Die hitzig geführte Debatte zum Heizungsgesetz für klimaschonendes Heizen verengt sich zu sehr auf die Frage Heizkessel versus Wärmepumpe. Dabei ist die Technologie solarer Wärmenetze vorhanden und realisierbar. Der Anschluss an ein CO2-freies solares Wärmenetz wird vielen Millionen Hausbesitzern in den kommenden Jahren einen kostengünstigen und sauberen Ausweg aus ihrem vermeintlichen Heizungsdilemma eröffnen. Darauf weist das Projektkonsortium SolnetPlus hin, das sich der Marktbereitung für solar-unterstützte Fernwärme widmet.
Innerhalb weniger Jahre wird sich gemäß den Zielen der Bundesregierung die Zahl der Wärmenetzanschlüsse in Deutschland verdoppeln. Und spätestens bis 2045 müssen sämtliche Wärmenetze deutschlandweit treibhausgasneutral beheizt werden. Solarenergie wird dabei eine notwendige, überall verfügbare Quelle sein. Allerdings sind die Möglichkeiten eines solaren Wärmenetzes vielen Bürgergerinnen und Bürgern, aber auch Verantwortlichen in den Kommunen bislang nicht bewusst.
Solare Wärmenetze – eine Frage der Daseinsvorsorge
„In Zeiten des Klimawandels und explodierender Energiepreise ist es an den Städten und Gemeinden, die Wärmeversorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge zu begreifen“, plädiert die Stadtplanerin Anna Laura Ulrichs, SolnetPlus-Projektleiterin beim Steinbeis-Forschungsinstitut Solites.
Immer mehr Kommunen nähmen sich dieser Aufgabe an, beobachtet Ulrichs. Und solare Wärmenetze, in denen ein mehr oder weniger großer Anteil der Netzwärme aus solarthermischen Kollektorfeldern gespeist wird, seien gewissermaßen die augenfälligsten Leuchttürme dieses Trends. Ein Anschluss an ein solare Wärmenetz wird die Erfordernisse des kommenden Heizungsgesetzes erfüllen.
Solare Kollektorfelder werden immer größer
Gerade erst im vergangenen Jahr ist Deutschlands bislang größte Solarthermieanlage für die Fernwärme der Stadt Greifswald in Betrieb gegangen. Nun sind aktuell schon weitere Meilensteine in Sicht. In Leipzig haben die dortigen Stadtwerke jüngst den Auftrag für ein Kollektorfeld vergeben, das mit 65.000 Quadratmetern Bruttokollektorfläche die Leistung des bisherigen Spitzenreiters um mehr als das Dreifache übertreffen wird.
70 Prozent Solarwärme für 2.500 Einwohner in Hechingen
Wird das riesige Fernwärmenetz der Großstadt Leipzig dank dieser Rekordanlage übers Jahr zu immerhin zwei Prozent von der Sonne versorgt, so können die gut 2.500 Bewohner des Neubaugebiets Killberg IV in Hechingen über diese Zahl nur müde lächeln. Denn das dortige Stadtwerk wird zusammen mit der Stadt im Rennen um die höchste solare Deckungsrate bald die Nase weit vorn haben. Im Frühjahr begannen die Erschließungsarbeiten für das Neubaugebiet, das durch ein 7.000 Quadratmeter großes Kollektorfeld und einen 18.000 Kubikmeter großen Erdbecken-Wärmespeicher zu 70 % mit Solarwärme versorgt wird. Der restliche Wärmebedarf wird vorwiegend durch ein Erdwärmesondenfeld mit Wärmepumpe gedeckt. Der Speicher konserviert die Energie der Sommersonne bis in den tiefsten Winter.
Das Gesamtkonzept wurde auf Basis der Ergebnisse einer Bürgerbeteiligung entwickelt und verzichtet bewusst auf eine Holzheizung, um eine emissionsfreie Wärmeversorgung sicherzustellen.
13.000 Quadratmeter Kollektorfläche in Bracht
Im nordhessischen Dorf Bracht beginnt im Sommer der Bau eines Wärmenetzes im Bestand. Die dortige Bürgerenergiegenossenschaft realisiert ein 13.000 Quadratmeter großes Kollektorfeld und einen 26.600 Kubikmeter großen Erdbecken-Wärmespeicher. Laut wissenschaftlichem Gutachten der Uni Kassel soll diese Anlage 67 Prozent des jährlichen Wärmebedarfs decken. Weitere acht Prozent sind Ökostrom für die Wärmepumpe, und nur ein Viertel des gesamten Wärmebedarfs soll durch nachwachsende Holzhackschnitzel aus Wäldern der Umgebung gedeckt werden.
Alles in allem bekommt das Dorf somit eine 100-prozentig erneuerbare Wärmeversorgung. Kein Wunder also, dass die hitzigen Diskussionen um das „Heizungsgesetz“ Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer in Bracht derzeit völlig kalt lassen.
Grafik: Visualisierung der zukünftigen Solarthermie-Anlage der Wärmeversorgung „Killberg-IV“ in Hechingen am Südhang einer stillgelegten Erddeponie
Titelbild: Schematische Darstellung eines Nahwärmenetzes mit Solarthermie-Großanlage (rechts) und Wärmeverbrauchern
Bildrechte: Solites
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