Die amtierende Bundesregierung will mit der Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW), deren Entwurf das Wirtschaftsministerium (BMWi) im Juli den Verbänden vorgestellt hat, möglichst vor der Wahl noch einen Akzent setzen.

Ob das gelingt, liegt aber nach Aussage der BMWi-Pressestelle allein an Brüssel. Wann das beihilferechtliche Verfahren für die BEW durch sei, dazu könne das Ministerium derzeit leider keine Prognosen abgeben: „Das liegt allein bei der EU-Kommission.“ Nach eigener Aussage des BMWi sind die Änderungen, die das Haus nach der Verbändeanhörung am 29. Juli noch an dem Entwurf der neuen Fernwärme-Förderung BEW gemacht habe, nicht sehr gravierend: „Es gab im Anschluss an die Anhörung eine kleine Zahl von Änderungen, die eher technischer Natur oder Klarstellungen sind“, hieß es auf Anfrage der Solarthemen von Seiten der BMWi-Pressestelle.

Kritik und Beifall aus der Branche

Zumeist hatten die Verbände aus dem Regenerativ- und auch aus dem Netzbereich den Grundansatz der lange erwarteten Förderrichtlinie gelobt. Die schärfste Kritik richtete sich auf die vermeintlich zu geringe Mittelausstattung im Bundeshaushalt. Allerdings sind die Details des Bundeshaushalts 2022 erstens noch gar nicht bekannt – auf der Internetseite des Bundestages fehlte in der vorläufigen Parlamentsdrucksache bei Redaktionsschluss am Montag noch der scheidende Einzelplan für den Energie- und Klimafonds. Zweitens sind Haushaltspläne von scheidenden Regierungen in Wahljahren ohnehin teils Makulatur. Nach der Wahl werden die Karten neu gemischt.

Wieviel Etat ist nötig?

Gleichwohl haben Verbände wie der BDEW, der AGFW und der BEE recht, wenn sie darauf hinweisen, dass die bisherigen Etatpläne für 2021 zumindest keinen Blitzstart des neuen Förderinstruments ermöglichen, falls es denn vor der Wahl noch an den Start geht. Zwar haben viele Fernwärmeversorger in Erwartung der bereits seit vier Jahren angekündigten BEW-Förderung passende Konzepte in der Schublade. Trotzdem könnte es dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angesichts des späten Programmstarts schwer fallen, jene 202,9 Millionen Euro noch in diesem Jahr auszugeben, die nach aktuellem Etatentwurf 2021 noch für Machbarkeitsstudien, Transformationspläne und Investitionsvorhaben zur Verfügung stehen. Für die kommenden vier Jahre sind Verpflichtungsermächtigungen über weitere rund 368 Millionen Euro im Haushalt 2021 vorgesehen.

Wieviel Geld ist nötig?

Richtig auf Touren kommen dürfte die Förderung erst im kommenden Jahr. Ab dann sollen nach den Zielvorgaben der BEW jährlich Investitionen von 690 Millionen Euro in Wärmenetze getätigt werden, die zu mindestens 75 Prozent regenerativ oder mit Abwärme beheizt werden. Der Fernwärmeverband AGFW leitet daraus eine einfache Rechnung ab. Bei der angekündigten Standard-Förderquote von 40 Prozent hätte die BEW dann einen Förderbedarf von 276 Millionen Euro pro Jahr. Mindestens – denn die vorbereitenden Machbarkeitsstudien und Transformationspläne werden mit 50 Prozent gefördert und für Solarthermie und Großwärmepumpen sind zusätzlich zum 40-prozentigen Investitionszuschuss weitere Betriebskostenzuschüsse geplant (2 Ct/kWh für Solarthermie, bis zu 7 Ct/kWh Wärmepumpen – vgl. Solarthemen plus vom 22.7.2021).

Stellenweise Nachbesserungsbedarf

Die Stellungnahmen der Verbände zur BEW zeigen, dass die Richtlinie trotz langer Vorlaufzeit offenbar mit heißer Nadel gestrickt worden ist. So bemängelte der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) unter anderem eine mangelnde Abstimmung der BEW mit der Bundesförderung für Effiziente Gebäude (BEG). Denn erstere greift erst ab 16 angeschlossenen Gebäuden oder 100 Wohneinheiten. Die BEG fördert aber andererseits nur sogenannte Gebäudenetze, die ausschließlich der Versorgung von Gebäuden des Anlagenbetreibers dienen. Um die Förderlücke zu vermeiden, plädiert der BEE für eine zügige Ausweitung der BEG auf Netze bis zu 15 Gebäuden.

Kritik der Bioenergieverbände hat die Bundesregierung mit den restriktiven Bestimmungen zur Verwendung von Biomasse in der BEG heraufbeschworen. Weniger sind es hier die Nachhaltigkeitskriterien als die Restriktionen für die begrenzten Laufzeiten der Anlagen in größeren Netzen. Lediglich bei Netzen unter 20 Kilometer Länge, wie sie insbesondere in ländlichen Regionen vorkommen, soll Biomasse als Grundlast förderfähig bleiben. Der BEE fürchtet, dass Investitionen in Biomasseanlagen in­ner­halb derart enger Grenzen unwirtschaftlich würden.

Einzelmaßnahmen entkoppeln

Für Solarthermie und Wärmepumpen fordert der Verband außerdem, dass die Betriebskostenzuschüsse nicht wie vorgesehen an Transformationspläne zu koppeln seien, solange der erneuerbare Anteil weniger als 30 Prozent beträgt. So würden Verzögerungen in Projekten vermieden und Schwellenängste bei Fernwärmebetreibern abgebaut.

Der jetzt vorgelegte Richtlinienentwurf orientiert sich noch an der bisherigen EU-Vorgabe. Die wollte den Anteil Erneuerbarer in der Fernwärmen jährlich um 1 Prozent steigern. Im neuen Fit-for-55-Paket geht die EU-Kommission aber von einem Plus von 2,1 Prozent pro Jahr aus.

Start vor der Wahl

Beim Fachgespräch Ende Juli bekräftigte BMWi-Abteilungsleiter Thorsten Herdan, die BEW vor der Bundestagswahl starten zu wollen. Allerdings gebe es mit der EU-Kommission noch Diskussionen. Bastian Olzem vom BDEW kommentiert gegenüber Solarthemen: „Für die Branche ist wichtig, dass die BEW jetzt vor der Bundestagswahl – immerhin 4 Jahre nach der ersten Ankündigung – endlich an den Start geht. Es ist zwar längst noch nicht alles perfekt, aber die nächste Bundesregierung muss dann entsprechend nachbessern und sicherstellen, dass die grüne Fernwärme ihren wichtigen Beitrag zur Wärmewende, vor allem im urbanen Gebäudebestand, tatsächlich leisten kann.”

Autor: Guido Bröer, Solarthemen

Foto: Solarthermieanlage Chemnitz; Quelle: inetz GmbH