Solare Nah- und Fernwärme in Thüringen

1 SDHp2m … from policy to market Regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für die Mobilisierung von Investitionen in erneuerbare Wärmenetze in europäischen Regionen und Ländern Solare Nah- und Fernwärme in Thüringen Regionalbericht über Maßnahmen zur Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen, Finanzierungs- und Fördermaßnahmen sowie der Marktbereitung Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). 2 Informationen: Herausgeber: Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Mit Unterstützung des Hamburg Instituts Kontakt: Beethovenstraße 3, 99096 Erfurt Aktualisierung: Mai 2018 Deliverable: D3.3 und D4.3 Status: Öffentlich Projektwebseite: www.solar-district-heating.eu Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. 3 Inhalt Vorwort ................................................................................................................................................... 5 Was Thüringen antreibt........................................................................................................................... 6 Klimaschutz mit solarer Nah- und Fernwärme ........................................................................................ 8 Wärmenetze als Plattformen .............................................................................................................. 9 Wirtschaftlichkeit ................................................................................................................................ 9 Versorgungskonzepte und Einbindung von Solarthermieanlagen in Wärmenetze ............................ 9 Wärmenetze in Quartieren und Städten ....................................................................................... 10 Wärmenetze in kleinen Städten und ländlichen Regionen ........................................................... 10 Herausforderungen ........................................................................................................................... 10 Das Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market ................................................ 11 Alles beginnt mit einer Analyse der Ausgangssituation ........................................................................ 12 Nationale Rahmenbedingungen ........................................................................................................ 12 Thüringer Rahmenbedingungen ........................................................................................................ 14 Regionale Experten: Die Akteursgruppe „solare Nah- und Fernwärme“ .............................................. 15 Aufgaben der Akteursgruppe ............................................................................................................ 15 Zusammensetzung der Akteursgruppe ............................................................................................. 15 Sitzungen und Fachexkursion der Akteursgruppe............................................................................. 16 Auf dem Weg zu mehr solarer Nah- und Fernwärme – Maßnahmen und Aktivitäten ........................ 18 Regulatorische Maßnahmen ............................................................................................................. 18 Thüringer Klimagesetz ................................................................................................................... 18 Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie .............................................................................. 20 Förderprogramme ......................................................................................................................... 21 Informations- und Fachveranstaltungen ....................................................................................... 23 Marktunterstützende Maßnahmen .................................................................................................. 25 Broschüre „Zukunft Sonne!“ ......................................................................................................... 25 Thüringer Abwärmekataster und Thüringer Solarrechner ............................................................ 26 Servicestelle Solar .......................................................................................................................... 27 Konferenzen .................................................................................................................................. 27 Netzwerktreffen ............................................................................................................................ 29 Ausblick in eine sonnige Zukunft ........................................................................................................... 30 Quellen und Links .................................................................................................................................. 31 4 5 Vorwort Nachdem die Klimaveränderungen international und national spürbar werden und unsere Umwelt bedrohen, ist zügiges Handeln unabdingbar. Thüringen leistet dazu gemäß dem Ansatz think global – act local seinen Beitrag. Während das Thema der Energiewende mittlerweile in aller Munde ist, werden bereits große Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor erzielt. Auch der Wärmesektor bietet als schlafender Riese große Potentiale für die Energiewende. Um diese und andere Potentiale zu heben, bedarf es einer gezielten Energie- und Klimapolitik auch auf Länderebene. So spielt im Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz, das eine Festschreibung von Reduktionskorridoren für die Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 vorsieht, das Thema der Wärmeversorgung eine große Rolle. Thüringen engagiert sich unter anderem im EU Horizon 2020-Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market, welches auf einen Ausbau der solaren Wärmenetze in neun europäischen Regionen zielt, für die Wärmewende. Im Projekt SDHp2m arbeiten in den neun europäischen Partnerregionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien) 15 internationale Projektpartner aus den Bereichen Politik, Markt und Forschung zusammen. Um einen solchen kontinuierlichen Prozess auch in anderen Regionen zu unterstützen, beteiligt sich Thüringen am Wissens- und Erfahrungsaustausch. So sind in dieser Broschüre die Aktivitäten Thüringens zur Unterstützung der solaren Nah- und Fernwärme vor Ort vorgestellt und Handlungsmöglichkeiten beschrieben, die auch in anderen Regionen Deutschlands – unter Berücksichtigung der jeweiligen Ausgangsbedingungen – Anwendung finden können. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Dr. habil. Martin Gude Abteilungsleiter Energie und Klima im Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz 6 Was Thüringen antreibt Die Folgen des Klimawandels, die international und national mittlerweile bereits spürbar werden, bedrohen unsere Umwelt. Um dem entgegenzuwirken, wurde auf internationaler Ebene in Paris im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft erstmals ein Klimaabkommen beschlossen, welches eine Minderung und letztlich eine Begrenzung der Treibhausgasemissionen ab der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts vorsieht. Um diese Ziele zu erreichen, ist es notwendig, dass die Vertragsstaaten Ihren jeweiligen Beitrag leisten. Die föderale Struktur Deutschlands ermöglicht es, dass auch auf Bundesländerebene richtungsweisende Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele umgesetzt werden. So wird derzeit zum Beispiel der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz, welches erstmals verbindliche Ziele für eine Treibhausgasminderung auch auf lokaler Ebene vorsieht, im Parlament beraten. So möchte Thüringen seinen Beitrag zum Erreichen der internationalen Klimaschutzziele leisten und in der Entwicklung der Energiewende ein Vorreiter sein. So sieht der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz die Festschreibung von Reduktionskorridoren für die Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 vor. Bis 2030 sollen – ausgehend vom Basisjahr 1990 – die Treibhausgase um 60 bis 70%, bis zum Jahr 2040 um 70 bis 80% und bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95% reduziert werden. Außerdem soll das Energieversorgungssystem bis zum Jahr 2040 bilanziell auf 100% erneuerbare Energien umgestellt werden. Im Rahmen der Erarbeitung einer Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie sowie einer darin verankerten Wärmestrategie sollen konkrete Maßnahmen entwickelt werden um diese Ziele erreichen zu können. Abbildung 1: Zielkorridore für die Treibhausgasemissionsminderung in Thüringen nach dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz - eigene Darstellung Konkret müssen – um die Klimaschutzziele erreichen zu können – die beiden Säulen der Energiewende berücksichtigt werden. Neben der Stromwende muss also auch eine Wärmewende fokussiert werden, da insbesondere im Wärmesektor große Treibhausgaseinsparpotentiale liegen. Um diese Potentiale zu heben, verfolgt Thüringen 7 eine Doppelstrategie. So soll nicht nur der Wärmebedarf gesenkt, sondern auch den Anteil der erneuerbaren Energien und der Einsatz effizienter Technologien für die Wärmeversorgung gesteigert werden. Mit Blick auf das bestehende Energieversorgungssystem ist in Thüringen die Ausgangssituation für eine regionale Energiewende aus verschiedenen Gründen vorteilhaft: • Es existieren keine Kohle- oder Kernkraftwerke • Öl und Erdgas werden zu fast 100 % importiert • Strom wird zu 50 % importiert • Die Versorgungsunternehmen sind überwiegend in öffentlicher Hand • Es gibt einen hohen Anteil an Wärmenetzen Mit 23,6% wies Thüringen bereits im Jahr 2010 laut dem Energiemonitoring für Thüringen aus dem Jahr 2013 einen deutlich höheren Anteil erneuerbarer Energien im Wärmebereich auf als der Bundesdurchschnitt. Mit 96,5% stellt die Biomasse dabei den größten Anteil. Wie jedoch das Energiemonitoring für Thüringen ebenfalls zeigte, sind die Potentiale der Biomasse für die Wärmeerzeugung in Thüringen bereits nahezu ausgeschöpft - jene der Solarthermie und der Geothermie zum Beispiel jedoch noch unzureichend genutzt. Abbildung 2: Thüringen – Quelle: http://www.city-cover.com/Thueringen/Karte/karte-thueringen.png Bereits im Jahr 2014 wurde daher in Thüringen die Solarthermie-Initiative gestartet, welche auf einen Ausbau der Solarthermie abzielt und im Rahmen derer unter Einbindung von Wissenschaftlern, Experten und Unternehmen die Möglichkeiten zur Übertragung und Nutzung bestehender Erfahrungen speziell unter Thüringer Bedingungen diskutiert wurden. Mit der Teilnahme am Vorhaben SDHp2m intensiviert das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) seine Arbeit für eine regionale Wärmewende und fokussiert den Ausbau von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien wie der Solarthermie. 8 Klimaschutz mit solarer Nah- und Fernwärme Wärme aus Sonnenenergie - kurz Solarthermie - ist eine moderne und etablierte Form der klimafreundlichen erneuerbaren Energien, die in den letzten Jahren immer stärker zum Einsatz kommt. Mit Hilfe der Sonnenenergie kann sowohl warmes Wasser als auch Heizwärme umweltfreundlich bereitgestellt werden. Neben stabilen Wärmegestehungskosten bietet der Einsatz der Solarthermie weitere Vorteile, zum Beispiel ist sie • erneuerbar, • emissionsfrei und • flächeneffizient. Solarkollektoren können als Aufdach- oder Freiflächenanlagen installiert werden. Und neben der herkömmlichen Nutzung für die Warmwasserbereitung bzw. Heizungsunterstützung ist auch eine Anbindung großflächiger Solarthermieanlagen an ein Wärmenetz möglich. Dieser Ansatz ist z.B. in Dänemark bereits weit verbreitet und findet zunehmend auch in Deutschland Beachtung und Anwendung. Abbildung 3: Übersichtskarte der solaren Nah- und Fernwärme in Deutschland – Quelle: Solites 9 Wärmenetze als Plattformen Generell bieten Wärmenetze als infrastrukturelles Element eine gute Möglichkeit über die Biomasse hinaus auch andere erneuerbare Energien wie Solarthermie, Geothermie, Umweltwärme oder auch industrielle Abwärme in die regionale Wärmeversorgung einzubinden. Als Plattformen stellen sie eine Schlüsseltechnologie zur Steigerung der Energieeffizienz und des Anteils erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung in Städten, Quartieren oder ländlichen Regionen dar. In Kombination mit zentralen Wärmespeichern lassen sich so auch fluktuierende Energieträger in der Wärmeversorgung verlässlich nutzen und z.B. die solaren Deckungsgrade steigern. Abbildung 4: Wärmenetze als Plattforum zur Einbindung verschiedener Wärmeströme - Quelle: Hamburg Institut Wirtschaftlichkeit Neben CO2-Einsparungen bietet eine Einbindung der Solarthermie in Wärmenetze auch den Vorteil der Kostenstabilität für die Wärmeversorgung vor Ort. Da insbesondere fixe Investitionskosten anfallen, sind die Wärmegestehungskosten ab dem ersten Betriebstag stabil. Und so stehen der hohen Kapitalintensität von Investitionen in Wärmenetze mit erneuerbaren Energien auch die Vorteile großer Planungssicherheit und stabiler Wärmegestehungskosten gegenüber. Versorgungskonzepte und Einbindung von Solarthermieanlagen in Wärmenetze Wärmenetz-Versorgungskonzepte können sich auf ländliche Regionen (Energiedörfer), größere Städte oder Stadtquartiere beziehen und unterscheiden sich von Fall zu Fall – je 10 nach regionalen Rahmenbedingungen. Grundsätzlich kann bei der Integration von Solarthermie in Wärmenetze jedoch zwischen einer zentralen und einer dezentralen Einbindung unterschieden werden. Während bei der zentralen Einbindung die Solarthermieanlage in der Nähe der Heizzentrale liegt und direkt dort in das System einspeist, kann bei einer dezentralen Einbindung die Solarthermieanlage auch an einer anderen Stelle im Wärmeversorgungssystem liegen. Dennoch gilt es, Wärmeverluste beim Transport der solaren Wärme zu vermeiden und für eine Installation von Solarkollektoren eigenen sich so insbesondere Flächen in Verbrauchsnähe. Wärmenetze in Quartieren und Städten Zum einen begünstigen hohe Wärmebedarfsdichten in Städten einen wirtschaftlichen Einsatz von erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung. Da insbesondere die Wärmenetzverlegungskosten einen großen Einfluss auf die Wärmegestehungskosten haben, begünstigt zum anderen das Vorhandensein von Wärmenetzen niedrige Wärmegestehungskosten. Durch die Einbindung großflächiger Solarthermie können zum Beispiel Brennstoff- und damit CO2-Einsparungen erzielt werden. Auch in Neubau- oder Sanierungsgebieten kann quartiersweise eine Wärmeversorgung über Wärmenetze mit erneuerbaren Energien wie der Solarthermie erfolgen. Ein hoher Gebäudestandard kann niedrige Netztemperaturen zulassen, was wiederum eine Einbindung der Solarthermie begünstigt. Werden auch saisonale Wärmespeicher integriert, können hohe solare Deckungsgrade erzielt werden. Wärmenetze in kleinen Städten und ländlichen Regionen Auch in kleinen Städten und ländlichen Regionen kann sich eine Wärmeversorgung über solare Wärmenetze anbieten. Interessant ist dort oftmals die Kombination von Biomasseheizwerken und Solarthermieanlagen, so dass die Wärmeversorgung zu sehr großen Teilen auf erneuerbaren Energien beruhen kann. Herausforderungen Während mit großflächigen Solarthermieanlagen bereits konkurrenzfähige Wärmegestehungskosten erzielt werden können, stellt die Verfügbarkeit von Flächen für die Installation der Solarkollektoren eine besondere Herausforderung dar. Anders als bei der Nutzung von Photovoltaik ist es für die Nutzung von Solarthermie von Vorteil, wenn die Solarkollektoren in der Nähe der zu versorgenden Wärmesenke installiert werden um Wärmeverluste über die Netze zu minimieren. 11 Das Projekt SDHp2m – Solar District Heating … from policy to market Das EU Horizon 2020-Projekt SDHp2m (Solar District Heating … from policy to market) zielt auf einen Ausbau der solaren Wärmenetze in neun europäischen Regionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien). Konkret werden in den Projektregionen regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für erneuerbare Wärmenetze entwickelt und implementiert. Essentieller Teil des Projekts ist keine investive Förderung sondern eine Unterstützung regionaler Akteure bei der Umsetzung von Projekten. Dazu arbeiten in den neun europäischen Regionen 15 internationale Projektpartner aus den Bereichen Politik, Markt und Forschung zusammen. Abbildung 5: Deckblatt des Projektfaltblatts – abrufbar unter http://solar-district-heating.eu/Portals/3/SDH-Leaflet_2016_D.pdf 12 Alles beginnt mit einer Analyse der Ausgangssituation Nationale Rahmenbedingungen Die Bundesrepublik Deutschland hat über 82,5 Millionen Einwohner/innen und besteht aus 16 Bundesländern. Im November 2016 verabschiedete die Bundesregierung den Klimaschutzplan 2050. Damit ist Deutschland eines der ersten Länder, die die im Pariser Abkommen geforderte Klimaschutzlangfriststrategie erstellt und bei der UN vorgelegt haben. Deutschlands Langfristziel ist es, bis zum Jahr 2050 weitgehend treibhausgasneutral zu werden. Die Energiewende in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte – wenn man nur den Strombereich betrachtet. Hier liegt der aktuelle Anteil der Erneuerbaren Energien bei rund 35%. Der Wärmebereich rückt langsam in den Fokus – noch liegt hier der Anteil bei nur 13%. Fernwärmenetze sind als Infrastrukturelement zur kostengünstigen und flexiblen Integration von Erneuerbaren Energien in das Energiesystem gut geeignet. Der Transformationsprozess dieser Infrastruktur ist eine der großen Herausforderungen für die Wärmewende in den nächsten Jahrzehnten. Es gibt mehr als 1.500 Fernwärmenetze in Deutschland. In nur etwa 40 großen Netzen findet 85% des Absatzes statt. Das heißt vor allem die großen städtischen Netze sollten in den Fokus genommen werden. Doch auch Nahwärmenetze, z.B. in ländlichen Regionen bieten eine gute Möglichkeit den Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmeversorgung zu steigern. Der rechtliche Rahmen zur Integration der Erneuerbaren Energien in die Fernwärme ist in Deutschland noch unterentwickelt. Aufgrund mangelnder Besteuerung fossiler Brennstoffe haben diese einen hohen Kostenvorteil gegenüber erneuerbaren Energien, die in der Regel mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden sind. Ein ordnungsrechtlicher Rahmen zur Förderung Erneuerbarer Fernwärme ist nur rudimentär vorhanden. Es bestehen auf Bundesebene keine Verpflichtungen zum Einsatz von Erneuerbaren Energien im Gebäudebestand. Eine entsprechende Verpflichtung im Neubau ist auf einen 10%-Anteil begrenzt, der zudem auch durch den Einsatz von Effizienztechnologien ersatzweise erbracht werden kann. Fernwärmenetzbetreiber sind weder direkt noch indirekt veranlasst, einen Mindestanteil an erneuerbaren Energien in ihre Systeme zu integrieren. Das Förderungsrecht ist zudem stark auf die konventionelle Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf Basis fossiler Brennstoffe ausgerichtet. Für viele Versorger bietet die Förderung dieser Anlagen nach wie vor die besten Bedingungen, so dass Investitionen weiterhin verstärkt eher entsprechende Anlagen als in die erneuerbare Fernwärme-Erzeugung fließen. Durch die letzte Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungs- 13 Gesetzes und die Einführung von Ausschreibungen von „innovativer KWK“ wurden jedoch auch Erneuerbare Energien förderungsfähig, wodurch neue Impulse erwartet werden. Das deutsche Planungsrecht bietet ausreichende Möglichkeiten, um solarthermische Großanlagen umzusetzen. Verbesserungen sind jedoch insbesondere auf der Ebene der Landesplanungsgesetze wünschenswert, um eine hinreichende Flächenkulisse für quantitativ relevante Erzeugungsbeiträge bereitstellen zu können. Ebenso existiert in Deutschland noch keine rechtlich verbindliche kommunale Wärmeplanung, so dass auch in den meisten Kommunen bislang keine entsprechenden konzeptionellen Überlegungen oder planerische Festsetzungen getroffen wurden. Die Fördersituation in Deutschland ist zurzeit sehr komfortabel. Verschiedene Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bieten lukrative Zuschüsse an (u.a. KfW 273, 432). www.kfw.de Die nationale Klimaschutzinitiative NKI fördert mit Klimaschutzkonzepten und Klimaschutzteilkonzepten die Erstellung von Konzepten. www.klimaschutz.de Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat unlängst ein Förderprogramm aufgelegt, was erstmalig einen systemischen Ansatz zur Wärmewende fördern soll: Wärmenetze 4.0. http://www.bafa.de/DE/Energie/Energieeffizienz/Waermenetze/waermenetze_node.html Für die Planung und die Umsetzung von Wärmenetzen und Produktionsanlagen für erneuerbare Wärme existieren in den Bundesländern verschiedene Arten der Förderung. Die Förderprogramme der Länder werden in vielen Fällen teilweise durch Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Auf kommunaler Ebene der von den Stadtwerken können auch weitere Fördermittel bereitstehen. Bei der Betrachtung der Förderungen ist zu beachten, dass eine Förderung des Bundes (z.B. KfW Erneuerbare Energien – Premium) den Landesförderungen vorausgeht. Des Weiteren sind bei jedem spezifischen Projekt die genauen Förderbedingungen und die Beihilfegrenzen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) zu beachten. 14 Thüringer Rahmenbedingungen Zu Beginn des Projekts SDHp2m wurden, wie auch für alle anderen Projektregionen, die Grundlagen für einen Einsatz von Solarthermie in Wärmenetzen in Thüringen untersucht. Laut dem Gebäudereport Thüringen aus dem Jahr 2012 und dem Energiemonitoring für Thüringen aus dem Jahr 2013 existieren viele die solare Nah- und Fernwärme begünstigende Rahmenbedingungen, u.a. die folgenden: • Die Siedlungsstruktur Thüringens ist von ländlichen Regionen geprägt • Ein- und Zweifamilienhäuser nehmen etwa 60% und Mehrfamilienhäuser etwa 40% der Wohnfläche in Thüringen ein o Ein- und Zweifamilienhäuser werden überwiegend mit Gas beheizt, wobei ca. 75% der Heizkessel vor dem Jahr 2000 eingebaut wurden o Ca. 50% der Fläche in den Mehrfamilienhäusern wird fernwärmebeheizt • Im Jahr 2012 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Fernwärme ca. 14% • Im Jahr 2010 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmeversorgung bereits 23,6%, wovon Biomasse mit 96,5% den Hauptanteil stellte • Die regionalen Potentiale der Biomasse sind nahezu ausgeschöpft • In Thüringen bestehen große, bisher ungenutzte Potentiale für einen Einsatz von Solarthermie und Geothermie Diese Betrachtungen zeigen, dass die Rahmenbedingungen für einen Einsatz erneuerbarer Energien in Wärmenetzen sowohl in ländlichen Regionen als auch in Städten vielversprechend sind. So wurde auch bereits im Jahr 2014 die Thüringer Solarthermie-Initiative gegründet, deren Ziel ein verstärkter Ausbau der Solarthermie auch in Wärmenetzen in Thüringen ist. Aktuell ist in Thüringen eine Solarthermieanlage, die in ein Fernwärmenetz einspeist, in Betrieb. Die Vakuumröhrenkollektoren der Pilotanlage sind mit einer Kollektorfläche von 99m² auf dem Dach eines Betriebsgebäude der Stadtwerke Jena installiert und speisen die Wärme direkt in das Fernwärmenetz ein. Abgesehen von diesen ersten Betriebserfahrungen werden in Thüringen verschiedene Machbarkeitsstudien, die auch das Thema Solarthermie in Wärmenetzen berücksichtigen, erarbeitet. Darüber hinaus sind weitere Projekte in der Konzeption. Im Folgenden werden die Aktivitäten des TMUEN beschrieben, die zum einen auf eine Unterstützung der laufenden Aktivitäten zu Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien in Thüringen und letztlich auf eine Intensivierung des Ausbaus der solaren Nah- und Fernwärme abzielen. 15 Regionale Experten: Die Akteursgruppe „solare Nah- und Fernwärme“ Im Projekt SDHp2m ist es vorgesehen, dass jede teilnehmende Region eine Akteursgruppe „Solare Nah- und Fernwärme“ ins Leben ruft. Auch in Thüringen wurde diese Akteursgruppe zu Beginn der Projektlaufzeit im Jahr 2016 gegründet. Aufgaben der Akteursgruppe Aufgabe der Akteursgruppen ist es, die jeweiligen regionalen Projektpartner, konkret das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz bei der Durchführung des EU-Projekts SDHp2m zu unterstützen und zu beraten. Grundsätzliches Ziel des Projekts SDHp2m ist eine Umsetzung von marktunterstützenden Maßnahmen um Investitionen in Projekte zu Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien anzuregen, sodass eine praxisnahe Beratung durch Experten sehr hilfreich ist. Doch auch unabhängig von der Notwendigkeit einer praxisnahen Beratung zur Umsetzung von unterstützenden Maßnahmen vor Ort bietet die Einrichtung einer Akteursgruppe eine sehr gute Möglichkeit für einen perspektivreichen Fachaustausch. Zum Beispiel kann eine Akteursgruppe in den folgenden Bereichen Unterstützung leisten: • Analyse der Ausgangssituation in Bezug auf die Rahmenbedingungen für Solarthermie in Wärmenetzen • Mitwirkung bei der Entwicklung einer Strategie und eines thematischen Aktionsplanes • Empfehlung/Initiierung konkreter Maßnahmen mit dem Ziel, die Nutzung der Solarthermie in Wärmenetzen zu forcieren, • Stellungnahme zu Projekten und Vorhaben • Unterstützung bei der Veröffentlichung der Projektergebnisse Zusammensetzung der Akteursgruppe Thüringens Akteursgruppe zum Thema solare Nah- und Fernwärme umfasst ca. 15 Mitglieder und setzt sich aus regionalen Experten und Entscheidungsträgern zusammen. Repräsentiert sind regionale Vertreter aus Forschungseinrichtungen, von Energieversorgern, Energiegenossenschaften und aus der Wohnungswirtschaft, sowie Planer und Vertreter von Kommunen, des VKU, der IHK, ThEEN e.V. und der ThEGA. Um eine faire und transparente Besetzung der Akteursgruppe zu gewährleisten, wurde eine Bekanntmachung über die 16 Konstituierung der Akteursgruppe auf der Webseite des TMUEN veröffentlicht sowie ein Rundschreiben an alle relevanten Akteure gesandt. Sitzungen und Fachexkursion der Akteursgruppe Insgesamt sollen in der Projektlaufzeit 5 Sitzungen der Akteursgruppe abgehalten werden und das Projekt in den Phasen der Vorbereitung und der Umsetzung begleiten. Diese werden durch den regionalen Projektpartner organisiert und vorbereitet. Bisher fanden drei Sitzungen und eine Fachexkursion der Thüringer SDHp2m-Akteursgruppe statt. In der ersten konstituierenden Sitzung im April 2016 wurde eine inhaltliche Einführung zur solaren Nah- und Fernwärme gegeben und das Projekt SDHp2m vorgestellt. Auch Aufgaben, Zusammensetzung und Arbeitsweise der Akteursgruppe wurden besprochen und in einer Geschäftsordnung festgehalten. Zudem wurden die geplanten Aktivitäten des TMUEN im Rahmen des Projekts SDHp2m erläutert. Um auch den Mitgliedern der Akteursgruppe die Möglichkeit zur fachlichen Fortbildung anzubieten, wurde die zweite Sitzung der Akteursgruppe im März 2017 mit einer Fachexkursion kombiniert. In Zusammenarbeit mit der ThEGA konnte eine Fachexkursion zu derzeit in Deutschland größten in Betrieb befindlichen Solarthermieanlage nach Senftenberg angeboten werden. Dort gaben Anlagenbetreiber und Kollektorhersteller Einblicke in die Entstehungsgeschichte und die Betriebserfahrungen der im Jahr 2016 in Betrieb genommenen Anlage. Auch das Solarkollektorfeld konnte von den Exkursionsteilnehmern besichtigt werden. Im zweiten Teil der Veranstaltung widmete sich die zweite Sitzung der regionalen Akteuresgruppe den strategischen Fragen zur SDHp2m-Projektumsetzung. So wurden bisherige Projektergebnisse vorgestellt und weitere mögliche Aktivitäten des TMUEN diskutiert. Auch positiv bewertet wurde die Kombination der dritten Sitzung der Akteursgruppe mit einem Fachworkshop zu „Förder-und Finanzierungsmöglichkeiten von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien“ im Januar 2018, bei dem auch zwei Coaching-Vorträge durch das Hamburg Institut gehalten wurden. So sollen auch die folgenden Sitzungen der Akteursgruppe mit Veranstaltungen zum Thema der solaren Nah- und Fernwärme kombiniert werden um einen Fachbezug der Projektarbeit zu gewährleisten. Die letzte Sitzung der regionalen Akteursgruppe im Winter 2018 soll sich insbesondere der Frage widmen, wie nach Projektende die Aktivitäten zur Unterstützung der solaren Nah- und Fernwärme auf Landesebene gestaltet werden können. 17 Abbildung 6a,b und c: Exkursion und 2. Sitzung der regionalen Akteursgruppe Thüringen 18 Auf dem Weg zu mehr solarer Nah- und Fernwärme – Maßnahmen und Aktivitäten Regulatorische Maßnahmen Neben der Umsetzung marktunterstützenden Maßnahmen, die weiter unten in diesem Dokument erläutert werden, verfolgt Thüringen auch verschiedene Aktivitäten um verbesserte Rahmenbedingungen für einen Einsatz erneuerbarer Energien im Wärmeversorgungssystem zu etablieren. Diese werden im Folgenden beschrieben. Thüringer Klimagesetz Im Jahr 2017 wurde vom TMUEN ein Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz erarbeitet, welcher von der Landesregierung diskutiert, positiv bewertet und im Januar 2018 dem Landtag für eine weitere Diskussion und Beschlussfindung übergeben wurde. Der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz, welcher seit Februar 2018 im Landtag in den Fachausschüssen beraten wird, könnte einen essentiellen Teil der Thüringer Energie- und Klimapolitik hinsichtlich der Themen erneuerbare Energien und auch solare Nah- und Fernwärme bilden. Der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz beinhaltet, u.a. die folgenden Eckpunkte: • Reduktionskorridore für den Ausstoß von Treibhausgasen um 80 bis 95% bis 2050 im Vergleich zu den Emissionen im Jahr 1990 • Umstellung des Energieversorgungssystems auf bilanziell 100% erneuerbare Energien bis 2040 • Vorbildfunktion der öffentlichen Verwaltung, insbesondere im Hinblick auf die Klimaneutralität der Landesregierung bis 2030 • Entwicklung regionaler Klimakonzepte, Wärmeanalysen oder Wärmekonzepte in Kommunen • Entwicklung von Versorgungskonzepten durch regionale Versorger • Umsetzung eines klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 • Etablierung von Klimaanpassungsmaßnahmen Das Klimagesetz zielt unter anderem auf die Treibhausgaseinsparpotentiale des Wärmesektors ab. Diese Potentiale können jedoch nur in Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren gehoben werden: Laut dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz können 19 Kommunen daher Wärmeanalysen anstellen und Wärmeversorgungskonzepte erarbeiten. Kommunen und Landkreise können ihre Klimaschutzkonzepte aktualisieren oder derartige Konzepte neu entwickeln, welche wiederum Aspekte der nachhaltigen Wärmeversorgung vor Ort berücksichtigen können. Diese Klimaschutzkonzepte sollten beschreiben, wie die Emissionen von Treibhausgasen reduziert und die Anteile der erneuerbaren Energien an der Energiebereitstellung gesteigert werden können. Darüber hinaus sollten Wärmeanalysen für Kommunen auf der einen Seite eine Analyse existierender Wärmesenken und auf der anderen Seite eine Analyse möglicher Wärmequellen beinhalten. Wärmekonzepte sollten Maßnahmen zur Reduzierung des Wärmebedarfs und zur Steigerung des Einsatzes erneuerbarer Energien beinhalten. In diesem Zusammenhang ist mit einer Umsetzung von Klimaschutzprojekten zu rechnen. Abbildung 7: Zielkorridore für die Treibhausgasemissionsminderung in Thüringen nach dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz - eigene Darstellung Darüber hinaus sollen regionale Energieversorger laut dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz künftig Versorgungskonzepte entwickeln um das Ziel der Umgestaltung des Thüringer Energieversorgungssystems hin zu bilanziell 100% erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2040 erreichen zu können. Die Versorgungskonzepte, welche mindestens alle zehn Jahre aktualisiert werden müssen, sollen unter anderem auch konkrete Schritte zur Umsetzung der genannten Maßnahmen beschreiben. Betreiber von Wärmenetzen sollen laut dem Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz künftig Produktinformationen, wie dem eingesetzten Anteil der erneuerbaren Energien und den Umweltwirkungen (CO2-Emissionen und Primärenergiefaktor), für Verbraucher zugängig machen und veröffentlichen. Gebäudeeigentümer sollen künftig unter Berücksichtigung Ihrer ökonomischen Möglichkeiten sicherstellen, dass 25% des spezifischen Wärmebedarfs bis 2030 durch erneuerbare Energien gedeckt werden um die angestrebte Klimaneutralität im Gebäudebestand erreichen zu können. Dieser Zielwert kann über einen Anschluss an ein 20 Wärmenetz, welches mehr als 25% der Wärme über erneuerbare Energien bereitstellt, sichergestellt werden. Diese verschiedenen Aktivitäten sollen nicht nur zu Energieeinsparungen sondern auch zu einer Etablierung effizienter Technologien und erneuerbarer Energien im Wärmeversorgungssystem führen. Während der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz konkrete Klimaschutzziele festschreibt, werden keine konkreten Maßnahmen oder Schritte zur Umsetzung von Maßnahmen beschrieben. Aus diesem Grund ist im Gesetzentwurf die Erarbeitung der Integrierten Energie- und Klimastrategie verankert, welche in Anlehnung an den Gesetzentwurf konkrete Maßnahmen für Thüringen beinhalten soll. Ein Entwurf der Integrierten Energie- und Klimastrategie wurde im Jahr 2017 in Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren und Experten sowie der breiten Öffentlichkeit erarbeitet. Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie Unter Einbindung regionaler Akteure und der Öffentlichkeit wurde im Jahr 2017 der Entwurf einer Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie (IEKS), welche konkrete Maßnahmen für die erfolgreiche Umsetzung der im Klimagesetz gesteckten Klimaschutzziele beinhalten soll, erarbeitet. In einem mehrstufigen Prozess, konkret in zwei Workshop-Reihen mit Experten, weiteren Zielgruppenworkshops und unter Einbeziehung regionaler Akteure über den Online-Dialog und über den Klimapavillon wurde ein erster Entwurf der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie erarbeitet. Abbildung 8: Entwicklungsprozess zum Entwurf der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie Thüringen - eigene Darstellung 21 Inhaltlich wird auch das Thema Wärmenetze mit erneuerbaren Energien im Entwurf der IEKS berücksichtig. Im Handlungsfeld „Energieversorgung“ sind neun Maßnahmen aufgeführt, welche einen Ausbau der solaren Nah- und Fernwärme direkt und indirekt unterstützen und so auch der Umsetzung der im Klimagesetz gesteckten Emissionsminderungsziele dienlich sein können. • Erstellung von Konzepten zur CO2-neutralen Wärmeversorgung für öffentliche Wärmenetze und transparente Produktinformationen der Wärmeversorgung • Unterstützung des Ausbaus von lokalen Wärmenetzen auf Basis erneuerbarer Energien • Koordinierungsstelle und Dialogforum Energiewende • Pilotprojekt zur Umstellung von vorhandenen heißen Wärmenetzen auf kalte Netze • Strategieentwicklung zur Aufrechterhaltung der Systemstabilität des Energiesystems durch die Integration von Flexibilitätsoptionen inklusive Sektorenkopplung • Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten zur Entwicklung von Erneuerbaren-Energien-Projekten, Energieeffizienzprojekten, Kraft-Wärme-Kopplungsprojekten und Projekten zur Nutzung von Abwärme • Entwicklung eines innovativen Pilotprojekts zur Einbindung von Geothermie in hybride Energieanlagen • Fortführung und Weiterentwicklung von Programmen zur Förderung der Solarenergienutzung vor Ort • Bereitstellung landeseigener Flächen zur Nutzung erneuerbarer Energien Förderprogramme Derzeit sind in Thüringen drei für die solare Nah- und Fernwärme direkt oder indirekt relevante Förderprogramme, welche aktuelle Bundesförderprogramme ergänzen, vorhanden. Die Förderprogramme Green Invest, Solar Invest und Klima Invest des TMUEN zielen auf unterschiedliche inhaltliche Aspekte der nachhaltigen Wärmeversorgung und dabei auch auf unterschiedliche Zielgruppen ab: • Im Rahmen des Thüringer Förderprogramms Green Invest können modellhafte Vorhaben zur Reduzierung von energiebedingten CO2-Emissionen unter Anwendung neuer Energie- und Energieeinspartechnologien mit Multiplikatoreneffekt in Unternehmen gefördert werden. Auch Studien, soweit sie Voraussetzung für die Durchführung bzw. den Nachweis des Erfolges des Demonstrationsvorhabens sind, sind im Rahmen des Programms förderbar. Ziel ist eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieerzeugung und -nutzung in Thüringen. 22 • Im Rahmen des Thüringer Förderprogramms Solar Invest können unter anderem Neu- bzw. Erweiterungsinvestitionen in saisonale solarthermische Energiespeichersysteme gefördert werden. Ziel ist die Unterstützung neuer Energieerzeugungs- und Verbrauchskonzepte und damit eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieerzeugung und - nutzung in Thüringen. Besondere Fördersätze gelten für Bürgerenergiegenossenschaften. • Im Rahmen des Thüringer Förderprogramms Klima Invest können Städte und Gemeinden Thüringens eine Förderung für regionale Klimaschutzaktivitäten erhalten. Eine Festbetragsförderung ermöglicht zunächst den Einstieg in Aktivitäten zum Klimaschutz, zum Beispiel im Rahmen einer Erstberatung. Darauf aufbauend können etwa Klimaschutzkonzepte oder Wärmeanalysen und -konzepte gefördert werden. Abbildung 9: Faltblätter zu den Thüringer Förderprogrammen Solar Invest, Green Invest und Klima Invest 23 Informations- und Fachveranstaltungen Im Rahmen des SDHp2m-Projekts werden verschiedene Informationsveranstaltungen für die Thüringer Akteure organisiert. Neben verschiedenen Fachworkshops werden auch Fachexkursionen angeboten. Ein Workshop, der sich an Vertreter von Stadtwerken, Genossenschaften, des Wohnungsbaus richtete und zu dem auch die Vertreter der regionalen Akteursgruppe eingeladen waren, widmete sich zum Beispiel den „Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien“. Im Januar 2018 konnten sich etwa 30 Teilnehmer über die ökonomischen Aspekte der Wärmeversorgung über ein Wärmenetz mit erneuerbaren Energien informieren. Zum Thema Wirtschaftlichkeit der solaren Fernwärmeerzeugung und der Projektfinanzierung für große Freiflächenanlagen wurden zwei Coaching-Beiträge durch das Hamburg Institut beigesteuert. Über die aktuellen und relevanten Förderprogramme des Landes und des Bundes informierte die Thüringer Aufbaubank. Auch eine Übersicht über die Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten des künftig verfügbaren Thüringer Solarrechners wurde von der Thüringer Energie- und GreenTech Agentur ThEGA vorgestellt. Eine thematische Aufbauveranstaltung zu technischen und organisatorisches Aspekten der Wärmeversorgung über Wärmenetze mit erneuerbaren Energien ist für Sommer 2018 geplant. Es ist vorgesehen, den Teilnehmern an Hand der Vorstellung von Praxisbeispielen und Erfahrungsberichten und auch mit internationalen Coaching-Beiträgen mögliche Wege zur Umsetzung von Projekten aufzuzeigen. Abbildung 10a und b: Workshop zu Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien am 25.01.2018 im TMUEN Für Thüringer Akteure werden neben verschiedenen Fachworkshops auch unterschiedliche Fachexkursionen angeboten. So wurde auch Vertretern von Stadtwerken, Genossenschaften, des Wohnungsbaus und weitere Interessenten im März 2017 eine Teilnahme an der Fachexkursion der regionalen Akteursgruppe zur derzeit in Deutschland größten in Betrieb befindlichen Solarthermieanlage nach Senftenberg angeboten. 24 Für Akteure aus dem Bereich der städtischen Fernwärme wurde in Zusammenarbeit mit dem AGFW im Herbst 2017 eine Fachexkursion zu den Stadtwerken Chemnitz angeboten, bei der über die Besichtigung der Wärmeversorgungskomponenten hinaus auch Fachvorträge angeboten wurden. Den Teilnehmern konnte so ein intensiver Einblick z.B. in die Entstehungsgeschichte der Anlage, das Anlagenkonzept und das Betriebsverhalten gewährt werden. Abbildung 11: Fachexkursion nach Chemnitz Mit Blick auf die ländlichen Regionen Thüringens wurde Thüringer Akteuren für März 2018 eine Fachexkursion in das nahe gelegene bayrische Hallerndorf angeboten. Das dortige Wärmeversorgungssystem beruht auf einem Nahwärmenetz, das zu 100% mit erneuerbaren Energien – konkret aus Biomasse und Solarthermie – versorgt wird. Im weiteren Projektverlauf sind zielgruppenspezifische Informationsveranstaltungen und Exkursionen, z.B. für Vertreter von Genossenschaften und des Wohnungsbaus geplant. Auch sollen der solaren Nah- und Fernwärme verwandte Themen, z.B. Wärmespeicher, verstärkt berücksichtigt werden um ein breites Fachwissen rund um das Thema der solaren Nah- und Fernwärme zu generieren. 25 Marktunterstützende Maßnahmen Neben der Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für einen Einsatz von erneuerbaren Energien im Wärmeversorgungssystem, die weiter oben in diesem Dokument erläutert wurden, verfolgt Thüringen auch Aktivitäten zur Unterstützung von regionalen Akteuren einer möglichen Projektumsetzung. Diese werden im Folgenden beschrieben. Broschüre „Zukunft Sonne!“ Bereits im Energiemonitoring für Thüringen wurde festgestellt, dass der vergleichsweise hohe Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmebereitstellung für Thüringen fast ausschließlich durch Biomasse aufgebracht wird. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Potentiale zur Erzeugung von Wärme aus Biomasse und Reststoffen im Land weitgehend ausgeschöpft sind, jene der Solarthermie jedoch unzureichend genutzt werden. Darauf aufbauend wurde mit lokalen Akteuren (Wissenschaftler, Experten, Stadtwerke) der Einsatz von Solarthermie in Bestandsnetzen, in größeren Bestandsgebäuden und für Insellösungen mit neuen Wärmenetzen diskutiert und gemeinschaftlich der Fragen-Antworten-Katalog entworfen. Auch wurden drei konkrete Fallstudien für die Nutzung von Solarthermie für die Wärmeversorgung über Wärmenetze erarbeitet. Abbildung 12: Deckblatt der Broschüre "Zukunft Sonne!" Grundsätzlich liegen auf Akteursseite in Thüringen erste Erfahrungen mit solarunterstützten Wärmenetzen vor. Zusätzlich sollen potentielle Akteure, die eventuell noch auf unkonkretes Wissen in diesem Bereich zurückgreifen, unterstützt werden. Aus diesem Grund erfolgte im 26 Rahmen des SDHp2m-Projekts eine Drucklegung und Veröffentlichung des Handouts „Zukunft Sonne!“, welche sowohl den Fragen-Antworten-Katalog als auch die drei erarbeiten Fallstudien enthält. Dieses Handout für Kommunen, das sich im Fragen-Antworten-Katalog „Solarthermie und Fernwärme“ mit den technischen, ökonomischen und rechtlichen Aspekten der Einbindung von Solarthermie in Wärmenetze befasst, soll potentielle Akteure befähigen selbst aktiv zu werden und verschiedene Einbindungsvarianten von solarthermischen Anlagen in Wärmenetze auszuwerten und zu vergleichen. Die drei Fallstudien schaffen schließlich einen Übergang von den theoretischen zu den praktischen Fragestellungen in Bezug auf die solare Nah- und Fernwärme. Das Handout ist nicht nur für Kommunen geeignet, sondern auch für andere potentielle Akteure wie Energieversorger, Wärmenetzbetreiber oder Genossenschaften und stellt insgesamt eine grundlegende Akzeptanz- bzw. Informationsmaßnahme dar. Um darüber hinaus die Thüringer Akteure bei der Planung und Umsetzung von Wärmenetzprojekten zu unterstützen, wurden und werden verschiedene Tools, wie das Thüringer Abwärmekataster und der Thüringer Solarrechner entwickelt. Thüringer Abwärmekataster und Thüringer Solarrechner Bereits im Jahr 2017 wurde das Thüringer Abwärmekataster, welches eine verstärkte Nutzung von Abwärme über Wärmenetze fokussiert, als webbasierte Anwendungssoftware entwickelt und zur Nutzung bereitgestellt. Im Sommer 2018 soll nun auch der Solarrechner, ebenfalls als webbasierte Anwendungssoftware, welche für alle vom Anwender ausgewählten und potentiellen geeigneten Dächer und Freiflächen im Freistaat die konkreten Strom- oder Wärmeerträge sowie die Wirtschaftlichkeit der PV- bzw. der Solarthermie-Anlagen berechnet, veröffentlicht werden. Grundlage für die Berechnung der Solarerträge bilden die Daten der jeweils jüngsten Laserscanbefliegung Thüringens im Auftrag des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation. Der Solarrechner dient der Initialisierung einer verstärkten Eigenerzeugung von Solarstrom und –wärme. Potentielle Nutzergruppen für die Bewertung von Dachflächen sind private Gebäudeeigentümer ebenso wie Unternehmen und die öffentliche Hand. Die Freiflächenberechnung ist in erster Linie für Planungs- und Projektierungsunternehmen, Stadtwerke, Bürgerenergiegenossenschaften, Betreiber von Gewerbegebieten und andere Unternehmen mit geeigneten nicht betriebsnotwendigen Flächen konzipiert. Die Webanwendung wird voraussichtlich Ende Mai 2018 nutzungsfähig sein. Gegenwärtig laufen die automatisierte wie auch die manuelle Prüfung der ins Web eingestellten Beta- 27 Version des Solarrechners. Zudem wird ein Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit bezüglich des Rechners vorbereitet. Servicestelle Solar In Umsetzung seiner langfristigen Strategie zur Initialisierung einer verstärkten Eigenerzeugung sowie zum Ausbau der Nutzung von Solarstrom und –wärme generell richtet das TMUEN in der Thüringer Energie- und GreenTech Agentur ThEGA ab sofort eine neue Servicestelle Solar ein, die ihr Portfolio in den nächsten Monaten kontinuierlich ausbauen wird. Dieses zusätzliche Serviceangebot ist ein weiterer Schritt bei der Ausgestaltung eines integrierten Systems von Initiierung, Beratung und Förderung im Freistaat, welches in den nächsten Monaten mit dem Solarrechner, einem innovativen Webportal, eine weitere Vervollkommnung erfahren wird. Es richtet sich an potentielle Nutzergruppen wie private Gebäudeeigentümer, Bürgerenergiegenossenschaften, Betreiber von Gewerbegebieten und andere Unternehmen, Kommunen etc. Die Servicestelle Solar deckt die Themenbereiche Photovoltaik und Solarthermie umfassend ab. Sie bietet Beratung, zeigt Potenziale und Nutzungsmöglichkeiten auf und nutzt themenübergreifend die gesamte Kompetenz der ThEGA und der Thüringer erneuerbare Energien-Netzwerke bei der Erstbewertung und Begleitung von Projekten in die Realisierungsphase. Das Angebot der Servicestelle umfasst unter anderem: • praxisorientierte Beratung zu Handlungsmöglichkeiten für Bürger und Kommunen • fachliche Unterstützung für Stadt- und Gemeinderäte • Beratung von Unternehmen, Handwerks- und Gewerbebetrieben • Initiale Hilfestellung bei der Potentialermittlung von Dach- und Freiflächen • Fördermittelberatung • Information zu Bürgerbeteiligungsmodellen Konferenzen Das Thema der solaren Nah- und Fernwärme wurde bisher bei verschiedenen Fachveranstaltungen, Netzwerktreffen und Konferenzen berücksichtigt. So fand sowohl bei der 6. als auch bei der 7. Thüringer Erneuerbare Energien und Klimakonferenz „Thüringen Erneuer!bar“ mit jeweils etwa 300 Teilnehmern das Thema Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien Berücksichtigung. Konkret wurde im Jahr 2016 das Thema „Solare Nah- und Fernwärme“ mit einer Reihe an Praxisbeispielen und Fallstudien vorgestellt und diskutiert. Im Jahr 2018 wurden unter dem Titel „Sauber und bezahlbar: So gelingt die Wärmewende“ unter anderem Hürden und mögliche 28 Lösungsstrategien für die Umsetzung einer Wärmewende behandelt. Insbesondere die Frage nach Flächen für große Solarthermieanlagen sowie nach konkreten Schritten bei der Umsetzung von Solarthermieprojekten wurden vorgestellt und diskutiert. Abbildung 13a und b: Fachveranstaltung und Informationstisch zum Thema "Sauber und bezahlbar: so gelingt die Wärmewende" im Rahmen der 7. Erneuerbaren Energien und Klimakonferenz in Weimar Auch im Rahmen des ThEGA-Forums, das eine wichtige regelmäßige Fachveranstaltung für Thüringer Akteure darstellt, wurde im Jahr 2017 das Thema der „Wärmenetze von morgen“ behandelt. Unter anderem wurden Wärmenetze als Plattformtechnologien für die Einbindung verschiedener erneuerbarer Energieträger, technische Details zu Wärmenetztemperaturen aber auch ein Praxisbeispiel und ein regionales Betreiberkonzept vorgestellt und mit den Teilnehmern diskutiert. Abbildung 14: Fachveranstaltung zum Thema "Wärmenetze von morgen" im Rahmen des 6. ThEGA-Forums in Weimar 29 Netzwerktreffen Um auch die Netzwerkarbeit der regionalen Akteure zu unterstützen, sind verschiedene Netzwerktreffen im Rahmen des Projekts SDHp2m geplant. Für April 2018 wurde in Zusammenarbeit mit dem AGFW Thüringer Akteuren die gemeinsame Anreise zur 23. Internationalen Fachmesse und Kongress für Wärme, Kälte und KWK, bei welcher im Forum Industrie-Innovationen das Thema Solare Wärmenetze präsentiert wurde, angeboten. Für die gemeinsame Anreise war ein Fachaustausch mit Unterstützung durch die ThEGA vorgesehen. Auch sollte der aktuelle Arbeitsstand zum Thüringer Solarrechner und die Servicestelle Solar vorgestellt werden. Um einen umfassenden und inhaltlich breit angelegten Erfahrungs- und Fachaustausch zu unterstützen, ist auch für Herbst 2018 ein ähnliches Netzwerktreffen mit gemeinsamer Anreise zum 23. Dresdner Fernwärme-Kolloquium des AGFW geplant. Abbildung 15: Einladung zum SDHp2m-Netzwerkevent im April 2018 30 Ausblick in eine sonnige Zukunft Neben den Aktivitäten zum Thüringer Klimagesetz, der Integrierten Energie- und Klimastrategie, laufenden Fachveranstaltungen und Unterstützungsleitungen für regionale Akteure durch die ThEGA soll auch künftig eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für einen Einsatz der solaren Nah- und Fernwärme in Thüringen erfolgen. Unter anderem befindet sich ein Förderprogramm des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL), welches auf einen Ausbau von Wärmenetze mit erneuerbaren Energien im ländlichen Raum abzielt, in der Entwicklung. Zudem ist die Erarbeitung eines Online-Handouts zum Thema Finanzierung und Förderung von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien für Thüringen vorgesehen. Dieses soll eine aktuelle und regionale Ergänzung zu den für Baden-Württemberg existierenden Leitfäden, die auch umfassend die allgemeinen und national gültigen Rahmenbedingungen beschreiben, darstellen. In Ergänzung sowohl zum Thüringer Abwärmekataster als auch zum Thüringer Solarrechner wird derzeit ein methodisches System zur wärmeenergetischen Analyse von quartiersbezogenen Stadtstrukturen und softwaregestützter Wärmeanalyse in kleinen und mittleren Gemeinden entwickelt. Auf diese Weise soll das vielfältige und engmaschige Unterstützungsangebot für Wärmeanalysen, Wärmekonzepte und letztlich Projektumsetzungen zum Thema solare Nah- und Fernwärme weiter ausgebaut werden. Um einen solchen kontinuierlichen Prozess auch in anderen Regionen zu befördern, möchte sich Thüringen gern an einem Wissens- und Erfahrungsaustausch beteiligen. So können Sie uns oder die Kollegen der ThEGA bei Fragen gern kontaktieren. 31 Quellen und Links Hermelink et al. (2012). Potentiale nutzen. Effizienz schaffen. Der Gebäudereport Thüringen. Wesselak et al. (2013). Energiemonitoring für Thüringen. Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz: www.tmuen.de Thüringer Energie- und GreenTech Agentur ThEGA: www.thega.de Thüringer Aufbaubank: www.aufbaubank.de SDHp2m-Projektwebseite: www.solar-district-heating.eu Broschüre „Zukunft Sonne!“: http://solar-district-heating.eu/Portals/3/Th%C3%BCringen/Brosch%C3%BCre%20Zukunft%20Sonne.pdf Thüringer Abwärmekataster: https://www.thega.de/projekte/abwaerme/abwaermekataster/

