünstige und wettbewerbsfähige Möglichkeit, regenerative Fernwärme zu erzeugen. Die Umsetzung solcher Projekte in Deutschland in urbanen Räumen scheitert jedoch meist an einem harten Wettbewerb um die knappe und teure Fläche. Diese Ausgangsituation erfordert multifunktionale Ansätze, die Projekte für klimafreundliche und schadstofffreie Wärme realisieren und weitere Vorteile für die Städte und ihre Nachbarschaften bringen. Da immer mehr Menschen - vor allem in städtischen Räumen – von der Idee begeistert sind, ihre eigenen Lebensmittel anzubauen und mehr über die Nahrungsmittelproduktion und einen ökologischen Lebensstil lernen wollen, ist eine Kombination dieser Interessen mit der solaren Wärmeerzeugung vielversprechend. Bei der Bewegung "Urban Gardening" geht es nicht nur darum, frisches und gesundes Essen zu produzieren, sondern auch um Gemeinwesen und Bildung. "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser" kombinieren Freiflächen-Solarthermieanlagen mit Urban Gardening in Gewächshäusern. Während die erzeugte Wärme in ein bestehendes Nahwärmenetz eingespeist oder an einen großen Wärmeverbraucher abgegeben werden kann, eröffnen die Gewächshäuser neue Möglichkeiten für die jeweiligen Quartiere. Ziele Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert Die "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" zielen auf den Aufbau sozialer und ökologischer Infrastrukturen: Die nachhaltige, kostengünstige und kommunale Selbstversorgung mit frischen Lebensmitteln ("Urban Gardening") wird mit neuen Technologien zur Erzeugung erneuerbarer Wärme kombiniert. Die Fallstudie soll eine erste technologische, wirtschaftliche und rechtliche Analyse der "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" geben. Verbindungen zu relevanten Interessengruppen sollen hergestellt werden. Darüber hinaus werden zwei konkrete Flächen in Hamburg evaluiert, die mögliche Standorte für ein solches Projekt sein könnten. Die Ergebnisse der Fallstudie sollen die Grundlage bilden, um notwendige Partner wie die Stadt Hamburg, Wärmeversorger, Wohnungsunternehmen und andere zu erreichen. Maßnahmen und Aktionen Die Fallstudie untersucht die technologische, wirtschaftliche und rechtliche Machbarkeit des Konzepts in deutschen Städten. Dies geschieht in engem Kontakt mit möglichen Stakeholdern wie Urban-Gardening- Initiativen, Solarthermie-Anlagen Herstellern und Gewächshausbauunternehmen. Außerdem werden zwei mögliche Standorte in der Stadt Hamburg evaluiert: Hamburg-Altona/Eimsbüttel In den Stadtteilen Altona und Eimsbüttel ist ein innovatives und nachhaltiges Projekt zum Lärmschutz der Bürger/innen vor der naheliegenden Autobahn geplant. Im Zuge des zweispurigen Ausbaus der Autobahn A7 wird die gesamte Trasse in diesem Gebiet durch oberirdische Tunnel abgedeckt. Der gewonnene Platz soll für neue Parks und kleine Stadtgärten genutzt werden. Über die zusätzlich gewonnene Lebensqualität hinaus werden Quartiere wieder miteinander verbunden, die einst durch den Bau der Autobahn geteilt wurden. "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser" wären eine innovative Lösung für kleine städtische Gärten auf dem neuen Autobahndeckel. Die Fallstudie untersucht, ob und wie eine Realisierung möglich ist. Nach einer Analyse der relevanten Stakeholder, potenziellen Partner und Wärmekunden soll die Idee den Behörden der Stadt vorgestellt werden. Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert (Quelle: http://www.hamburg.de/fernstrassen/a7-deckel/) Hamburg-Harburg Im Stadtteil Harburg wurde im Rahmen des "Integrierten Quartierskonzepts" "Südöstliches Eißendorf/ Bremer Straße" die Möglichkeit untersucht, Solarthermie in das Wärmenetz einer lokalen Wohnungsgenossenschaft zu integrieren. Es wurden zwei mögliche Standorte vorgeschlagen, die sich für eine Freiflächensolarthermie- Anlage eignen würden. Derzeit werden die jeweiligen Standorte von einem Erdbeeranbauern und Kleingärten genutzt. In der Fallstudie soll die Möglichkeit der Umsetzung "Solarer Nachbarschaftsgewächshäuser" untersucht werden. Die Ergebnisse werden der Wohnungsgenossenschaft und den Grundeigentümern vorgelegt. Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert Barrieren und Möglichkeiten "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser" bieten als integrierte Lösung viele Möglichkeiten, um Grundbedürfnisse der Bewohner/innen nach Energie, Nahrung und Gemeinschaft zu decken. Im Rahmen der Fallstudie führten Gespräche mit einer Urban-Gardening-Initiative, einem Solarthermie-Anlagenhersteller und einer Gewächshausbaugesellschaft zu einer allgemein positiven Resonanz. Sowohl aus städtebaulicher als auch aus solarthermischer Perspektive wurde das Konzept als machbar angesehen. Dennoch bleiben Hindernisse für die Umsetzung bestehen. Während eine viel versprechende Perspektive für die multifunktionale Landnutzung in Städten gegeben ist, müssen Interessenvertreter und Entscheidungsträger überzeugt werden. Darüber hinaus müssten in einigen Fällen Bebauungspläne geändert werden, um "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser“ zu realisieren. Und schließlich bedarf die Finanzierung der Gewächshäuser und des Urban Gardening-Projekts einer weiterführenden Analyse. Ergebnisse Die Fallstudie konnte zeigen, dass die "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" sowohl für die solarthermische Wärmeproduktion als auch für den städtischen Gartenbau geeignet sind. Es gibt keine großen technologischen Herausforderungen für die Realisierung des Konzepts, da die Technologien auf dem Markt verfügbar sind. Die Gewächshäuser und die Aufständerungen für die Solarthermie-Kollektoren würden spezielle Konstruktionen, aber keine neuen Technologien benötigen. Wirtschaftlich sind die Investitionskosten für die Solarthermieanlagen geringfügig höher als für normale Freiflächensolarthermie-Anlagen, da die Aufständerungen eine spezielle Konstruktion erfordern. Diese wären etwa doppelt so teuer wie Standardlösungen. Auf der anderen Seite machen die Stahlkonstruktionen nur etwa 10% der Investitionskosten aus. Daher könnten die Kosten der Wärmeproduktion wettbewerbsfähig sein. Die Investitionskosten für die Gewächshäuser und die Betriebskosten des Urban-Gardening-Projekts müssten auf zusätzlichen Wegen finanziert werden. Aus Nutzergebühren, Stadtentwicklungsfonds, Forschungsgeldern und Spenden könnten Fördermittel bezogen werden. Aus rechtlicher Sicht würden die "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" in der Stadt Änderungen in den Bebauungspläne notwendig machen. Am Rande der Städte sind Gewächshauskonstruktionen ohne Änderung der Bebauungspläne möglich, da es sich um landwirtschaftliche Infrastruktur handelt. Von den beiden in dieser Fallstudie untersuchten Standorten erschien der Standort im Bezirk Harburg vielversprechender als der Standort in den Stadtteilen Altona und Eimsbüttel. Dort ist der Planungsprozess für den Bereich Lärmschutzdeckel weit fortgeschritten. Eine Änderung des derzeitigen Plans, erscheint zu diesem Zeitpunkt schwierig. In Harburg werden die Flächen jedoch für eine partielle Nutzung für "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" als machbar erachtet. Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert Erkenntnisse Die Fallstudie für die "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" konnte zeigen, dass Akteure aus verschiedenen Bereichen offen für neue Lösungen sind, um der Konkurrenz um die raren Fläche im städtischen Kontext zu begegnen. Auch wenn die Ergebnisse der Fallstudie positiv anmuten, müssen durchaus neue Herausforderungen bei der Entwicklung der "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" bewältigt werden. Ein solches Projekt macht einen ganzheitlichen Ansatz notwendig, der von Anfang an auf Urban-Gardening-Initiativen, Wärmeversorger, Wohnungsunternehmen und Entscheidungsträger eingeht. Noch mehr als in anderen Energieprojekten kann nur ein offener und gemeinschaftlicher Prozess zur erfolgreichen Realisierung führen. Da sich die Rahmenbedingungen und Ziele an jedem Standort und in jeder "Urban Gardening"-Gruppe unterscheiden, macht es keinen Sinn ein allgemeingültiges Konzept von "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" zu erstellen, sondern jeweils individuelle Lösungen zu entwickeln, die der gleichen Idee folgen. Zusammenfassend wurde in den Gesprächen mit den Akteuren aus der Landwirtschaft und den Gewächshausbauern deutlich, dass die Kombination von Solarthermiekollektoren und Gewächshäusern im Bereich Urban Gardening vielversprechend ist. Für professionelle Landwirte wären weitere geldwerte Vorteile nötig, um mögliche Verschattungen im Gewächshaus auszugleichen. Konzepte wie bei der Agro-PV (http://www.agrophotovoltaik.de/english/agrophotovoltaics/) sollten für Freiflächensolarthermie-Anlage in Betracht gezogen werden. ┘ Die Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den Autoren. Sie spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Europäischen Union wider. Weder die Europäische Kommission noch die Autoren sind verantwortlich für die Verwendung der darin enthaltenen Informationen ┌

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Dienstag, 1. Mai, 2018|
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