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Freitag, 1. Juni, 2018|

Instrumente zur Marktförderung – Fallstudie Solare Gewächshäuser in Hamburg

Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert Thema: Fallstudie – Solare Nachbarschaftsgewächshäuser in Hamburg, Deutschland Beschreibung: Die Fallstudie bewertet die technische, wirtschaftliche und rechtliche Machbarkeit des Konzepts "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser" im Kontext der Metropolregion Hamburg. Außerdem werden zwei potenzielle Standorte in der Stadt Hamburg untersucht. Datum: 15.11.2018 Autoren: Simona Weisleder, Christian Maaß und Gerrit Fuß, Hamburg Institut Dokument Download: www.solar-district-heating.eu/en/knowledge-database/ Zusammenfassung Region: Metropolregion Hamburg Beteiligte Partner: • Wärmeverbraucher (Mieter, Wohnungsbaugesellschaften, Gewerbe- und Industrieunternehmen) • Nachbarschaften, lokale Klimaschutz- und Garteninitiativen und soziale Einrichtungen • Wärmeversorger und DH-Unternehmen (z. B. lokale Energieunternehmen, Auftragnehmer ...) • Solarthermieanlagen Hersteller, Gewächshaus- oder Gartenbaubetriebe • Stadt Hamburg Kurze Beschreibung der Maßnahme: Fallstudie "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser" Freiflächen-Solarthermieanlagen erzeugen kostengünstige erneuerbare Fernwärme. Die Umsetzung scheitert jedoch häufig an der Bereitstellung geeigneter Flächen. „Solare Nachbarschaftsgewächshäuser“ ist ein vom Hamburger Institut entwickeltes Konzept - sie ermöglichen eine multifunktionale Nutzung städtischer Freiräume: für Solarthermie und Urban Gardening. Sie versorgen Nachbarschaften mit erneuerbarer Wärme und gesundem Essen, fördern den Aufbau von Gemeinschaften und die öffentliche Akzeptanz der Technologie. Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert Ausgangssituation Freiflächen-Solarthermieanlagen sind eine besonders kostengünstige und wettbewerbsfähige Möglichkeit, regenerative Fernwärme zu erzeugen. Die Umsetzung solcher Projekte in Deutschland in urbanen Räumen scheitert jedoch meist an einem harten Wettbewerb um die knappe und teure Fläche. Diese Ausgangsituation erfordert multifunktionale Ansätze, die Projekte für klimafreundliche und schadstofffreie Wärme realisieren und weitere Vorteile für die Städte und ihre Nachbarschaften bringen. Da immer mehr Menschen - vor allem in städtischen Räumen – von der Idee begeistert sind, ihre eigenen Lebensmittel anzubauen und mehr über die Nahrungsmittelproduktion und einen ökologischen Lebensstil lernen wollen, ist eine Kombination dieser Interessen mit der solaren Wärmeerzeugung vielversprechend. Bei der Bewegung "Urban Gardening" geht es nicht nur darum, frisches und gesundes Essen zu produzieren, sondern auch um Gemeinwesen und Bildung. "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser" kombinieren Freiflächen-Solarthermieanlagen mit Urban Gardening in Gewächshäusern. Während die erzeugte Wärme in ein bestehendes Nahwärmenetz eingespeist oder an einen großen Wärmeverbraucher abgegeben werden kann, eröffnen die Gewächshäuser neue Möglichkeiten für die jeweiligen Quartiere. Ziele Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert Die "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" zielen auf den Aufbau sozialer und ökologischer Infrastrukturen: Die nachhaltige, kostengünstige und kommunale Selbstversorgung mit frischen Lebensmitteln ("Urban Gardening") wird mit neuen Technologien zur Erzeugung erneuerbarer Wärme kombiniert. Die Fallstudie soll eine erste technologische, wirtschaftliche und rechtliche Analyse der "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" geben. Verbindungen zu relevanten Interessengruppen sollen hergestellt werden. Darüber hinaus werden zwei konkrete Flächen in Hamburg evaluiert, die mögliche Standorte für ein solches Projekt sein könnten. Die Ergebnisse der Fallstudie sollen die Grundlage bilden, um notwendige Partner wie die Stadt Hamburg, Wärmeversorger, Wohnungsunternehmen und andere zu erreichen. Maßnahmen und Aktionen Die Fallstudie untersucht die technologische, wirtschaftliche und rechtliche Machbarkeit des Konzepts in deutschen Städten. Dies geschieht in engem Kontakt mit möglichen Stakeholdern wie Urban-Gardening- Initiativen, Solarthermie-Anlagen Herstellern und Gewächshausbauunternehmen. Außerdem werden zwei mögliche Standorte in der Stadt Hamburg evaluiert: Hamburg-Altona/Eimsbüttel In den Stadtteilen Altona und Eimsbüttel ist ein innovatives und nachhaltiges Projekt zum Lärmschutz der Bürger/innen vor der naheliegenden Autobahn geplant. Im Zuge des zweispurigen Ausbaus der Autobahn A7 wird die gesamte Trasse in diesem Gebiet durch oberirdische Tunnel abgedeckt. Der gewonnene Platz soll für neue Parks und kleine Stadtgärten genutzt werden. Über die zusätzlich gewonnene Lebensqualität hinaus werden Quartiere wieder miteinander verbunden, die einst durch den Bau der Autobahn geteilt wurden. "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser" wären eine innovative Lösung für kleine städtische Gärten auf dem neuen Autobahndeckel. Die Fallstudie untersucht, ob und wie eine Realisierung möglich ist. Nach einer Analyse der relevanten Stakeholder, potenziellen Partner und Wärmekunden soll die Idee den Behörden der Stadt vorgestellt werden. Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert (Quelle: http://www.hamburg.de/fernstrassen/a7-deckel/) Hamburg-Harburg Im Stadtteil Harburg wurde im Rahmen des "Integrierten Quartierskonzepts" "Südöstliches Eißendorf/ Bremer Straße" die Möglichkeit untersucht, Solarthermie in das Wärmenetz einer lokalen Wohnungsgenossenschaft zu integrieren. Es wurden zwei mögliche Standorte vorgeschlagen, die sich für eine Freiflächensolarthermie- Anlage eignen würden. Derzeit werden die jeweiligen Standorte von einem Erdbeeranbauern und Kleingärten genutzt. In der Fallstudie soll die Möglichkeit der Umsetzung "Solarer Nachbarschaftsgewächshäuser" untersucht werden. Die Ergebnisse werden der Wohnungsgenossenschaft und den Grundeigentümern vorgelegt. Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert Barrieren und Möglichkeiten "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser" bieten als integrierte Lösung viele Möglichkeiten, um Grundbedürfnisse der Bewohner/innen nach Energie, Nahrung und Gemeinschaft zu decken. Im Rahmen der Fallstudie führten Gespräche mit einer Urban-Gardening-Initiative, einem Solarthermie-Anlagenhersteller und einer Gewächshausbaugesellschaft zu einer allgemein positiven Resonanz. Sowohl aus städtebaulicher als auch aus solarthermischer Perspektive wurde das Konzept als machbar angesehen. Dennoch bleiben Hindernisse für die Umsetzung bestehen. Während eine viel versprechende Perspektive für die multifunktionale Landnutzung in Städten gegeben ist, müssen Interessenvertreter und Entscheidungsträger überzeugt werden. Darüber hinaus müssten in einigen Fällen Bebauungspläne geändert werden, um "Solare Nachbarschaftsgewächshäuser“ zu realisieren. Und schließlich bedarf die Finanzierung der Gewächshäuser und des Urban Gardening-Projekts einer weiterführenden Analyse. Ergebnisse Die Fallstudie konnte zeigen, dass die "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" sowohl für die solarthermische Wärmeproduktion als auch für den städtischen Gartenbau geeignet sind. Es gibt keine großen technologischen Herausforderungen für die Realisierung des Konzepts, da die Technologien auf dem Markt verfügbar sind. Die Gewächshäuser und die Aufständerungen für die Solarthermie-Kollektoren würden spezielle Konstruktionen, aber keine neuen Technologien benötigen. Wirtschaftlich sind die Investitionskosten für die Solarthermieanlagen geringfügig höher als für normale Freiflächensolarthermie-Anlagen, da die Aufständerungen eine spezielle Konstruktion erfordern. Diese wären etwa doppelt so teuer wie Standardlösungen. Auf der anderen Seite machen die Stahlkonstruktionen nur etwa 10% der Investitionskosten aus. Daher könnten die Kosten der Wärmeproduktion wettbewerbsfähig sein. Die Investitionskosten für die Gewächshäuser und die Betriebskosten des Urban-Gardening-Projekts müssten auf zusätzlichen Wegen finanziert werden. Aus Nutzergebühren, Stadtentwicklungsfonds, Forschungsgeldern und Spenden könnten Fördermittel bezogen werden. Aus rechtlicher Sicht würden die "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" in der Stadt Änderungen in den Bebauungspläne notwendig machen. Am Rande der Städte sind Gewächshauskonstruktionen ohne Änderung der Bebauungspläne möglich, da es sich um landwirtschaftliche Infrastruktur handelt. Von den beiden in dieser Fallstudie untersuchten Standorten erschien der Standort im Bezirk Harburg vielversprechender als der Standort in den Stadtteilen Altona und Eimsbüttel. Dort ist der Planungsprozess für den Bereich Lärmschutzdeckel weit fortgeschritten. Eine Änderung des derzeitigen Plans, erscheint zu diesem Zeitpunkt schwierig. In Harburg werden die Flächen jedoch für eine partielle Nutzung für "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" als machbar erachtet. Solar district heating Instrumente zur Markunterstützung Fallstudie zur Untersützung der Markteinführung von SDH Dieses Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms Nr. 691624 der Europäischen Union für das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizont 2020" gefördert Erkenntnisse Die Fallstudie für die "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" konnte zeigen, dass Akteure aus verschiedenen Bereichen offen für neue Lösungen sind, um der Konkurrenz um die raren Fläche im städtischen Kontext zu begegnen. Auch wenn die Ergebnisse der Fallstudie positiv anmuten, müssen durchaus neue Herausforderungen bei der Entwicklung der "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" bewältigt werden. Ein solches Projekt macht einen ganzheitlichen Ansatz notwendig, der von Anfang an auf Urban-Gardening-Initiativen, Wärmeversorger, Wohnungsunternehmen und Entscheidungsträger eingeht. Noch mehr als in anderen Energieprojekten kann nur ein offener und gemeinschaftlicher Prozess zur erfolgreichen Realisierung führen. Da sich die Rahmenbedingungen und Ziele an jedem Standort und in jeder "Urban Gardening"-Gruppe unterscheiden, macht es keinen Sinn ein allgemeingültiges Konzept von "Solaren Nachbarschaftsgewächshäuser" zu erstellen, sondern jeweils individuelle Lösungen zu entwickeln, die der gleichen Idee folgen. Zusammenfassend wurde in den Gesprächen mit den Akteuren aus der Landwirtschaft und den Gewächshausbauern deutlich, dass die Kombination von Solarthermiekollektoren und Gewächshäusern im Bereich Urban Gardening vielversprechend ist. Für professionelle Landwirte wären weitere geldwerte Vorteile nötig, um mögliche Verschattungen im Gewächshaus auszugleichen. Konzepte wie bei der Agro-PV (http://www.agrophotovoltaik.de/english/agrophotovoltaics/) sollten für Freiflächensolarthermie-Anlage in Betracht gezogen werden. ┘ Die Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den Autoren. Sie spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Europäischen Union wider. Weder die Europäische Kommission noch die Autoren sind verantwortlich für die Verwendung der darin enthaltenen Informationen ┌

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Dienstag, 1. Mai, 2018|

Verbesserung der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen – Thüringer Klimagesetz

Solar district heating Instruments for policy and legal framework Entwurf zum Thüringer Klimagesetz Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). Gegenstand: Rechtliche Rahmenbedingungen Beschreibung: Entwicklung eines Gesetzentwurfs durch die Thüringer Landesregierung zum “Thüringer Klimagesetz” Datum: 14.05.2018 Autor: Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Dokumentendownload: www.solar-district-heating.eu/en/knowledge-database/ Zusammenfassung der Maßnahme Region: Thüringen, Deutschland (A-Region) Kurzbeschreibung der Maßnahme: Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) hat einen Gesetzentwurf zum “Thüringer Gesetz zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels - ThürKlimaG” erarbeitet, welcher von der Landesregierung beschlossen und an den Landtag zur weiteren Diskussion und Beschlussfindung übergeben wurde. Ausgangssituation Entsprechend den Zielen des Koalitionsvertrages strebt Thüringen an bis 2040 seinen Energiebedarf bilanziell durch einen Mix aus 100% regenerativen Energien selbst decken zu können. Nicht nur im Stromsektor, auch im Wärmebereich sind erhebliche Anstrengungen notwendig, um dieses Ziel zu erreichen. Der verstärkte Um- und Ausbau der Fernwärme und die Einbeziehung erneuerbarer Energien wie der Solarthermie werden hierbei einen erheblichen Beitrag leisten. Das Thüringer Klimagesetz kann einen Rahmen für die Klima- und Energiepolitik des Landes Thüringen bilden. Aus diesem Grund hat das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) einen Gesetzentwurf zum “Thüringer Gesetz zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels - ThürKlimaG” erarbeitet, welcher im Dezember 2017 von der Landesregierung beschlossen wurde. Im Januar 2018 wurde der Gesetzentwurf an den Landtag, welchem die Gesetzgebungskompetenz obliegt, zur weiteren Diskussion und Beschlussfindung übergeben. Der Gesetzentwurf des Thüringer Klimagesetzes sieht Abbaukorridore für den Ausstoß von Treibhausgasen und damit konkrete Anhaltspunkte für eine Umgestaltung der Energieversorgung Thüringens vor. Auf diese Weise soll auf regionaler Ebene ein Beitrag zum Erreichen der globalen Klimaziele geleistet werden, wobei die Potentiale der Wärmeversorgung mittels Wärmenetzen genutzt werden sollen. Solar district heating Instruments for policy and legal framework Entwurf zum Thüringer Klimagesetz Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). Ein erster Entwurf des Gesetzes wurde Ende März 2017 im Kabinett beraten. Im Rahmen der zweiten Kabinettsberatung im Dezember 2017 wurde der Gesetzentwurf beschlossen. Seit Januar 2018 wird der Gesetzentwurf im Landtag beraten. Ziele Das Klimagesetz kann einen Rahmen für die Klima- und Energiepolitik des Landes bilden. Neben den Abbaukorridoren für den Ausstoß von Treibhausgasen sowie den Zielen für die Umgestaltung des Energiesystems auf bilanziell 100% erneuerbare Energien bis 2040 soll das Gesetz auch weitere Eckpunkte beinhalten, wobei die Themen Wärmeversorgung bzw. Wärmenetze konkret adressiert werden: Im Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz ist vorgesehen, dass Gemeinden mit Unterstützung der Landesregierung Wärmeanalysen bzw. Wärmekonzepte zu erarbeiten können. Landkreise und Gemeinden können darüber hinaus Klimaschutzstrategien erstellen bzw. fortschreiben, die ebenfalls Aspekte der Wärmeversorgung beinhalten könnten. Die Klimaschutzstrategien sollen insbesondere beschreiben, wie Treibhausgaseinsparungen erzielt und die Nutzung erneuerbarer Energien ausgebaut werden kann. Die Wärmeanalysen der Gemeinden sollten eine Beschreibung vorhandener Wärmequellen und –senken beinhalten. Die Wärmekonzepte sollten Maßnahmen für die Reduzierung der lokalen Wärmebedarfe sowie für den Ausbau der erneuerbaren Energien beinhalten. Diese Konzepte können eine gute Grundlage für die Entwicklung und Umsetzung von konkreten Projekten vor Ort bilden. Darüber hinaus sind Fernwärmeversorgungsunternehmen verpflichtet, ein Konzept für ihr Wärmenetz zu entwickeln, welches auf die Umstellung des Wärmeversorgungssystem auf 100% erneuerbare Energien bis 2040 ausgerichtet ist und Durchführungsschritte zur Zielerreichung beinhaltet. Die Konzepte müssen mindestens alle zehn Jahre überarbeitet werden. Zudem müssen Fernwärmeversorgungsunternehmen Produkt- und Umweltinformationen, wie den Anteil der erneuerbaren Energien, CO2-Emissionen und Primärenergiefaktor der Fernwärme, auf der Internetseite Ihres Unternehmens oder an anderer geeigneter Stelle veröffentlichen. Abbildung 1: Treibhausgasabbaukorridore im Entwurf des Thüringer Klimagesetzes Solar district heating Instruments for policy and legal framework Entwurf zum Thüringer Klimagesetz Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). Mit Blick auf einen klimaneutralen Gebäudebestand sollen zudem Gebäudeeigentümer unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen und sonstigen persönlichen Verhältnisse, ab 2030 einen Mindestanteil von 25% erneuerbarer Energien zur Deckung des Wärme- bzw. Kältebedarfs Ihres Gebäudes sicherstellen. Alternativ zur dezentralen Einbindung erneuerbarer Energien kann auch ein Anschluss an ein Wärmenetz mit ebenfalls einem Mindestanteil von 25% erneuerbarer Energien erfolgen oder es können individuelle Sanierungsfahrpläne, Gebäudeenergiechecks, Energiebedarfsausweise, zertifizierte Umweltmanagement- und Energiemanagementsysteme oder Energieaudits erarbeitet bzw. vorgenommen werden. Mit den beschriebenen Schritten sollen nicht nur Energieeinsparungen und eine Steigerung der Energieeffizienz im Wärmeversorgungsbereich, sondern auch konkret eine Steigerung des Einsatzes erneuerbarer Energien in Wärmenetzen erreicht werden. Maßnahmen und Aktivitäten Der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz beinhaltet auch die Entwicklung einer Integrierten Energieund Klimaschutzstrategie (IEKS). Diese Strategie soll konkrete Maßnahmen und Aktivitäten beinhalten, deren Umsetzung hilft, die im Gesetz verankerten Klimaschutzziele zu erreichen. Im Klimagesetz selbst sollen nur wenige konkrete Maßnahmen verankert werden, da der Weg zur Erreichung der genannten Ziele nicht im Detail vorgegeben werden soll. Auf diese Weise kann Raum für Diskussionen und verschiedene, flexible Lösungen entstehen. In einem breit angelegten Beteiligungsprozess erhielten interessierte gesellschaftliche Gruppen und Verbände, wie die kommunalen Spitzenverbände, die Wirtschaft oder die Naturschutzverbände sowie Bürgerinnen und Bürger von März bis November 2017 die Möglichkeit, gemeinsam mit der Landesregierung diese IEKS zu erarbeiten. Konkret möchte sich die Landesregierung im Zusammenhang mit dem Klimagesetz verpflichten, andere öffentliche Stellen bei Klimaschutzaktivitäten zu unterstützen. Künftige politische Entscheidungen werden ausschlaggebend dafür sein, ob und in welchem Umfang dazu finanzielle Unterstützung bereitgestellt werden kann. Hürden und Möglichkeiten Mit der Festlegung von Treibhausgasminderungszielen im Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz kann ein regulatorischer Rahmen für die Umgestaltung des regionalen Energieversorgungssystems geschaffen Solar district heating Instruments for policy and legal framework Entwurf zum Thüringer Klimagesetz Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). werden. Darüber hinaus kann durch den speziellen Fokus des Klimagesetzes u.a. auf den Wärmesektor die Bedeutung von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien für eine Wärmewende hervorgehoben werden. Gemeinden, Fernwärmeversorgungsunternehmen und Gebäudeeigentürmer sollen in Thüringen als direkte Akteure der Energiewende in eine Umgestaltung des Energieversorgungssystems einbezogen werden, sodass eine Steigerung des Anteils der Erneuerbaren Energien am Wärmeversorgungssystem auch über Wärmenetze erzielt werden kann. Wärme- und Klimakonzepte sollen eine Umsetzung konkreter Projekte anregen. Der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz wurde an den Thüringer Landtag übergeben, wo er vor einer abschließenden Abstimmung derzeit diskutiert wird. In diesem Prozess können Änderungen am Gesetzentwurf vorgenommen werden. Im Rahmen der Abstimmung des Landtags über den Gesetzentwurf kann gegebenenfalls eine Ablehnung dieses Entwurfs erfolgen. Ergebnisse Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) hat einen Gesetzentwurf zum “Thüringer Gesetz zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels - ThürKlimaG” erarbeitet, welcher von der Landesregierung beschlossen und an den Landtag zur weiteren Diskussion und Beschlussfindung übergeben wurde. In diesem Factsheet werden nur die für die solare Nah- und Fernwärme relevanten Aspekte dargestellt. Darüber hinaus berücksichtigt der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz auch weitere Inhalte, z.B. die Themen nachhaltige Mobilität und Klimaanpassung Gewonnene Erkenntnisse Der Gesetzentwurf zum Thüringer Klimagesetz wurde dem Landtag für eine weitere Diskussion und Beschlussfindung übergeben und kann einen starken Rahmen für die Klima- und Energiepolitik des Landes bilden. Die Umsetzung eines Klimagesetzes ist eine Maßnahme mit Langzeitwirkung. Doch auch die Entwicklung eines Klimagesetzes ist arbeits- und zeitintensiv und letztlich abhängig von den politischen Entscheidungen des Landtags. ┘ Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. ┌

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Dienstag, 1. Mai, 2018|

Verbesserung der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen – Thüringer Solarrechner

Solar district heating Instruments for policy and legal framework Entwicklung einer webbasierten Software Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). Gegenstand: Thüringer Solarrechner Beschreibung: Entwicklung einer webbasierten Software “Thüringer Solarrechner” Datum: 14.05.2018 Autor: Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) Dokumentendownload: www.solar-district-heating.eu/ Zusammenfassung der Maßnahme Region: Thüringen, Deutschland (A-Region) Beteiligte Partner: Thüringer Energie- und GreenTech Agentur (ThEGA), Geoplex GIS GmbH Kurzbeschreibung der Maßnahme: Entwicklung einer webbasierten Software, “Thüringer Solarrechner” Ausgangssituation Entsprechend den Zielen des Koalitionsvertrages strebt Thüringen an, bis 2040 seinen Energiebedarf bilanziell durch einen Mix aus 100% regenerativen Energien selbst decken zu können. Nicht nur im Stromsektor, auch im Wärmebereich sind erhebliche Anstrengungen notwendig, um dieses Ziel zu erreichen. Der verstärkte Um- und Ausbau der Fernwärme und die Einbeziehung erneuerbarer Energien wie der Solarthermie werden hierbei einen erheblichen Beitrag leisten. Eine Untersuchung des regionalen Wärmeversorgungssystems, das unter anderem von Wärmenetzen geprägt ist, hat gezeigt, dass die Potentiale der Biomasse in Thüringen nahezu erschöpft sind – jene der Solarthermie jedoch unzureichend genutzt werden. Derzeit ist in Thüringen eine solarthermische Pilotanlage die in ein Wärmenetz integriert ist in Jena-Pößneck in Betrieb, während andere solare Nah- und Fernwärmeprojekte konzeptioniert und verschiedene Machbarkeitsstudien zur Integration erneuerbarer Energien in die Wärmeversorgung mit Wärmenetzen erarbeitet werden. Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) verfolgt verschiedene Aktivitäten um die Marktbereitung erneuerbarer Energien und solarer Nah- und Fernwärme zu unterstützen, z.B. mit der Entwicklung des Thüringer Solarrechners, einer webbasierten Software, durch die Geoplex GIS GmbH. Solar district heating Instruments for policy and legal framework Entwicklung einer webbasierten Software Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). Ziele Die solare Strom- und Wärmeproduktion in Thüringen soll gesteigert werden. Aus diesem Grund wird der Thüringer Solarrechner entwickelt, der verschiedenen Nutzergruppen bei der Identifizierung von Potentialen für die Nutzung der Solarenergie dienen soll. Konkret können mit Hilfe des Thüringer Solarrechners mögliche Flächen für die Installation von Solarthermiekollektoren oder Photovoltaikmodulen identifiziert werden. Grundlage für die Ermittlung solcher Potentiale sind wirtschaftliche Betrachtungen und eine Ermittlung des Solarertrages für jede Dach- und Freifläche in Thüringen. Diese Berechnungen basieren auf den Daten der jeweils jüngsten Laserscanbefliegung Thüringens im Auftrag des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (TLVermGeo). Im Hinblick auf die Solarthermie können mit Hilfe des Thüringer Solarrechner nicht nur für Dachflächen, sondern auch für Freiflächen Wirtschaftlichkeits- und Ertragsberechnungen durchgeführt werden. Freiflächen können manuell über die Einzeichnung eines Polygons für eine Betrachtung ausgewählt werden. Die Belegung dieser Flächen mit Solarthermiekollektoren erfolgt automatisch, kann jedoch manuell angepasst werden. So können einzelne Module der Fläche zugefügt oder entfernt werden. Auch eine Verschiebung der Module ist möglich. Zudem kann der Kollektortyp (Flachkollektor oder Vakuumröhrenkollektor) für die Belegung der Fläche ausgewählt werden. Anschließend werden der Solarertrag und die Investitionskosten berechnet und die Ergebnisse können ausgedruckt und als PDF-Dokument abgerufen werden. Auf Grund seines umfangreichen Funktionsumfangs (Berechnungen für Solarthermie oder Photovoltaik auf Dach- oder Freiflächen) richtet sich der Thüringer Solarrechner auch an verschiedene Zielgruppen: Insbesondere mit der Bewertung von Dachflächen für die Nutzung von Solarthermie oder Photovoltaik richtet sich der Thüringer Solarrechner an private Gebäudeeigentümer, Unternehmen, die öffentliche Hand und Wohnungsbauunternehmen. Die Bewertung von Freiflächen zur Nutzung von Solarthermie oder Photovoltaik ist in erster Linie für Stadtwerke, Genossenschaften, Planungs- und Projektierungsunternehmen, Betreiber von Gewerbegebieten und andere Unternehmen mit geeigneten nicht betriebsnotwendigen Flächen konzipiert. Maßnahmen und Aktivitäten Der Thüringer Solarrechner wird etwa Ende Mai 2018 nutzungsfähig sein. Derzeit wird eine Beta-Version automatisiert und manuell geprüft. Es wurde ein umfangreiches Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit für Mai und Juni 2018 in Kooperation mit der Thüringer Energie- und GreenTech Agentur (ThEGA) entwickelt, das darauf abzielt, potentielle Nutzer und Multiplikatoren über die Entwicklung des Thüringer Solarrechners zu informieren. Dieses Konzept beinhaltet Solar district heating Instruments for policy and legal framework Entwicklung einer webbasierten Software Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). zum Beispiel die Durchführung von Informationsveranstaltungen und Workshops, das Drucken von Flyern und Broschüren sowie die Präsentation des Thüringer Solarrechners online und auf Messen. Darüber hinaus wurde das Konzept des Thüringer Solarrechners bereits bei zwei SDHp2m-Veranstaltungen im Januar und Februar 2018 vorgestellt und soll auch bei weiteren SDHp2m-Veranstaltungen im Jahr 2018 eine Rolle spielen. Hürden und Möglichkeiten Die Etablierung eines kostenlosen webbasierten Softwaretools zur Identifizierung von Flächen für die Installation von großen Solarthermieanlagen kann bei der Nutzung der existierenden Solarthermiepotentiale in Thüringen hilfreich sein. Dazu ist es notwendig, potentielle Nutzer und Multiplikatoren über die Veröffentlichung des Thüringer Solarrechners und dessen Nutzungsmöglichkeiten zu informieren. Zudemm ist es wichtig, Akteure bei der Nutzung des Thüringer Solarrechners zu unterstützen. Aus diesem Grund wird der Thüringer Solarrechner mit der Servicestelle Solar bei der Thüringer Energie- und GreenTech Agency (ThEGA) verknüpft, die praktische Unterstützung z.B. für Kommunen, Bürger und Unternehmen bei der Identifizierung von Flächen für die Nutzung von Solarthermie und Photovoltaik und zu Finanzierungs- und Betreibermodellen anbietet. Ergebnisse Der Thüringer Solarrechner befindet sich derzeit in der Testphase und wird voraussichtlich Ende 2018 veröffentlicht. Der Thüringer Solarrechner wird künftig abrufbar sein unter: www.solarrechner-thueringen.de Gewonnene Erkenntnisse Die Rückmeldung Thüringer Akteure zum Thüringer Solarrechner war bisher ausschließlich positiv. ┘ Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. ┌

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Dienstag, 1. Mai, 2018|

Verbesserung der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen – Energie und Klimaschutzstrategie in Thüringen

Solar district heating Instruments for policy and legal framework Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). Gegenstand: Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie Beschreibung: Entwicklung eines Entwurfs zur “Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie ” Datum: 14.05.2018 Autor: Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Dokumentendownload: www.solar-district-heating.eu/en/knowledge-database/ Zusammenfassung der Maßnahme Region: Thüringen, Deutschland (A-Region) Kurzbeschreibung der Maßnahme: Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) koordiniert die Erarbeitung einer Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie. Ausgangssituation Entsprechend den Zielen des Koalitionsvertrages strebt Thüringen an bis 2040 seinen Energiebedarf bilanziell durch einen Mix aus 100% regenerativen Energien selbst decken zu können. Nicht nur im Stromsektor, auch im Wärmebereich sind erhebliche Anstrengungen notwendig, um dieses Ziel zu erreichen. Der verstärkte Um- und Ausbau der Fernwärme und die Einbeziehung erneuerbarer Energien wie der Solarthermie werden hierbei einen erheblichen Beitrag leisten. Einen rechtlichen Rahmen für die umfassende Klima- und Energiepolitik des Landes Thüringen soll das Klimagesetz schaffen. Ein Gesetzentwurf, der im Dezember 2017 von der Landesregierung beschlossen wurde, wurde im Januar 2018 dem Landtag zur weiteren Diskussion und abschließenden Beschlussfindung vorgelegt. Der Gesetzentwurf sieht die Entwicklung einer Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie (IEKS) durch die Landesregierung vor. Diese soll konkrete Maßnahmen und Wege aufzeigen, die im Klimagesetz verankerten Klimaschutzziele zu erreichen. Ziele Unter Beteiligung der Öffentlichkeit wurde in einem breit angelegten Dialogprozess ein Maßnahmenkatalog 4.0 als Basis für die Erarbeitung der IEKS für Thüringen entwickelt. Solar district heating Instruments for policy and legal framework Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). Grundlage für die öffentliche Diskussion stellte eine Studie des Leipziger Instituts für Energie dar, welches ausgehend von möglichen Minderungspotentialen die Bereiche darstellt, in welchen Treibhausgasemissionen eingespart werden können. Dabei wurden für die IEKS die Handlungsfelder Energieversorgung, Wirtschaft, Verkehr, Gebäude, Private Haushalte, Landnutzung/Landwirtschaft sowie Öffentliche Hand fokussiert. Im gesamten Dialogprozess wurden konkrete Maßnahmen für die genannten Handlungsfelder ausgearbeitet und als Maßnahmenkatalog 4.0 zusammengefasst, welche als IEKS durch die Landesregierung beschlossen und künftig regelmäßig fortgeschrieben werden soll. Maßnahmen und Aktivitäten In einem breit angelegten Beteiligungsprozess erhielten von März bis November 2017 interessierte gesellschaftliche Gruppen und Verbände, wie die kommunalen Spitzenverbände, die Wirtschaft oder die Naturschutzverbände, sowie Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit gemeinsam mit der Landesregierung die IEKS zu erarbeiten. Die Ausarbeitung des Maßnahmenkatalogs 4.0 zur Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie erfolgte in mehreren Stufen. Ausgehend von einem wissenschaftlichen Gutachten, welches durch das Leipziger Institut für Energie erstellt wurde, wurde auch der Maßnahmenkatalog 1.0 erarbeitet. Dieser wurde in einer ersten Workshop-Reihe mit Experten z.B. aus Verbänden, Wirtschaft und Forschung im März 2017 diskutiert und zu einem Maßnahmenkatalog 2.0 zusammengefasst. Anschließend wurden die Bürger aufgefordert, den aus den Ergebnissen der Workshop-Reihe entwickelte Maßnahmenkatalog 2.0 online zu kommentieren und zu bewerten. Eine Bewertung und Kommentierung konnte auch im Klima- Pavillon des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz im Rahmen der Landesgartenschau in Apolda erfolgen. Darüber hinaus fanden auch Zielgruppen-Workshops zum Maßnahmenkatalog 2.0 statt. Die Ergebnisse dieses Beteiligungsprozesses wurden im Maßnahmenkatalog 3.0 berücksichtigt, welcher abschließend in einer zweiten Workshop-Reihe nochmals mit Experten z.B. aus Verbänden, Wirtschaft und Forschung besprochen wurde. Im Januar 2018 wurde aus diesem Ergebnissen der Maßnahmenkatalog 4.0 erstellt, der nun als Basis für die Erarbeitung eines ersten Entwurfs der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie dient. Solar district heating Instruments for policy and legal framework Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). Abbildung 1: Darstellung des Wegs zur Energie- und Klimaschutzstrategie - Ablauf des Dialogprozesses Inhaltlich befasst sich der Maßnahmenkatalog 4.0 zum Handlungsfeld Energieversorgung mit neun Maßnahmen. Grundlage dafür bildet die erwähnte Studie des Leipzig Instituts für Energie, welche u.a. die Notwendigkeit der weitgehenden Umstellung bestehender Fernwärmenetze auf erneuerbare Energien zur Erreichung der Ziele zur Minderung der Treibhausgasemissionen betont. So werden unter anderem die Themen „Erstellung von Konzepten zur CO2-neutralen Wärmeversorgung für öffentliche Wärmenetze und transparente Produktinformationen der Wärmeversorgung“ und „Unterstützung des Ausbaus von lokalen Wärmenetzen auf Basis erneuerbarer Energien“ diskutiert. Auch die Etablierung eines „Pilotprojekts zur Umstellung von vorhandenen heißen Wärmenetzen auf kalte Wärmenetze (low-ex)“ ist im aktuellen Maßnahmenkatalog vorgesehen. Darüber hinaus werden auch die „Fortführung und Weiterentwicklung von Programmen zur Förderung der Solarenergienutzung vor Ort“ und die „Bereitstellung landeseigener Flächen zur Nutzung erneuerbarer Energien“ aufgeführt. Eine Zusammenstellung aller Maßnahmen in Form von Steckbriefen ist online unter https://klimastrategiethueringen. de/ieks/de/home/informieren abrufbar. Solar district heating Instruments for policy and legal framework Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). Hürden und Möglichkeiten Im Rahmen des Beteiligungsprozesses zur IEKS hatten interessierte Akteure die Möglichkeit, ihre Sichtweisen einzubringen. Auf diese Weise konnten für Thüringen passende Maßnahmen entwickelt werden, welche der Umgestaltung des Energiesystems auch im Wärmebereich dienen. Auch kann über einen Beteiligungsprozess die Akzeptanz gegenüber der regionalen Energie- und Klimapolitik gesteigert werden. Ergebnisse Unter Koordinierung des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) wurde der Maßnahmenkatalog 4.0 von IFOK GmbH und dem Leipziger Institut für Energie GmbH als Basis für die Erarbeitung der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie entwickelt. In diesem Factsheet werden nur die für die solare Nah- und Fernwärme relevanten Inhalte der Aktivitäten in diesem Bereich dargestellt. Die Maßnahmenkataloge beinhalten jedoch auch andere Aspekte, wie z.B. Mobilität, Industrie und Haushalte. Gewonnene Erkenntnisse Der Entwurf der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie kann gemeinsam mit dem Thüringer Klimagesetz einen starken Rahmen für Klimaschutz auf regionaler Ebene bilden. Darüber hinaus stellt er eine Langzeitmaßnahme mit vielen praktischen Ansätzen dar. Die Erarbeitung einer Integrierten Energieund Klimaschutzstrategie, deren Ergebnis von der guten Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort profitieren kann, ist jedoch zeit- und arbeitsintensiv. Letztlich wird der Landtag den Entwurf der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie diskutieren und darüber abstimmen. ┘ Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. ┌

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Dienstag, 1. Mai, 2018|

Energiedörfer – Umsetzung von neuen solaren Wärmenetzen kombiniert mit Biomasse

SDHp2m … from policy to market Regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für die Mobilisierung von Investitionen in erneuerbare Wärmenetze in europäischen Regionen und Ländern ENERGIEDÖRFER - UMSETZUNG VON NEUEN SOLAREN WÄRMENETZEN KOMBINIERT MIT BIOMASSE Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624) AutorInnen: Magdalena Berberich, Thomas Pauschinger Solites Per Alex Sørensen Planenergi Simona Weisleder Hamburg Institut Sebastian Grimm, Heiko Huther AGFW Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Kontakt: Solites - Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme Meitnerstr. 8, 70563 Stuttgart Tel.: +49 (0)711 673 2000-20 Email: info@solites.de Stand: April 2018 Arbeitspaket: WP 4: Mobilization of projects and investments Task: 4.1-4.4 Deliverable: D4.5: Manuals with standardized (plug and play) organizational processes and technical solutions (1) Status: Öffentlich Projekt Website: www.solare-fernwaerme.de Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. 1 INHALT 1. Einleitung ................................................................................................................................... 2 2. Gute Gründe für ein solares Wärmenetz .................................................................................... 2 3. Prozessphasen eines Wärmenetzes im Überblick ...................................................................... 3 4. Beteiligte Akteure ....................................................................................................................... 4 5. Flächenfindung für Solarthermie ................................................................................................. 5 6. Machbarkeitsstudie .................................................................................................................... 7 6.1. Beschreibung möglicher Wärmeerzeuger .............................................................................. 8 6.2. Wirtschaftliche Kennwerte aus Referenzprojekten ................................................................. 9 6.3. Technisches Konzept ............................................................................................................ 9 6.4. Mögliche Hindernisse .......................................................................................................... 11 6.5. Sensitivitätsanalyse ............................................................................................................. 11 7. Öffentlichkeitsarbeit .................................................................................................................. 11 8. Die Bauphase der Anlage ......................................................................................................... 12 Anhang: Beispiel eines Netzplans in der Vorplanung .................................................................... 15 2 1. EINLEITUNG Das Projekt SDHp2m (Solar District Heating … from policy to market) zielt auf einen Ausbau solarer Wärmenetze in neun europäischen Regionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien). Die lokalen Randbedingungen für den Ausbau von Wärmenetzen mit Solarthermie unterscheiden sich von Region zu Region. Dennoch ließen sich folgende drei „Standardlösungen“ identifizieren, die in fast allen Regionen angewendet werden können. • Energiedörfer – Umsetzung von neuen solaren Wärmenetzen kombiniert mit Biomasse • Einbindung von Solarthermie in biomassebasierte Wärmenetze • Einbindung von Solarthermie in bestehende städtische Fernwärmesysteme Dieser Leitfaden beschreibt, wie ein neues solares Wärmenetz in Kombination mit Biomasse in kleineren Kommunen in ländlichen Regionen entwickelt und umgesetzt werden kann. Die größten Herausforderungen in Kommunen ohne Wärmenetz entstehen bei der Planung und Umsetzung des Wärmenetzes und nicht bei der Einbindung einer Solarthermieanlage. Der Umstand, dass die Solarthermie die Nutzung fossiler Energieträger während der Sommermonate komplett ersetzen kann, macht den Bau eines Wärmenetzes dennoch attraktiv. Dieser Leitfaden ist nicht als abgeschlossenes Dokument zu betrachten, sondern wird durch neue Erkenntnisse erweitert. 2. GUTE GRÜNDE FÜR EIN SOLARES WÄRMENETZ Bei einer konsequenten Umsetzung der klimapolitischen Ziele in Deutschland und der daraus resultierenden Reduzierung der Treibhausgasemissionen kann die zukünftige individuelle Wärmeversorgung von einzelnen Gebäuden in ländlichen Gegenden nicht mehr auf Heizöl oder Erdgas basieren. Die wesentlichen Optionen werden zukünftig voraussichtlich kleine Biomassekessel oder Wärmepumpen sein. Wenn jedoch die Wärmedichte in einem Dorf hoch genug ist, kann ein Wärmenetz gegenüber den Einzelheizungen einige Vorteile bieten: • Durch die zentrale Wärmeerzeugung können größere und technologisch aufwändigere Anlagen professionell betrieben und gewartet werden. Die Anlagen haben eine höhere Effizienz und durch Filtertechnik geringere Emissionen als Einzelheizungen. • Bei größeren Biomassekesseln kann gröberes und damit günstigeres Brennmaterial eingesetzt werden. • Solarthermie stellt die Wärme in großen Kollektorfeldern wesentlich günstiger und durch Wärmespeicher auch flexibler bereit als auf einzelnen Gebäuden. • Die Wärmeversorgung und die entstehenden Kosten sind unabhängig von Importen fossiler Energien • Während der Rohrverlegung für das Wärmenetz kann die Modernisierung weiterer Systeme fast ohne zusätzliche Kosten eingeleitet werden, bspw. kann die Verlegung von Glasfaser für schnelles Internet durch die Installation von Leerrohren vorbereitet werden. 3 • Die Attraktivität des Ortes und damit der Wert der Häuser steigen, die regionale Wertschöpfung wird erhöht. • Die Hausübergabestation in jedem Gebäude zum Anschluss an das Wärmenetz ist sehr kompakt und platzsparend und leicht regelbar. • Die Hausübergabestation erzeugt weder Emissionen noch Geräusche, im Gegensatz zu bspw. Wärmepumpen oder Heizkesseln mit Öl- oder Biomasse. • In den einzelnen Gebäuden ist der Wartungsaufwand sehr gering. • Die Wärmebezugskosten aus einem Wärmenetz liegen meist unter den Wärmegestehungskosten bei Einzelheizungen. Die solare Komponente der Wärmebezugskosten ist für die gesamte Betriebsdauer der Anlage von etwa 25 Jahren bekannt. • Die Wartung für die Hausübergabestation und die Leckage-Überwachung ist im Wärmebezugspreis inbegriffen. Die Kosten sind meist das wichtigste Kriterium. Deshalb wird unbedingt empfohlen, bereits in der Initiierungsphase eine grobe Wirtschaftlichkeitsabschätzung durchzuführen. Dieser Punkt ist die Weichenstellung für die Durchführbarkeit des Vorhabens. Laut der Studie [1] erreichen Projekte dann die beste Wirtschaftlichkeit, wenn eine moderate Gebäudesanierung (insbesondere der Gebäudehülle) mit einem erneuerbar versorgten Wärmenetz kombiniert wird (z.B. auf Basis einer Kombination von Holzhackschnitzeln und Solarthermie). Dabei sollte die Solarthermieanlage auf die Deckung des sommerlichen Wärmebedarfs ausgelegt werden, so dass ein solarer Deckungsanteil am Gesamtwärmebedarf von bis zu ca. 20 % erreicht wird. 3. PROZESSPHASEN EINES WÄRMENETZES IM ÜBERBLICK Die Umsetzung eines solaren Wärmenetzes kann mit den folgenden Prozessphasen beschrieben werden (siehe Abbildung 1). Besonders in den ersten beiden Phasen der Initiierung und der Vorplanung können verschiedene Gründe auftreten, das Vorhaben abzubrechen. In diesen Phasen ist der Abbruch auch noch ohne große finanzielle Verluste möglich. Bis der Beschluss für die Umsetzung gefasst ist und die Planung beginnt, sollten alle technischen, wirtschaftlichen und auch rechtlichen Hindernisse ausgeräumt sein, die einer Umsetzung entgegenstehen könnten. In der Phase der Initiierung wird die Projektidee entwickelt und in die öffentliche Diskussion eingebracht. Einige engagierte Bürgerinnen und Bürger können z.B. eine lokale Arbeitsgruppe bilden, die auch im weiteren Verlauf die Verantwortung für die Öffentlichkeitsarbeit und die öffentliche Diskussion der Projektidee übernimmt. Wichtig ist, weitere interessierte Bürgerinnen und Bürger und andere Akteure für eine aktive Mitarbeit und letztendlich den Anschluss an das Wärmenetz zu gewinnen. Ideal ist auch eine Unterstützung der Arbeitsgruppe durch die Gemeinde. Der Wärmebedarf Abbildung 1: Prozessphasen zur Umsetzung eines solaren Wärmenetzes [9] 4 des Ortes wird anhand einer angenommenen Anschlussquote überschlägig abgeschätzt, rechtliche und politische Vorgaben werden geprüft. Für die Wärmeerzeugung werden verschiedene Technologien diskutiert und die regionale Verfügbarkeit von Brennstoffen analysiert. In dieser frühen Phase muss bereits die Flächenfindung für eine Solarthermieanlage beginnen. Wenn die grundsätzliche Bereitschaft und die Möglichkeit zur Umsetzung eines Wärmenetzes vorhanden sind, beginnt die Vorplanung. In einer Machbarkeitsstudie werden verschiedene Wärmeerzeugungstechnologien technisch und wirtschaftlich bewertet und Modelle für die Finanzierung und den Betrieb der Anlagen verglichen. Die regionalen Potenziale für Brennstoffe sowie der Wärmebedarf müssen nun verbindlich ermittelt werden und fließen in die Studie ein. Auf Grundlage der Machbarkeitsstudie wird ein Konzept für den Betrieb der Anlage, die Preisgestaltung, die Nutzung von Finanzierungs- und Förderungsmöglichkeiten und die Wärmeerzeugungstechnologien erstellt. Sobald die Entscheidung für ein solares Wärmenetz mit Wärmeversorgung aus Biomasse und Solarthermie gefallen ist, sind im weiteren Vorgehen einige Sachverhalte zu beachten, die sich von der Umsetzung eines Wärmenetzes ohne Solarthermie unterscheiden. In der Planungsphase werden verbindliche Entscheidungen getroffen und Verträge, u.a. mit Lieferanten und Anschlussnehmern, geschlossen. Die notwendigen Genehmigungen müssen nun eingeholt werden und Förderanträge werden eingereicht. Wenn alle zu berücksichtigenden Aspekte geklärt werden konnten, können ein Zeitplan über den Bau der Anlage erstellt und die ausführenden Unternehmen beauftragt werden. Das Wärmenetz wird nun mit allen zugehörigen Anlagenkomponenten gebaut und in Betrieb genommen. Während des Betriebs muss die Wärmeversorgung des Netzes gesichert werden, indem bei auftretenden Störungen zuverlässige Akteure zur Klärung bereitstehen. Die Wärmeerzeugung kann nun überwacht und optimiert werden. Möglicherweise können weitere Anschlüsse zugelassen werden, wenn die Kapazität des Netzes und der Wärmeerzeugungsanlagen ausreicht. Wesentliche Details der hier im Überblick beschriebenen Phasen werden in den folgenden Abschnitten genauer erläutert. Eine detailliertere Beschreibung der Handlungsschritte zur Realisierung eines Bürger-Nahwärmenetzes und eine Checkliste für die einzelnen Schritte ist bspw. in [2] zu finden. 4. BETEILIGTE AKTEURE Zum Erfolg des Projekts wird zusätzlich zu der lokalen Arbeitsgruppe ein Partner benötigt, der bereits Erfahrung mit der Umsetzung von neuen solaren Wärmenetzen hat. Dies kann eine beratende Firma, ein Planungsunternehmen, ein Versorgungsbetrieb oder auch ein Systemanbieter sein, der die gesamte Umsetzung des Projekts anbietet. Durch welche Akteure das Wärmenetz geplant, gebaut und betrieben werden soll, muss bereits in der Vorplanung entschieden werden und beeinflusst die entstehenden Kosten und die Fördermöglichkeiten. Generell bieten sich verschiedene Betreiber-Modelle an: 5 • Bürgerenergiegenossenschaft Die BürgerInnen sind direkt beteiligt, die Akzeptanz ist hoch und die Wärmebezugskosten sind niedrig. Eine Genossenschaft wird während der Vorplanung gegründet. • Kommunaler Eigenbetrieb Der kommunale Eigenbetrieb wirtschaftet im Sinne der BürgerInnen nicht gewinnorientiert und mit hoher Transparenz. • Versorger wie Stadtwerke oder private Firmen Der Versorger investiert in die Anlage und verkauft die Wärme mit einer Gewinnmarge an die Anschlussnehmer. Detaillierte Informationen zu Eigentümerstrukturen und Bürgerbeteiligung finden sich in [3] in Abschnitt 3.4.5. Die Eigentumsverhältnisse sind für die Investoren und Verbraucher wichtig. Dabei ist für die Investoren die Sicherheit ihrer Investition von Bedeutung. Für die Verbraucher sind die wichtigen Aspekte der Wärmepreis, Vertrauen in den Wärmeversorger, Transparenz und die Versorgungssicherheit. Durch die Beauftragung geeigneter ortsansässiger Firmen für die Bauausführung fallen die Kosten meist geringer aus als mit großen überregionalen Firmen. Die regionalen Entscheidungsträger können das Projekt durch folgende Maßnahmen unterstützen: • Mit-Finanzierung einer Machbarkeitsstudie für ein solares Wärmenetz • Herstellen des direkten Kontakts zur Kommunalverwaltung, um Genehmigungen zu beantragen und fachliche Unterstützung zu erhalten • Bei Bedarf: Gründen einer kommunalen Wärmeversorgungsgesellschaft oder Integration der Wärmeversorgung in eine bestehende Versorgungsgesellschaft (Abfallwirtschaft, Wasserver- und -entsorgung) 5. FLÄCHENFINDUNG FÜR SOLARTHERMIE Eine der größten Herausforderungen bei der Planung einer großen Solarthermieanlage besteht darin, geeignete Flächen in der Nähe der Wärmesenken, also des Versorgungsgebiets, zu finden. Deshalb müssen die möglichen Aufstellflächen schon in einer frühen Projektphase genau untersucht werden. Die Kollektoren können auf großen Dachflächen oder auf dem Boden installiert werden, wobei die Nutzung von Dachflächen mit höheren Kosten verbunden ist1 und die Dachflächen oftmals schon für Photovoltaik verwendet werden. Aus diesen Gründen wird die Solarthermieanlage für ein Energiedorf meist auf einer Freifläche aufgestellt. Förderlich für die Entwicklung von Freiflächen sind Verfahren zum Flächenscreening, eine ökologische Aufwertung von Freiflächen sowie Beteiligungs- und Geschäftsmodelle für beteiligte Akteure (z.B. Landwirte). Im Vergleich zu anderen Möglichkeiten der energetischen Flächennutzung weist die Solarthermie eine hohe Flächeneffizienz auf (siehe Abbildung 2). In Deutschland sind bisher thermische Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 12,3 GWth, entsprechend einer Gesamtkollektorfläche von 1 Siehe auch [8], Factsheet 2.3, Abbildungen 2.3.6 und 2.3.7 6 17,5 km², installiert. Rund 21.000 km² der bundesdeutschen Agrarflächen werden zum Anbau von Energiepflanzen genutzt. Die Flächeneffizienz der Solarthermie ist gegenüber Energiepflanzen um rund den Faktor 50 höher. Abbildung 2: Jährlicher Energieertrag im Vergleich [4] Eine gute Integration der großen Kollektorflächen in die Landschaft ist vorteilhaft für die Akzeptanz, das Landschaftsbild und die Ökologie. In Crailsheim wurden die Kollektorflächen auf einem Lärmschutzwall installiert und das Thema Naturschutz wurde sehr erfolgreich von Anfang an in die Entwicklung der Anlage integriert (Abbildung 3). Zu Fragen der Flächenfindung und rechtlichen Sachverhalten gibt der Leitfaden [4] weitere Informationen. Abbildung 3: Großflächen-Kollektoren auf dem Lärmschutzwall in Crailsheim (Bild Lorinser) Für das derzeit im Bau befindliche Bioenergiedorf Mengsberg zeigt Abbildung 4 die Übersicht über das Dorf mit der geplanten Wärmetrasse und den Anschlussnehmern. Die graue Fläche rechts unten im Bild stellt das Kollektorfeld und die Heizzentrale dar. 7 6. MACHBARKEITSSTUDIE Um Investoren, Kommunen und zukünftige Verbraucher zu überzeugen, müssen eine Machbarkeitsstudie und ein schlüssiges Konzept erstellt werden. In der Studie werden unterschiedliche Aspekte der neuen Wärmeversorgung dargelegt, die im Folgenden den Akteuren zugeordnet beschrieben werden. Das zu entwickelnde Konzept der Wärmeversorgung beinhaltet die Variante, die aufgrund der Machbarkeitsstudie ausgewählt wurde. Für Investoren relevante Aspekte • Beschreibung möglicher Wärmeversorgungsvarianten (Wärmenetz und als Referenzvariante die individuelle Beheizung mit verschiedenen Brennstoffen) • Auswahl des Wärmenetzes als Lösungsvariante und Verfügbarkeit der Brennstoffe • Festlegung des Versorgungsgebiets • Standort der Heizzentrale und mögliche Flächen für die Solarthermieanlage • Betreiber- und Finanzierungskonzept für das Wärmenetz • Wirtschaftliche Kennwerte aus Referenzprojekten (Nettogegenwartswert, interner Zinsfluss, jährliche Kosten für Konsumenten). Sensitivitätsanalysen. • Umweltfolgen (Emissionen in Boden, Wasser und Luft) • Zeitplan • Diskussion möglicher Hindernisse bei der Projektrealisierung • Entwurf eines Wärmeliefervertrags für die Kunden • Im Fall einer Genossenschaft: Entwurf einer Mitgliedersatzung Abbildung 4: Planung des solaren Wärmenetzes im "Sonnen- und Bioenergiedorf Mengsberg" 8 Für Kommunen relevante Aspekte • Wirtschaftliche Vorteile für die Gemeinde in Bezug auf Versorgungssicherheit und lokale und regionale Wertschöpfung • Optionen für Arbeitsplätze in der Gemeinde • Umweltfolgen (Emissionen) • Konsequenzen für die kommunale Planung (Auswirkung auf die Umwelt, geschützte Landschaft, Auswirkungen auf die Nachbarschaft der Wärmeerzeugungsanlagen) • Sozialwirtschaft Für Verbraucher relevante Aspekte • Wärmepreis, Preisstabilität und Sensitivitätsanalysen, sekundäre ökonomische Vorteile bei Neubau und Gebäudesanierungen • Abhängigkeiten und Risiken • Installationskosten und Finanzierungsmöglichkeiten • Beschreibung der Hausübergabestation • Wartung durch den Anschlussnehmer oder Wärmeversorger • Naturschutz, Geruchs- und Staubbelästigungen • Satzung über Rechte und Pflichten des Anschlussnehmers und die Möglichkeiten, zu einer individuellen Heizung zurückzuwechseln 6.1. Beschreibung möglicher Wärmeerzeuger Bei der Wahl der Energiequellen spielen Regionalität, Nachhaltigkeit, Zuverlässigkeit und Preisstabilität eine wichtige Rolle. Wenn die vorhandenen Einzelheizungen hauptsächlich mit Heizöl betrieben werden, kann die Wärmebereitstellung aus Solarthermie und Biomasse wesentlich wirtschaftlicher sein. In einem neuen Wärmenetz kann Solarwärme auch mit anderen Wärmeerzeugern als Biomasse kombiniert werden, z.B. mit Wärmepumpen. Bei der Entscheidung über den Anschluss an ein Wärmenetz hat jedoch die Wirtschaftlichkeit für die Verbraucher eine zentrale Bedeutung. Da mit Biomasse eine relativ günstige Wärmeerzeugung möglich ist, wird sie derzeit als gute Lösung für die Wärmeversorgung in Kombination mit Solarthermie angesehen. Biomasse hat zudem den Vorteil, dass sie in einer ländlichen Umgebung oft vor Ort verfügbar ist. Bei einem Wechsel von fossilen Energieträgern auf Biomasse wird somit die regionale Wertschöpfung gesteigert und die Abhängigkeit von Importen reduziert. Andererseits ist die Verfügbarkeit von Biomasse regional limitiert und eine nachhaltige Nutzung ist angebracht. Durch die möglichst vollständige Versorgung eines Wärmenetzes durch Solarthermie in den Sommermonaten werden Solarthermie und Biomasse optimal kombiniert und Biomasseressourcen geschont. Der Begriff Biomasse fasst so unterschiedliche Brennstoffe wie Stroh, Holzhackschnitzel oder Holzpellets zusammen. Holzpellets sind einfach einzusetzen, die Technik verursacht bei größeren Heizungskesseln (größer 500 kW) jedoch sehr hohe Kosten und ist deshalb nicht wirtschaftlich. Die Entscheidung zwischen Holzhackschnitzeln und Stroh ist von den lokalen Gegebenheiten abhängig (Verfügbarkeit, Qualität, Preis und Versorgungssicherheit mit dem Brennstoff). 9 Die Solareinstrahlung ist in Deutschland und Europa in allen Regionen hoch genug, um die Nutzung von Solarwärme zu ermöglichen. Während des Entscheidungsprozesses muss jedoch beachtet werden, dass eine geeignete Fläche für das Kollektorfeld nutzbar ist. Mögliche Flächen werden auf einer Karte eingezeichnet und sind ein Teil der Studie. 6.2. Wirtschaftliche Kennwerte aus Referenzprojekten Um die ökonomischen Kennwerte berechnen zu können, muss bereits ein Konzept der Gesamtanlage vorliegen und folgende Inhalte müssen bekannt sein: • Der jährliche Wärmeverbrauch der zu versorgenden Gebäude kann durch eine Umfrage ermittelt werden (bei Unklarheit können Standardwerte für den Wärmeverbrauch pro Quadratmeter je nach Gebäudetyp und -alter gewählt werden). • Dimensionierung der Rohrleitungen des Wärmenetzes, Vor- und Rücklauftemperaturen, Wärmeverluste und Preise • Investitionskosten, Betriebs- und Wartungskosten für die Verbindungsrohrleitungen und die Hausübergabestationen • Investitionskosten, Betriebs- und Wartungskosten für die Solarkollektoren und den Biomassekessel • Verwaltungskosten des Wärmeversorgungsbetriebs • Effizienz des Biomassekessels, Wirkungsgradkennlinie der Solarkollektoren und Wärmenetz- Temperaturen über das Jahr • Finanzierungskonditionen und mögliche Förderungen Für solare Wärmenetze steht derzeit eine attraktive Förderung durch das Marktanreizprogramm (MAP) zur Verfügung, die eine Finanzierung von 40 bis 65 % der Investitionskosten ermöglicht. Die Förderung ist von der Gesellschaftsform des Investors abhängig und sollte daher von Anfang an bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. [5] Weiterführende Erläuterungen zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, Annahmen, Fördermöglichkeiten und Beispielrechnungen sind in [3] in Abschnitt 3.3 und in [6] zu finden. 6.3. Technisches Konzept Das technische Konzept beinhaltet die Dimensionierung des Biomassekessels und der Solarthermieanlage. Die wirtschaftlichste Lösung ist meist, die Wärme in den Sommermonaten mit Hilfe eines Wärmespeichers durch die Solarthermie bereitzustellen. Der Biomassekessel erzeugt über das Jahr den Hauptanteil der Wärme von etwa 75 bis 85 % und ist in den Sommermonaten ausgeschaltet, wodurch ein ineffizienter Teillastbetrieb vermieden wird. Als Reserve kann der Biomassekessel durch einen Öl-befeuerten Spitzenlastkessel ergänzt werden. Die Abbildung 5 zeigt, wie die Wärmeerzeugung eines solaren Wärmenetzes mit Biomassekessel aufgebaut sein kann. 10 Bei einer Auslegung der Solarthermieanlage auf die vollständige Deckung des sommerlichen Wärmebedarfs eines Wärmenetzes ist ein Pufferspeicher notwendig. Üblicherweise liegen die solaren Deckungsanteile solcher Systeme bei 10 bis 15 % des jährlichen Wärmebedarfs, abhängig von dessen saisonaler Verteilung. Für höhere solare Deckungsanteile bis 50 % ist die Einbindung von großen saisonalen Wärmespeichern erforderlich. Jedoch sollte die Solarthermieanlage in einem System mit Biomassekessel auch nicht zu knapp ausgelegt werden, da ansonsten die Wärmeversorgung im Sommer nicht sichergestellt ist und durch einen fossilen Heizkessel ergänzt werden muss. Nach einer Betriebspause benötigen Biomassekessel, je nach Größe, eine längere Zeit, um wieder ihre volle Wärmeleistung liefern zu können. Auch wird die Verbrennung der Biomasse bei einer Reduzierung der Leistung schnell ineffizient und die Emissionen steigen an. Deshalb sollte der Biomassekessel im Winterhalbjahr und in der Übergangszeit möglichst durchgängig betrieben werden. In manchen Fällen bietet sich der Einsatz eines kleineren und eines größeren Biomassekessels an, um in der Übergangszeit flexibler zu sein. Dieses Konzept wurde bspw. in dem Bioenergiedorf Büsingen angewendet, der Anlagensteckbrief befindet sich im Anhang. Bei der Auslegung der Kollektorfläche muss der gewählte Standort der Anlage beachtet werden, denn die Solareinstrahlung und die Außentemperatur bestimmen den erreichbaren Solarertrag. Die Kollektoren werden meist mit einer Neigung von 30 bis 40° und nach Süden ausgerichtet auf dem Boden aufgeständert, wobei eine Verschattung der Fläche durch Bäume oder Gebäude vermieden werden muss. Berechnungen zur Dimensionierung sollten mit Wetterdaten eines längeren Zeitraumes durchgeführt werden (z.B. 10 Jahre), da die Solareinstrahlung und damit der nutzbare Solarertrag zwischen den einzelnen Jahren erheblich schwanken kann (z.B. +10 % und -15 % für den Standort Würzburg [7]). Der Solarertrag ist zudem abhängig von den Betriebstemperaturen der Solarkollektoren: Je höher diese sind, um so geringer wird die Wärmeleistung des solaren Wärmeerzeugers, da die Wärmeverluste an die Umgebung steigen. Abbildung 5: Anlagenschema für ein solares Wärmenetz mit Holzhackschnitzelkessel und Spitzenlast-Ölkessel (Energiedorf Büsingen), (Quelle: Solites) 11 Solarkollektoren werden im Wesentlichen in die beiden Bauarten Flachkollektor und Vakuumröhrenkollektor unterschieden und darüber hinaus gibt es von den Kollektorherstellern unterschiedliche Produkte mit unterschiedlichen Leistungsmerkmalen. Welches Produkt zu empfehlen ist, hängt letztendlich von den spezifischen Projektbedingungen und den Angebotspreisen ab. Es empfiehlt sich, zur Bewertung von Angeboten auch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchzuführen, die die aufzuwendenden Kosten auf die produktspezifischen, nutzbaren solarthermischen Wärmeerträge bezieht. Aufgrund der beschriebenen Zusammenhänge sind dynamische Simulationen zur Dimensionierung einer Solarthermieanlage empfehlenswert. Programme zur Berechnung oder Simulation von Solarthermieanlagen stehen unter diesem Link zur Verfügung: http://solar-district-heating.eu/ServicesTools/ SDHcalculationtools.aspx. 6.4. Mögliche Hindernisse Bei einer vorhandenen Erdgasversorgung wird die Umsetzung eines Wärmenetzes meist nicht weiterverfolgt, da es bei den aktuell niedrigen Erdgaspreisen nicht konkurrenzfähig ist. Auch wenn günstigere Wärme lokal verfügbar ist (z.B. überschüssige Wärme aus industriellen Prozessen oder ungenutzte Wärme aus einem Biogasmotor, Müllverbrennung und Wärmepumpen, die günstigen Strom verbrauchen und Wärme erzeugen), sind die Erfolgsaussichten eines solaren Wärmenetzes gering. Diese möglichen Hindernisse müssen bei der Planung eines solchen Projektes berücksichtigt werden. Siehe auch [8], Merkblatt 2.1 “Solar heat combined with other fuels”. Bei der Integration des Kollektorfeldes und der Heizzentrale in die Landschaft müssen ggf. vorhandene Schutzgebiete berücksichtigt werden (z.B. Landschaftsschutzgebiet) sowie die Auswirkungen von entstehenden Betriebsgeräuschen. Verglichen mit landwirtschaftlicher Nutzung, kann ein Kollektorfeld die Biodiversität auf der Fläche erhöhen. 6.5. Sensitivitätsanalyse Abschließend wird eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt, die zeigt, wie stark die ermittelten Daten und Kennwerte gegenüber Veränderungen der Randbedingungen reagieren. Die Anschlussquote an das Wärmenetz ist bspw. sehr wichtig. Je nach den Randbedingungen der Wirtschaftlichkeitsberechnung ist eine bestimmte Anzahl an Anschlussnehmern notwendig, um die Wirtschaftlichkeit zu erreichen. In der Sensitivitätsanalyse kann untersucht werden, wir stark sich die Wirtschaftlichkeit bei Variation der Anschlussnehmer verändert und unter welcher minimalen Anschlussquote das Wärmenetz nicht umgesetzt werden kann. 7. ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Wenn die Entscheidungsgrundlage mit den Akteuren und der lokalen Arbeitsgruppe abgestimmt ist, kann mit der Öffentlichkeitsarbeit für die Gewinnung von Anschlussnehmern begonnen werden. Eine Anschluss-Kampagne könnte folgendermaßen organisiert werden. Ein Informationsblatt und ein Entwurf der Anschlussvereinbarung wird an alle Hauseigentümer verteilt. Das Informationsblatt enthält: 12 • Informationen über die notwendige Anschlussquote • Einladung zu einer Informationsveranstaltung • Eine Kostenberechnung für die Hauseigentümer, in der der Anschluss an das Wärmenetz, Öl-Heizung und elektrische Heizung mit einer Wärmepumpe miteinander verglichen werden • Argumente für den Anschluss an das Wärmenetz • Organisationsformen für den Betrieb des Wärmenetzes, z.B. eine Bürgerenergie-Genossenschaft • Eine Karte des geplanten Versorgungsgebiets • Kontaktdaten für Fragen Der Entwurf der Anschlussvereinbarung enthält folgende Informationen • Mit der Unterzeichnung werden die Bedingungen des Anschlusses an das Wärmenetz akzeptiert. • Die Vereinbarung ist hinfällig, wenn das Projekt aufgrund von zu wenig Anschlussnehmern nicht realisiert werden kann. • Die Kosten des Anschlusses inklusive Hausanschlussleitung, einer Standard-Hausübergabestation, Wärmemengenzähler mit Leckagealarm und Entsorgung des Ölkessels und der Öltanks. • Für Hauseigentümer, die den Anschlussvertrag vor Beginn der Bauarbeiten unterschreiben, wird der Hausanschluss meist vergünstigt angeboten, bspw. zu 50 % des normalen Preises. Durch Interviews mit Mitgliedern der Arbeitsgruppe und Informationen in den lokalen Medien wird die Öffentlichkeit zudem auf das Projekt aufmerksam gemacht und informiert. Bei öffentlichen Informationsveranstaltungen wird das Projekt präsentiert und diskutiert und die Teilnehmer werden über die Anschlussbedingungen informiert. Es wird viel Mund-zu-Mund-Propaganda und persönliche Überzeugungsarbeit nötig sein. Damit die Hauseigentümer ein besseres Verständnis für die Technologie entwickeln können, sind Exkursionen zu anderen erfolgreich umgesetzten solaren Wärmenetzen hilfreich. Solche Exkursionen kann die lokale Arbeitsgruppe organisieren und anbieten. Für ein Wärmenetz gibt es gute Argumente, die zu Beginn dieses Dokuments dargelegt werden. 8. DIE BAUPHASE DER ANLAGE Wenn die Anschlussquote erreicht wurde und die vorläufigen Anschlussvereinbarungen in Verträge umgewandelt wurden, kann die Umsetzung des Wärmenetzes beginnen. Soll das Wärmenetz durch eine neue Genossenschaft betrieben werden, wird eine Satzung zur Gründung der Genossenschaft aufgesetzt. Die lokale Arbeitsgruppe wird dann oft durch einen gewählten Vorstand ersetzt. Nun muss die Ausschreibung für die Projektumsetzung veranlasst werden, eine Vergabe erfolgen und schließlich die Verlegung des Wärmenetzes und die Installation der Wärmeerzeuger statt finden. Außerdem müssen Termine für die Installation der Hausanschlussstationen an das Wärmenetz und die Deinstallation der Einzelheizungen angekündigt und individuell vereinbart werden. Diese Arbeiten müssen von Fachleuten durchgeführt werden. Es ist sehr wichtig, dass sowohl das Bauunternehmen als auch Vertreter der lokalen Arbeitsgruppe, der Kommune bzw. der Genossenschaft die Anwohner vor Ort kontinuierlich über anstehende neue Schritte und den Fortgang des Projekts 13 informieren. Denn insbesondere die Verlegung des Wärmenetzes kann zu Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs und des Gesellschaftslebens führen und sollte rechtzeitig erläutert und angekündigt werden. Oft gehen die Mitglieder der Arbeitsgruppe auch von Haus zu Haus, um direkt mit den Eigentümern zu sprechen und ihre Fragen zu beantworten. Bei der Gelegenheit wird den Hauseigentümern auch eine letzte Möglichkeit auf einen Anschluss mit verringertem Anschlusspreis gegeben. Siehe auch Factsheet 3.2 “Tendering and contracts” und Factsheet 4.1 “Supervision of construction and commissioning” in [8]. 14 LITERATUR [1] O. Miedaner, L. Deschaintre und E. Primoudi Tziggili, „Studie zur detaillierten Bewertung von solaren Wärmenetzkonzepten für drei typische Siedlungsgebiete,“ 2015. [Online]. Available: http://solar-district-heating.eu/de/en-gb/dokumente.aspx [2] C. Orlando, A. Reis und P. Thome, „Leitfaden Bürgernahwärmenetze im Rhein-Hunsrück- Kreis,“ Simmern, 2015. [3] SolnetBW, „Solare Wärmenetze für Baden-Württemberg - Grundlagen / Potenziale / Strategien,“ Stuttgart, 2015. [4] Hamburg Institut, „Planungs- und Genehmigungsleitfaden für Freiflächen-Solarthermie,“ Hamburg, 2016. [5] BMWi, „Informationsportal Erneuerbare Energien - Marktanreizprogramm,“ Februar 2018. [Online]. Available: http://www.erneuerbareenergien. de/EE/Navigation/DE/Foerderung/Marktanreizprogramm/marktanreizprogramm.html [6] Hamburg Institut, „Förder- und Finanzierungsleitfaden für Freiflächen-Solarthermie-Anlagen mit Wärmespeicher und Anbindung an Wärmenetze,“ Hamburg, 2016. [7] M. Berberich und D. Mangold, „Randbedingungen von Solarthermieanlagen für iKWKSysteme,“ EuroHeat&Power, pp. 16-19, 11 2017. [8] SDH-Projekte, „SDH Guidelines,“ 2018. [Online]. Available: http://solar-districtheating. eu/Documents/SDHGuidelines.aspx [9] A. Kornmann, „Bewertung bestehender und Entwicklung neuer Maßnahmen und Instrumente zur Förderung der regionalen Markteinführung von Nah- und Fernwärmesystemen mit erneuerbaren Energien unter besonderer Berücksichtigung der Solarthermie,“ Masterarbeit am Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik der Universität Stuttgart, Stuttgart, 2016. 15 ANHANG: BEISPIEL EINES NETZPLANS IN DER VORPLANUNG Bioenergiedorf-Konzepte wie im süddeutschen Ort Büsingen zielen auf die grundlegende Umstellung der Wärmeversorgung einer ganzen Ortschaft auf regenerative Energien ab. Das Projekt in Büsingen wurde durch den regionalen Energieversorger Solarcomplex AG umgesetzt und umfasst ein neu verlegtes Wärmenetz samt Heizwerk mit Erzeugungsanlagen. Durch das Wärmenetz werden über 100 Gebäude mit Wärme aus regenerativen Energiequellen versorgt. Da es in Büsingen keine Biogasanlage zur Abwärmenutzung gibt und auch Biomasse beschränkt verfügbar ist, wurde deutschlandweit erstmals eine solarthermische Großanlage als Wärmeerzeuger für ein Bioenergiedorf realisiert. Die Solaranlage deckt dabei den kompletten sommerlichen Wärmebedarf und ergänzt so ein Biomasseheizwerk auf ideale Weise. Dieses vorbildliche Konzept ist zukunftsweisend und auf neu entstehende Bioenergiedörfer übertragbar. SOLARE NAH- UND FERNWÄRME www.solare-fernwaerme.de Fallbeispiel Bioenergiedorf Büsingen Typ: Solares Wärmenetz für Dörfer und kleinere Städte System Anlagentyp Solares Wärmenetz für Dörfer und kleinere Städte Projektname Bioenergiedorf Büsingen Betreiber Solarcomplex AG Inbetriebnahme 2013 Wärmeabgabe Netz 3,5 GWh/a Solaranlage Einbindung Zentral Installation Freilandaufständerung Kollektortyp Vakuumröhrenkollektor Kollektorfl äche/Leistung 1.090 m² / 0,8 MWth Wärmespeicher Typ Pufferspeicher Volumen 100 m³ Solarthermie im Sommer, Biomasse im Winter Anlagendaten im Überblick Die Solarcomplex AG ist ein regionaler Energieversorger in Süddeutschland, der sich zum Ziel gesetzt hat die komplette Energieversorgung der Bodensee-Region bis 2030 auf erneuerbare Energien umzustellen. Im Zuge dessen werden ganze Dörfer in Baden Württemberg in sogenannte „Bioenergiedörfer“ umgewandelt. Hierzu wird in der Regel ein Nahwärmenetz verlegt. In allen Projekten werden die Einwohner bereits im frühen Stadium in die Projektplanung eingebunden, um eine hohe Beteiligung und Anzahl von Hausanschlüssen zu garantieren. Büsingen ist das siebte von Solarcomplex umgesetzte Bioenergiedorf mit der Besonderheit, dass es sich um eine deutsche Exklave handelt, in der das Zoll- und Wirtschaftsrecht der Schweiz gilt und nicht das Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG). Dadurch ist, wie bisher in vielen anderen Bioenergiedörfern umgesetzt, der stromgeführte Betrieb eines Biogas-BHKWs mit Abwärmenutzung nicht wirtschaftlich. Aus diesem Grund wurde in Büsingen ein Wärmenetz realisiert, das die Haushalte mit Wärme aus Biomasse und Solarthermie versorgt. Dabei ist die 1.090 m² große Solaranlage so ausgelegt, dass sie den Wärmebedarf im Sommer komplett deckt, wodurch ein unwirtschaftlicher Teillastbetrieb der Biomasse-Heizkessel vermieden wird. Ein solches Wärmenetz, bestehend aus einer Solarthemieanlage und Biomasse-Heizkesseln, wurde erstmals in einem deutschen Bioenergiedorf umgesetzt und gilt daher als „Best Practice“-Beispiel für weitere solche Konzepte. Hintergrund In Büsingen werden über 100 Abnehmer mit Wärme versorgt. Der Wärmebedarf liegt bei knapp 3,5 GWh/a. Das Wärmenetz ist für eine Vorlauftemperatur zwischen 80 und 75 °C und eine Rücklauftemperatur von ca. 50 °C ausgelegt. Die Wärme wird hauptsächlich aus Biomasse erzeugt. Des Weiteren liefert die Solarthermie einen Anteil von 13 % am jährlichen Wärmebedarf. Bereitgestellt wird die Solarenergie von einer 1.090 m² großen Kollektorfl äche, die größtenteils in Freilandaufstellung und zu einem Teil auf der Fassade der Heizzentrale realisiert ist. Dachmontiert sorgt eine eigene PV-Anlage für die Bereitstellung des Betriebsstroms. Anlagenkonzept ENERGIEKOMMUNE 6 km , 3,5 GWh/a Nahwärmeleitungen mit Netzpumpen in der Heizzentrale in Büsingen Einbau des Pufferspeichers per Kran NETZGRÖßE ZENTRAL FREILAND PUFFERSPEICHER 13 % SOLAR 87 % BIOMASSE Die Solarthermieanlage setzt sich aus zwei 500 m² großen Freilandkollektorfl ächen und einer 90 m² großen Kollektorfl äche auf der Fassade der Heizzentrale zusammen. Die Aufständerung der Vakuumröhrenkollektoren erfolgte auf einer einfachen, kostengünstigen Unterkonstruktion. Bei den gerammten Stahlprofi len kann dabei komplett auf ein Fundament und eine Versiegelung verzichtet werden. Die Wärmebereitstellung für das ungefähr 6 km lange Wärmenetz mit über 100 Hausanschlüssen, darunter auch größere Verbraucher wie eine Schule, ein Hotel und öffentliche Gebäude läuft zu 87 % über die Hackschnitzelheizkessel mit 900 und 450 kW Wärmeleistung und zu 13 % über die Solarthermieanlage. Mit einem Wärmeertrag von über 500 MWh pro Jahr sparen die Solarkollektoren ca. 800 Schüttraummeter Holzhackschnitzel jährlich ein. Die Projektkosten für die Heizzentrale mit Hackschnitzelheizung und Kollektorfeld sowie das Nahwärmenetz inkl. der Wärmeübergabestationen liegen bei rund 3,5 Mio. Euro. Die Finanzierung läuft zu drei Vierteln über ein KfW-Darlehen und zu rund einem Viertel über das Aktienkapital von Solarcomplex. Zusätzlich bezuschusste das Land Baden-Württemberg das Projekt aufgrund seines innovativen Charakters mit rund 100.000 €. Die Gemeinde Büsingen profi tiert zudem von einer Kaufkraftbindung vor Ort, da die Energiekosten nun in einer regionalen Kreislaufwirtschaft fl ießen. So belief sich der bisherige jährliche Heizölbedarf sich auf ca. 400.000 l, dies entspricht einem Energiekostenabfl uss von ca. 350.000 € pro Jahr bei heutigen Preisen. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren bedeutet das eine Bindung der Kaufkraft von 20 - 30 Millionen Euro. Die Anlage in Büsingen demonstriert den sinnvollen Einsatz von solarthermischen Anlagen in Kombination mit einem Biomassekessel bei Nahwärmeerschließungen in Energiedörfern. Da die sommerliche Wärmelast zu 100 % durch die Solarthermieanlage gedeckt wird, ergeben sich Synergieeffekte bezüglich des Betriebs der Heizkessel. Zum einen werden unwirtschaftliche Teillastbetriebszustände der Heizkessel vermieden und darüber hinaus aufgrund der Stillstandzeiten im Sommer, Zeiträume für Wartungsarbeiten geschaffen. Oft sind die Initiatoren eines solchen Bioenergiedorfs engagierte Bürger in Zusammenarbeit mit der Kommune, die den Wunsch nach einer nichtprofi torientierten, langfristig preisstabilen, erneuerbaren Energieversorgung hegen. Technische Komponenten Wirtschaftliche Daten Erfahrungen und Besonderheiten www.solare-fernwaerme.de Freilandaufgeständerte Vakuumröhrenkollektoren www.solare-fernwaerme.de Weitere Informationen Adresse: Herblingerstraße 21, 78266 Büsingen am Hochrhein Projektbeteiligte: solarcomplex AG Ekkehardstr. 10, 78224 Singen www.solarcomplex.de Ritter XL Solar GmbH Ettlinger Straße 30, 76307 Karlsbad www.ritter-xl-solar.com Solites – Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme Meitnerstr. 8, 70563 Stuttgart www.solites.de Kontakt: Bene Müller, solarcomplex AG Tel. 07731 8274-0 Email mueller@solarcomplex.de Weitere Informationen: www.bioenergiedorf-buesingen.de www.ritter-xl-solar.com www.solarcomplex.de Müller: Büsingen – das erste Bioenergiedorf mit großer Solarthermie, Präsentation 27.10.2014 in Erfurt, solarcomplex AG Bildnachweise Seite 1: Heizzentrale Büsingen, Quelle: Solites Seite 2: Piktogramme, Quelle: Solites Nahwärmeleitungen, Quelle: solarcomplex AG Einbau Pufferspeicher, Quelle: solarcomplex AG Seite 3: Kollektorfeld; Quelle: Solites

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Sonntag, 1. April, 2018|

Einbindung von Solarthermie in biomassebasierte Wärmenetze

SDHp2m … from policy to market Regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für die Mobilisie-rung von Investitionen in erneuerbare Wärmenetze in europäischen Re-gionen und Ländern EINBINDUNG VON SOLARTHERMIE IN BIO-MASSEBASIERTE WÄRMENETZE Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovations-programm Horizon 2020 der europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624). AutorInnen: Moritz Schubert, SOLID Carina Seidnitzer-Gallien, AEE INTEC Per Alex Sørensen, Planenergi Magdalena Berberich, Thomas Pauschinger, Solites Simona Weisleder, Hamburg Institut Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Kontakt: S.O.L.I.D. Gesellschaft für Solarinstallation und Design mbH Puchstrasse 85, A-8020 Graz Tel.: +43 316 292840 Email: office@solid.at AEE - Institut für Nachhaltige Technologien Feldgasse 19, A-8200 Gleisdorf Tel.: +43 3112 5886-0 Email: office@aee.at Stand: April 2018 Arbeitspaket: WP 4: Mobilization of projects and investments Task: 4.1-4.4 Deliverable: D4.5: Manuals with standardized (plug and play) organizational processes and technical solutions (2) Status: Öffentlich Copyright Titelbild: Nahwärme Eibiswald Projekt Website: www.solare-fernwaerme.de, www.solar-district-heating.eu/at Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die Auto-rInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. 1 INHALTSVERZEICHNIS 1. Einleitung ................................................................................................................................... 2 2. Gründe und Herausforderungen für eine Umsetzung ................................................................. 2 3. Rahmenbedingungen ................................................................................................................. 3 3.1. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen .............................................................. 3 3.2. Eigentumsverhältnisse und Finanzierung .............................................................................. 4 3.3. Flächenfindung ...................................................................................................................... 6 3.4. Öffentliche Akzeptanz und Einbindung der Akteure ............................................................... 9 3.5. Ttechnische Umsetzung der Anlage .................................................................................... 11 4. Empfehlungen .......................................................................................................................... 12 4.1. Bau der Anlage.................................................................................................................... 12 4.2. Weiterführende Hinweise: ................................................................................................... 13 5. Referenzen ............................................................................................................................... 14 Appendix 1: Beispiele realisierter Anlagen .................................................................................... 15 2 1. Einleitung Das Projekt SDHp2m (Solar District Heating … from policy to market) zielt auf einen Ausbau solarer Wärmenetze in neun europäischen Regionen (Thüringen und Hamburg in Deutschland, Steiermark in Österreich, Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich, Masowien in Polen, Varna in Bulgarien, Västra Götaland in Schweden, Aosta und Veneto in Italien) ab. Die lokalen Randbedingungen für den Ausbau von Wärmenetzen mit Solarthermie unterscheiden sich von Region zu Region. Dennoch ließen sich folgende drei „Standardlösungen“ identifizieren, die in fast allen Regionen angewendet werden können. • Energiedörfer – Umsetzung von neuen solaren Wärmenetzen kombiniert mit Biomasse • Einbindung von Solarthermie in biomassebasierte Wärmenetze • Einbindung von Solarthermie in bestehende städtische Fernwärmesysteme Dieser Leitfaden beschreibt die Integration von Solarthermie-Großanlagen in bestehende Wär-menetze, die primär Biomasse als Brennstoff nutzen. Dabei sind die wesentlichen Herausforderungen nachfolgend kurz zusammengefasst. Bei Bio-masse-befeuerten Wärmenetzen entstehen im Sommer oft Schwierigkeiten im Teillast-Betrieb. Wenn nur ein Kessel installiert ist, entspricht die Sommerlast rund 10 % der Spitzenlast des Kessels. Daher wird der Biomassekessel, je nach Kesselkonfiguration des Heizwerkes, oft in den Sommer-monaten abgeschaltet und durch einen Ölkessel ersetzt. Ein kontinuierlicher Start-und-Stop-Vor-gang ist bei Biomasse-Industriekesseln nicht möglich. In anderen Heizwerken läuft der Biomas-sekessel bei Schwachlast, entsprechend der Sommerlast des Netzes, was in höheren Emissionen und niedriger Effizienz resultiert. Durch die Installation einer Solarthermieanlage zur Deckung großer Teile der Sommerlast, kann die Nutzung fossiler Energieträger in den Sommermonaten weitgehend vermieden werden. Dieser Leitfaden ist nicht als abgeschlossenes Dokument zu betrachten, sondern wird durch neue Erkenntnisse erweitert. Die dargestellten Herausforderungen fokussieren sich auf die spezifischen Rahmenbedingungen für Österreich und Deutschland. 2. GRÜNDE UND HERAUSFORDERUNGEN FÜR EINE UMSETZUNG Nachfolgend werden die wesentlichen Vorteile der Integration von Solarthermie-Großanlagen in Bio-massewärmenetzen angeführt: • Der Einsatz von Solarthermie-Großanlagen vermindert die Emissionen des Biomasseheiz-kessels während der Sommerzeit. • Kann der Ölkessel zur Deckung der Sommerlast durch eine Solarthermie-Großanlage ersetzt werden, so werden fossile Energieträger und die anfallenden Emissionen vermieden. • Solarthermie-Großanlagen können nahezu ohne Überwachung betrieben werden. Aus die-sem Grund steht das Personal für andere Aktivitäten zur Verfügung, z.B. für den Kundenser-vice, zur Reinigung des Biomasseheizkessels, zum Abbau von Urlaubstagen, etc. • Wird der Biomasseheizkessel über einen längeren Zeitraum abgeschaltet, so lässt sich die Lebensdauer desselben verlängern. 3 Trotzdem können ein paar Nachteile auftreten: • Ein Wärmespeicher von 50-300 l/m² Solarkollektor ist zu installieren, sofern er nicht bereits im System eingebunden ist. Die Integration des Speichers hat auch Vorteile für den Bio-masseheizkessel. Der Speicher kann die Winterproduktion des Biomasseheizkessels aus-gleichen, sodass sich die Verbrauchsspitzen in der Heizperiode leichter decken lassen. Dar-über hinaus kann die Lebensdauer des Heizkessels bei einer fixen Last verlängert werden. • Die Errichtung von Solarthermie-Großanlagen kann die Nachfrage nach Biomasse reduzie-ren. Auf lange Sicht ist Biomasse eine beschränkte Ressource, und steht in Konkurrenz zur Nachfrage im Transportsektor und für Hochtemperaturanwendungen in der Industrie. Alle zuvor genannten Vor- und Nachteile hängen von den Randbedingungen des jeweiligen Wär-menetzes ab. Es ist in einer frühen Projektphase eine grobe Machbarkeitsberechnung zur Abschät-zung der Wärmegestehungskosten von solarthermischen Großanlagen empfehlenswert. Diese sind mit jenen von bestehenden Biomassewärmenetzen zu vergleichen. Dazu können der Kostenvoran-schlag eines Solarthermieanbieters oder auch die Informationen aus dem Fact sheet 2.3 „Feasibility study“ [1] unterstützen. Eine Berechnung der Wärmegestehungskosten einer Solarthermie-Großan-lage kann auch mithilfe eines Online-Berechnungstools, entwickelt von Solites [2] oder mit dem Excel-Tool ScenoCalc Fernwärme, abgeschätzt werden. Bevor eine Solarthermie-Großanlage in einem Wärmenetz implementiert wird, müssen einige grund-legende Rahmenbedingungen bedacht werden. 3. RAHMENBEDINGUNGEN Wird Solarthermie als Erzeugungsoption in biomassebefeuerten Wärmenetzen in Betracht gezogen, ist es wichtig, die notwendigen Rahmenbedingungen zu erfassen und zu prüfen. Dabei spielen die regionale Verfügbarkeit, der Nachhaltigkeitsgedanke, die Zuverlässigkeit und die Preisstabilität eine große Rolle. Denn es braucht ein sorgfältiges und strukturiertes Vorgehen bei der Projektentwick-lung um Vorbehalten und Vorurteilen zu begegnen, Konflikte zu vermeiden und zu lösen. Die nachfolgenden Themenschwerpunkte haben sich hierbei als besonders relevant erwiesen: 1. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen 2. Eigentumsverhältnisse und Finanzierung 3. Flächenfindung 4. Öffentliche Akzeptanz und Einbindung der Akteure 5. Technische Umsetzung der Anlage 3.1. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen Solarthermie ist in Österreich und Deutschland fast ausschließlich auf Gebäudedächern im Einsatz – ganz überwiegend auf Ein- und Zweifamilienhäusern. Große Freiflächensolaranlagen, wie sie vor allem in Dänemark sehr verbreitet sind, haben in den beiden Ländern bisher nur einen sehr geringen Marktanteil. Durch die niedrigen Wärmegestehungskosten eignet sich diese Art der Wärmeerzeu-gung aus wirtschaftlicher Perspektive und ist attraktiv gegenüber fossilen Brennstoffen. Diese Po-tenziale können maßgeblich die Wärmewende zu erneuerbaren Energien unterstützen und eine wirt-schaftlich sowie sozial verträgliche Energieversorgung anbieten. 4 Anders als bei der Strom- und Gasversorgung sind in der leitungsgebundenen Wärmeversorgung die Erzeugung, die Verteilung und der Verbrauch lokal bzw. regional verortet. Somit ist die Wärmeversorgung vor allem eine lokale Aufgabe und auch im Verantwortungsbereich der Kommunen angesiedelt. Sie stehen vor der großen Herausforderung – im Einklang mit den na-tionalen und europäischen Klimaschutzzielen – die Wärmeversorgung bis spätestens 2050 klima-neutral zu gestalten. Zur kostengünstigen und großtechnischen Integration der Solarthermie bietet sich die Nutzung von Wärmenetz-Infrastrukturen in besonderem Maß an. Die erforderlichen großen Kollektorfelder wer-den hierbei auf Freiflächen installiert oder in Gebäudedachflächen integriert. Es kommen dabei beide Kollektorarten, Flachkollektoren und Vakuumröhrenkollektoren, in Frage. Die Kollektorfeldgrößen reichen von ca. 500 m² bis zu 150.000 m² – bei der derzeit größten realisierten Anlage in Silkeborg in Dänemark. Zahlreiche großflächige Solarthermie-Anlagen im Leistungsbereich bis 50 MWth werden inzwischen in Dänemark betrieben. Sie erzeugen Wärme zu wettbewerbsfähigen Gestehungskosten von unter 50 Euro je MWh und somit wesentlich kostengünstiger, als dies mit dezentralen Lösungen auf Ge-bäudedächern möglich ist. Wirtschaftliche und ökologische Konsequenzen Um die wirtschaftlichen Auswirkungen des Projekts zu berechnen, muss die Solarthermieanlage ausgelegt und wichtige Kennwerte bestimmt werden: • Investitions-, Betriebs- und Wartungskosten für Anschlussleitungen. • Investitions-, Betriebs- und Wartungskosten für die Solaranlage. Preise finden Sie in [3]. Häu-fig können auch direkte Angebote bei Herstellern eingeholt werden. • Wirkungsgradkennlinien für Solarkollektoren und Heizkurve des Wärmenetzes. • Jährliche Wärmeproduktion der Solarthermieanlage • Kostenersparnis gegenüber dem bestehenden Fernwärmesystem • Finanzierungsbedingungen Mit Hilfe der oben genannten Kennwerte können die Gesamtkosten für notwendige Investitionen bzw. Wärmegestehungskosten berechnet werden. Danach können die jährlichen Kosten mit den Kosten des bereits bestehenden Fernwärmesystems verglichen werden. 3.2. Eigentumsverhältnisse und Finanzierung Das Solarkollektorfeld kann durch den lokalen Fernwärmebetreiber oder einen externen Investor finanziert werden, wodurch diese Optionen auch für die Eigentumsverhältnisse eine hohe Relevanz haben. Diese Entscheidung beeinflusst die nachfolgenden Kommunikations- und Entscheidungs-prozesse maßgeblich und muss deshalb vor Beginn des Projekts geklärt sein. Die Frage der Eigentumsverhältnisse einer Solarthermie-Anlage hat sowohl für Investoren als auch für Verbraucher eine hohe Relevanz. Das Interesse der Investoren liegt vor allem in dem gewählten Geschäftsmodell und die damit verbundene Frage der Investitionssicherheit. Für Verbraucher sind die Höhe des Wärmepreises, das Vertrauen in das Versorgungsunternehmen sowie die Transpa-renz weit wichtigere Faktoren. Unabhängig von der Wahl des Investors, sind zur Stützung der nachhaltigen Kommunikation und Vertrauensbasis, die Verbraucher über das gewählte Eigentums-/Betreibermodell zu informieren 5 und die Wahl des Eigentümer-/Betreibermodells zu erläutern. Je nach Fall, muss ein Vertrag zwi-schen dem Wärmeversorger und dem externen Investor beziehungsweise dem Betreiber der So-larthermieanlage entworfen werden, in welchem Zuständigkeiten und Pflichten zu Betrieb und War-tung der Anlage sowie zur Wärmeversorgung klar definiert werden. Detaillierte Informationen zu den wesentlichen Teilbereichen sind in Fact sheet 2.5 [1] „Ownership and financing“ unter folgenden Punkten nachzulesen: • Utility as an owner (Wärmeversorger ist Eigentümer) • Private ownership of roof mounted collectors (Privateigentum von Hauseigentümern) • Private ownership and third-party financing (Privateigentum und Finanzierung durch Dritte) • Solar collectors in cooperative ownership (Gemeinschafts-/Genossenschaftseigentum) Vertragsentwurf Wärmeliefervertrag zwischen Wärmenetzbetreiber und Eigentümer/Betrei-ber der Solarthermieanlage Wenn eine Solarthermieanlage nicht im Eigentum des Wärmenetzbetreibers steht, sondern im Ei-gentum von Dritten, ist ein Vertrag zwischen den beiden Parteien zu schließen. In [1], Factsheet 2.5 “Ownership and financing” werden wichtige Punkte dazu genannt. 1. Inhalt des Vertrages • Regelt grundsätzlich die Wärmelieferung: • Eigentümer der Solaranlage, Betreiber des Wärmenetzes • Allgemeine Information zur Systemintegration der Solaranlage • Start der Wärmelieferung: normalerweise auf einen Zeitraum eingeschränkt oder mit einem spätmöglichen Startdatum beginnend • Dauer des Vertrages: regelt Beginn und Ende der solaren Wärmelieferung 2. Installation der Solaranlage, Eigentumsgrenzen • Wer ist für die Installation der Anlage verantwortlich? • Regelt im Detail die Liefergrenzen, und beschreibt die Zuständigkeiten des Wärmenetzbe-treibers. Zudem wird der Punkt der Wärmeübergabe (normalerweise Position und Integration des Wärmetauschers) beschrieben. • Notwendige Zertifikate • Wer zahlt den el. Strom für Pumpen und andere Geräte? • Wer ist für Betrieb und Wartung der Solaranlage zuständig? • Eigentum/Nutzungsrechte an Flächen, die Bezug zur Solaranlage haben (Technikraum, Dä-cher, Rohrleitungswege…) 3. Details zur Wärmelieferung und zum Betrieb der Solaranlage • Gibt es für den Eigentümer der Solaranlage ein Recht zur Wärmelieferung an den Wär-menetzbetreiber? Geforderte Vorlauftemperatur, Druck, Volumenstrom? Back-up verpflich-tend? • Regelungen bezüglich Netz-Rücklauftemperatur. • Risiken bezüglich Schäden an der Solaranlage, die durch ungünstige Betriebsführung ent-stehen 4. Wärmepreis für Solarenergie • Gleicher Preis während des gesamten Jahres oder Unterschied zwischen Sommer und Win-ter? • Preisreduktion, wenn Temperaturen niedriger sind als gefordert 6 • Solarwärmepreis an Konsumentenpreisindex angepasst? Oder an anderen Index? Welches Datum ist Referenzpunkt für den Start der Berechnung? 5. Messung und Verrechnung der Solarenergie • Wie und wo wird die Solarwärme gemessen? • Welche Anforderungen werden an die Messgeräte/Messdatenerfassung gestellt? Kalibrie-rung? • Wie wird verrechnet? Intervalle? Abschlagszahlungen? • Zahlungskonditionen und –fristen 6. Andere Vertragsklauseln • z.B. Auflösungsklauseln 7. Gerichtsstand • Regelt den Gerichtsstand bei Disputen 8. Anhänge zum Vertrag • Hydraulikschemata von Übergabestation, Solaranlage • Lagepläne, techn. Beschreibungen 3.3. Flächenfindung Große Solaranlagen haben relevante Auswirkungen auf die Raumnutzung und stellen demzufolge raumbedeutsame Vorhaben dar. Noch stärker als Windkraft- oder Fotovoltaik-Anlagen sind große Solarwärme-Anlagen an bestimmte Standort-Bedingungen geknüpft. Während Strom ohne erhebliche Verluste über große Entfernun-gen vom Erzeugungsort zum Verbraucher transportiert werden kann, ist die Transportfähigkeit von Wärmeenergie begrenzt – die hohen Kosten für den Bau und Betrieb der Wärmeleitung und höhere Energieverluste sprechen dafür, dass eine solarthermische Wärmeversorgung immer in der Nähe zu den Wärmeverbrauchern erfolgen muss. Also innerhalb weniger Kilometer zu Wärme-senken mit Wärmeverteilnetzen und den Verbrauchern. Deshalb müssen die möglichen Aufstellflächen in der Nähe der Wärmesenke schon in einer frühen Projektphase genau untersucht werden. Die Kollektoren können auf Dachflächen oder auf dem Bo-den platziert werden, wobei die Nutzung von Dachflächen mit höheren Kosten verbunden ist1 und die Dachflächen oftmals für Photovoltaik verwendet werden. Förderlich für die Entwicklung von Freiflächen sind Verfahren zum Flächenscreening, die ökologi-sche Aufwertung von Freiflächen sowie Beteiligungs- und Geschäftsmodelle für beteiligte Akteure (z.B. Landwirte). Eine Karte, die mögliche Flächen zum Aufstellen von Solarkollektoren und eine mögliche Anbindung an das Fernwärmeversorgungs- oder Rohrnetz zeigt, sollte Teil einer Mach-barkeitsstudie bzw. eines Wärmeversorgungskonzepts sein. 1 Siehe auch [1], Factsheet 2.3, Abbildungen 2.3.6 und 2.3.7 7 In einer ersten Analyse zeigt das Flächenscreening die Verfügbarkeit von Freiflächen im Vergleich zur Besiedelungsstruktur und Gebäudeflächen der Region. Parallel ist die Wärmebedarfsdichte des potenziellen Versorgungsgebietes zu analysieren und die Priorität von potenziellen Flächen für So-larthermie zu definieren. Eine Abschätzung der potenziellen Solarthermieflächen anhand des Flächenscreenings ist für das Wärmeversorgungsgebiet in Abbildung 2 für die Region Gleisdorf in Österreich illustriert. Detailinfor-mationen können im Fact sheet 3.1, 3.3 „Land availability for Solar Thermal Plants” [1] nachgelesen werden. 2013 lag der Fernwärmebedarf z.B. in Österreich bei 22430 GWh/a. Geht man mittelfristig von einem Anteil der Solarthermie an der Fernwärmeerzeugung von 15 % aus, so wäre der Beitrag der So-larthermie in diesem Bereich 3360 GWh/a. Hierfür wäre eine Kollektorfläche von 6,73 Mio. m² bzw. eine Leistung von 4,7 GW bis 2050 zu realisieren. Es resultiert ein erforderlicher jährlicher Neuzubau von rund 200.000 m² Kollektorfläche bzw. 140 MW pro Jahr. Solarthermie weist eine hohe Flächeneffizienz auf: Für die o.g. 6,73 Mio. m² Kollektorfläche ist bun-desweit verteilt eine Landfläche von lediglich 13,5 km² erforderlich. Das entspricht dem derzeitigen Flächenverbrauch in Österreich in einem Zeitraum von ca. drei Monaten [4]. Die Flächeneffizienz der Solarthermie ist gegenüber Energiepflanzen um rund den Faktor 50 höher. Abbildung 1: Flächenverteilung nach Nutzungskategorien (links), Wärmebedarfsdichte (rechts) am Beispiel der Region Gleisdorf in Österreich [6] Landschaftsklassen Wärmebedarfsdichte 8 Relevante Flächen zur Errichtung der Solarthermie-Anlage können gekauft oder gepachtet werden. Zu beachten ist, dass mehr als eine verfügbare Fläche für Solarthermie zur Auswahl steht, sodass der Preis nicht von einem Monopolisten bestimmt wird und die Solarthermie in einem biomassebe-feuerten Wärmesystem eine Alternative bietet. Die Solarthermie kann als zentrale Anlage direkt beim Biomasseheizwerk oder als dezentrale Anlage umgesetzt werden. Abbildung 3: Zentrale (links) und dezentrale (rechts) Einbindung der Solarthermie im biomassebefeuerten Wärmenetz. [1] Die Integration von Solarthermieanlagen auf Freiflächen kann zudem unterschiedliche Nutzungs- und Gestaltungsaspekte aufweisen: Abbildung 2: Potenzielle Solarthermieflächen für das Wärmeversorgungsgebiet Gleisdorf in Österreich [6] 9 • Optimierung der Landschaftsgestaltung durch Berücksichtigung bereits im Planungsprozess • Doppelnutzung durch Energieversorgungsoption und Landschaftsgestaltung in Gebieten mit hohem Verschmutzungs- oder Nässegrad Beispiele zur Landschaftsgestaltung und Doppelnutzung von Solarthermieanlagen illustrieren Abbil-dung 4 und Abbildung 5. 3.4. Öffentliche Akzeptanz und Einbindung der Akteure Unabhängig davon, ob die Solarthermische-Anlage Eigentum des bestehenden Wärmenetzversor-gers oder eines Dritten ist und von diesem finanziert wird, muss das Versorgungsunternehmen bereit sein, das Projekt durchzuführen, wenn die Bedingungen für die Teilnahme am Projekt erfüllt sind. Zum Beispiel, wenn der Wärme-Preis nicht höher wird als in der Referenzsituation (oder nicht mehr als X% höher). In diesem Fall muss das Preisberechnungsmodell von den Partnern bestätigt wer-den. Darüber hinaus müssen die lokalen Behörden hinter dem Projekt stehen und die notwendigen Pro-zesse unterstützen: • Ausarbeitung einer strategischen Energieplanung (oder Energieraumplanung) und eines Wärmeplans für die Stadt. In den europäischen Projekten Hotmaps (http://www.hotmaps-project.eu/) und Planheat (http://planheat.eu/) werden Werkzeuge für die Wärmeplanung ent-wickelt. • Kontaktaufnahme mit der Gemeinde, um Genehmigungen und fachkundige Unterstützung zu erhalten. • Das FW-Netz im Besitz eines kommunalen oder verbrauchereigenen Unternehmens zu hal-ten, damit der Zugang für Solare Fernwärme (SDH) öffentlich kontrolliert werden kann Als Grundlage für eine mögliche Umsetzung derartiger Projekte, stellt eine fundierte Machbarkeits-studie ein wichtiges Instrument dar. Diese kann nicht nur zeigen, dass ein Projekt realistisch um-setzbar wäre, sondern auch skeptische Akteure von den Möglichkeiten und damit verbundenen Vor-teilen überzeugen. Zu den wesentlichen Akteuren zählen die jeweiligen Heizwerks- und Wärmenetz- Abbildung 5: “Collector Island” (SUNMARK), Almere, Holland. [1], Fact sheet 2.2 Abbildung 4: Auf einem Hang (Schüco), Crailsheim, Germany (by Stadtwerke Crailsheim GMBH). [1], Fact sheet 2.2 10 betreiber, die Anrainer, Behörden und Finanzierungspartner. Um möglichst allen Betroffenen Ant-worten auf Ihre spezifischen Fragestellungen zu bieten, sollte eine Machbarkeitsstudie folgende Punkte behandeln: Für Investoren relevante Aspekte • Beschreibung verschiedener Wärmelösungen (Biomasse, Solar, Wärmepumpe, Abwärme, evtl. Geothermie) • Gründe für Integration von Solarthermie ins bestehende Wärmenetz • Flächenoptionen für die Solarthermieanlage • Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten der Anlage • Wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Referenzfall und Solarprojekt (Barwert, interner Zinsfuß, jährliche Kosten für Wärmekunden). Sensitivitätsanalyse/Szenarioanalyse • Umweltaspekte: (vermiedene) Emissionen in Boden, Wasser und Luft • Zeitplan • Diskussion möglicher Hindernisse bei der Projektumsetzung • Vertragsentwurf zwischen Wärmenetzbetreiber und externem Investor (z.B. bei Bürgerbetei-ligung oder anderem externen Investor) • Vertragsentwurf zwischen Wärmenetzbetreiber und Lieferant der Solaranlage (wenn Wär-menetzbetreiber investiert) • Entwurf eines neuen Wärmeliefervertrags für die Kunden • Im Fall einer Genossenschaft: Entwurf einer Mitgliedersatzung Für Kommunen relevante Aspekte • Wirtschaftliche Vorteile auf Gemeindeebene (z.B. lokale Wertschöpfung) • Konsequenzen für Arbeitsplätze in der Gemeinde • Umweltaspekte: (vermiedene) Emissionen in Boden, Wasser und Luft • Konsequenzen für die (Energie-) Raumplanung (Schutzgebiete, Anrainer) • soziale Verantwortung der Gemeinde Für Verbraucher relevante Aspekte • Wärmepreisstabilität • Versorgungssicherheit Sobald zwischen den Projektbeteiligten Einigung über die wesentlichen Punkte des Projektes herrscht, gilt es unter Berücksichtigung der Anliegen von Gemeinde und Bürger, v.a. der Anrainer, den Genehmigungsprozess zu starten. Normalerweise ist es nicht schwierig, öffentliche Akzeptanz für eine Solarthermie-Großanlage zu bekommen. Nichtsdestotrotz zeigt die Erfahrung aus Windenergie- und Biogasprojekte, dass der Investor proak-tiv um öffentliche Akzeptanz bemüht sein sollte. Falls es eine Energieplanung oder besser noch Energieraumplanung für die Gemeinde gibt, kann das eine große Hilfe zur Erlangung öffentlichen Interesses sein. Insofern die Bürger in diesen Planungsprozess eingebunden waren. Denn das Feh-len von Information und Einbeziehung kann Frustration, Verärgerung und Widerstand gegen das Projekt hervorrufen. Ein Beispiel zeigt die Erfahrungen von Energieprojekten auf der dänischen Insel Samsø die seit 1996 mit öffentlicher Wahrnehmung und Akzeptanz durchgeführt werden. Eine der Erfahrungen aus 11 diesen Projekten ist, dass sorgfältige Vorbereitung der ersten Schritte ein Muss ist. Im Projekt „Im-plement“, im Rahmen des EU Interreg-Programmes, beschreibt die Samsø Energieakademie den Implementierungsprozess in “A manual on citizen involvement” [5]. Das Handbuch beschreibt ein Biogasprojekt, aber ist auch für andere Projekte anwendbar. Die Schritte im Handbuch sind: • Ausarbeitung einer grundlegenden Studie inkl. Informationen über lokale Gepflogenheiten • Engagement von Personen, die lokale Begebenheiten und Gepflogenheiten kennen • Identifizierung der direkt involvierten Projektbeteiligten/-betroffenen • „was ist für mich drin?“ für die involvierten Projektbeteiligten/-betroffenen finden • Ziele für die Einbeziehung und eine Strategie zur Erreichung der Projektbeteiligten/-betroffe-nen • Einbeziehung der lokalen Behörden Der Prozess (muss von unten aufgerollt werden und von oben gesteuert werden): • Die Kommunikation muss klar und proaktiv sein. Kommunikationskanäle müssen definiert werden. • Ziele von Versammlungen müssen klar sein. Zur Vorbereitung sollten Schlüsselpersonen vorab kontaktiert werden und Szenarien bez. Verlauf der Versammlung sollten durchgedacht werden. • Zwischen den Versammlungen können Schlüsselpersonen kontaktiert werden, Arbeitsgrup-pen gebildet werden, Besichtigungen ähnlicher Projekte arrangiert werden. Diese Methode der Einbeziehung hat zu lokaler Identifikation bei verschiedenen Energieprojekten auf der Insel Samsø geführt. Dort war auch wichtig, dass es einen Masterplan für die Wende hin zu erneuerbaren Energien gibt und dass dieser Masterplan ausführlich diskutiert und von politischer Seite befürwortet wurde. 3.5. Ttechnische Umsetzung der Anlage Die Auswahl von Solarthermie als Erzeugungsoption muss ebenso erläutert werden wie das gene-relle Anlagendesign. Außerdem ist anzugeben, welcher jährliche Deckungsgrad durch die Solarther-mieanlage erreicht werden kann. Daraus lässt sich ableiten, ob es möglich ist, die existierenden Erzeugungsanalagen (z.B. Biomasse-, Öl-, Gaskessel) modulweise über längere Zeiträume im Som-mer auszuschalten und so den Einsatz von Biomasse und fossiler Brennstoffe zu reduzieren sowie einen ungünstigen Teillastbetrieb zu vermeiden. Auch sollte geprüft werden ob eine zentrale oder dezentrale Einbindung der Solarkollektoren zu bevorzugen ist. Das technische Konzept umfasst dabei die Dimensionierung der Solaranlage und eine Kostenschät-zung. Die Solaranlage kann entweder auf die Deckung der Sommerlast ausgelegt werden oder unter Einbindung eines Saisonalspeichers bis zu 50% der Jahreslast decken. Die Variante mit Saiso-nalspeicher ist momentan (2018) nur für Wärmenetze mit einem Wärmbedarf von über 15-20 GWh/a technisch und wirtschaftlich sinnvoll. 12 Abbildung 6: Blockschema eines Heizwerkes mit Solarthermie und Biomasse [1], Fact sheet 2.1 "Solar heat combined with other fuels". 4. EMPFEHLUNGEN 1. Die systematische Flächensuche und -entwicklung spielt eine Schlüsselrolle für solare Wär-menetzintegration. 2. Zu Beginn der Projektentwicklung sollte ein systematisches Flächenscreening anhand energie-wirtschaftlicher, politischer sowie rechtlicher Kriterien durchgeführt werden. 3. Möglichst frühzeitig sollte mit der umfassenden Behörden-, Bürger- und Stakeholder-Beteiligung begonnen werden. 4. Es sollte von vorneherein ein integriertes, ökologisches Nutzungskonzept verfolgt werden. 5. Das Umweltrecht dürfte in der Regel keine unüberwindbaren Hindernisse verursachen. 6. Der kombinierte Einsatz von verschiedenen Wärmeerzeugungstechnologien sollte im Rahmen der Machbarkeitsstudie genauer untersucht werden. Siehe auch [1], Fact sheet 2.1 “Solar heat combined with other fuels”. 7. Das technische Umsetzungskonzept (zentral/dezentral) sollte mit dem ökologischen Nutzungs-konzept im Einklang stehen 8. Eigentümerverhältnisse und Finanzierungsmöglichkeiten inklusive Bürgerbeteiligungsmodelle sind vor Umsetzung des Projektes zu berücksichtigen. 4.1. Bau der Anlage Wenn die notwendigen Genehmigungen eingeholt wurden, kann die Umsetzung des Projekts begin-nen. Dazu muss die Ausschreibung für die Projektumsetzung veranlasst werden, eine Vergabe und schließlich die Installation der Wärmeerzeuger erfolgen. Soll das Wärmenetz um neue Anschluss-nehmer erweitert werden, müssen Verträge mit den Neukunden geschlossen und Termine für die 13 Installation der Hausanschlussstationen an das Wärmenetz und die Deinstallation der Einzelheizun-gen angekündigt und individuell vereinbart werden. Diese Arbeiten müssen von Experten durchge-führt werden. Es ist jedoch sehr wichtig, die Anwohner vor Ort kontinuierlich über kommende Schritte und den Vorgang des Projekts informieren. Denn insbesondere eine eventuelle Verlegung neuer Wärmenetzstränge kann zu Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs führen und sollte rechtzeitig erläutert und angekündigt werden, um Ärger zu vermeiden. Siehe auch [1] Fact sheet 3.2 “Tendering and contracts” und Fact sheet 4.1 “Supervision of con-struction and commissioning”. 4.2. Weiterführende Hinweise: • Angaben zu Emissionen von Heizkesseln sind in [3] zu finden. • Mögliche Berechnungswerkzeuge für die Solarertragsberechnung sind • energyPRO (https://www.emd.dk/energypro/), • Polysun (http://www.velasolaris.com/english/home.html), • T*Sol (http://valentin.de/calculation/thermal/start/en), • TRNSYS (http://www.trnsys.com/) und weitere. • Richtlinien für ein detailliertes Design finden sich in [1], Kapitel 6, 7 und 8. Ein Beispiel für eine Berechnung der wirtschaftlichen Folgen für eine Solarthermische-Anlage, deren Inve-stition durch einen regionalen Versorger übernommen wurde und durch ihn betrieben wird, findet sich in Appendix 1. 14 5. REFERENZEN [1] Solar district heating guidelines Collection of fact sheets. http://solar-district-hea-ting.eu/Documents/SDHGuidelines.aspx [2] http://www.sdh-online.solites.de/Tool/2 [3] Technology Data Catalogue for Energy Plants. Danish Energy Agency and Energinet.dk. August 2016. Updated June 2017. https://ens.dk/en/our-services/projections-and-models/technology-data [4] http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/raumordnung/rp_flaecheninanspruchnahme/ [5] People and Biogas. A manual on citizen involvement. www.peopleandbiogas.com [6] EnergyCityConcepts – How spatial energy analysis enables sustainable future energy systems. AEE INTEC, Ingo Leusbrock, Franz Mauthner, Presentation February 2018. 15 APPENDIX 1: BEISPIELE REALISIERTER ANLAGEN 16

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Sonntag, 1. April, 2018|

SolnetBWII Projekt-Flyer

Solare Wärmenetze für Baden-Württemberg SolnetBW ........................................................................... www.solnetbw.de ................................................................ Gefördert durch: ................................................................ LANDESZIEL SONNENENERGIE-DÖRFER Das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) der Landesregierung Baden-Württemberg räumt der Solarthermie und speziell den solaren Wärmenetzen einen hohen Stellenwert ein. So ist ein Ziel des Landes, sogenannte ‘Sonnenenergie-Dörfer‘ zu fördern. Wärmenetze‘ nicht nur kommunale Wärmekonzepte und regionale Beratungswerden ergänzend zur Bundesförderung vom Land bezuschusst. Informationen zum Förderprogramm unter www.um.baden-wuerttemberg.de. Weitere Beratung bietet hierzu das Landeskompetenzzentrum Wärmenetze unter www.energiekompetenz-bw.de/waermenetze. ................ www.solnetbw.de .............................. UNSERE LEISTUNGEN Unterstützung von Kommunen, Wärmeversorgern, Energiegenossenschaften und lokalen Energieinitiativen aus Baden-Württemberg. Als Partner von SolnetBW II bieten wir Ihnen Informations- und Beratungsleistungen an. Durch unsere interdisziplinären Kompetenzen können wir Sie in folgenden Bereichen beraten bzw. Ihr Projekt entwickeln und begleiten – übrigens gerne in Kooperation mit Ihren Projektpartnern vor Ort: Übergeordnete Strategieentwicklung und Wärmeplanung Projektentwicklung, Analyse der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit Organisatorische Aspekte sowie Rechts- und Verwaltungsfragen Energiegenossenschaften Vermittlung kompetenter Planer und Anbieter www.solnetbw.de. ................ www.solnetbw.de ........................................................................................................................ Vorteile solarer Wärmenetze SOLARTHERMIE GROß GEDACHT SOLARE WÄRMENETZE IN BADEN-WÜRTTEMBERG Solarthermische Großanlagen, die in Wärmenetze eingebunden sind, tragen zur Wärmeversorgung von Quartieren, Dörfern oder Städten bei. Je nach Größe des gesamten Systems wird häug zwischen solarer Nah- und Fernwärme unterschieden. Die erforderlichen großen Kollektorfelder werden auf Freiächen installiert oder in Gebäudedächer integriert. Es kommen dabei Hochtemperatur- Flachkollektoren oder Vakuumröhrenkollektoren zum Einsatz. Dänemark ist Vorreiter bei dieser Technik. Dort sind solche Anlagen mit einer Leistung bis zu 100 Megawatt und Kollektorächen von jeweils 10.000, 50.000 und sogar über 100.000 Quadratmetern bereits vielerorts in Betrieb und liefern emissionsfreie Wärme für die kommunale Versorgung zu konkurrenzfähigen Kosten. Auch in Deutschland und anderen Ländern entstehen derzeit neue Anlagen. Emissionsfrei – Null Emissionen und 100 % erneuerbare Energien ergeben Nachhaltigkeit in der Wärmeversorgung Ausgereift und marktverfügbar – Know-how und Technologie aus Baden- Württemberg Technologieoen und zukunftsfähig – Solare Wärmenetze für Dörfer, Quartiere und Städte Lokale Wertschöpfung – Die Sonne schickt keine Rechnung und der Gewinn bleibt vor Ort Kostenstabil – Die Wärmegestehungskosten sind konkurrenzfähig, stabil und ab dem ersten Betriebstag für die nächsten 25 Jahre bekannt Überall verfügbar – Solarenergie ist unbegrenzt und praktisch überall in Europa nutzbar in Betrieb derzeit insgesamt ca. 23.670 m² in Planung/Realisierung derzeit insgesamt ca. 5.200 m² in Vorbereitung derzeit insgesamt ca. 30.400 m² Crailsheim 7.300 m² Neckarsulm 5.670 m² Friedrichshafen 4.050 m² Stuttgart Burgholzhof 1.630 m² Eggenstein 1.600 m² Esslingen 1.330 m² Büsingen 1.090 m² Stuttgart Brenzstraße 1.000 m² Freiburg-Gutleutmatten 2.000 m² in Vorbereitung 6 Anlagen mit ca. 30.400 m² Randegg 2.000 m² Radolfzell-Liggeringen 1.200 m² Die Karte zeigt solare Wärmenetze in Baden-Württemberg, die in Betrieb, in Realisierung und in Vorbereitung sind. Im Vergleich dazu benden sich bundesweit aktuell solare Wärmenetze mit einer Kollektoräche von insgesamt ca. 50.200 m² in Betrieb. Stand: Sept. 2017, Quelle: Solites ........................................................................................................................ www.solnetbw.de ................................................................ FLÄCHENFINDUNG IM FOKUS Kriterien für ein Flächenscreening Folgende Schritte haben sich bewährt: Bereits zu Projektbeginn ein systematisches Flächenscreening anhand energiewirtschaftlicher, politischer sowie rechtlicher Kriterien durchführen Eine frühzeitige Beteiligung von Behörden, Bürgern und weiteren Akteuren Die Entwicklung eines ökologischen Nutzungskonzepts für die Flächen, auf denen die Solarkollektoren errichtet werden Mehrfachnutzung von Flächen – Multicodierung MODELLREGIONEN UND MODELLKOMMUNEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG Im Rahmen des Vorhabens SolnetBW II soll durch die Begleitung und Entwicklung der Modellregionen Neckar-Alb und Oberschwaben sowie weiterer Modellkommunen Transformationswissen hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und Gesellschaft erarbeitet werden. Das heißt gemeinsam mit den lokalen Akteuren vor Ort und deren Know-how werden innovative Lösungsansätze für die Wärmewende entwickelt. Themenschwerpunkte des Vorhabens: Abbau von Hemmnissen zur Flächenverfügbarkeit für solarthermische Großanlagen Findung praktischer Lösungsansätze für Umsetzungsprobleme von solaren Wärmenetzsystemen mit Wärmespeichern als Voraussetzung für die Sektorkopplung Energiewirtschaftliche Systembetrachtung Anbahnung und Ausbau von Wärmenetzen als Voraussetzung für die Einbindung großer solarthermischer Anlagen Darüber hinaus Aufbau eines Schulungsangebots für Planer in Kooperation mit der Ingenieurkammer Baden-Württemberg Kommunikation vor Ort Flächenndung mittels Screening Recht Vorzugsflächen Politik Energiewirtschaft Wärmedichten/Abnehmer Entfernung zum Wärmenetz Geographische Lage Geeigneter Ort der Einbindung Integration in bestehende Planungen prüfen Kompensation Verfahren Anwohner, Gewerbe, Wohnungsbau, Naturschutz, Landwirtschaft, Flächenkonkurrenzen Konfliktpunkte Eigentum Raumordnung Bauleitplanung Fachplanung, z.B. Schutzgebiete Fachrecht, z.B. Artenschutz Konversionsächen Deponien und Halden Entlang von Verkehrswegen Intensiv bewirtschaftete Ackerächen Große Infrastrukturen Multicodierung ........................................................................... DAS VORHABEN SOLNETBW II Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme (Koordination) Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart AGFW-Projektgesellschaft für Rationalisierung, Information und Standardisierung mbH HIR Hamburg Institut Research gGmbH www.solnetbw.de und www.solare-fernwaerme.de Oliver Miedaner, Solites, www.solites.de Kontakt-E-Mail: info@solites.de Gefördert mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg durch den beim Karlsruher Institut für Technologie eingerichteten Projektträger. Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung des Fördermittelgebers wieder. Weder der Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. Version Januar 2018 Das Vorhaben wird bearbeitet in Kooperation mit: Regionalverband Neckar-Alb Ingenieurkammer Baden-Württemberg Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) gGmbH Internet: Kontakt: SolnetBW II wird im Rahmen des Programms Trafo BW durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft gefördert. Die Projektpartner sind: Gefördert durch: Energieagentur Ravensburg gGmbH Energieagentur Main-Tauber-Kreis GmbH KEK - Karlsruher Energie- und Klimaschutzagentur gGmbH

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Montag, 1. Januar, 2018|

SDHp2m Broschüre

www.solar-district-heating.eu Gefördert durch Im Zuge der Energiewende unterliegt auch der Wärmesektor einem Wandel, wobei die Wärmeversorgung durch Wärmenetze und der Einsatz solarthermischer Anlagen eine entscheidende Rolle spielen werden. Wärmenetze bieten eine gute Möglichkeit, um die Energieeffizienz in städtischen Gebieten zu steigern und regenerative Energien in die Wärmeversorgung einzubinden. Solarthermie ist emissionsfrei, vollständig erneuerbar, in ganz Europa verfügbar und langfristig kostenstabil. Solare Wärmenetze – im Englischen Solar District Heating (SDH) – sind eine bewährte und zuverlässige Technologie. Betreiber und Industrieexperten haben über 20 Jahre lang Erfahrungen bezüglich Entwicklung, Betrieb und Wartung von solaren Wärmenetzen gesammelt. In den letzten zehn Jahren ist das Interesse an einem wirtschaftlichen Einsatz von solaren Wärmenetzen gewachsen. Bis heute wurden in Europa bereits 300 Kollektorfelder mit jeweils über 350 kW thermischer Leistung in Betrieb genommen, insgesamt beträgt die installierte thermische Leistung 1.100 MW. Der Markt für Solarthermie erlebte in den letzten Jahren einen Boom in Dänemark, wächst aber auch in Österreich, Deutschland und Schweden stetig. In den letzten fünf Jahren betrug das jährliche Marktwachstum mehr als 35%. Weitere europäische Länder folgen diesem Trend. Schlüsselfaktoren für den Erfolg solarer Wärmenetze sind neben einem günstigen Marktumfeld auch effektive Unterstützungsmaßnahmen. Innerhalb des Projektes SDHp2m, das durch das Programm Horizon 2020 der EU gefördert wird, erarbeiten Landesregierungen in Deutschland und Europa gemeinsam mit führenden Expertinnen und Experten aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen für solare Wärmenetze. Die entwickelten Maßnahmen werden in dieser Veröffentlichung beschrieben. Sie können und sollen als Vorbild für Initiativen in anderen europäischen Ländern dienen. Solare Wärmenetze – ein wichtiger Baustein für die Energiewende in Europa Die Vielseitigkeit und Vielfalt solarer Wärmenetze Stadtquartiere Lokale Wärmenetze sind eine gute Option für die Wärmeversorgung von Stadtgebieten, sowohl bei Neubau- als auch bei Sanierungsgebieten. Der solare Anteil beträgt bis zu 20% der Gesamtwärmeversorgung und kann durch die Einbindung von saisonalen Wärmespeichern auf 50% erhöht werden. In Crailsheim wird das Gebiet Hirtenwiesen II seit 2012 durch 7.500 m² Kollektoren und Erdsondenwärmespeicher zu 50% mit Solarwärme versorgt. Solare Wärmenetze können nicht nur kleine Gemeinden sondern auch ganze Städte mit Wärme versorgen – dies gilt sowohl für Neubauten, als auch für den Gebäudebestand. Ländliche Regionen Die Versorgung von kleineren Städten und Gemeinden in ländlichen Regionen mittels Wärmenetz ermöglicht einen raschen Übergang zur Nutzung lokaler regenerativer Energiequellen. In Büsingen erzeugen im Sommer Solarkollektoren mit einer Kollektorfläche von 1.090 m2 genug Wärme für 100 Gebäude und vermeiden somit einen unwirtschaftlichen Teillastbetrieb der Biomasseheizkessel. Das Wärmenetz ist seit 2013 in Betrieb. Urbane Regionen und Städte In den großen Fernwärmeversorgungsnetzen von Städten kommt häufig noch fossile Kraft-Wärme-Kopplung zum Einsatz. Sofern geeignete Flächen entwickelt werden können, ist die dezentrale Einbindung großflächiger Solaranlagen eine Möglichkeit, den Anteil an regenerativer Energie in diesen Wärmenetzen zu erhöhen. In Graz beispielsweise speist ein über 16.500 m2 großes Kollektorfeld erneuerbare Wärme in das städtische Fernwärmenetz ein. Innovative Wärmenetze mit Sektorkopplung Große Solarthermieanlagen können auch in Kombination mit anderen Technologien zur Wärmeerzeugung verwendet werden. Einige solcher innovativen Wärmenetze sind in Dänemark bereits in Betrieb. Das Wärmenetz in Gram hat eine 44.800 m2 große Solarthermieanlage, eine Wärmepumpe, gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, Power-to-Heat und fossile Spitzenlastheizkessel. Zudem ist ein thermischer Speicher mit 122.000 m3 Volumen integriert, welcher einen flexiblen Einsatz der Erzeuger ermöglicht. Vallda Heberg, Schweden Büsingen, Deutschland Graz, Österreich Gram, Dänemark Die Landesregierungen sind die idealen Ansprechpartner bei der Unterstützung der Entwicklung von solaren und erneuerbaren Wärmenetzen. Meist verfügen sie über Kompetenzen und Möglichkeiten, welche den kleineren Gemeinden so nicht zur Verfügung stehen, und können den lokalen Markt direkt beeinflussen. Dies erleichtert die Zusammenarbeit und gewährleistet einen kohärenten politischen Rahmen. Die Landesregierungen der drei Fokusregionen Thüringen in Deutschland, Steiermark in Österreich und Auvergne-Rhône- Alpes in Frankreich sind Partner des Projektes SDHp2m. In sechs Nachfolger-Regionen aus Bulgarien, Deutschland, Italien, Polen und Schweden sind die Landesbehörden durch Teilnahmeerklärungen eingebunden und werden durch beratende Partner unterstützt. „Die Klimaschutzziele der EU erfordern eine konsequente Umstellung von fossilen hin zu regenerativen Energien. Solarenergie ist die eine regenerative Energiequelle, welche nahezu unerschöpflich zur Verfügung steht. Ihre Nutzung in solarthermischen Anlagen ist effizient und kann durch netzgebundene Wärmeversorgung große Verbreitung finden. Deshalb unterstützen wir als Landesregierung solare Wärmenetze, wo wir können.“ Die Steiermark – ein Spitzenreiter bei der Integration von Solarthermie in ländlichen und städtischen Wärmenetzen Einbindung Erneuerbarer in Wärmenetze und Flexibilisierung der Wärmeerzeugung In einigen europäischen Ländern führen sinkende und schwankende Strompreise zu geringeren Betriebszeiten der KWK-Anlagen, die meist die Hauptwärmeerzeuger in Fernwärmenetzen darstellen. Solarthermie kann Lücken in der Wärmeversorgung schließen und Wärmespeicher flexibilisieren das gesamte System. In dem Projekt Big Solar Graz soll bspw. Solarthermie 20% des Wärmebedarfs im Netz bereitstellen und die nachhaltige Wärmeerzeugung sichern. Anton Lang – Landerat der Steiermark für Umwelt und regenerative Energien Regionen stehen vor Herausforderungen bezüglich einer zukunftsfähigen Wärmeversorgung und Solarthermie bietet eine ideale Möglichkeit diesen zu begegnen. Gemeinsame Herausforderungen auf regionaler Ebene Verfügbare Flächen Auf einem Hektar Land produziert eine Solarthermieanlage bis zu 2 GWh Wärme pro Jahr. Somit ist dies die ertragreichste Möglichkeit, Landfläche zur Wärmegewinnung zu nutzen. Die Herausforderung – vor allem in städtischen Gebieten – liegt jedoch darin, diese Fläche in unmittelbarer Nähe zum Wärmenetz zu finden. In der Steiermark wurde ein Arbeitskreis gegründet, um Lösungen für diese Problematik zu entwickeln. Auch das Planungsamt hat das Thema aufgegriffen. In Hamburg wurde ein Handbuch für die Mehrfachnutzung von Flächen erstellt. Innovative Politik und Finanzierung Der Erfolg in Dänemark und Schweden zeigt, dass geeignete regulatorische Maßnahmen und Marktbedingungen sowie Finanzierungsmöglichkeiten die weiträumige Anwendung von netzgebundener regenerativer Wärme- und Kälteversorgung unterstützen können. Mit einer umfassenden Strategie, welche die Politik und deren Gesetze sowie Wirtschaft und Markt einbezieht, können förderliche Rahmenbedingungen für den Einsatz regenerativer Energien und insbesonder großflächiger Solarthermieanlagen in Wärmenetzen geschaffen werden. Erfolgsfaktoren sind: • Kohärente Politik für regenerative netzgebundene Wärme- und Kälteversorgung • Effiziente und effektive Regulierungen und Genehmigungsverfahren • Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten und geeignete Fördermaßnahmen • Innovative Geschäftsmodelle „Der Entwurf zum ersten Klimagesetz der neuen Bundesländer ist ein starkes Signal, welches die inhaltliche Ausrichtung der Thüringer Energieversorgung hin zu Energieeffizienz und erneuerbaren Energien wie der Solarthermie vorgibt. Im Rahmen einer breiten öffentlichen Diskussion wird derzeit zudem die Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie erarbeitet, welche konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der regionalen Klimaschutzziele zusammenstellt. Die Stärkung von Wärmenetzen mit erneuerbaren Energien wie der Solarthermie spielt dabei eine besondere Rolle.“ Regulatorische und marktunterstützende Maßnahmen Thüringens Anja Siegesmund – Umweltministerin in Thüringen Das Land Thüringen stellt regionalen Akteuren für die Planung und Umsetzung von Wärmeprojekten auch finanzielle und inhaltliche Unterstützung bereit: • Mit dem Green Invest Programm bietet das Land Thüringen finanzielle Zuschüsse für Beratungsdienstleistungen, Machbarkeitsstudien Demonstrationsvorhaben für Wärmenetze und regenerative Energien in Unternehmen an. • Die Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur bietet Kommunen und anderen regionalen Akteuren wie z.B. Genossenschaften Unterstützung bei der Initiierung und Entwicklung von Projekten mit erneuerbaren Energien an. • Die Broschüre „Zukunft Sonne“ beinhaltet drei Fallstudien und einen Fragen-Antworten-Katalog, der mit regionalen Akteuren erstellt wurde. „In der Anfangsphase des Projektes haben wir die Anforderungen der Marktakteure an die Politik und Planung, Kommunikation, Technologie und die Kosten für solare Wärmenetze identifiziert. Um diesen gerecht zu werden, haben wir mit Unterstützung der Akteure einen Aktionsplan entworfen, der in Zusammenarbeit mit dem regionalen Amt für Energie und Umwelt und dem nationalen Solarenergieinstitut umgesetzt wird. Die aktuellen Fallstudien für drei Wärmenetze haben bereits großes Interesse hervorgerufen und führen möglicherweise zu Folgeprojekten. Durch dieses Projekt erwarten wir in Auvergne-Rhône-Alpes eine Zunahme an Wärmenetzen mit solarer Wärme.“ Auvergne-Rhône-Alpes: Wir kennen die Bedürfnisse unserer Marktakteure Eric Fournier – Vizepräsident für Umwelt, nachhaltige Entwicklung, Energie und Regionalparks in Auvergne-Rhône-Alpes Erfolgreiche Marktunterstützung Durch geeignete Unterstützungsmaßnahmen kann der Bogen zwischen Politik und Markt erfolgreich gespannt werden. Ziel muss sein, alle Interessensgruppen zusammenzubringen: zum einen regionale Behörden, Kommunen und Finanzinstitute und zum anderen Betreiber von Wärmenetzen, Ingenieurbüros, aber auch Energiegenossenschaften und Fachfirmen für Energiemanagement und Kundenbetreuung. Eine detaillierte Analyse des Marktes und die Ansprache und Unterstützung der Investoren sind geeignete Methoden, die Verbreitung von solaren Wärmenetzen in regionale Märkte voranzutreiben. • Besichtigung bestehender Anlagen: Nichts ist überzeugender als eine Führung durch eine bestehende Anlage und der direkte Austausch mit den Personen vor Ort. • Capacity Building: Workshops, Schulungen und Leitfäden bündeln die gesammelten Erfahrungen und stehen langfristig öffentlich zur Verfügung. • Machbarkeitsstudien: Die Analyse einer realen Situation ist ein wichtiges Hilfsmittel für die Implementierung dieser Technologie. Die Studien geben den Verantwortlichen Anhaltspunkte zur Planung und ermöglichen eine Bewertung der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit solarer Wärmenetze in einer Region. • Kommunikation: Der Kontakt zu den BürgerInnen und der Austausch mit Interessengruppen schafft eine öffentliche Akzeptanz für regenerative Wärmenetze und erhöht die Bürgerbeteiligung. Wie kann der Markt unterstützt werden Französische Gruppe besichtigt Büsingen Nutzen Sie die verfügbare Expertise Internationale Konferenz in Hamburg Auch wenn sich europaweit die lokalen Rahmenbedingungen unterscheiden, so stehen die Länder doch vor ähnlichen Aufgaben bei der Wärmewende. Die in intensiver Zusammenarbeit vieler europäischer Regionen entstandenen Ergebnisse stehen in einem Wissensportal unter www.solare-waermenetze.de zur Verfügung. Drei Leitfäden beantworten grundlegende Fragen: 1. Energiedörfer – Umsetzung von neuen solaren Wärmenetzen kombiniert mit Biomasse 2. Einbindung von Solarthermie in biomassebasierte Wärmenetze 3. Einbindung von Solarthermie in bestehende städtische Fernwärmesysteme Solar und Biomasse in Eibiswald, Österreich In Deutschland und Österreich wird die Entwicklung solarer Wärmenetze vielfältig unterstützt: • auf nationaler Ebene durch das Projekt Solnet 4.0 • in Baden-Württemberg durch das Projekt SolnetBW II • In Hamburg, Thüringen und der Steiermark durch das europäische Horizon 2020-Projekt SDHp2m Viele solare Wärmenetze in Deutschland und Österreich werden als Bioenergiedörfer realisiert. Eine wichtige Entwicklung war im Jahr 2016 auch die Umsetzung der Solarthermieanlage in Senftenberg, die aus rein wirtschaftlichem Interesse der Stadtwerke Senftenberg in das Fernwärmenetz integriert wurde. Was Sie auch vorhaben, die AnsprechpartnerInnen von AGFW, Hamburg Institut und Solites beraten gerne Ihr konkretes Projekt und informieren über weitere Initiativen (Kontakt: helpdesk@solare-waermenetze.de). www.solar-district-heating.eu Kontaktieren Sie uns und profitieren Sie von unserem starken nationalen und internationalen Netzwerk! Auf unserer Website finden Sie weitere hilfreiche Dokumente, Tools sowie aktuelle Informationen rund um das Themengebiet solare Wärmenetze. Mit unserer langjährigen Erfahrung können wir Sie bei Ihrem Projekt unterstützen! Besuchen Sie uns auf: www.solare-waermenetze.de Ihr Ansprechpartner: Impressum Herausgeber und Projektkoordinator: Solites - Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme Meitnerstr. 8, 70563 Stuttgart, Germany, info@solites.de, www.solites.de Mit Unterstützung der Projektpartner: Durchführende Landesregierungen: Beratende Partner: Unterstützung: Dieses Projekt wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union gefördert (Förderkennzeichen 691624) Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Fördermittelgeber wieder. Weder die Fördermittelgeber noch die AutorInnen übernehmen Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen. Bilderrechte: Anton Lang: Siegfried Gallhofer, Anja Siegesmund: photograph-erfurt.de, Eric Fournier: Juan Robert, Région Auvergne Rhône-Alpes, Solites, Ritter XL Solar, Jan-Olof Dalenbäck, SOLID, Gram Fjernwärme, Guido Bröer (Solarthemen)

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Montag, 1. Januar, 2018|

Erneuerbare Energien im Fernwärmenetz Hamburg II

1 Erneuerbare Energien im Fernwärmenetz Hamburg Teil 2: Transformationsstrategie Fernwärme Stand: 22. Dezember 2017 Christian Maaß (Autor) Dr. Matthias Sandrock (Projektleiter) 2 Inhalt 1 Aufgabenstellung............................................................................................................................. 3 2 Rahmenbedingungen der Transformation: Die Wärmeversorgung der Hamburger Gebäude ..... 5 2.1 Der Gebäudebestand .............................................................................................................. 5 2.2 Die Gebäude-Wärmeversorgung............................................................................................. 6 2.3 Das Fernwärmenetz ................................................................................................................ 8 2.4 Die Fernwärme-Erzeugung .................................................................................................... 10 2.5 Schlussfolgerungen................................................................................................................ 11 3 Ziele der Transformationsstrategie ............................................................................................... 12 3.1 Umsetzung des Volksentscheids ........................................................................................... 12 3.2 Klima- und Ressourcenschutz ................................................................................................ 13 3.3 Versorgungssicherheit ........................................................................................................... 14 3.4 Sozialverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Kostensicherheit ............................................. 15 3.5 Investitionssicherheit ............................................................................................................ 15 3.6 Effiziente und flexible Infrastrukturen .................................................................................. 15 3.7 Regionale Wertschöpfung ..................................................................................................... 16 3.8 Angemessene Berücksichtigung von Verbraucherinteressen ............................................... 16 3.9 Bürgerbeteiligung .................................................................................................................. 16 4 Der Weg zur Transformationsstrategie ......................................................................................... 17 5 Arbeitsthesen für die Transformationsstrategie ........................................................................... 20 5.1 Wärmesystem: Ausbau der Fernwärme? .............................................................................. 21 5.2 Erzeugung .............................................................................................................................. 23 5.3 Verteilung .............................................................................................................................. 28 5.4 Speicherung ........................................................................................................................... 30 5.5 Vertrieb.................................................................................................................................. 30 5.6 Kundenseitige Optimierung .................................................................................................. 32 6 Übersichten ................................................................................................................................... 34 7 Literaturverzeichnis ....................................................................................................................... 36 3 1 Aufgabenstellung Im Rahmen der Beauftragung einer Strategie zur Steigerung des Einsatzes Erneuerbarer Energien in der Fernwärme ist das Hamburg Institut neben den Lösungsansätzen zum Ersatz des HKW Wedel auch mit der Erstellung einer langfristigen Transformationsstrategie für die Hamburger Fernwärme beauftragt worden. Fernwärmenetze haben das Potenzial, die Klimaschutzziele im Gebäudesektor besonders kostengünstig zu erreichen, da sie die großtechnische Erschließung von erneuerbaren Energien ermöglichen. Sie sind ein potenzielles Schlüsselelement für eine sozialverträgliche Umsetzung der Energiewende im Wohnungssektor. Derzeit ist die Hamburger Fernwärme jedoch durch fossile Energien geprägt und in dieser Form nicht nachhaltig. Der Senator für Umwelt und Energie hat das Ziel ausgerufen, bis Mitte der 2020er Jahre die Hamburger Fernwärme ohne den besonders klimaschädlichen Brennstoff Kohle betreiben zu können. Neben der Aufgabe, die aktuell im Kohle-Heizkraftwerk Wedel produzierte Wärme klimafreundlich zu ersetzen, gerät damit die noch schwierigere Aufgabe in den Fokus, die Wärme aus dem größten Heizkraftwerk der Stadt in Tiefstack zu ersetzen. Dieses ist für die Produktion von etwa 2/3 der Hamburger Fernwärme verantwortlich. Eine Umstellung der Fernwärmeproduktion von Kohle auf Erdgas bringt zwar kurzfristig erhebliche Minderungen der CO2-Emissionen, bietet jedoch keine dauerhaft tragfähige Perspektive: Die Europäische Union, die Bundesregierung und der Senat verfolgen das Ziel, bis zum Jahr 2050 den Gebäudebestand weitgehend klimaneutral mit Energie zu versorgen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn sowohl in der Fernwärmeversorgung als auch in der dezentralen Gebäudebeheizung nicht nur auf Kohle verzichtet wird, sondern weitestgehend auch auf Erdgas und Erdöl. Die Aufgabe, die Wärmeversorgung innerhalb von rund 30 Jahren grundlegend zu verändern, erfordert einen tiefgreifenden technologischen Wandel des Energiesystems. Ein solcher tiefgreifender Veränderungsprozess kann nur innerhalb eines von der Politik vorgegebenen kohärenten, rechtlich-wirtschaftlichen Rahmens zum Erfolg geführt werden. Die Ausrichtung des Transformationsprozesses für die Fernwärme hängt dabei stark von den Entwicklungen des Energiesystems im Stromsektor sowie bei der Entwicklung des Energiebedarfs im Gebäudesektor ab. Die Transformationsstrategie für die Fernwärme kann daher nicht losgelöst von den Entwicklungen und Zielen in diesen Sektoren entwickelt werden. Der Fernwärme-Transformationsprozess muss daher in eine gesamtstädtische langfristige Strategie für die Wärmeversorgung eingebettet werden, welche wiederum mit den Entwicklungen der Energiewende auf bundesdeutscher und europäischer Ebene rückgekoppelt werden muss. Dabei müssen verschiedene Weichenstellungen vorgenommen werden. Diese betreffen vor allem die zukünftige Rollen der netzgebundenen Wärmeversorgung und der dezentralen Wärmeerzeugung auf Gebäudeebene – aber auch die Rolle der Energieeffizienz. Erst wenn hinreichender Sicherheit abgeschätzt werden kann, in welchen Bereichen der Stadt auch in Zukunft ein hinreichend hoher Wärmebedarf vorhanden sein wird und inwieweit dieser nicht dezentral oder durch Strom gedeckt wird, kann sinnvoll über den Aus- und Umbau der Fernwärme diskutiert werden. Erst nachdem diese grundlegenden Fragen nach der zukünftigen Rolle der Fernwärme in Hamburg geklärt sind, können die sich hieran anschließenden operativen Fragen des technologischen Strukturwandels abschließend beantwortet werden. Hierzu gehören insbesondere die Fragen nach 4 der zukünftigen Erzeugung der erneuerbaren Fernwärme, dem nötigen Umbau der Wärmenetz-Infrastruktur und der kundenseitigen Anlagen.1 Die Beantwortung der Frage nach der grundlegenden Rolle der Fernwärme und der daraus folgenden operativen Fragen kann nicht in diesem Kurzgutachten erfolgen, sondern muss einem umfassenden Klärungsprozess überlassen bleiben. Dieser Klärungsprozess geht weit über rein fachliche Fragen hinaus und erfordert eine Reihe weitgehender politisch-gesellschaftliche Entscheidungen. Wir verstehen die Aufgabe der Entwicklung einer Transformationsstrategie Fernwärme daher auch als Frage nach der Entwicklung eines übergeordneten Klärungsprozesses, der es der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) ermöglicht, die zukünftige Rolle der Fernwärme zu definieren und hierauf aufbauend den notwendigen technisch-ökologischen Strukturwandel in der Hamburger Wärmeversorgung initiieren und steuern zu können. In Vorbereitung eines solchen Klärungsprozesses werden in dieser Kurzstudie Arbeitsthesen aufgestellt, in welche Richtung der Transformationspfad der Hamburger Wärmeversorgung und des Fernwärmesystems aus Sicht des Hamburg Instituts aus heutiger Sicht gesteuert werden sollte. Diese Thesen sind nicht als Vorwegnahme des Klärungsprozesses gedacht, sondern sollen in einem solchen Prozess zur Diskussion gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist das Ziel dieses Papiers, herauszuarbeiten,  von welcher die energie- und wohnungswirtschaftliche Ausgangssituation der Transformationsprozess ausgeht (unten 2.),  welche Rahmenbedingungen und Leitlinien für den dargelegten gesamtstädtischen planungs- und Klärungsprozess zu beachten sind (3.),  wie der Planungsprozess ausgestaltet werden könnte (4.),  welche inhaltlichen Arbeitsthesen zur zukünftigen Transformation der Fernwärme aus Sicht der Gutachter dem Planungsprozess zugrunde gelegt werden sollten (5.); die sich hieraus ergebenden Ansätze werden in zwei zusammenfassenden Übersichten dargestellt (6.). 1 Einige der im Auftrag des BUND Hamburg erarbeiteten Aspekte aus den Gutachten von LBD / Hamburg Institut „Rekommunalisierung der Hamburger Fernwärmeversorgung“ (http://www.hamburg-institut.com/images/pdf/studien/BUND%20Fernwaerme%20Hamburg_Endstand.pdf , 2013) sowie „Ökologisch-soziale Wärmepolitik für Hamburg“ (http://www.hamburg-institut.com/images/pdf/studien/150529_oekologisch-soziale_Waerme_BUND_HH.pdf, 2013) werden im Folgenden punktuell aufgegriffen und weiterentwickelt. 5 2 Rahmenbedingungen der Transformation: Die Wärmeversorgung der Hamburger Gebäude 2.1 Der Gebäudebestand Die beheizte Gebäudefläche in Hamburg beträgt insgesamt ca. 125 Mio. m². Davon entfallen etwas mehr als die Hälfte (64 Mio. m²) auf Wohngebäude. Darunter sind 30 Mio. m² große Mehrfamilienhäuser und je etwa 17 Mio. m² kleine Mehrfamilienhäuser und Einfamilienhäuser. Bei den Nicht-Wohngebäuden entfallen 50 Mio. m² auf große Immobilien (> 1.000 m²).2 Im Jahr 2010 bestand ein Gebäudewärmedarf von knapp 15 Mio. MWh/a. Etwa ein Drittel davon entfiel auf große Nichtwohngebäude, jeweils etwa 20% wurden in Einfamilienhäusern und großen Mehrfamilienhäusern benötigt. Gebäudeart Heizwärme- und Warmwasserbedarf 2010 [MWh/a] Einfamilienhaus 3.185.888 Mehrfamilienhaus klein 2.085.352 Mehrfamilienhaus groß 3.210.674 Nichtwohngebäude klein (<500 m²) 221.531 Nichtwohngebäude groß (500 – 1.000 m²) 1.304.608 Nichtwohngebäude groß (>1.000 m²) 4.935.547 Summe 14.916.601 Tabelle 1: Wärmebedarf für Wohn- und Nichtwohngebäude in Hamburg 20103 Der Energiekennwert für Wohngebäude liegt im Durchschnitt bei rund 140 kWh/m2/a, wobei es zwischen den Bezirken erhebliche Unterschiede gibt.4 Ursächlich hierfür sind zwei Faktoren: Je höher der Anteil von Ein- und Zweifamilienhäusern ist, desto höher ist der spezifische Wärmebedarf. Hingegen führt ein hoher Anteil von neuen Gebäuden zu spezifisch niedrigeren Wärmebedarfen. Die bisherige jährliche Sanierungsrate in Hamburg beträgt laut Schätzungen von Ecofys (2010) bei rund 1% Vollsanierungen sowie 0,8% Teilsanierungen p.a.5 Die FHH nennt in der Drucksache 20/11772 eine Sanierungsquote von 1,2 %.6 Der Hamburger Senat strebt für den Gebäudesektor bis zum Jahr 2050 einen jährlichen Endenergiebedarf (Heizung und Warmwasser) bei bestehenden Mehrfamilienhäusern im Bestand von durchschnittlich 40–45 kWh/m² und bei Einfamilienhäusern von 45–55 kWh/m² an.7 Bei Nichtwohngebäuden wird eine Minderung des Wärmebedarfs um 50 Prozent angestrebt. 2 Vgl. Ecofys (2010), S. 33. 3 Nach Ecofys (2010), S. 38. 4 Vgl. Ecofys (2014), S. 19. 5 Vgl. Ecofys (2010), S. 37. 6 kritisch hierzu Rabenstein (2014), S. 18. 7 Hamburger Klimaplan, Bürgerschaftsdrucksache 21/2521, S. 3 und 8. 6 Die somit angestrebte Reduzierung des spezifischen Wärmebeddarfs der Gebäude um etwa 2/3 wird mit dem bestehenden Sanierungstempo drastisch verfehlt werden. Es erscheint zunehmend zweifelhaft, ob die zur Zielerreichung nötige Vervielfachung der Sanierngstiefe und –geschwindigkeit realistisch ist: Bislang sind hierfür weder die erforderlichen politischen Instrumente noch die erforderlichen finanziellen Ressourcen erkennbar. Ohne ein – bislang nicht erkennbares – ganz erhebliches Umsteuern zur Veränderung der Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene läuft der bestehende Entwicklungstrend auf eine quantitativ deutlich signifikante Nichterfüllung der Effizienzziele im Gebäudebereich hinaus. Gleichzeitig wächst der Gebäudebestand durch neue Gebäude, insbesondere zur Bereitstellung der vom Senat angestrebten 10.000 neuen Wohnngen pro Jahr, jedoch auch im Bereich der Nicht-Wohngebäude. Trotz steigender Anforderungen an die Energieeffizienz weisen diese Gebäude nach wie vor einen relevanten Energiebedarf auf, der noch immer überwiegend durch fossile Brennstoffe gedeckt wird. Nicht immer wird auch bei den heute neu gebauten Gebäuden der für 2050 angestrebte niedrige Wärmebedarf gedeckt – eine energetische Sanierung dieser neu gebauten Gebäude innerhalb der nächsten Jahrzehnte ist gleichwohl nicht zu erwarten. 2.2 Die Gebäude--Wärmeversorgung Die Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser bildet mit Abstand den größten Teil des Energiemarktes in Hamburg: 8 Von ca. 48 TWh Endenergie, die im Jahr 2015 in Hamburg verbraucht wurden, entfielen etwa 19,12 TWh (ca. 40%) auf den Wärmebereich. Dabei wurden 12,1 TWh Erdgas, 2,5 TWh Heizöl und 4,3 TWh Fernwärme verbraucht. Etwas weniger als die Hälfte der Gesamtwärmemenge wurde in den Hamburger Haushalten verbraucht. Die Wärmeenergie für Prozesswärme in Betrieben sowie die Versorgung von gewerblich genutzten Gebäuden ist daher ebenso bedeutsam wie die Versorgung von Wohngebäuden. Prozessenergie hat meist jedoch höhere Anforderungen an das Temperaturniveau als mit der regulären Fernwärme über Warmwassernetze bereitgestellt werden kann, so dass dieser Teil gesondert betrachtet werden muss und im Rahmen dieses Kurzgutachtens nicht weiter untersucht werden kann. Für die Haushalte beansprucht Wärme mit über 70% (2011) den mit Abstand größten Teil des Energieverbrauchs.9 Bei der Beheizung und Warmwasser-Bereitstellung für Wohngebäude dominieren fossile Energien: Hier entfielen 5,6 TWh auf Erdgas, 1,6 TWh auf Heizöl und 2,2 TWh auf Fernwärme. Auch in der CO2-Bilanz schlägt sich der Wärmesektor stark nieder: Im Jahr 2015 wurden in Hamburg energiebedingt ca. 17,3 Mio. t CO2 ausgestoßen, etwa ein Drittel entfällt auf den Wärmebereich. Es wurden etwa 2,8 Mio. t CO2 durch den Einsatz von Erdgas emittiert. 1,5 Mio. t entfallen auf die Fernwärme und etwa 0,6 Mio. t auf Heizöl. Im Jahr 2015 war Wärme für mehr als die Hälfte der auf Haushaltsebene entstehenden CO2-Emissionen verantwortlich.10 8 Zum Folgenden: Energiebilanz und CO2-Bilanzen für Hamburg 2015, Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein (2017). 9 Vgl. Arrhenius (2010), S. 13ff. 10 Vgl. Energiebilanz und CO2-Bilanzen für Hamburg 2015, Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein (2017). 7 Abbildung 1: Anteile der Energieträger an der CO2-Bilanz 2015 von Haushalten, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und übrigen Verbrauchern (ohne Stromverbrauch, ohne Verkehr, ohne Industrie), Daten nach 11 11 Energiebilanz und CO2-Bilanzen für Hamburg 2015, Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein (2017). Kohle 0,3% Gase 48,1% Mineralöl 17,1% Fernwärme 34,5% CO2-Bilanz Hamburg 2015 Wärmeanwendungen Haushalte /GHD 8 2.3 Das Fernwärmenetz Die Fernwärmeversorger liefern etwa 25% des Hamburger Wärmebedarfs für Wohn- und Nichtwohngebäude,12 während drei Viertel des Wärmebedarfs über erdgas- und heizölbefeuerte Zentralheizungen gedeckt werden. Im bundesdeutschen Vergleich der Großstädte dürfte dies eine ansehnlicher Marktanteil sein, im Vergleich zu skandinavischen Großstädten ist dieser Wert hingegen niedrig.13 Das von Vattenfall Wärme Hamburg (VWH) betriebene Fernwärmenetz ist mit mehr als 450.000 angeschlossenen Nutzeinheiten das zweitgrößte Fernwärmenetz Deutschlands. Abbildung 2: Fernwärmenetzkarte VWH (Ausschnitt)14 Daneben existieren zahlreiche, teilweise deutlich kleinere Wärmenetze in Hamburg. Einige dieser Wärmenetze gehören ebenfalls der VWH, die nächstgrößeren Wärmenetze im Hamburger Nordosten und Nordwesten gehören zum e.on-Konzern (Hansewerk Natur). Die Transformation dieser Wärmenetze ist jedoch nicht Gegenstand dieses Gutachtens, welches sich vornehmlich auf das VWH-Wärmenetz bezieht. Etwa die Hälfte der von Wärmenetzen erschlossenen Gebäude sind Gewerbegebäude, einschließlich der zahlreichen Gebäude im Eigentum FHH (Schulen, Verwaltungsgebäude, Hochschulen, etc.). Nach der Erfassung der Beheizungsstruktur im Rahmen des Mikrozensus 2011 werden in der FHH 12 Vgl. Arrhenius (2010), S. 71. 13 In dänischen und schwedischen Großstädten liegt der Marktanteil der Fernwärme regelmäßig deutlich über 50%, s. Nachweise zu einzelnen Städten unten. 14 http://www.vattenfall.de/de/file/VWH_Netzkarte_Hamburg_26486980.pdf. 9 insgesamt 258.376 Wohnungen mit Fernwärme beheizt.15 Der von der Vattenfall-Fernwärme versorgte Anteil wird auf etwa 200.000 Wohnungen geschätzt.16 Die Fernwärme-Abnahmestruktur ist von einer hohen Wärmedichte geprägt. Der Leistungswert beträgt 4,0 MW je km Trasse, was der zweithöchste Wert im Bundesländervergleich. ist 17 Betrachtet man den Anteil der Gebäude mit Fernwärmeanschluss, ergeben sich je nach Bezirk unterschiedliche Werte, die in Hamburg-Mitte und Hamburg-Nord Werte über 20% aufweisen.18 Diese Werte geben jedoch keinen Aufschluss über den tatsächlichen Anschlussgrad an das Fernwärmenetz in den vom Wärmenetz erschlossenen Gebieten. Aus einigen Quartierskonzepten kann der Rückschluss gezogen werden, dass es innerhalb der vom Fernwärmenetz erschlossenen Gebiete viele Gebäude noch nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen sind. Nachgewiesen wurde dies insbesondere in den Quartierskonzepten Eimsbüttel19 und Dulsberg20. In Dulsberg beträgt der Anschlussgrad ca. 65%, in Eimsbüttel hingegen sind im Untersuchungsgebiet ganze Straßenzüge nicht von der Fernwärme versorgt. Des Weiteren gibt es dicht besiedelte Stadteile wie Ottensen, die zwar innerhalb des Fernwärmeversorgungsgebiets liegen, jedoch nur ein leistungsarmes Verteilnetz aufweisen und damit quantitativ relevante zusätzliche potenzielle Wärmesenken für die Fernwärme darstellen. Darüber hinaus liegen in den Randbereichen des Fernwärmenetzes zahlreiche wachsende Stadtteile. Dies betrifft sowohl Stadtteile in der Planungsregion Hamburg-Ost („Stromaufwärts an Elbe und Bille“) wie Rothenburgsort, aber auch andere Stadtteile wie z.B. Lokstedt, Langenfelde, Bahrenfeld, Bramfeld und Alsterdorf, die bislang nicht oder nur rudimentär mit Fernwärme versorgt werden. Es bietet sich an, die in diesen Vierteln geplanten größeren Neubauvorhaben mit Fernwärme zu erschließen. Zur Versorgung dieser Gebiete bedürfte es teilweise jedoch erheblicher Investitionen, die nicht nur die Verlegung neuer Verteilnetze, sondern ggf. auch die Verstärkung der bestehenden Transportnetze erfordern. Im Zuge des seit mehreren Jahrzehnten andauernden Ausbaus des Netzgebietes in die nördlichen Stadtteile sind die ursprünglich für geringere Leistungen ausgelegten Wärmetransportleitungen von den Erzeugungsanlagen bereits stark ausgelastet. Um weitere Verbraucher anschließen zu können, wurde bereits in den 1970er Jahren die Heizwassersystemtemperatur auf 136°C im Vorlauf im Winter erhöht.21 Die weitere Ausdehnung und Verdichtung des Fernwärmenetzes kann daher in einigen Stadteilen nur parallel mit einer Verstärkung der Wärmetransportleitungen erfolgen, wie sie seit einigen Jahren in Altona vorgenommen werden. Hervorzuheben ist ebenfalls, dass die Stadtviertel entlang der Fernwärmetransportleistung von Wedel in die innere Stadt bislang kaum von der Fernwärme versorgt werden. Auch wenn die Wärmedichte in diesen Gebieten in der Regel deutlich geringer ist als in den innerstädtischen Siedlungsbereichen und die spezifischen Kosten für den Aufbau einer netzbasierten Wärmeversorgung damit höher sind, ist der Aufbau von Wärmenetzen eine mittel- bis langfristig 15 https://ergebnisse.zensus2011.de. 16 LBD/Hamburg Institut, S. 20. 17 AGFW-Hauptbericht 2010, Frankfurt 2012 18 Vgl. Ecofys (2014), S. 21ff. 19 http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/energetisches-konzept-fuer-das-quartier-eimsbuettel, S. 37 ff., 66 ff. 20 http://www.hamburg.de/contentblob/4497132/e75c35aa48b70e5225e60f51663c46c7/data/dl-energiekonzept-hamburg-dulsberg.pdf 21 Dieter Dommann: Die Fernwärme- und Fernkälteversorgung in der Freien und Hansestadt Hamburg, Hrsg. HEW 1994, S. 21 ff; Bürgerschaftsdrucksache 19/6387 (Parlamentsdatenbank der Hamburgischen Bürgerschaft) 10 denkbare Option. In vielen skandinavischen Großstädten – beispielsweise Kopenhagen,22 Göteborg23 und Stockholm - werden Stadtviertel mit einer ähnlichen Siedlungsstruktur bereits heute zu moderaten Kosten mit Fernwärme versorgt. 2.4 Die Fernwärme--Erzeugung Die Erzeugung der Fernwärme erfolgt in zwei Heizkraftwerken, fünf Heizwerken und acht Blockheizkraftwerken, 24 wobei jedoch 99% der Wärmearbeit von fünf Anlagen erbracht wird. Die Anteile der Erzeugungsanlagen an der Wärmebereitstellung für das innerstädtische Fernwärmenetz zeigt folgendes Bild: Abbildung 3: Anteile der Fernwärmeerzeugung in Hamburg Quelle: LBD/Hamburg Institut, S. 21. Die Bereitstellung der Vattenfall-Fernwärme basiert somit nur auf wenigen zentralen Anlagen an den Standorten Tiefstack, Wedel sowie den Abfallverbrennungsanlagen im Hamburger Osten. Der Brennstoffeinsatz in der Hamburger Fernwärme ist durch den mit rund 68% sehr hohen Anteil an Steinkohle gekennzeichnet. 25 Durch den als biogen klassifizierten Anteil am Siedlungsabfall (MVB) liegt hier der Anteil erneuerbarer Energien bei etwa 8%.26 Aufbauend auf den Empfehlungen des Gutachtens zum Ersatz des Kraftwerks Wedel27 soll zukünftig Fernwärme überwiegend aus regenerativen Energien und industrieller Abwärme auch am Standort Hafen in relevanten Größenordnungen erzeugt und über eine Anschlussleitung unter der Elbe nach 22 In Kopenhagen werden 55% des gesamten Wärmebedarfs über Fernwärme geliefert, http://www.hofor.dk/wp-content/uploads/2016/09/district_heating_in_cph.pdf. Hierunter sind auch zahlreiche Viertel außerhalb des verdichteten innerstädtischen Bereichs und Vororte außerhalb der Stadtgrenzen mit einer moderaten Siedlungsdichte. 23 https://grist.files.wordpress.com/2010/09/gothenburg,_sweden_i-district_energy_climate_award.pdf, S. 11: 60% aller Einwohner werden mit Fernwärme versorgt, darunter 90% aller Mehrfamilien und Gewerbegebäude sowie 20% der Ein- und Zweifamilienhäuser. 24 http://www.vattenfall.de/de/fernwaerme-fuer-berlin-und-hamburg.htm, Abruf am 1.7.2013 25 Vgl. zum Einsparungspotenzial bei einem Brennstoffwechsel von Kohle zu Erdgas Arrhenius Institut, Basisgutachten zum Masterplan Klimaschutz für Hamburg, 2010,. http://www.hamburg.de/contentblob/4312988/d35ac390ff234478e818023286d2a2b4/data/basisgutachten-masterplan-klimaschutz.pdf 26 LBD/Hamburg Institut, Rekommunalisierung der Hamburger Fernwärmeversorgung, Endfassung vom 5. September 2013, S. 36 f.; nicht berücksichtigt ist hierbei die Industriedampfversorgung im Hafen aus der Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm. 27 Hamburg Institut, Erneuerbare Energien im Fernwärmenetz Hamburg, 2016. HKW Wedel 29% MVB/AVG 20% HKW Tiefstack 36% GuD Tiefstack 12% HKW HafenCity 3% Anteile der Fernwärmeerzeugung 11 Norden geleitet werden. Daneben wird der Standort Stellingen mit verschiedenen Abfallverwertungsanlagen zu einem größeren Standort zur Erzeugung von Fernwärme ausgebaut. 2.5 Schlussfolgerungen  Der Gebäudebestand weist in Hamburg noch immer einen hohen Wärmebedarf auf. Selbst wenn die Sanierungsrate und –tiefe zukünftig gesteigert werden kann, wird – bereits durch den Zubau von neuen Gebäuden innerhalb des Siedlungsbereichs – auch mittel- und langfristig ein hoher Wärmebedarf verbleiben.  Bislang spielen die erneuerbaren Energien sowohl in der dezentralen Wärmeerzeugung als auch im Fernwärmesystem eine nur untergeordnete Rolle.  Die energetische Sanierung der Gebäude und die damit verbundene Verringerung des Fernwärmeabsatzes führen zwar strukturell zu einer Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit der Fernwärme, jedoch wird dieser Effekt durch den von der Verbrauchsmenge unabhängigen Grundpreis-Anteil begrenzt. Zudem gibt es innerhalb des Fernwärmeversorgungsgebiets deutliche Potenziale zur Steigerung des Anschlussgrads. Ein Rückgang des spezifischen Wärmebedarfs pro Gebäude kann daher grundsätzlich durch Neuerschließungen und Verdichtung der Fernwärmenetze entgegengewirkt werden.  Zur Realisierung einer höheren Anschlussquote sind jedoch erhebliche Investitionen in neue Leitungen sowie teilweise auch für das Bestandsnetz (Transportleitungen) notwendig.  In den Randbereichen des heutigen Fernwärmenetzes besteht das Potenzial, wachsende Stadteile mit einer hinreichend hohen Wärmedichte neu mit Fernwärme zu erschließen.  Für den Transformationsprozess in Richtung erneuerbarer Energien bedeutet der pro Gebäude sinkende Absatzrückgang sowie die kostenaufwändige Erschließung neuer Stadtteile ein Auslastungs- und Finanzierungsrisiko, welches nur durch eine aktive Steuerung des Transformationsprozesses reduziert werden kann. 12 3 Ziele der Transformationsstrategie Jeder Prozess zur Formulierung einer Strategie zur Transformation der Fernwärme muss sich am Anfang die Frage stellen, was mit dem Prozess bewirkt werden soll. Die Zieldefinition des Transformationsprozesses ist dabei keine einfache Aufgabe: Neben dem primären Ziel einer Umstellung der Fernwärme auf Erneuerbare Energien gilt es eine Reihe weiterer gesellschaftlicher Anforderungen an die zukünftige Wärmeversorgung zu berücksichtigen. Eine große Herausforderung besteht darin, den Transformationsprozess der urbanen Wärmeversorgung zu erneuerbaren Energien in die grundlegenden Ziele einer vorausschauenden kommunalen Wärmepolitik zu integrieren. Dabei müssen verschiedene energiewirtschaftliche und kommunalpolitische Ziele miteinander in Einklang gebracht werden. Die Gewichtung der teils gegenläufigen Interessen ist wiederum dem vorgeschlagenen gesellschaftlich-politischen Klärungsprozess vorbehalten, der im Anschluss näher dargestellt wird. 3.1 Umsetzung des Volksentscheids Die Verfassungsorgane der FHH sind durch den Volksentscheid daran gebunden, „alle erforderlichen und zulässigen Schritte zu unternehmen, um die Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze 2015 wieder vollständig in die Öffentliche Hand zu übernehmen. Verbindliches Ziel ist eine sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung aus erneuerbaren Energien.“ Aus dem Auftrag des Volksentscheides folgt, dass die Energie-Infrastrukturen für eine sozial gerechte und klimaverträgliche Energiepolitik genutzt werden sollen. Während das Strom- und Gasnetz bundesrechtlich stark reguliert sind und dies die Handlungsspielräume dieser Netzbetreiber deutlich einschränkt, verfügen die Eigentümer und Betreiber von Wärmenetzen über weitgehende Autonomie in ihren Entscheidungen zum Umbau der Infrastruktur zur Wärmeerzeugung und –verteilung. Hieraus ergeben sich erhebliche Spielräume für die Bewirtschaftung des Netzes im Sinne der Ziele des Volksentscheides. Die mangelnde Sicherheit im Hinblick auf die Rolle der Fernwärme in der zukünftigen Wärmever-sorgung hat erhebliche Auswirkungen auf den Unternehmenswert der VWH als Betreiber der Fernwärme – und damit auf die Umsetzung des Volksentscheides zur Rekommunalisierung des Fernwärmenetzes. Die Ausübung des vertraglich bestehenden Optionsrechts zum Erwerb der verbleibenden 74,9% VWH-Anteile durch die Stadt wird maßgeblich dadurch in Frage gestellt, dass der hierfür vereinbarte Mindestpreis im Rahmen einer Unternehmensbewertung nicht erreicht werden könnte. Eine klare Ausbaustrategie für die Fernwärme hätte erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmens-bewertung. Je unklarer ist, ob der Fernwärmeabsatz in Zukunft stagniert, zurückgeht oder steigt, desto schwieriger wird die Bewertung des Unternehmenswertes. Investoren müssen in einer solchen Situation Risiken einkalkulieren, dass bei mangelnder Unterstützung der Stadt der Fernwärmeabsatz infolge zunehmender Sanierung und mangelnder Erschließung neuer Versorgungsgebiete stagniert oder sogar zurückgeht. Dies schlägt sich in der Bewertung des Unternehmenswertes nieder. Der Wert des Fernwärmenetzes liegt somit ganz wesentlich in der Hand der Stadt. Genauso wie der Aufbau des Hamburger Fernwärmenetzes durch die seinerzeitige HEW war nur möglich war aufgrund einer langfristig angelegten und mit hohen Summen finanziell hinterlegten Strategie der FHH und seiner öffentlichen Unternehmen, ist auch der weitere Ausbau dieses Netzes nur mit Unterstützung der Stadt denkbar. 13 3.2 Klima-- und Ressourcenschutz Klima- und Ressourcenschutz ist eine der zentralen Zielsetzungen für eine zukunftsorientierte Energiestrategie. Die Klimaschutzziele sind nur zu erfüllen, wenn die Transformation der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien und eine gleichzeitige deutliche Energieeinsparung gelingt. Dies gilt insbesondere für das Ziel der Bundesregierung und des Senats,28 bis zum Jahr 2050 den dann vorhandenen Gebäudebestand nahezu klimaneutral mit Energie zu versorgen. Dieses Ziel stellt einen ganz zentralen Baustein des Masterplans Klimaschutz der Bundesregierung dar und wird daher als unverrückbare Voraussetzung angenommen. Nach den Szenarien der „Energieeffizienzstrategie Gebäude“29 des BMWi sind zur Erreichung eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes auf Bundesebene nicht nur erhebliche zusätzliche Anstrengungen bei der Gebäudesanierung nötig, sondern auch dramatische Steigerungen der Anteile erneuerbarer Energien. Bei einer Halbierung des Energiebedarfs bis 2050 wäre gleichzeitig eine Verfünffachung des EE-Anteils erforderlich (auf ca. 60%). Abbildung 4: Möglicher Zielkorridor aus Energieeinsparung und Umstellung auf erneuerbare Energien im Gebäudesektor30 Ohne eine erhebliche Steigerung der politischen Anstrengungen dürfte jedoch bereits eine Halbierung des Energiebedarfs gegenüber dem heutigen Bedarf kaum zu erreichen sein.31 Nach einer Studie für das seinerzeitige BMVBS zur Erreichung der Klimaschutzziele im Wohngebäudesektor32 könne dies nur gelingen, wenn die Schnelligkeit der energetischen Modernisierung des Gebäudebestandes in etwa verdreifacht wird und gleichzeitig die Qualität der Wärmeschutzmaßnahmen deutlich erhöht wird. Die im Ergänzungsgutachten von Ecofys zum Masterplan Klimaschutz im „Referenzszenario“33 angenommene Halbierung des Energiebedarfs der Wohngebäude in Hamburg bis zum Jahr 2050 (gegenüber 2010) und die hierauf gegründete entsprechende Einschätzung des Senats34 ist vor 28 Hamburger Klimaplan (2015), Bürgerschaftsdrucksache 21/2521, S. 28. 29 BMWi (2014b), S. 10ff. 30 BMWi (2014b), S. 10. 31 Vgl. z.B. Shell BDH (2013), S. 4. 32 Vgl. BMVBS (2013), S. 6. 33 Vgl. Ecofys (2010), S. 37. 34 Vgl. Zwischenbericht Wärmekonzept für Hamburg (2014) , Bügerschaftsdrucksache 20/11772. 14 diesem Hintergrund als optimistisch zu bewerten;35 dies gilt umso mehr für die im Klimaschutzplan von 2015 angestrebte Reduzierung des Heiz- und Warmwasserbedarfs um etwa 2/3 bis 2050. Vor diesem Hintergrund rückt eine Verstärkung der Integration der Erneuerbaren Energien in den Gebäudesektor in den Vordergrund: Andere Szenarien wollen die Klimaschutzziele stärker über eine forcierte Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmesektor erreichen.36 Das Fraunhofer ISE kommt in seinem Szenario für eine 100%ige Versorgung des gesamten Energiesektors aus erneuerbaren Energien zu dem Ergebnis, dass die volkswirtschaftlich kostengünstigste Variante einer erneuerbaren Vollversorgung im Strom- und Wärmesektor bei einer energetischen Gebäudesanierung auf 65% des heutigen Wertes für den Heizenergiebedarf des gesamten Gebäudesektors liegt, d.h. die erforderliche Einsparung über Effizienzmaßnahmen liegt bei 35%.37 Für eine Großstadt wie Hamburg können diese für die gesamte Bundesrepublik ermittelten Werte abweichen, jedoch liegen bislang keine entsprechenden Modellrechnungen für Hamburg vor. Es kann jedoch festgehalten werden, dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass das vom Senat angestrebte Niveau eines Heiz- und Warmwasserbedarfs von 40-45 kWh/m2 für Mehrfamilienhäuser und 45-55 kWh/m2 bis zum Jahr 2050  weder bei Fortschreibung der bisherigen Entwicklung, noch bei einer deutlichen Ausweitung der Sanierungstätigkeit realistisch erscheint, und  diese Sanierungsziele im Vergleich zu einer Strategie zur Dekarbonisierung und Ausweitung der Fernwärme möglicherweise nicht kosteneffizient sind. Dieser Befund darf jedoch nicht in einer Weise missverstanden werden, dass damit eine Steigerung der Energieeffizienz der Gebäude obsolet würde. Selbst ein vermindertes Reduzierungsziel für den Heizungs- und Warmwasserbedarf von „nur“ 40% oder 50% wäre lediglich mit einer Steigerung der Sanierungsrate und –tiefe gegenüber dem heutigen Stand erreichbar. 3.3 Versorgungssicherheit Unsere Gesellschaft ist auf ein jederzeit verlässliches Energiesystem angewiesen, die Wärmeversorgung der Gebäude und Betriebe muss jederzeit sichergestellt sein. Für die Versorgungssicherheit ist die derzeit hohe Abhängigkeit vom Import fossiler Energieträger nachteilig. Mit einer langfristigen Umstellung auf heimische erneuerbare Energieträger steigt auch die Versorgungssicherheit. Mit der Umstellung auf Erneuerbare Energieträger ergeben sich jedoch auch Herausforderungen für die Versorgungssicherheit: Die Wärmeversorgung muss auch dann gewährleistet werden, wenn fluktuierende Erneuerbare Energien wetterbedingt nicht erzeugt werden können. Durch den Wegfall von fossilen Energien als leicht und kostengünstig zu bevorratende Energieträge ergeben sich daher erhebliche Herausforderungen für die Speicherung der Energie. 35 Zutreffend Rabenstein 2014, S. 16ff. 36 Für Mehrfamilienhäuser vgl. GdW (2013) in dessen Szenario die Klimaziele stark durch eine Dekarbonisierung der Fernwärme erreicht werden. 37 Vgl. Fraunhofer Institut für solare Energieysteme (ISE) (2012). 15 3.4 Sozialverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Kostensicherheit Energie muss für Verbraucher und Gesellschaft auch langfristig bezahlbar bleiben. Durch den Ausbau erneuerbarer Energien wird die Wärmeversorgung von den volatilen Märkten fossiler Brennstoffe zunehmend entkoppelt. Die Wärmekosten werden dann vor allen durch die – gut kalkulierbaren – Investitionen in die Erzeugungs- und Verteilanlagen bestimmt. Für Investoren ist diese Planungssicherheit ein erheblicher Vorteil. Die sich dadurch ergebenden Kosten werden voraussichtlich jedoch – abhängig vom jeweiligen Preis- und Abgabenniveau fossiler Brennstoffe – höher liegen als die Kosten für die aktuelle, fossile Wärmeversorgung. Der Übergang zu erneuerbaren Energieträgern muss daher auf sozialverträgliche Weise ausgestaltet werden. Die Erreichung der Klimaschutzziele für den Gebäudesektor ist in jedem Fall mit Kosten verbunden. Im Interesse der Gebäudenutzer, welche letztlich für diese Kosten aufkommen müssen, müssen diese Kosten so niedrig wie möglich gehalten werden. Wie bereits oben dargestellt, sind Wärmenetze hierfür potenziell besonders geeignet: Mit Wärmenetzen können große, kostengünstige und klimafreundliche Wärmequellen erschlossen werden, was aufgrund der Skaleneffekte strukturell günstiger ist als die kleinteilige Wärmeerzeugung auf Gebäudeebene. Je höher der Anteil der Erneuerbaren Energien im Wärmenetz ist, desto geringer ist zudem der Druck, den Gebäudebestand sehr schnell und sehr anspruchsvoll energetisch zu sanieren, um die Klimaschutzziele im Gebäudesektor zu erreichen. Auch hierdurch können Kostenvorteile entstehen. Daher gilt es, spezifisch für alle Standorte im Stadtgebiet die jeweils kostengünstigsten Möglichkeiten zur Erreichung eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes zu identifizieren und umzusetzen. Speziell für das Hamburger Wärmenetz sollten daher die lokal verfügbaren Ressourcen für kostengünstige Erneuerbarer Wärmeproduktion systematisch erfasst und entwickelt werden. 3.5 Investitionssicherheit Ohne einen möglichst breit akzeptierte städtische Strategie zu den entscheidenden Weichenstellungen, wie zukünftig die Wärmeversorgung Hamburgs umgesetzt wird, kann keine langfristig angelegte Strategie zur Transformation der Fernwärme formuliert werden. Jede Fernwärme-Transformationsstrategie müsste „auf Sicht“ fahren, d.h. es könnten keine langfristig ausgerichteten Investitionen getätigt werden. Das Fernwärmegeschäft ist besonders investitionsintensiv und langfristig angelegt, fehlende Sicherheit in Bezug auf die langfristige Wirtschaftlichkeit der Investitionen in neue Netz- und Erzeugungsinfrastruktur führt zwangsläufig zur Unterlassung solcher Investitionen. Je höher hingegen die Sicherheit für das Fernwärmeunternehmen ist, dass sich Zukunfts-Investitionen in die Fernwärme in den kommenden Jahrzehnten langfristig auszahlen, desto größer ist die Bereitschaft, diese Investitionen zu tätigen. 3.6 Effiziente und flexible Infrastrukturen Vor dem Hintergrund des rasanten Wandels im Energiemarkt ist es wichtig, bei anstehenden Investitionen auf eine hohe Flexibilität für sich verändernde Märkte und neue Technologien zu achten. Die Integration erneuerbarer Energien in das Energiesystem erfordert eine stärkere Verzahnung von Strom- und Wärmemarkt. Wärmenetze bieten hier große Potenziale und weisen zudem eine hohe Flexibilität zur Einbindung künftiger Wärmeerzeugungstechnologien auf. Vor 16 diesem Hintergrund muss die kommunale Wärmepolitik zunehmend auch als planerische Aufgabe interpretiert werden, die Infrastrukturpolitik und Stadtplanung verzahnt und die systematisch (z.B. mit digitalen Wärmebedarfskarten wie in Bielefeld) nach wirtschaftlichen Ausbaumöglichkeiten für Wärmenetze sucht. 3.7 Regionale Wertschöpfung Für die Wärmeversorgung der Stadt werden jedes Jahr hohe Summen für den Import fossiler Energien ausgegeben. Mit dem Transfer dieses Geldes in die Erdöl, Gas und Kohle exportierenden Regionen geht es dem lokalen Wirtschaftskreislauf verloren. Die Nutzung der erneuerbaren Energien im Wärmesektor kann Energieimporte durch handwerkliche Arbeit und Ingenieurverstand vor Ort ersetzen.38 Sie generiert für die Kommunen sowie deren Bürger und Wirtschaft einen nachhaltigen ökonomischen Nutzwert. 3.8 Berücksichtigung von Verbraucherinteressen Ausbau und Weiterentwicklung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung benötigt eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz. Denn anders als im Strom- und Gasmarkt können Verbraucher den Lieferanten der Wärme bei der Fernwärme nicht im Wettbewerb frei auswählen. Die marktbeherrschende Stellung der Fernwärmeversorger erfordert einen besonderen Schutz der Verbraucherinteressen. Für Verbraucher sind zudem weder die Preisbildung noch die ökologische Qualität der Fernwärme transparent.39 Eine stark auf den Ausbau des Fernwärmenetzes zielende Wärmestrategie kann daher an Akzeptanzgrenzen stoßen. Dies gilt umso mehr, solange das Fernwärmenetz mehrheitlich nicht in kommunaler Hand ist und die staatlichen Einflussmöglichkeiten zugunsten des Verbraucherschutzes daher begrenzt sind. 3.9 Bürgerbeteiligung Eine gut funktionierende Bürgerbeteiligung ist notwendig, um den um den Umstrukturierungsprozess auf eine gesellschaftlich breite Basis zu stellen. Dabei geht es nicht nur darum, Akzeptanz in der Bevölkerung für neue Infrastrukturprojekte zu erreichen. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich auch finanziell mit konkreten Projekten an der Energiewende. Dabei sollte in Zukunft auch der Wärmesektor für die finanzielle Bürgerbeteiligung – etwa auf der Basis genossenschaftlicher Strukturen - weiter erschlossen werden. 38 S. näher AGFW, Wertschöpfung aus Fernwärme mit KWK, 2016. 39 Vgl. hierzu näher Hamburg Institut, Fernwärme und Verbraucherschutz, 2015. 17 4 Der Weg zur Transformationsstrategie Im Folgenden wird ein Vorschlag für die mögliche Ausgestaltung eines Verfahrens zur Entwicklung einer Fernwärme-Transformationsstrategie entwickelt. Es existiert bislang noch keine übergeordnete Planung, aus der sich die mittel- und langfristige Strategie der FHH für die Entwicklung der Fernwärme ergibt. Der Senat hat im Mai 2014 einen Zwischenbericht40 für ein „Wärmekonzept für Hamburg“ vorgelegt, der im Februar 2015 ergänzt wurde.41 Hierauf gilt es aufzubauen und die erforderliche Definition der zukünftigen Rolle der Fernwärme im Verbund mit anderen Arten der Wärmeversorgung festzulegen, um eine klimafreundliche, möglichst kostengünstige und zukunftssichere Wärmeversorgung der Stadt dauerhaft zu gewährleisten. Bereits in der Einleitung wurde dargelegt, dass eine solche Strategie nicht im Rahmen dieses Kurzgutachtens erarbeitet werden kann, sondern eines strukturierten und wissenschaftlich unterfütterten partizipativen Prozesses bedarf. Das Ziel des hier vorgeschlagenen Prozesses besteht darin, einen möglichst breit in der Stadt verankerten Konsens zur zukünftigen Rolle der Fernwärme herzustellen und auf dieser Basis eine Strategie für den hieraus abzuleitenden Umbau der Fernwärme zu entwickeln. Hierzu bedarf es als erstes einer Verständigung über die zukünftige Rolle des Fernwärmesystems in der Stadt bei der Erreichung eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050:  Wo wird die Fernwärme zukünftig gebraucht und sollte ausgebaut werden?  Wo wird Fernwärme zukünftig keine Rolle spielen, weil ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand über anspruchsvolle energetische Sanierung und dezentrale Gebäudeheizung erreicht wird?  Wo wird Fernwärme in Zukunft mangels erforderlicher Wärmeabnahme nicht zu wirtschaftlich attraktiven Preisen angeboten werden können? Der Prozess zur Beantwortung dieser Fragen sollte auf einen gesellschaftlich möglichst breit getragenen Konsens zielen, da die entsprechenden politischen Maßnahmen nur langfristig wirken und stabile Rahmenbedingungen bedürfen. Vorbild für eine solche konsensuale Ziel- und Strategiefindung zur Energiepolitik ist das Nachbarland Dänemark. Dort ist es üblich, sowohl auf nationaler, wie auch auf kommunaler Ebene einen möglichst breiten Konsens über die Grundlagen der Energiepolitik herzustellen.42 Auch das Berliner Abgeordnetenhaus hat in der vergangenen Legislaturperiode mit einer Enquete-Kommission einen bemerkenswerten Versuch zur Herstellung eines weitgehenden Konsenses über Ziele und langfristige Strategien zur Ausrichtung der Landes-Energiepolitik unternommen.43 Um einen möglichst kostengünstigen Weg zur Einsparung von Treibhausgasen im Wohnungssektor zu finden ist der Blick über das einzelne Gebäude hinaus zu richten. Sofern Lösungen zur netzgebundenen Wärmeversorgung kostengünstiger sind als die Summe aus einzelnen gebäudebezogenen Maßnahmen, sind diese vorzuziehen. 40 Zwischenbericht „Wärmekonzept für Hamburg“ (2014), Bügerschaftsdrucksache 20/11772. 41 Zwischenbericht „Wärmekonzept für Hamburg“ (2015), Bügerschaftsdrucksache 20/14648. 42 Vgl. Danish Ministry of Climate, Energy and Building (2012). 43 Vgl. Abgeordnetenhaus Berlin (2015): Drs. 17/2100. 18 Solche Entscheidungen setzen Planung voraus. Im bisherigen stadtplanerischen Instrumentarium ist eine solche umfassende Fachplanung nicht vorgesehen – mit Ausnahme von Energie-Konzepten bei der Erschließung von neu zu entwickelnden größeren Bau-Gebieten. Die Herausforderung liegt jedoch darin, im gesamten Hamburger Gebäudebestand flächendeckend die jeweils kostenoptimale Lösung zur Erreichung eines langfristig „nahezu klimaneutralen“ Gebäudebestands zu identifizieren. Eine solche Strategie erfordert mehrere Schritte:  Der erste Schritt besteht in einer Erfassung des spezifischen Wärmebedarfs der Gebäude sowie die Prognose der erwarteten Entwicklung in den verschiedenen Stadtvierteln. Mit dem Hamburger Wärmekataster44 und dem GEWISS-Projekt hat Hamburg bereits wichtige Schritte eingeleitet.45  Des Weiteren muss auf gesamtstädtischer Ebene erfasst werden, welche Potenziale zur Nutzung von erneuerbaren Energien sowie zur Nutzung von industrieller Abwärme zur Verfügung stehen und welche spezifischen CO2-Vermeidungkosten mit ihrer Erschließung und Integration in das Versorgungssystem verbunden sind.  Schließlich muss bewertet werden, mit welchen spezifischen CO2-Vermeidungkosten Energieeffizienzmaßnahmen in den typischen Gebietstypologien verbunden sind. Die jeweiligen Werte sind zueinander ins Verhältnis zu setzen, um die kostenoptimale Strategie zu ermitteln. Hierbei kann es zu relevanten Unterschieden in verschiedenen Stadtvierteln kommen. In den bereits von Wärmenetzen erschlossenen Gebieten kann es beispielsweise am kostengünstigsten sein, auf eine Vollversorgung aus erneuerbarer Fernwärme zu setzen und lediglich moderate Effizienzverbesserungen anzustreben. In locker bebauten Gebieten könnte hingegen eine vornehmlich auf Effizienz zielende Strategie am effizientesten sein. In Dänemark ist die Wärmeplanung seit langem eine gesetzlich verankerte Pflichtaufgabe der Kommunen. Für die vom Wärmenetzen erschlossenen bzw. erschließbaren Stadteile sollte in Hamburg eine solche Planung auf gesamtstädtischer Ebene erfolgen, da die Netzgebiete Bezirksgrenzen überschreiten. Hierauf aufbauend kann dann entschieden werden, welches Sanierungsniveau für die erschlossenen Gebäude angestrebt werden sollte. Für Gebiete, die weder jetzt noch in Zukunft von Wärmenetzen erschlossen werden, kann eine Planung auf bezirklicher Ebene ausreichend und sinnvoll sein. Der oben beschriebene Prozess bedarf einer fachlich fundierten Vorbereitung. Hierfür erscheint es sinnvoll, für Hamburg eine konkrete Modellrechnung vorzunehmen, in der unter Berücksichtigung der hiesigen Bedingungen die jeweiligen Kosten für verschiedene Lösungsansätze zur Schaffung eines langfristig klimaneutralen Gebäudebestandes ermittelt werden. Unter Verwendung realer Daten des Hamburger Gebäudebestands, des Wärmenetzes sowie der Erneuerbare-Energien-Potenziale wird dann analysiert, in welchen Gebieten die Verdichtung bzw. der Ausbau des Wärmenetzes am kosteneffizientesten für die Erreichung der Klimaschutzziele ist. Auf der Grundlage dieser Untersuchungen kann eine integrierte Wärmestrategie im Sinne eines zentralen Gesamtkonzepts für Hamburg diskutiert und entwickelt werden. 44 http://www.hamburg.de/energiewende/waermekataster/ 45 GEWISS-Projekt, https://projektinfos.energiewendebauen.de/projekt/geografisches-waermeinformations-und-simulationssystem/; auf Europäischer Ebene besteht zudem der digitale Wärmeatlas des Projekt Heat Roadmap for Europe, http://www.heatroadmap.eu/peta.php . 19 Zu diesem Diskussionsprozess sollte als Teil eines kulturellen Wandels eingeladen werden, bei dem die Stadt gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft, Versorgern und Verbrauchern eine möglichst breit getragene und somit langfristig verlässliche Strategie für die zukünftige Wärmeversorgung entwickelt. 20 5 Arbeitsthesen für die Transformationsstrategie Im Folgenden werden einige Arbeitsthesen für die Ausgestaltung der Transformationsstrategie zur Diskussion gestellt. Es handelt sich dabei ausdrücklich nicht um den Versuch einer Vorwegnahme der Inhalte der Transformationsstrategie, sondern um vorläufige fachliche Einschätzungen auf der Grundlage von Erfahrungswerten, die näher untersucht und diskutiert werden sollen. Erst auf der Basis weitergehender fachlicher Untersuchungen, insbesondere einer Modellierung des Hamburger Wärmesystems (unter Einbeziehung der regionalen, nationalen und europäischen Energiesystems)46 können belastbare Aussagen getroffen werden, welche sodann die Grundlage für die partizipative Erarbeitung einer Wärmestrategie bilden. Die Arbeitsthesen beziehen sich auf verschiedene Ebenen:  Systemebene: Ausbau der Fernwärme?  Erzeugung  Speicherung  Verteil-Infrastruktur  Vertrieb  Kundenseitige Maßnahmen Neben der grundsätzlichen Fragestellung eines Ausbaus der städtischen Fernwärmeversorgung zulasten dezentraler Versorgungssysteme ist ein technisch-ökologischer Strukturwandel des bestehenden Systems notwendig. Dies betrifft alle Wertschöpfungsstufen von der Erzeugung bis hin zur Optimierung der Abnahmeanlagen bei den Endverbrauchern. Abbildung 5: Technisch-ökologischer Strukturwandel im Fernwärmesystem 46 Vgl. etwa ZSW u.a. (2017): Energie- und Klimaschutzziele 2030 für Baden-Württemberg; s. auch die bereits oben zitierte Modellierung des Fraunhofer ISE für Frankfurt sowie die Modellierungen für dänische Großstädte durch die Universität Aalborg. 21 5.1 Wärmesystem: Ausbau der Fernwärme? Auf der Systemebene ist die allen operativen Überlegungen zur Systemtransformation vorgelagerte Frage zu klären, in wie vielen Bereichen der Stadt in Zukunft die Fernwärmeversorgung die kostenoptimale Option zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestandes ist und entsprechend ausgebaut werden sollte. Hierzu werden folgende Thesen formuliert:  Auch langfristig wird – zumindest im verdichteten Stadtbereich, in dem bereits Fernwärme liegt - ein hinreichend relevanter Wärmebedarf vorhanden sein. Dieser könnte deutlich über den bisher vom formulierten Zielen des Hamburger Klimaschutzplans für den Gebäudebestand im Jahr 2050 liegen.  Dezentral an Gebäuden betriebene (Luft-/Wasser- oder Wasser-/Wasser-)Wärmepumpen auf Basis von Grünstrom in Kombination mit Solarthermie stellen voraussichtlich die wichtigste Alternative zu einer netzgebundenen Wärmeversorgung dar, um einen hohen Anteil Erneuerbarer Energien in der Wärmeversorgung zu erreichen. Demgegenüber werden andere Technologien zur dezentralen Nutzung von Erneuerbaren Energien voraussichtlich nicht in der Breite zum Einsatz kommen. Dies gilt insbesondere für Stromdirektheizungen, 47 die Verbrennung von synthetischem Erdgas48 oder Biogas sowie feste Biomasse in Heizungsanlagen.  Problematisch an einer weitgehenden Elektrifizierung der dezentralen Wärmeerzeugung ist die drastisch steigende Stromnachfrage. Es steht in Frage, ob es eine ausreichende Akzeptanz für die erforderliche Vervielfachung der Erzeugungsleistung von Strom aus Windkraftanlagen besteht und ob in absehbarer Zeit hinreichend günstige Strom-Langzeitspeicher verfügbar sind. Demgegenüber steht Wärme lokal in erheblichem Umfang zur Verfügung und kann auch saisonal kostengünstig gespeichert werden. Es muss im Einzelnen näher untersucht werden, in welchem Umfang das notwendige erneuerbare Strompotenzial zur Verfügung steht und der Einsatz dezentraler Wärmepumpen im (nord-)deutschen Energiesystem kosteneffizient ist.  Die Kosten für eine dezentrale Nutzung der Erneuerbaren Energien sind strukturell spezifisch höher als bei einer großtechnischen Erzeugung im Multi-Megawatt-Bereich (Abwärme, Tiefe Geothermie, Großwärmepumpen, große Solarthermie). Dem stehen jedoch bei netzgebundener Wärmeversorgung Kosten durch Wärmeverluste bei der Übertragung sowie ggf. Investitionskosten in das Wärmenetz gegenüber. 47 Stromdirektheizungen (Nachtspeicherheizungen) weisen zwar den Vorteil auf, dass sie mit einer vorhandenen Infrastruktur betrieben werden können; sie stellen aufgrund ihrer Ineffizienz im Vergleich zu Wärmepumpen sowie wegen der hohen Kosten für das Energiesystem und für Mieterinnen und Mieter jedoch auch mittelfristig keine geeignete Alternative für eine dezentrale erneuerbare Wärmeversorgung dar, vgl. näher: https://www.oeko.de/oekodoc/1498/2012-067-de.pdf. 48 Diese Variante hätte den Vorteil der Nutzung einer vorhandenen Verteil-, Speicher- und Nutzungsinfrastruktur, allerdings sind wegen Verluste auf der Übertragungskette die spezifischen Kosten hoch. Die Nutzung von synthetischem Erdgas dürfte daher entsprechend vieler Szenarien vor allem in anderen Bereichen des Energiesystems erfolgen, für die bislang kaum erneuerbare Erzeugungsoptionen zur Verfügung stehen (Schwerlastverkehr, Luftfahrt, Schifffahrt, ggf. Erzeugung von Strom in der Spitzenlast). 22  In den bereits heute vom Wärmenetz erschlossenen Gebieten dürften die Skaleneffekte bei zentraler Nutzung der Erneuerbaren Energien die ökonomischen Nachteile der Wärmenetze meist übersteigen.  Aus ökonomischer Sicht dürfte eine hohe Verdichtung des bestehenden Fernwärmenetzes sinnvoll sein, sofern das Fernwärmenetz zukünftig mit kohlenstoffarmen Brennstoffen und Erneuerbaren Energien betrieben wird. Insbesondere hoch verdichtete Stadtteile mit einem lockeren Fernwärmenetz wie z.B. Ottensen sind hierfür gut geeignet.  In den noch nicht vom Wärmenetz erschlossenen Gebieten muss stadtteilspezifisch analysiert werden, ob eine Ausdehnung des Wärmenetzes aus kommunaler Perspektive sinnvoll und wirtschaftlich ist. Eine Netzerweiterung ist aufgrund der hohen Investitionen in neue Wärmenetze ökonomisch dabei noch anspruchsvoller als die Verdichtung eines vorhandenen Wärmenetzes, wurde jedoch in der Vergangenheit auch in Hamburg und vielen anderen Städten erfolgreich praktiziert. Insbesondere in Skandinavien und Osteuropa werden in den meisten Großstädten anteilig deutlich mehr Gebäude von Fernwärmenetzen versorgt, darunter auch Gebiete mit lockerer Bebauung wie sie in Hamburg z.B. in den Elbvororten anzutreffen ist.  Auch die Hamburger Stadtviertel entlang der bestehenden Fernwärmetrasse von Wedel in die Innenstadt sowie die Stadt Wedel und Schenefeld sollten daher als potenzielles Fernwärme-Erweiterungsgebiet überprüft werden.  Die Erweiterung und Verdichtung des Fernwärmenetzes ist notwendigerweise ein Prozess, den die jeweilige Kommune steuern muss. Ohne eine aktive Steuerung und Unterstützung durch die Stadt entsteht nicht die erforderliche Investitionssicherheit für langfristige Investitionen in die Netz-Infrastruktur.  Die Erarbeitung einer Hamburger Wärmestrategie hat unmittelbare Auswirkungen auf den Ertragswert des Fernwärmenetzes und damit die Umsetzung des Volksentscheides. Entschließt sich die Stadt zu einer konsequenten Ausbaustrategie für die Fernwärme und hinterlegt dies durch entsprechende politische Unterstützungsmaßnahmen, steigt der Wert des Fernwärmeversorgungssystems signifikant.  Im Zuge der Erstellung einer Wärme-Transformationsstrategie sollten vom Senat bislang formulierten Ziele für den Bedarf an Energie für Heizung und Warmwasser evaluiert werden. Die bisherigen Ziele erscheinen für solche Siedlungsbereiche angemessen, die auch zukünftig nicht von Wärmenetzen auf Basis erneuerbarer Energien erschlossen werden. Für zukünftig von solchen Wärmenetzen erschlossene Gebiete dürfte es hingegen sinnvoll sein, ein weniger strenges Effizienzziel zu formulieren.49  Eine deutliche Verdichtung und Ausweitung des vorhandenen Wärmenetzes und dessen Umstellung auf erneuerbare Energien bietet voraussichtlich das Potenzial, die Kosten für die Wohnungswirtschaft, die Mieterinnen und Mieter sowie die für die an die Fernwärme 49 Nochmals sei darauf hingewiesen, dass ein Nachlassen der Sanierungsanstrengungen gegenüber dem Status quo nicht sinnvoll wäre; es bleibt vielmehr auch in den zukünftig von einem weitgehend mit erneuerbaren Energien aus einem Wärmenetz versorgten Gebieten eine Steigerung der Anstrengungen im Bereich der Gebäude-Energieeffizienz nötig. 23 angeschlossenen Unternehmen bei der Erreichung der Klimaschutzziele des Senats zu minimieren. 5.2 Erzeugung  Ein Fernwärmenetz verfügt als Infrastruktur über die Möglichkeiten, verschiedenartige Wärmeströme aus unterschiedlichen Quellen in das System zu integrieren und zum Verbraucher zu leiten. Neben den heute noch vorherrschenden Wärmeströmen aus fossilen Brennstoffen können auf diese Art kostengünstig und flexibel auch Wärmeströme aus Erneuerbaren Energien integriert werden. Das Wärmenetz ermöglicht auch die Nutzung von Anwendungen mit hohen thermischen Leistungen wie etwa Tiefen-Geothermie oder Industrieabwärme. Abbildung 6: Wärmenetz zur Integration verschiedener Wärmeströme  Einige Möglichkeiten zur Integration Erneuerbarer Energien und Industrieabwärme in das Hamburger Fernwärmenetz werden in einem Gutachten50 des Hamburg Instituts dargelegt.  Mit der von der BUE befürworteten Realisierung der Elemente Klärwerks- Großwärmepumpe, Aquifer-Saisonalwärmespeicher, Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm, Zentrum für Ressourcen und Energie Stellingen, Industrie-Abwärme Trimet/Arcelor/Aurubis würde ein erster, großer Schritt zur Dekarbonisierung des Fernwärmenetzes vollzogen werden, der auch im internationalen Maßstab neue Impulse für den Fernwärmesektor setzt.  Vattenfall hat im Rahmen der Realisierung der „Süd-Lösung“ eine Anbindung des Kohlekraftwerks Moorburg an die geplante Rohrtrasse unter der Elbe ins Spiel gebracht. Bei 50 Hamburg Institut, Erneuerbare Energien im Fernwärmenetz Hamburg, 2016. 24 der Entscheidung hierüber sollte eine umfassende Bewertung der Vor- und Nachteile einer solchen Lösung aus ökologischer, energiewirtschaftlicher und ökonomischer Sicht für die langfristige Wärmestrategie der Stadt erfolgen. Dabei sind – neben dem Vergleich der aktuell kalkulierten Wärmegestehungskosten aus den verschiedenen Erzeugungsanlagen - auch folgende Aspekte zu berücksichtigen:  Die Klimafreundlichkeit der Fernwärme hängt in erster Linie von den eingesetzten Brennstoff ab. Fernwärme, die auf Kohle basiert, ist trotz des Einsatzes von Kraft-Wärme-Kopplung nach der amtlichen, vom Bund und den Ländern verwendeten Bilanzierungsmethode klimaschädlicher als eine dezentrale Gasheizung. Bei Verwendung von anderen Bilanzierungsmethoden – die insbesondere von Seiten der Fernwärmeversorger verwendet werden - werden jedoch hiervon abweichende Ergebnisse erzielt.  Die aktuell wichtigste Maßnahme zur Dekarbonisierung der Hamburger Fernwärmeerzeugung ist der Ersatz des Brennstoffs Kohle durch Erdgas und Erneuerbare Energien. Im Ergebnis kann die Klimabelastung je kWh Wärme mit der Substitution von Kohle durch Erdgas etwa halbiert werden, mit Erneuerbaren Energien ist eine noch stärkere Reduzierung möglich. Auch hier hängt die genaue Beurteilung jedoch von der Wahl der Bilanzierungsmethode ab. Bei der Kalkulation der notwendigen Erzeugungskapazitäten im Fernwärmesystem sollte geprüft werden, inwieweit zukünftig unter Nutzung moderner IT und Steuerungstechnik auf (spezifisch besonders teure) Spitzenlast-Kapazitäten durch kundenseitige Maßnahmen verzichtet werden kann. Hierbei rückt die Fähigkeit der Gebäude zur Speicherung von Wärme in den Fokus: Durch eine zentrale Steuerung der gebäudeseitigen Einstellungen zur Wärmeabnahme in der Nacht und am Morgen können morgendliche Lastspitzen vermieden werden.  Eine weitgehende Abhängigkeit der Fernwärmeproduktion von Kohlekraftwerken ist für die Versorgungs- und Kostensicherheit nicht unproblematisch: Die Wirtschaftlichkeit von Kohlekraftwerken hängt maßgeblich von den Rahmenbedingungen auf den Märkten für Strom und Treibhausgasemissionen ab. Einnahmen aus der Fernwärmeproduktion sind demgegen-über untergeordnet. Die Preisentwicklung auf beiden Märkten ist maßgeblich politisch bestimmt und nur schwer prognostizierbar. Sofern etwa aufgrund steigender CO2-Preise und dauerhaft niedriger Strompreise der Betrieb von Kohlekraftwerken unwirtschaftlich wird, steht auch die Produktion von Fernwärme in diesen Kraftwerken in Frage.  Besondere Relevanz hat dabei die im Februar 2018 von der EU beschlossene Reform des Emissionshandels.51 Auf Seiten der an der Reform beteiligten EU-Parlamentarier wird von einem Anstieg des Zertifikatepreises auf 35 Euro/t in den 2020ern ausgegangen.52 Tritt dies so ein, ist Fernwärme aus Kohlekraftwerken mit sehr hohen Kosten verbunden. Bei einem derartigen CO2-Preisniveau kommen (unter der Annahme stabiler Brennstoffpreise) selbst 51 https://www.euractiv.de/section/energie-und-umwelt/news/reform-des-eu-emissionssystems-nimmt-letzte-huerde/ 52 https://www.wiwo.de/technologie/green/analysten-erwarten-preisanstieg-eu-parlament-stimmt-fuer-reform-des-co2-emissionshandels/20932952.html Andere Einschätzungen sind etwas zurückhaltender, gehen aber ebenfalls von einem deutlichen Anstieg der Zertifikatepreise aus http://www.fr.de/wirtschaft/emissionshandel-preis-fuer-co2-ausstoss-wird-steigen-a-1384084. 25 moderne Kohlekraftwerke aufgrund zu hoher variabler Kosten in der Merit Order nur noch selten auf dem Strommarkt zum Einsatz.53 Um überhaupt noch Fernwärme liefern zu können, müssten die Fernwärmekunden an den Kraftwerksbetreiber die Differenz zu den nicht auskömmlichen Einnahmen aus dem Stromverkauf bezahlen. (Da dies zu exzessiv hohen Wärmepreisen führen würde, ist in der Praxis eher damit zu rechnen, dass die Fernwärme über einen neu zu installierenden Gaskessel am Kraftwerksstandort produziert würde.)  Auch die von der Großen Koalition geplante Verdoppelung des Anteils Erneuerbarer Energien am deutschen Strommix auf 65% bis zum Jahr 2030 wird notwendigerweise zu deutlich geringeren Einsatzzeiten des Kraftwerks Moorburg führen. Die hierfür erforderlichen Kapazitäten an Wind- und Photovoltaikanlagen werden aufgrund ihres Einspeisevorrangs in wind- oder sonnenreichen Jahreszeiten fossile Kraftwerke fast vollständig vom Strommarkt verdrängen. Fossile Kraftwerke kommen dann nur noch zu den Zeiten zum Einsatz, wenn die Wind- und Solaranlagen keinen oder wenig Strom liefern.  Beide politisch beschlossenen Entwicklungen zusammen (1. weniger Einsatzstunden fossiler Kraftwerke durch höheren EE-Anteil, 2. Verschiebung der Merit Order innerhalb der fossilen Kraftwerke zulasten von Steinkohlekraftwerken) führen zu einem hohen Liefer- und Kostenrisiko bei einer Einspeisung von Fernwärme aus dem Kraftwerk Moorburg.  Über diese Risiken hinaus, wirkt sich ein Ansteigen des CO2-Preises aufgrund der von VWH verwendeten Preisgleitklausel unmittelbar preissteigernd auch auf den Endkunden-Fernwärmepreis aus.54 Hierbei gelangen zwingend die oben genannten amtlichen Bilanzierungsmethoden zum Einsatz, d.h. die CO2-Fracht wird zu einem Großteil der Wärmeproduktion angelastet. Die hieraus resultierenden Kostenrisiken für die privaten und gewerblichen Fernwärmenutzer sollten quantifiziert werden, jedoch dürften die unmittelbaren Auswirkungen überschaubar bleiben und sind gegenüber den zuvor beschriebenen generellen Liefer- und Kostenrisiken nachrangig.  Noch deutlichere ökonomische Nachteile für Mieterinnen und Mieter sowie gewerbliche Fernwärmekunden könnten sich aufgrund absehbarer Entwicklungen beim Primärenergiefaktor ergeben. Der in der EnEV regulierte Primärenergiefaktor determiniert maßgeblich, wie hoch die Wärmeschutzanforderungen beim Neubau und bei der grundlegenden Sanierung von Gebäuden sind. Ein niedriger Primärenergiefaktor entlastet die Fernwärmenutzer, ein hoher Primärenergiefaktor führt zu höheren Wärmeschutz-anforderungen. Sofern im relevanten Umfang Kohle für die Fernwärme zum Einsatz kommt, kann dies mittelbar Folgekosten auf Seiten der Wohnungswirtschaft und damit für die Mieterinnen und Mieter induzieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die aktuelle Gleichstellung der Brennstoffe Erdgas, Kohle und Erdöl trotz der gravierenden Unterschiede im Hinblick auf die CO2-Emissionen bereits lange umstritten ist und voraussichtlich nicht auf Dauer Bestand haben wird. Die höheren Treibhausgasemissionen von Fernwärme aus Kohle-KWK werden sich daher voraussichtlich in einem höheren Primärenergiefaktor niederschlagen. Diese Kostenrisiken für die Wohnungswirtschaft und die Fernwärmenutzer sollten in verschiedenen Szenarien untersucht und quantifiziert werden. 53 Vgl. hierzu näher Hecking/Cam/Schönfisch/Schulte, Aktuelle Entwicklungen auf den Kohle- und Gasmärkten und ihre Rückwirkungen auf die Merit Order, energiewirtschaftliche tagesfragen 6/2017, S. 34ff. 54 Vgl. hierzu näher Hamburg Institut, Fernwärme und Verbraucher

Julian Kuntze2023-03-22T11:50:53+01:00Freitag, 1. Dezember, 2017|
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